Blick über den Tellerrand – Folge 38
Besondere Präsenz zeigt in dieser Ausgabe Milan Badelj. Dazu steht ein weiterer interessanter Mittelfeldakteur – jedoch ein ganz anderer Spielertyp – aus den späten 80er- und frühen 90er-Jahren im Mittelpunkt.
Spiel der Woche: Fiorentina – Sampdoria 1:1
Wie schon in der Vorsaison bei Empoli setzt Trainer Marco Giampaolo auch bei seiner neuen Station Sampdoria voll auf eine Rautenformation. Bisher lief es für die Mannen aus Genoa eher durchschnittlich, am vergangenen Wochenende gastierten sie bei Paulo Sousas Fiorentina in einem angenehm anzuschauenden, recht konstruktiven Spiel. Die dominante und vertikal kombinierende Interpretation der Raute, die man bei Empoli gesehen hat, kann die neue Samp derzeit noch nicht liefern. Diesmal verband Giampaolo die Zentrumspräsenz seiner bevorzugten Formation mit einem eher vorsichtigen Ansatz:
Im Passspiel ging sein Team zunächst wenig Risiko, aus dem Mittelfeld wurde eher wenig aufgerückt. Da die Fiorentina etwa Abstöße hoch zustellte und allgemein die Passwege auf den Sechser gut verdichtete, eröffnete der Gast häufig auch mit langen Bällen, die in den eigenen Block hineingeschlagen wurden. Dort sollten sie mit viel Personal erobert werden, die Fiorentina konnte jedoch einige Male gut dagegenhalten. In der Grundstaffelung bildeten sie auch gegen den Ball ein 4-2-3-1 mit vier Linien: Damit sind die Halbräume in der ersten Reihe und teilweise die Flügel nicht ganz so gut zu kontrollieren, man steht aber sehr geschlossen. Daher gelang es den Hausherren gut, über die engen Flügelspieler zusätzlich ins Zentrum gegen die Raute eingreifen zu können.
Daneben gab es einige Szenen mit aufrückendem Ilicic, so dass eine höhere 4-4-2-Pressingformation entstand. Weiterhin hielten die vier vorderen Akteure sehr enge Horizontalabstände zueinander, so dass die Innenverteidiger der Samp Sechser Torreira kaum bedienen konnten. Ihre Versuche, das über außen zu umspielen, gingen nur selten auf, da die Gastgeber Borja Valero weit aufrücken und den seitlich helfenden Halbspieler durch den eigenen Außenverteidiger aufnehmen ließen. Rückten die Gäste über außen nach vorne, schob der ballnahe Fiorentina-Sechser weit zum Flügel herüber, um die Aktionen dort zu stellen und gleichzeitig die diagonalen Passwege ins Zentrum zu sperren.
So konnten die eigenen Außenverteidiger weiträumige Herausrückbewegungen vermeiden, mit denen sie die Schnittstellen für das gegnerische Sturmduo hätten öffnen können, und sich stattdessen ganz auf die Stabilität der Kette gegen jenes Angriffsduo konzentrieren. Mit Muriel und Quagliarella gab es dort zwei bewegliche Stürmer, die immer wieder auf die Flügel wichen, diagonal die Schnittstellen suchten oder sich anderweitig präsent einzubinden versuchten. Umgekehrt rückte die enge Dreierreihe der Viola dann von hinten zurück, um die Möglichkeiten, wieder ins Zentrum hinein zu kommen, weiter abzuschneiden und lange Rückwege aufzuzwingen.
Operierte das Team aus Genoa gegen die 4-4-2-Phasen mit langen Bällen, kam ihre Raute nun etwas besser zur Geltung. Auch wenn so mehr Momente der Ballkontrolle im zweiten Drittel entstanden, entfaltete sich die Kontrollwirkung ihrer Grundanordnung in letzter Instanz aber kaum. Es gab immer mal wieder Phasen, wo sie mit der Raute vor einer 4-4- oder 4-4-1/4-5-1-Reststaffelung standen und sich das Leder dort auch – bei klarer Konzentration auf das Zentrum – gefällig herumschoben, aber kaum effektiv wurden. Einerseits spielten Badelj und Borja Valero eine entscheidende Rolle, die sich generell geschickt bewegten und die Zentrumsüberzahl der Raute oft ausgleichen konnten.
Andererseits lag das an den Gästen selbst: In den Halbräumen waren sie zwar präsent, aber boten sich kaum bewusst an. So entwickelten auch die einzelnen Bewegungen nur wenig Zusammenhang zueinander. Sie standen zwar eng, aber ohne Fokus. Aus einem guten Positionsgerüst heraus ergaben sich kaum wirkliche Strukturen, während Ansätze davon fast nie bedient, sondern eher ignoriert wurden – mit wenig strategischen, ziellosen Passentscheidungen. Dynamik entstand daher häufig eher aus der individuellen Umsetzung der Einzelrollen: Halbrechts sorgte Barreto für einige Freilaufbewegungen nach außen zum Flügel und versuchte Angriffe von dort zu initiieren, ansonsten hielt sich das zentrale Mittelfeld zu sehr zurück.
Bruno Fernandes auf der Zehnerposition wiederum zeigte sich sehr umtriebig, rochierte herum, öffnete gelegentlich Raum, aber verpasste es in den entscheidenden Momenten, zuverlässige und konstante Verbindung herzustellen. So wirkte die genaue Offensivanordnung der Gäste manches Mal etwas ziellos und unspezifisch. Tendenziell fehlte es auch bei den beweglichen Angreifern an Schärfe, sie waren aber über Ablagen und Kreuzbewegungen die Hauptverantwortlichen für im Ansatz gelungene Stafetten und Vertikalangriffe durch das Zentrum. Die letzte Vollendung fanden diese Versuche aufgrund der angesprochenen Probleme aber nicht, zumal sie teilweise zu sehr auf schnelles Durchspielen eingestellt wirkten.
Ausweichende Bewegungen der rochierenden Angreifer hätten im Übrigen für Konter eine entscheidende Gefahr werden können, Badelj und Borja Valero machten mit kompakter Anordnung zueinander und hoher Aufmerksamkeit im Duett jedoch fast sämtliche Umschaltszenen im Gegenpressing zunichte. Ihre Kollegen aus den vorderen Räumen konnten sich an den beiden orientieren und mussten einfach die umliegenden Bereiche zulaufen. Das kluge Positionsspiel der beiden Akteure vor der Abwehr der Fiorentina war also auch im defensiven Umschalten essentiell und vorbildlich.
Das Ballbesitzmonopol lag eindeutig bei den Gastgebern, die das Spielgeschehen über weite Teile bestimmten. Im Aufbau formierte sich ihre Grundformation mit der gewohnten leichten Asymmetrie: Milic agierte höher, Tomovic tiefer, dadurch auch Tello insgesamt breiter als Bernardeschi. Wegen der gegnerischen Rautenformation liefen ihre Vorwärtswege auch häufig zunächst einmal über jene Flügelzonen. Von dort kamen sie aber insgesamt gut wieder ins Mittelfeldzentrum zurück, wo Badelj und Borja Valero durch die Räume drifteten. Die beiden sorgten für die Aufrechterhaltung einer stabilen Zirkulation im zweiten Drittel und ermöglichtem ihrem Team verschiedene Möglichkeiten, das Leder weiter zu tragen.
Zudem initiierte der Spanier auch zwischendurch kleinere Kombinationsaktionen im linken Halbraum, wenn er dort weiter vorrückte. Dieser Rückweg ins zentrale Mittelfeld wurde aber nicht immer konsequent von den Gastgebern so beschritten und genutzt. Vor allem Tello auf rechts und Milic auf links brachten im Anschluss an das Aufrücken immer wieder sehr direkte und frühzeitige Diagonalpässe oder gar Diagonalflanken, die aggressiv an die letzte Linie heran geschlagen wurden. Der Fokus lag dabei auf den Schnittstellen zwischen Innen- und Außenverteidigern, die zusammen mit dem jeweils ballnahen Halbspieler der Samp-Raute etwas nach außen schieben mussten.
Von daher konnten sich mal größere Abstände innerhalb der Abwehrreihe der Gäste ergeben, die die Fiorentina sehr gezielt, aber teilweise fast zu mechanisch anzuvisieren versuchte. Bei den Angriffen über rechts boten sich abwechselnd der diagonal vorstoßende Ilicic oder der weit herüberrückende Bernardeschi an. Trotz vieler Ansätze und vergleichsweise guter Verarbeitungen dieser anspruchsvollen Zuspiele kamen aber eher Halbchancen heraus. Für die wirklich saubere Weiterführung fehlte den Gastgebern die Stabilität in ihren Horizontalverbindungen in den Offensivzonen. Für Bernardeschis Einrücken etwa wich dann Ilicic einige Male unpassend aus und auch Tello fokussierte sich eben vor allem auf die Flügelzonen.
Dadurch wurden sie dann doch teilweise zu flach in ihren Anordnungen und verloren vor allem an Optionen. Die Verbindungsstabilität und horizontale Kohärenz war letztlich wohl der entscheidende Knackpunkt in der Viereroffensive der Viola: Punktuell waren diese sehr gut, aber die Zuverlässigkeit dessen ging ihnen während der einzelnen Bewegungen der Spieler ab. Außer jenen Horizontallücken zwischen Innen- und Außenverteidigern gab Sampdoria zumal kaum andere größere Schwachstellen preis. Vielmehr verschoben sie insgesamt in ihrer Rautenformation immer wieder harmonisch und kompakt durch die Gegend, hatten recht viel Präsenz in den Halbräumen und bewegten sich mannschafts- und gruppentaktisch recht geschickt.
Für die Führung brauchten die Hausherren eine Standardsituation. Der Treffer lag jedoch in einer Phase, als das Team von Paulo Sousa seine besten Szenen hatte: Im Abschnitt direkt vor dem Seitenwechsel kamen sie besser in die Halbräume und nutzten das Herausrücken der gegnerischen Außenspieler auf breiterer Basis: Tomovic wurde im Angriffsdrittel mehr integriert, spielte nicht mehr so sehr hinter Tello als zweiter Breitengeber, sondern rückte mehr in den Halbraum und konnte dann vom Spanier kommende Rückpässe schnell in die gegnerische Formation weiterleiten. So konnte sich dann Ilicic auch klarer auf jene Räume fokussieren, erhielt einige Male Hilfe von Borja Valero. Überhaupt passten die Rochaden der beiden später zunehmend besser. Dazu kamen einige Konter und Schnellangriffe.
Im Verlauf der zweiten Halbzeit verloren die Gastgeber dann aber wieder an Balance, wurden teils zu aggressiv, auch in ihrer Reaktion auf eine Veränderung bei der Samp: Die Gäste pressten in Rückstand etwas höher und herausrückender. Bei tiefen Verlagerungen der Fiorentina rückten ballferner Außenverteidiger und ballnaher Halbspieler oft schon sehr frühzeitig zum anderen Flügel, um dort schnell Zugriff zu finden. Dagegen agierten die Gastgeber nun, indem häufig schon die Innenverteidiger längere Direktpässe in die Schnittstellen der Samp-Kette versuchten, wo sich etwa Ilicic freilief. Vom Prinzip funktionierte das ganz gut, die Verarbeitung jener Zuspiele und die Folgeverbindungen waren gegen die Raute aber schwierig und führten zunehmend zu Ballverlusten.
Auch nach dem überraschenden Ausgleich der Gäste – nach einer Verlagerung nach außen und anschließender Flanke – schien sich die Fiorentina nicht mehr aus diesem Rhythmus herausheben zu können. Etwas gefährlicher wirkten nun plötzlich eher die Mannen aus Genoa, die sich etwas klarer auf den rechten Halbraum zu fokussieren schienen. Zum einen orientierte sich Bruno Fernandes etwas konstanter zu jener Zone, zum anderen rochierte auch der – offensiv deutlich aktivere – Praet als neuer linker Halbspieler einige Male dort hinein. Die Fiorentina konnte zum Schluss nicht mehr entscheidend zusetzen und hängt nach dem Remis tabellarisch im hinteren Teil einer Verfolgergruppe.
Spieler der Woche: Armin Eck
Von Mitte der 80er- bis Mitte der 90er-Jahre gehörte Armin Eck zu bekannten Bundesliga-Gesichtern. Der Mittelfeldallrounder aus Oberfranken war ein technisch guter, etwas unauffälliger und hektischer, aber konstruktiver Spielertyp. Einen Namen machte er sich vor allem in seiner Zeit beim HSV: Fünf Jahre spielte er dort, bis auf die letzte Saison stets als Stammkraft. Seine ersten Schritte in der Bundesliga hatte er bei den Bayern unter Jupp Heynckes gemacht. Trotz gar nicht so weniger Einsatzzeiten – auch in den wichtigen UEFA-Pokal-Partien – gab man ihn nach zwei Jahren jedoch zu den Hamburgern ab. Später sorgte Eck für Aufsehen, als er von dort – zusammen mit weiteren Bundesliga-Akteuren – zur damals drittklassigen Arminia aus Bielefeld wechselte, die anschließend den Durchmarsch ins Oberhaus schaffte.
Insgesamt war Ecks Positionsfindung – gerade in höheren Mittelfeldrollen – eher unpräsent, aber trotzdem recht klug. Gegen enge Manndeckungen des Gegners fokussierte er sich auf eine ausweichende Rolle: Oft bewegte er sich geschickt diagonal, um Mitspielern Dribblingwege zu öffnen, gelegentlich neigte er aber zu etwas überkomplizierten Vorwärtsbewegungen. Wurde er nicht so eng verfolgt, positionierte sich Eck recht sinnvoll in Zwischenräumen oder ging nach außen, um eine nahe, unterstützende Anspielstation zu bieten. Nur wenn er dabei doch nicht unmittelbar bedient werden konnte, setzte er die Bewegung im Anschluss teilweise unpassend blockierend fort. In diesen „pärchenhaften“ Szenen deuteten sich sein gruppentaktisches Verständnis und Engagement an, kamen aber nicht vollends zur Geltung.
Einerseits verfügte Eck über ein gutes Umblickverhalten, das gerade in späteren Jahren eine wichtige Stärke werden sollte. Andererseits hatte er in bedrängten Szenen mit dem Rücken zum Tor doch überraschende Probleme. Das lag besonders an gewissen koordinativen Schwächen oder eher Instabilitäten, aber auch an einer technischen Ambivalenz dieses grundsätzlich feinen Fußballers. Gerade einfache Ballmitnahmen unter Handlungszwang misslangen ihm vergleichsweise häufig, obwohl er etwa bei schnellen Weiterleitungen in der Dynamik – teilweise mit dem Außenrist – oder auch seinen trickreichen, diagonalen Dribblings viele ansprechende Momente hatte. In Sachen Ballsicherheit schwankte Ecks Zuverlässigkeit somit recht stark.
Seine recht explosiven Drehungen deuteten viel Potential an, er konnte sie aber nicht ganz kontrolliert abrufen. In hohen, engen Zonen konnte er unterstützend-ausgleichend, ausweichend eingebunden werden und bei gutem Sichtfeld auch kleinräumig agieren. Doch aus der Tiefe vermochte er sich noch besser zu entfalten. Gegenüber der ambivalenten Positionsfindung, überzeugte Eck schließlich mit seiner starken Raumnutzung. Jene Räume, die sich ihm konkret boten, lief, dribbelte und spielte er rational und zielstrebig an, entwickelte dabei – gerade im Verlauf seiner Karriere – Vorwärtsdrang in passenden Momenten und agierte in diesen Szenen recht kombinativ.
Auch im Passspiel von außen zeigte sich das, in Form von gut Raum erschließenden Zuspielen quer in die Mitte. In seiner HSV-Zeit wurde er verstärkt in Wing-Back-artiger Einbindung eingesetzt, spielte dann von links viele ambitionierte Zuspiele aus dem Aufbau diagonal nach vorne oder auf ausweichende Bewegungen die Linie entlang. Jene Pässe waren zwar teils hektisch und frühzeitig, aber mit guter Übersicht und technisch vollendet. In Bielefeld agierte er antreibend aus dem Mittelfeldzentrum heraus. Solche Szenen waren wohl die besten Momente des Mittelfeldakteurs. Insgesamt machte ihn jedoch – fasst man das Bisherige zusammen – auch eine gewisse strategische Unsicherheit aus. Das kann man schließlich ebenso an seinem Verhalten im Defensivmoment festhalten.
Hier schien er sich gelegentlich nicht so überzeugt, welcher individueller Pressingrhythmus und welche konkreten Entscheidungen die richtigen waren. So schwankte seine Beteiligung etwas unspezifisch, als Zehner etwa zwischen zwar sauber aufrückenden, aber nicht ganz auf die Kompaktheit nach hinten achtenden Aufrückbewegungen einerseits und ballfern sinnvoll lückenstopfenden, dabei aber bisweilen seltsam orientierten oder unaufmerksamen Rückzugsaktionen andererseits. Nimmt man diese verschiedenen, etwas ungewöhnlich gelagerten Ambivalenzen zusammen, wird schon deutlich, dass er ein nicht ganz so leicht einzubindender Spieler war und warum ihm das – neben Verletzungsproblemen – auch den „ganz großen“ Durchbruch verwehrte.
Interessant zu beobachten: Gepflegte Fußballansätze bei Kroatien – Island (2:0)
Zwei Teams, die im Sommer in Frankreich ihre Qualitäten andeuten konnten, trafen nun zum Spitzenspiel in ihrer WM-Quali-Gruppe aufeinander. Bei den Kroaten stellte sich die Anordnung im Mittelfeld etwas verändert dar, auch wegen des nach Verletzung nur für einen Kurzeinsatz zur Verfügung stehenden Modric. Für ihn durfte Mateo Kovacic von Beginn an spielen und formierte sich zusammen mit Rakitic eher als Doppel-Acht vor Badelj, gegenüber der 4-2-3-1-Variante der EM. Auf der anderen Seite reagierte Islands Trainer Heimir Hallgrímsson auf einige verletzungsbedingte Ausfälle im Angriffsbereich mit einer eher 4-2-3-1-haften Interpretation der 4-4-2-Grundausrichtung, indem Superstar Gylfi Sigurdsson von einer großräumigen Sechserrolle auf die Zehnerposition rutschte. Spielerisch sollte das den Isländern gut tun, die vor der Abwehr nun Birkir Bjarnason aufboten und von dessen Vorwärtsläufen profitieren konnten.
Insgesamt brachten beide Mannschaften viele gefällige Momente auf den Rasen, was zusammen mit ihren jeweils konstruktiven Vorgehensweisen zu einem angenehmen Rhythmus führte. Technisch etwas stärker waren erwartungsgemäß noch die Kroaten, was sie letztlich zu einer etwas kontrollierteren Anlage nutzten, so dass sie sich schlussendlich auch knapp durchsetzen konnten. Ein typisches Element bei der Mannschaft von Ante Cacic bestand in den Rochaden zwischen dem nach außen gehenden Rakitic und dem einrückenden Brozovic auf rechts. Gelegentlich konnten sie somit unmittelbar in jenem Bereich selbst für schnellen Raumgewinn sorgen.
In der neuen Besetzung schienen die Isländer dort in den Schnittstellen innerhalb des Mittelfeldbandes und zum Außenverteidiger noch nicht so stabil und abgestimmt, was den Kroaten einige Lücken zu großräumigen Aufrückmöglichkeiten gewährte. Im weiteren Verlauf fehlte es aber etwas an unterstützenden Umformungen in jene Richtung, so dass sie sich bei Versuchen über rechts einige Male zu sehr zum Flügel treiben ließen und dort verfingen. Einzelne Schnellangriffe brachten aber gefährliche aggressive Hereingaben, bei denen Perisic und Kovacic zusätzliche Präsenz auf Höhe des zweiten Pfostens lieferten.
Vielversprechender waren insgesamt die Szenen über halblinks, die in ihren besten Momenten von Kovacic zusammengebunden wurden. Nicht nur mit seinen Dribblings konnte er Gefahr andeuten und Optionen für seine Mitspieler generieren, auch als weiterleitender Akteur in kleinen Passstafetten. Von links spielte Perisic viele raumöffnende Querpässe zurück ins Zentrum, die Kovacic zu überraschenden Aktionen verwerten konnte. Entscheidend wurde in diesen Momenten erneut das Einrücken Brozovic´ und dessen Anbieten im Zehnerraum, wo er als abschließendes Ziel des kroatischen Zusammenspiels bedient werden konnte. Dagegen war Island in der vertikalen Kompaktheit nicht immer optimal gestaffelt. Auch die Unterstützung der Flügel ins Zentrumm wirkte etwas nachlässiger als sonst.
Jedoch stand die gewohnt starke Grundorganisation der Skandinavier, die auch einige gute leitende Elemente erzeugten – auf diesem Wege wurden viele der angesprochenen Ansätze noch eingedämmt. Zumal fehlte es den Kroaten in den entscheidenden Zonen um den Sechzehner auch etwas an Präsenz, wenn nicht gerade druckvolle Einzelaktionen über Perisic oder die Flügelangriffe rechts liefen. Bei den Szenen über links ließen sich Rakitic nach dem Ausweichen nicht immer direkt wieder einbinden. So kamen die kroatischen Versuche nur punktuell sauber durch. Beim 1:0 machte der Mittelfeldallrounder dem einrückenden Brozovic aber entscheidend den Weg frei – raumblockend und vorlegend.
Eine durchaus gefährliche, jedoch häufig unvollendete Anlage samt ebenfalls einiger ansehnlicher Spielzüge gab es auch in die andere Richtung zu sehen. Insgesamt fokussierten sich die Isländer vergleichsweise wenig auf lange Bälle und nutzten auch ihre Einwurftaktik viel weniger exzessiv als bei der EM. Über viele Spielphasen bemühten sie sich darum, ausgewogen durch das zweite Drittel hindurch zu spielen. Bevorzugter Schwerpunkt war dabei die halbrechte Seite, wo Gudmundsson mit seiner sicheren Ballführung antreiben sollte und Gylfi Sigurdsson sich im Zwischenlinienraum freizulaufen versuchte.
Dieses Pärchen agierte auch recht effektiv bei der Erschließung von freien Bereichen innerhalb der gegnerischen Formation. Da Aron Gunnarsson von der Sechserposition oft sehr weit mit auf den Flügel hinüberschob und zusammen mit Saevarsson viel Absicherung bereitstellte, konnten die Isländer bei diesen Übergängen aus dem Aufbau auch mehrmals einen recht forschen Rhythmus anschlagen und riskante Entscheidungen nehmen. Von halbrechts zeigten sie dann einige gelungene horizontale Weiterleitungen auf den nachstoßenden Bjarnason, der allgemein gut den Bereich hinter Rakitic anvisierte.
Bei den Rechtsüberladungen kamen gelegentlich noch weite Ausweichbewegungen Bödvarssons hinzu, die aber gegen verstärktes Nachschieben, das den Kroaten so erlaubt wurde, wenig ausrichten konnten und am ehesten zum Herausholen von Standards nutzten. Für den letzten Kick in ihren Offensivszenen und die Weiterführung aus den Zwischenräumen fehlte letztlich auch den Isländern noch die saubere, dynamische Einbindung der Stürmerbewegungen zum Strafraum. Hier kam auch noch die eher defensive Linksaußenbesetzung hinzu. Schlussendlich wurden einige Ansätze im Zwischenlinienraum noch wirksam von Milan Badelj gestört, wenngleich der Sechser nicht ganz so prägend war wie bei der letzten Ligapartie mit der Fiorentina.
Soweit ein kleiner Ausschnitt aus dieser kurzweiligen und recht gut anzuschauenden Begegnung. Abschließende Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang noch das – vor allem strategisch – kluge und dabei konsequente Verhalten Kroatiens in der Schlussphase, das jene Gesamtcharakteristik auch nochmal illustrierte. Die Hausherren zogen sich beim Stand von 1:0 nicht unnötig zurück, sondern betonten ihre Ballsicherheit um den eingewechselten Modric nochmals verstärkt und ließen das Leder vielseitig laufen. Zudem brachten sie für die letzten Minuten Kramaric als zweiten Angreifer ins 4-4-2 und störten Islands Bemühungen – etwa unter Nutzung der unermüdlichen Spielweise Mandzukics – mit frühen Pressingphasen.
2 Kommentare Alle anzeigen
el niño vertical 15. November 2016 um 19:23
Fiorentina vs Sampdoria sicher sehr interessant, wundert mich gerade, warum ich das noch gar nicht gesehen habe. Beide Teams sind für mich aber eher enttäuschend diese Saison.
Sampdoria ist vom Empoli der vergangenen Saison noch weit entfernt, die Probleme in der Raute hast du da gut beschrieben meiner Meinung nach. Torreira gefällt mir als Sechser sehr gut, vor allem für sein junges Alter ein interessanter Dude, aber die Abläufe passen noch nicht so ganz und man bekommt kaum Anbindung an den 10er und die Stürmer (finde Quagliarella und Muriel beide ganz gut, vor allem Muriel scheint die ausweichende Stürmerrolle zu liegen, er hat da gutes Timing in seinen Bewegungen und kann von Außen oft gut seine Schnelligkeit zeigen und Richtung Zentrum gehen). Zehnerrolle ist mMn ein großes Problem, Praet gefiel mir da nicht von seinen Positionierungen, auch Alvarez schien nicht ideal. Saponara bei Empoli war eben genial in seiner Positionierungen, bewegte sich sehr geschickt und hatte stets gutes Timing, um Verbindung zum Sechser oder zu einem IV herstellen.
Bei Fiorentina sprichst du (jetzt und auch bei älteren Artikeln) von einer Asymmetrie. Ich würde das aber gar nicht als nur asymmetrischen Rollen der Flügelspieler bezeichnen sondern sehe das einfach als klares 3-4-2-1/3-2-4-1 in Ballbesitz und 4-4-1-1 (mit 4-4-2 Phasen) bei gegnerischem Ballbesitz.
Finds schade, dass sich die Fiorentina nach ihrem äußerst starken Beginn der vergangenen Saison nicht mehr weiterentwickelt hat, stattdessen sogar um einiges schwächer wurde mittlerweile. Ohne Ball finde ich sie sehr beeindruckend, aber offensiv haben sie doch recht große Probleme dabei, Chancen zu kreieren (im Endeffekt kommen sie hauptsächlich auf ungefährliche Flanken und Abschlüsse aus der Distanz, nur selten welche aus der Box mit hohen xG-Wert). Letzten Herbst kamen sie noch sehr viel übers Zentrum, konnten die 10er gut einsetzen während Kalinic die Tiefe attackierte (und dabei sehr oft von Ilicic gut bedient wurde), das Verteidigen die Gegner halt besser mittlerweile. Das Ballbesitzspiel ist recht statisch und es mangelt an Penetration, mittlerweile haben sie einen ziemlichen Flügelfokus drinnen, wo dann 10er und Flügelverteidiger zu zweit kombinieren und nur wenig Anbindung haben (die Horizontalverbindungen sprichst du eh schön an). Anbindung gibts an die Halbverteidiger, über die 3er-Kette kann dann die Seite gewechselt werden, was nicht gerade viel Fortschritt bringt. Würde die Fiorentina auch gerne mal mit Raute sehen im Zentrum, derzeit spielen sie ja eher ein Quadrat, in dem mir die Doppelsechs auch nicht so gefällt, da man sich gerne mal im Wege steht, was vor allem bei dem recht wilden Sanchez vorkommt, der sich auch oft zu tief positioniert, um von dort das Spiel anzutreiben, was aber z.B im Vergleich zu Hamsiks Rolle bei Napoli nicht so gut eingebunden ist. In der Raute wären die Verbindungen sowohl horizontal als auch vertikal wohl etwas passender.
Noch was anderes: du schreibst „Genoa“. Genoa ist nur der Rivale von Sampdoria, die Stadt heißt Genua oder Genova (Genoa ist halt der englische Name der Stadt, macht halt bei einer deutschen Seite die über eine italienische Mannschaft schreibt eher wenig Sinn den zu verwenden). Will nicht kleinlich sein, finde ich nur bisl störend, glaube du weißt ja eh auch von meiner Sympathien zum Genoa CFC
TR 21. November 2016 um 21:02
Servus, an dieser Stelle noch einmal Dank und Lob für die Ausführungen und Einordnungen in die Gesamtsituation der beiden Teams. Passt doch sehr schön hier unter den Artikel, finde ich. Da gehen wir ja inhaltlich im Großen und Ganzen konform, speziell bei der noch eher zurückhaltenden statt euphorischen Beurteilung der Entwicklung Sampdorias, aber auch die Tendenzen der Fiorentina zu einem eher simplen Spiel, mit dem sie zuletzt eher auf der Stelle traten, deckt sich insgesamt mit meinen eher sporadischen Eindrücken. Bzgl. Genoa natürlich mea culpa, nehme die Verbesserung natürlich gerne an und merke mir das Genua/Genova, da ich in solchen Dingen eigtl. auch eher kleinlich bin und den entsprechenden Landesnahmen wertzuschätzen versuche.