Depors Konterverweigerung und Villareals simple Dominanz
Villareal erledigt souverän eine Pflichtaufgabe gegen Abstiegskandidat Deportivo La Coruna.
Villareal dominiert das Spiel mit kleinen Präsenzproblemen
Von Beginn an waren die Hausherren klar überlegen. Schon in den ersten zehn Minuten kam man auf sechs Schüsse und ließ nicht einen einzigen zu.
Villareal ließ den Ball laufen, war dabei jedoch schon von Beginn an überaus vorsichtig. Vielfach hielten sie den Ball für längere Zeit in der ersten Linie, spielten über die Innenverteidiger und die Sechser – insbesondere den tieferen Sechser, den sehr starken Bruno Soriano – den Ball hin und her, bevor sie überfallartige Angriffe mit schnellen, kleinräumigen Kombinationen im zweiten Drittel einleiteten.
Häufig blieben sie damit hängen und verloren den Ball dann in den offensiven Halbräumen. Wirklich problematisch war das aber nicht; die Kompaktheit in diesen Zonen ermöglichte ihnen ein sofortiges Gegenpressing, dazu waren die Räume dahinter mit einer passenden Staffelung besetzt, wodurch man selbst nach diesen Ballverlusten eigentlich nie Konter Deportivos zuließ. Offensiv brachte es ebenfalls Vorteile.
Sie konnten sich aus den tieferen Zonen passende Räume suchen, um sich kompakt zu staffeln. Einige Male brachen sie mit diesen kleinräumigen und sehr dynamischen Kurzpasskombinationen sogar durch den Block Deportivos, in anderen konnten sie die Zone verlassen und dadurch geöffnete Räume bespielen. Besonders die Flügel und der ballferne Halbraum wurden mithilfe dieser Kombinationen geöffnet. Zusätzlich gab es auch ein paar Angriffe nach im Gegenpressing abgefangenen Kontern. Diese drei großen taktischen Offensivmittel brachten die klare Überlegenheit für Villareal bei den herausgespielten Chancen. Zwar waren sie phasenweise nicht präsent und aktiv genug in der gegnerischen Hälfte, wenn ihre Kombinationen nicht durchkamen, souverän und überlegen war man jedoch die ganze Zeit hinweg. Das lag auch an der Defensivarbeit.
Unflexible Formation mit flexiblen Manndeckungen
Defensiv waren sie in ihrem 4-4-2 ebenfalls sehr solide, pressten intelligent und harmonisch. Sie sind unter Marcelino eine interessante Mischung aus Mannorientierungen und guter Kompaktheit. Verglichen mit vielen anderen Mannschaften stehen sie horizontal sehr kompakt, öffnen die Flügelzonen intelligent zugunsten einer dichten Besetzung der Mitte und Halbräume, verschieben gut ballorientiert und können in weiterer Folge flexible Mannorientierungen einnehmen – teilweise sogar „Doppelmanndeckungen“.
In einigen Situationen bei zentraler Ballposition Deportivos stand Villareal in einem horizontal wie vertikal sehr kompakten 4-4-2. Die beiden Linien standen parallel zueinander, keine war enger oder breiter. Die jeweiligen Akteure standen sauber in einer vertikalen Linie zum Vorder- beziehungsweise Hintermann und in einer horizontalen Linie mit den anderen Spielern ihrer Kette im Mittelfeld respektive in der Verteidigung.
Innerhalb des 4-4-2 übernahmen sie viele situative Mannorientierungen; bei zentraler Ballposition standen die Flügelstürmer so eng, dass sie situativ mit den Sechsern die eingerückten Flügelstürmer des Gegners oder deren Sechser/Achter manndecken konnten. Einige Male ließen sie die Flügelstürmer und Außenverteidiger weit offen, um die Mitte zu verengen und hatten doppelte Manndeckungen auf die Achter in diesen Räumen. Dazu kamen herausrückende mannorientierte Bewegungen in der Mitte.
Deportivo wurde wegen dieser Ausrichtung natürlich auf die Flügel gezwungen, wohin Villareal dann verschob und die Manndeckungen in der Mitte auflöste. Die ballnahen Flügel rückten heraus und pressten, die zentralen Akteure übernahmen situativ Mannorientierungen, wo es nötig war und die ballfernen Spieler rückten ein und deckten niemanden direkt, sondern sicherten die Mitte. Auch das Übergeben der Flügel funktionierte gut. Die Flügelstürmer ließen sich kaum dazu verleiten, die gegnerischen Flügelläufe zu tief nach hinten zu verteidigen, sondern orientierten sich in die Mitte und übergaben die aufrückenden Außenverteidiger des Gegners an die eigenen Außenverteidiger.
Die entstehenden Löcher zwischen Innen- und Außenverteidiger wurden dann entweder vom ballorientierten Verschieben oder von situativ zurückfallenden Flügelstürmern gefüllt, wodurch Deportivo kaum zu Chancen kam. Neben der guten Verteidigung Villareals lag das aber auch an der Merkwürdigkeit Deportivos bei eigenem Ballbesitz.
Depors unsauberes Ballbesitzspiel
Eigentlich hatten die Gäste aus La Coruna einige interessante und ansehnliche Spielzüge in petto. Ihre taktische Bewegung im Offensivspiel war passabel, die Flügelstürmer rückten weit ein und spielten sehr frei, erzeugten Überzahlen und in den Achterräumen sowie im Sturmzentrum gab es viele ausweichende und unterstützende Bewegungen.
Das Problem war aber die Erfolgsstabilität, die Sauberkeit und die Entscheidungsfindung, taktisch wie strategisch. Nach Balleroberungen ließen sie sich zum Beispiel zu sehr vom Gegenpressing Villareals leiten, versuchten oftmals nicht einmal zu kontern, sondern spielten den Ball nach hinten und ließen sich Zeit im offensiven Umschaltmoment – oder besser gesagt: Sie konterten schlichtweg nicht. Stattdessen formierten sie sich neu und versuchten mit positionellen Angriffen nach vorne zu kommen.
Prinzipiell war das nicht einmal eine schlechte Idee, die Erfolgsstabilität gegen Villareals gutes Pressing im letzten Spielfelddrittel war aber schlichtweg nicht vorhanden. Spätestens vor dem Strafraum gab es einige Fehlpässe, unpassende Bewegungen im Bewegungsspiel und es hagelte Ballverluste. Dadurch hatte Deportivo zwar einige Male längere Ballbesitzstafetten und sogar einzelne gute Angriffe, konnte sich aber bis tief in die zweite Halbzeit hinein keine wirklichen Chancen erzeugen. Und defensiv ließ man trotz interessanten Ansätzen zu viel zu.
Flexible Formation mit unflexiblen Manndeckungen
Depor spielte grundsätzlich in einem 4-4-1-1, wechselte das aber durch die vielen Mannorientierungen häufig zu einem 4-1-4-1, welches es auch lange Zeit blieb. Innerhalb dieser Formation übergaben sie zwar durchaus, es waren also keine strikten Manndeckungen, trotzdem öffneten sie immer wieder Räume zwischen den Achtern und dem Sechser sowie auf den Flügeln.
Im 4-4-1-1 war man hingegen noch kompakter und stellte die Räume vor der Abwehr besser zu, auch wenn es letztlich keinen großen Unterschied ausmachten. Das offensive Umschalten funktionierte nicht und das Ballbesitzspiel zerschellte im Angriffsverlauf. Selbst bei einer guten Defensive würde man früher oder später Tore zulassen, mit der Führung im Rücken konnte Villareal auch zurückhaltender spielen und letztlich zwei Kontertore machen.
Fazit
Villareal gewann das Spiel auch in der Höhe verdient, obwohl sie sich nach der Führung zurückzogen. Man war dennoch immer die eindeutig spielerisch wie taktisch bessere Mannschaft. Die Dominanz lag am überlegenen Ballbesitz und Depors merkwürdiger Ausrichtung im Defensiv- und Konterspiel. Ihnen mangelte es an den passenden Abläufen in der Offensive, welche aus gruppentaktischer Sicht zu unsauber waren und dadurch in den kompakteren Räumen nicht durchgebracht werden konnten. Villareal hingegen spielte relativ simpel, hatte aber durch ihre individuell sehr gute Besetzung und einzelne erfolgreiche Mechanismen die Oberhand in dieser Partie.
Danke an Laola1.tv für das Bildmaterial!
1 Kommentar Alle anzeigen
SF 21. Dezember 2014 um 16:33
Wahnsinn, wie viele Artikel ihr dieses Wochenende veröffentlicht habt! Vielen Dank dafür!
Das Bildmaterial zur spanischen Liga gefällt mir sehr gut, da ich finde, dass so ein noch besserer Einblick in die Spiele sichergestellt wird.