EM-Qualifikation der Frauen: Auftaktsieg für die DFB-Elf
Am Samstagnachmittag traf die deutsche Frauennationalmannschaft in der EM-Qualifikation auf die Auswahl der Schweiz. Für die Frauen des DFB stand Spiel Eins nach der Heim-WM an. Beim sicheren 4:1-Sieg in Augsburg traf Fatmire Bajramaj doppelt, dabei drückte aber Melanie Behringer dem Spiel viel mehr den Stempel auf.
Der WM-Kater müsste mittlerweile überwunden sein, Silvia Neid steht nun vor der Aufgabe, das Team für die Europameisterschaft aufzubauen. Leider musste die Nationaltrainerin auf einige Nachwuchskräfte verzichten. Dszenifer Marozsán hatte schon die Weltmeisterschaft verpasst und musste sich aufgrund eines beschädigten Außenmeniskus operieren lassen, sie fällt ein paar Wochen aus. Schlimmer traf es Julia Simic, der im ersten Training mit der Auswahl das Kreuzband riss. Tabea Kemme musste wegen eines Muskelfaserrisses passen, Kim Kuligs Kreuzband muss auch erst heilen und Celia Okoyino da Mbabi hat Probleme mit der Syndesmose. Bei dieser Verletztenliste und der Liste von zurückgetretenen Spielerinnen (Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes, Ariane Hingst und Ursula Holl) konnte man vermuten, ein ganz neues Team zu Gesicht zu bekommen, aber so extrem war es dann doch nicht.
Die Analyse in sieben Punkten:
- Durch die wenigen Bemühungen der Schweizerinnen im Angriff, wurde die Abwehr selten ernsthaft getestet. Trotzdem zeigten die Verteidiger ein paar Unkonzentriertheiten. In der ersten Halbzeit ließen sie nichts zu, bis auf eine Situation in der Nadine Angerer Richtung Eckfahne klärt, Bianca Schmidt den Ball im Spiel hält und damit der Gegnerin überlässt. Nach der Pause häuften sich die Fehlpässe ein wenig. Annike Krahns Lauf mit dem Ball nach vorne leitete den Gegentreffer zum 2:1 ein. Die Schweizer eroberten den Ball, im Strafraum orientierten sich dann alle Verteidiger auf die ballführende Spielerin und ließen die Torschützin Bachmann ganz frei.
- Ohne mangelhafte Chancenauswertung in der ersten Halbzeit hätte die Mannschaft früh mit zwei oder drei Toren führen können. Zu oft schossen die Spielerinnen aus kurzer Distanz über das Tor, einmal retteten die Schweizerinnen auf der Linie. So stand es zur Pause nur 1:0 durch das Tor von Bajramaj (32.).
- Fatmire Bajramaj ist keine Spielmacherin. Auch wenn das System nominell ein 4-2-3-1 ist, stellte es sich über weite Strecken als 4-4-2 dar. Bajramaj agierte eher als zweite Stürmerin, war sehr aktiv, dribbelte und bot sich überall an. Aber eine Spielmacherin war sie dabei nicht, sie musste vielmehr bedient werden, als dass sie sich ins Mittelfeld zurückzog um andere Angreifer einzusetzen.
- Die Angriffsformation ist flexibel. Zwischenzeitlich stellten die Deutschen im Angriff um, Melanie Behringer und Linda Bresonik wechselten nicht nur die Seiten, Lira Bajramaj ging auch mal nach rechts und Behringer in die Mitte. Damit war das 4-2-3-1 deutlicher zu erkennen. Leider waren diese Positionswechsel nicht fließend während der Angriffe, sondern feste Umstellungen für 5 oder 10 Minuten.
- An Alexandra Popp liefen die Angriffe vorbei. Als Mittelstürmerin wurde sie kaum bedient, nahm zu wenig am Spielgeschehen teil. Ihre Arbeit beim Pressing war zufriedenstellend, sonst konnte sei kaum Akzente setzen. Das 2:0 von Bajramaj leitete sie allerdings mit ein (66.), bevor sie im Strafraum die Hereingabe verpasste.
- Es fehlt der tödliche Pass aus dem Mittelfeld. Ein Grund warum Alexandra Popp nicht glänzen konnte, war, dass es aus dem zentralen Mittelfeld keine tödlichen Pässe gab. Lena Goeßling und Simone Laudehr haben ein gutes Spiel im defensiven Mittelfeld geliefert, aber beide sind keine Spielmacherinnen. Auch deswegen liefen Angriffe und der Aufbau meist über außen.
- Melanie Behringer war an allen Toren aus dem freien Spiel beteiligt. Beim 1:0 fing sie den Pass ins Mittelfeld ab und schickte dann Bajramaj in den Strafraum. Auch das 2:0 und den Endstand durch die eingewechselte Martina Müller (79.) bereitete Behringer vor. Nur beim 3:1 von Bresonik (73.), das nach einem Eckball fiel, gab Behringer nicht die Vorlage.
Fazit
Die deutschen Frauen gewannen ungefährdet gegen einen der stärkeren Gegner in der Qualifikation. Silvia Neid wird genug Zeit und Spiele haben, um die Offensive weiter abzustimmen und verletzte Spielerinnen ins Team einzubauen. Ob während der Qualifikation aber die Abwehr gut getestet wird, darf bezweifelt werden. Es wird also wichtig sein, starke Gegner für Freundschaftsspiele zu wählen und einen Wettkampfcharakter zu simulieren.
5 Kommentare Alle anzeigen
ob 23. September 2011 um 19:57
Alle genannten Spielerinnen gehören natürlich zur gehobenen internationalen Klasse. In der Kombination Behringer/Laudehr/Kulig/Garefrekes können bzw. konnten sie aber nur athletisch und nicht spielerisch dominieren. Vor der WM hatte ich eigentlich gedacht, dass es dank der individuellen Qualität diesmal trotzdem noch reichen würde. Da lag ich daneben.
ob 18. September 2011 um 10:25
Die fehlende Spielstärke in der Zentrale ist ja schon länger ein Problem. Umso unverständlicher, dass mit Bresonik die einzige verfügbare Spielerin mit den entsprechenden Fähigkeiten wieder einmal irgendwo eine Lücke stopfen musste.
HW 18. September 2011 um 13:23
Da sprichst du einen guten Punkt an. Aber mal sehen wie sich das in den nächsten Spielen entwickelt, es kommen dann ja auch ein paar Spielerinnen zurück.
ob 19. September 2011 um 12:48
Stimmt zwar, allerdings ist das ja kein exklusiv dieses Spiel betreffendes Problem. Die bevorzugte Besetzung waren zuletzt Laudehr, die v.a. Lücken zuläuft, und „Kampfschwein“ Kulig, beiden fehlen die strategischen Fähigkeiten, ein Spiel von hinten heraus zu lenken. Dazu noch die beiden Laufwunder Behringer und ( die inzwischen zurückgetretene ) Garefrekes und man hat(te) ein athletisch überragendes, spielerisch aber ziemlich biederes Mittelfeld – gut zu sehen bei der nicht nur vom Ergebnis her verkorksten WM.
Als Regisseure und Ideengeber sind da Mbabi und eben Bresonik geeignet, nur müssten die dann auch mal da spielen, wo sie ihre Fähigkeiten zur Geltung bringen können.
HW 19. September 2011 um 16:13
@ob
Behringer würde ich nicht unterschätzen, wie beschrieben war sie an drei Toren beteiligt.
Bis zur EM sind es ja noch ein paar Spiele und vielleicht wird Lira Bajramaj etwas aus der Spitze zurück gezogen um eine Spielmacherin zu geben oder Maroszan rückt in die Elf. Sie hat im Verein schon Stürmerin und im zentralen Mittelfeld gespielt. Vielleicht entwickelt sie sich zu der Spielerin, die wir beide wohl gerne sehen würden.