ACF Fiorentina – Lazio Rom 1:2

Nach der Niederlage in der Europa League stand Edy Reja bei Lazio bereits unter Druck, doch mit einem Auswärtssieg bei der Fiorentina konnten sich Trainer und Mannschaft Lazios etwas befreien – Miro Klose erzielte den Siegtreffer.

Die Gäste traten erneut in ihrem 4-3-1-2 an, allerdings gab es eine gehörige Anzahl an Wechseln: Für Diakite, Lulic, Cana und Brocchi spielten Stankevicius, Radu, Ledesma und Cisse. Auf der anderen Seite änderte Mihaljovic seine Mannschaft zweimal – Cassani wurde auf der Außenverteidiger-Position durch de Silvestri ersetzt, Munari musste im Mittelfeld für Mazzari weichen – im Vergleich zum zufriedenstellenden Remis gegen Titelkandidat Napoli – Lazio hatte zu Beginn des Spiels mit ähnlichen Problemen wie in den letzten Wochen zu kämpfen.

Das alte Lied…

Bereits im letzten Ligaspiel, einer Nullnummer gegen Palermo hatte man einige Probleme der Römer feststellen können. Die Außenverteidiger rückten zwar auf, erhielten aber zu selten Unterstützung und wurden isoliert, während die drei zentralen Spieler der Raute sich stark auf die Ballverteilung und –zirkulation beschränkten, aber wenig darüber hinaus taten.

Vorne verließ man sich zu stark auf die drei Einzelkönner Hernanes, Klose und Cisse – welche allerdings alleine wenig ausrichten konnten, zudem mussten die beiden Spitzen immer wieder in die äußeren Halbräume rochieren, was Durchschlagskraft und Präsenz ganz vorne kostete.

Begründet ist diese Arbeit – welche auch in dieser Partie erneut zu sehen war – zum einen in der einfachen Besetzung der Außenbahnen, so dass Klose und Cisse sich in der Defensivarbeit häufig um die gegnerischen Außenverteidiger kümmern müssen, zum anderen in der fehlenden Breite im letzten Drittel.

Ein weiterer Grund ist, dass man Hernanes ermöglichen will, zentral zu bleiben und die gegnerische Doppel-Sechs unter Druck zu setzen, was er sehr effektiv beherrscht – man lässt den Innenverteidigern der anderen Mannschaft Zeit am Ball, aber sobald diese den Ball ins Mittelfeld spielen will, presst man. Hernanes´ gute defensive Leistung brachte bisher in jedem Spiel einige vielversprechende Ballgewinne, doch so sehr man sich auch bemüht – selbst mit Fluidität reichen drei nicht gerade nah beieinander stehende Spieler für viele Konter nicht aus. So steht man defensiv recht sicher, doch offensiv ist man meistens sehr harmlos, was in diesem Spiel besonders problematisch war, da die Hausherren nach einer druckvollen Phase zu Spielbeginn mit einer Ecken-Serie im Anschluss an eine solche die frühe Führung durch Cerci markierten (8.).

Die Defensivstrategie der Fiorentina

Während man in der Vorwoche gegen Napoli lange Zeit noch ballbesitzorientiert und dominant gespielt hatte, stellte sich die Sache hier komplett anders da, was auch am Gegner lag. Primär wollte man den recht ungefährlichen Gästen den Ball überlassen (60 % Ballbesitz für Lazio), was besonders nach der frühen Führung das Ziel war – mit einer gelungenen Defensivstrategie mehrte man die Schwierigkeiten des Gegners, zu gefährlichen Aktionen im letzten Drittel zu kommen, und vertraute auf gelegentliche Nadelstiche bei schnellen Gegenzügen über den trickreichen Cerci, den dynamischen Vargas und den beweglichen Mittelstürmer Jovetic.

Mittelstürmer war der junge und seht talentierte Montenegriner allerdings nur nominell, praktisch trieb er sich überall auf dem Platz herum, versuchte, Räume zu finden und zu schaffen, spielte einer Falschen 9 nicht unähnlich – und nahm einen wichtigen Bestandteil in der Defensivformation ein.

Von der Ordnung machte man es ähnlich wie Lazio: Das gegnerische Mittelfeld wurde gespiegelt, dadurch aus dem Spiel genommen und neutralisiert. Der defensivstarke Behrami duellierte sich mit Hernanes, während Montolivo mit seiner Spielintelligenz und gutem Stellungsspiel sowie Mazzari mit seiner Beweglichkeit, Aggressivität und guter Beteiligung im Pressing die Halbspieler abdeckten. Jovetic ließ sich fallen, um einen Ausgleich im Zentrum zu schaffen und mit Ledesma umzugehen – so entstand wie beim Gegenüber in der Defensive ein stürmerloses 4-3-3 als Rautenformation.

Lazios Halbpositionen

Nach einer guten halben Stunde gab es bei Lazio einige taktische Anpassungen zu bemerken, welche sehr interessant waren. Die Tendenz, dass der rechte Halbspieler, Alvaro González, offensiver spielte als sein Pendant Brocchi auf links, welcher hauptsächlich Ledesma (gegen Jovetic) unterstützte, wurde nun deutlicher und extremer.

Teilweise sah es nun aus wie ein 4-2-2-2, dies hatte positive wie negative Auswirkungen: Da Alvaro stärker auf die rechte Seite tendierte, wurde man im Pressing etwas anfälliger, da nun Mazzari häufiger gegen Ledesma attackieren konnte, und verlor generell etwas an Präsenz im Mittelfeldzentrum, doch auf der anderen Seite brachte Alvaros schwer definierbare Position etwas Abwechslung, Breite und Bewegung in das bis dato recht starre Teamgebilde.

Weiterhin bekam Klose einen weiteren Kombinationspartner, während Hernanes mehr Freiheiten erhielt und mehr nach links tendieren durfte – dort kreierte man durch die tiefere Stellung Brocchis sowie die gute taktische, physische und Laufarbeit Cisses einen kleinen Raum, in dem man dem Brasilianer Platz gewähren konnte – und genau aus diesem Raum erzielte er nach kurzer Zeit nach einem schönen Pass Kloses, welcher auch häufiger rochieren konnte, sowie gutem Dribbling und Abschluss den Ausgleich.

Essentiell hierfür war die Rolle Brocchis, welcher zuvor zu nahe an Montolivo positioniert und daher weitgehend abgemeldet war – nun machte man sich dies zunutze. Man installierte den Italiener als zusätzliche Absicherung neben Ledesma, da sich das Spiel vor allem im zweiten Drittel sowieso eher auf die andere Seite fokussierte, und konnte somit links die Räume besser öffnen – jene Räume, die man vorher offen ließ, durfte Hernanes nun bespielen.

Die zweite Halbzeit

Nach dem Seitenwechsel wurde das Spiel offener, da beide Mannschaften früher attackierten, was das Feld größer machte und mehr Räume hergab, ebenso wie das riskantere Spiel. Im ersten Teil des zweiten Durchgangs war Lazio weiterhin die bessere Mannschaft, aber nicht mehr so deutlich – weil man unverändert weit auseinander stand, musste man auch unverändert viele mittellange Pässe spielen und es gab zu wenig Support für den Ballführenden, so dass man aus seinem Potential nicht genug herausholen konnte.

Denn die besseren Chancen lagen auf Seiten der florentinischen Gastgeber, welche die Probleme der Lazio-Defensive nun offenbarte – aufgrund des gestreckteren Feldes bekam die Abwehr Schwierigkeiten, welche entweder zu weit vom Rest des Teams entfernt stand oder bei hoher Stellung gegen die Flügelstürmer des Gegners ebenso Probleme wie gegen den neuen Mann im Zentrum (Jovetic ging nach links, um auch hier für Schnelligkeit zu sorgen) – Santiago Silva agierte eher wie ein offensiver Mittelfeldspieler oder hängender Stürmer denn als 9er. Durch diese Räume konnte man sich einige Chancen erarbeiten, doch man nutzte keine.

Eine wichtige Rolle spielte eine weitere kleine Änderung bei Lazio: Stankevicius agierte fast wie ein defensiver Außenverteidiger, füllte damit den Raum hinter Konko, so dass dieser auf rechts weit aufrücken konnte. Ledesma würde etwas tiefer spielen, um keine Lücken für Silva zu öffnen, während Stankevicius primär die Deckung Jovetic´ übernehmen würde. Hinten war es extrem riskant, da man praktisch mit 3 Verteidigern und einem Sechser gegen drei schnelle Stürmer verteidigte – was man durch obige Chancen zu spüren bekam -, doch so konnte man das Mittelfeld überladen und sich nochmals steigern.

Je weiter das Spiel sich dem Schlusspfiff näherte, desto stärker wurde Lazio – dies ist eine traditionelle Stärke der Mannschaft, wurde aber – wie gesagt – vom Trainer forciert, der  für mehr Kreativität, Unberechenbarkeit und Stärke im Mittelfeld sorgte – später auch durch das Opfern Cisses. So konnte man den Ball leichter nach vorne bringen, die Violetten die vielen Halbfeldflanken nicht verhindern und wurden dafür bestraft. Hier machte sich die eher konservative Ausrichtung der zentralen Mittelfeldspieler auf den Halbpositionen einmal bezahlt, eine ihrer zahlreichen Flanken (am Ende waren es 26) legte Sculli für Klose auf, welcher netzte (83.) – der Sieg.

Fazit

Ein taktisch höchst interessantes Spiel – Lazio war dank ihrer Probleme ungefährlich, die Fiorentina verteidigte stark und spielte offensiv variabel, doch dank einiger Anpassungen und Justierungen im Detail gelang Lazio ein Comeback, zum Schluss musste man auch Risiko gehen – und wurde dafür belohnt.

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