SV BuLi Kompakt: 27. Spieltag
Bayern ist frühster Meister aller Zeiten, ein Derby endet trotz höchster Intensität torlos und ansonsten gibt’s haufenweise 3:1-Ergebnisse. Die englische Woche hatte es in sich.
Vor den Analysen noch einmal Dank an 11tegen11 für die Expected-Goal-Matchplots. Was diese netten Kurven genau darstellen, ist im letzten BuLi Kompakt nachzulesen.
Zu den Spielen der englischen Woche:
SV Werder Bremen 1:3 VfL Wolfsburg
Nach der enttäuschenden Niederlage in Freiburg stellte Robin Dutt seine Mannschaft formativ um. Die vormaligen Halbspieler Junuzovic und Obraniak agierten als Außen eines flachen 4-4-2, in dem Hunt als offensiverer Partner von Felix Kroos vor der Abwehr aufgeboten war. Dennoch bekam Werder durch eine Kombination aus chaotischen, wilden Eigenheiten der Einzelspieler und zu geringer Disziplin wie Intensität im Pressing keine Kompaktheit gegen den Ball. Sowohl die Wolfsburger Sechser als auch ihre Außenverteidiger legten mit diagonalen Aktionen und Bewegungsmuster die Freiräume und simpel zugänglichen Lücken der Bremer Formation offen.
Meistens kamen die Mannen von Dieter Hecking dann über rechts nach vorne, wo der überzeugende Träsch und Gustavo viel einleiteten. Bei den folgenden Diagonal- oder Flügelaktionen fiel insbesondere das enorm weite Ausweichen von Olic auf jenen Flügel auf. Teilweise agierte er als breitester Akteur in jenem Bereich und konnte einige Male Lukimya aus der Abwehr ziehen – durch das entstehende Loch fiel das frühe 0:2 für die Gäste. Überhaupt zeigten sich die Wolfsburger Überladungen verbessert.
Bremens Aufbau wurde durch ein engagiertes Wolfsburger Pressing, bei dem Arnold mit intelligenten Bewegungen eine Schlüsselfigur war, einige Male auf deren rechte Seite gedrückt. Dort hatte Bremen keine Optionen, da sie ihr Personal auf der anderen Seite ballten, und wurde in diesen Fällen isoliert. Es ging darum, ob die Hausherren vernünftig ihre bevorzugte linke Seite ansteuern konnten, auf denen sie stattdessen ihr Offensivpersonal stationiert hatten, oder ob es dem insgesamt durchaus aggressiv ausgerichteten Wolfsburger Pressing zuvor gelang, die Aufbauversuche auf die andere Seite zu drücken.
Gerade im Verlauf des ersten Durchgangs gestalteten die Bremer dies durchaus offen und kamen einige Male nach links, doch konnten sie dort nicht die erhoffte Kontrolle aufbauen. Die Stürmer wichen beide zu radikal aus und es fehlte an Richtung und Rhythmus, um aus den Engen zu gefährlichen Szenen zu kommen. Einzig das Provozieren von Standards brachte wirklich Gefahr und unter anderem das Anschlusstor. Im zweiten Durchgang steigerte sich Bremen leicht, kam auch mal über rechts und hatte weitere Szenen nach Ecken, doch Wolfsburg war weiterhin das bessere Team. Über ihre Rechtsüberladungen kamen sie gegen die offener werdenden Bremer vermehrt zu Chancen. Als ihre Freiraumangriffe sich besser auf das Bremer Risiko eingestellt hatten, nutzten sie die großen Räume besser und verwerteten letztlich eine ihrer zahlreichen Torchancen.
Hertha BSC 1:3 FC Bayern München
Standesgemäß feiern die Münchner die Meisterschaft. Mit einer Rekordzahl von 82% Ballbesitz zerstören sie die Berliner, nachdem sie im Hinspiel Probleme hatten. Grundlegender taktischer Aspekt war Guardiolas Bespielen der Mannorientierungen bei den Herthanern. Philipp Lahm lief im zentralen Mittelfeld als tiefster Sechser auf, was eine Umstellung auf ein 4-3-3 bedeutete. Dabei war auch fast nie ein 4-1-4-1 zu sehen, die Flügelstürmer agierten hoch und eingerückt. Diese Kompaktheit der drei Stürmer war auch ein wichtiger Punkt im Offensivspiel. Thomas Müller, Arjen Robben und Mario Götze agierten allesamt fast durchgehend in der Mitte, wechselten flexibel die Positionen und ließen sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen. Die versuchten Mannorientierungen der Herthaner wurden dadurch aufgebrochen, wodurch sie nie Zugriff im Mittelfeld erhalten konnten.
Die Bayern nutzten ihre drei im Wechsel zurückfallenden Akteure, um die Mitte zu überladen. Im Verbund mit den drei Mittelfeldspielern sowie Rafinha und Alaba als sehr hohe und breitengebende Außenverteidiger konnten sie den Ball problemlos zirkulieren lassen. Herthas 4-4-2-Defensivformation bedeutete Unterlegenheit im zweiten Drittel, was die Bayern perfekt bespielten. Nach dem frühen 2:0 entspannten sich die Bayern und brachten das Spiel souverän über die Zeit.
Eintracht Braunschweig 3:1 FSV Mainz 05
Zwischen zwei der taktisch eigeneren Teams der Liga entstand wie erwartet ein Spiel, das taktisch ebenso ungewöhnlich war. Das lag vor allem an der Mainzer Herangehensweise, während Braunschweig auf ein eher normales 4-4-2 bzw. 4-4-1-1 setzte. Die Elf von Thomas Tuchel startete im 4-2-3-1, welches aber in der Rollenverteilung eher ein 4-2-1-3 war und durch die Asymmetrie im Zentrum gar zum 4-3-3 tendierte. Dabei übernahm der wendige Zehner Malli die Position im Angriff und interpretierte diese für seine Voraussetzungen gar relativ klassisch. Zwar ließ er sich auch zurückfallen, doch nur situativ, um im Stile eines Wandspielers Ablagen zu liefern – wodurch übrigens auch das Mainzer Tor entstand. Spielmachende Aufgaben oder eine stärkere Einbindung in die Ballzirkulation gab es nicht.
Das hätte auch nicht zum Stil des Spiels gepasst, der sehr von der beidseitigen Pressingintensität geprägt war. Beide Mannschaften konnten wenig Spielaufbau-Momente zeigen und mussten oftmals mit langen Bällen eröffnen. In der Offensive versuchten sie dann zu überladen. Braunschweig machte dies vornehmlich in den Halbräumen. Hochscheidt und Nielsen drifteten weit durch die Offensivreihe und auch Boland unterstützte sie von der Sechserposition. Elabdellaoui konzentrierte sich auf den Flügel und stand so für Verlagerungen parat. In der Spitze setzte sich Kumbela immer wieder ballfern ab, wenn er gerade nicht als Zielspieler benötigt wurde. So generierte die Eintracht viel Dynamik und bespielte diese lokal über die Fähigkeiten der Offensivspieler. Ganz klare Durchbrüche gab es eher selten, aber durch die geschaffene Unordnung im Mainzer Mittelfeld kamen sie zu Standardsituationen und dadurch zu Treffern.
Bei den Mainzern lief in der interessanten Raumaufteilung nicht viel zusammen. Müller schob meist weit in die Mitte und Zimling bewegte sich halbrechts um ihn herum. Die beiden waren jedoch meistens leicht zu isolieren, wie auch die anderen Mainzer Akteure. Choupo-Moting hielt sich sehr breit und sollte mit seinen Dribblings für Durchbrüche sorgen, konnte aber immer wieder gedoppelt werden und war in der isolierten Rolle ineffektiv. Soto versuchte den halblinken Raum zu beleben, doch fand neben dem unpräsenten Pressingzehner Zimling keine Anbindung. Das Tor fiel in einem der wenigen Momente, als die Mainzer zusammenfanden. Malli legte halblinks geschickt auf den weit eingerückten Müller, der sich nach Verlagerung auf Pospech selbst in Abschlussposition brachte. Eingeleitet wurde dieser Spielzug von dem Mainzer, der am besten eingebunden war: Junior Diaz hielt sich zurück und konnte neben den zugestellten Innenverteidigern das Spiel von der Seite mit langen Bällen eröffnen.
Aufgrund der Offensivprobleme brachte Tuchel zur Halbzeit Okazaki für Zimling in die Sturmspitze und zog Malli zurück ins Mittelfeld. Da sich die Braunschweiger nach dem zweiten Führungstreffer aber verstärkt auf ihre Kompaktheit konzentrierten, kam dieser Wechsel nicht zum Tragen. Dafür agierten die Mainzer bei Ballbesitz zu ungeduldig und vertikal, während aber die Risikobereitschaft im Aufrücken etwas fehlte. So gab es bis zur Endphase etwas Stillstand. Eine Viertelstunde vor Schluss stellte Tuchel dann das System auf Raute um. Der junge Bulgare Nedelev wurde als Zehner gebracht, während Malli und Müller nun Soto flankierten. Das brachte zwar Spielstärke, aber auch sofort das vorentscheidende 3:1 durch Kumbelas Fallrückzieher – bei einem schnellen Angriff verlor Müller den Ball, Malli war weit aufgerückt und über die entblößte rechte Seite brachen die Braunschweiger durch. Letztlich ein ausgeglichenes Spiel zwischen zwei intensiv pressenden Mannschaften, das die Elf gewann, die mehr von ihrem Potential ausschöpfte.
Borussia Dortmund 0:0 FC Schalke 04
Ähnlich wie die eben beschriebene Partie zwischen Braunschweig und Mainz wurde auch diese Partie zu einem hochintensivem Pressingmatch – auf höherem Niveau allerdings.
Die Borussen erzeugten durch gut gesetzte lange Bälle in die tiefen Schalker Reihen viel Präsenz in der gegnerischen Hälfte, die sie nutzten, um ihren Zugriff im Gegenpressing zu etablieren. So waren sie die dominantere Mannschaft und hatten mehr Offensivszenen. Schalke hatte dafür mehr Raum, den sie aber nur ganz selten nutzen konnten. Das Gegenpressing des Rivalen erzeugte meist sofortige lange Bälle, bei denen Huntelaar oft isoliert war und den Ball verlor.
So entstand eine Partie mit viel Kampf um zweite Bälle, Konteransätzen, Gegenkontern und folgendem Hin-und-her. Vor allem entlang der Seite von Draxler und Großkreutz gab es viel Action. Die Defensivakteure – vor allem Kehl und Kolasinac – behielten jedoch oft die Oberhand. Beeindruckend war generell, dass beide Mannschaften kaum an Intensität nachließen und nie die Konzentration und Aufmerksamkeit schleifen ließen. So gab es über die ganze Spielzeit nur wenige Gelegenheiten für Durchbrüche. Weil außerdem die Angriffsspieler kein Glück hatten und Fährmann eine starke Partie machte, blieb es beim Sieg der Stabilität: Ein gutes 0:0.
1899 Hoffenheim 3:1 Hannover 96
Hannover 96 ist weiterhin nicht befreit von Abstiegssorgen. Beim Auswärtsspiel in Sinsheim hatten sie vor allem Probleme beim Zugriff auf die individuell stark besetzte Offensivreihe der TSG 1899 Hoffenheim. Markus Gisdols Mannschaft war in der ersten Halbzeit stabilitätsfokussiert. Die erste Linie verhielt sich gegen den Ball oftmals passiv und das Mittelfeldband zog sich relativ eng zusammen, um Hannover auf die Außenbahnen zu drücken. Allerdings bleiben die Kraichgauer nach Ballverlusten und Seitenverlagerungen anfällig. Das passende Exempel folgte in der 10. Minute. Nach einem missglückten Pass von Kevin Volland im letzten Drittel sprintete Szabolcs Huszti über links und flankte in Richtung Strafraum. Artjoms Rudnevs bekam den Ball erst an der rechten Seite unter Kontrolle, während sich Jannik Vestergaard herausziehen ließ und Andreas Beck im Halbraum stand. Rudnevs legte zurück auf Lars Stindl, der den durchstartenden Leon Andreasen bediente, während Sebastian Rudy überlaufen wurde. Insgesamt hatte Hoffenheim immer wieder Probleme, im eigenen Drittel Zugriff herzustellen beziehungsweise einen entscheidenden Defensivzweikampf zu gewinnen.
Bei Verlagerungen wirkte die TSG wie so oft in dieser Saison anfällig. Die Formation wird auseinandergezogen und im Zwischenlinienraum erfolgt der Kollaps. Im Heimspiel gegen Hannover sollten allerdings diese Probleme keine verheerende Wirkung auf das Endergebnis haben. Drei Minute nach dem Rückstand glich Eugen Polanski per Distanzschuss aus, nach dem Sakai den Ball nur an die Strafraumgrenze klärte. In der Folge blieb die Partie weitestgehend ausgeglichen mit stets leichtem Ballbesitzübergewicht für die Gäste aus Niedersachsen, die im 4-4-2 mit Rudnevs und Leonardo Bittencourt in vorderster Linie und mit zwei situativ einrückenden Außenspielern, Stindl und Huszti, auftraten. Die Hoffenheimer versuchten im Gegenzug im Zentrum stabil zu bleiben und hatten zudem gerade mit Rudy einen passstarken Akteur (100% Passquote zur Halbzeit, 95% zum Spielende). Gelangen die Hausherren ins offensive Drittel konnten sie über Firmino, Volland und Salihovic immer wieder Torchancen generieren, waren aber sogleich sehr darauf fokussiert rasch zum Abschluss zu kommen. In der zweiten Halbzeit fiel schnell der Führungstreffer für Hoffenheim. Firmino hatte sich links postiert, obwohl Vestergaard die schnelle Verlagerung verweigerte, konnte sich der Brasilianer nach dem Anspiel von Beck durch eine Gasse dribbeln und vertikal durch den linken Halbraum Modeste bedienen, der einnetzte. Firmino blieb im zweiten Durchgang der gefährlichste Akteur. Er entzog sich zuweilen den Mannorientierungen und konnte sich gut aus engen Situationen befreien. Hannover nutzte die potenziellen Defensivprobleme der Hoffenheimer nicht, war nach einem Foul von Manuel Schmiedebach zudem ab der 76. Minute in Unterzahl und nach einem missglückten Zieler-Schlag in der Nachspielzeit auch mit zwei Toren in Rückstand.
Mirko Slomka musste im Vergleich zu den letzten Spielen Hakan Calhanoglu und Ivo Ilicevic ersetzen. Er entschied sich für ein 4-3-1-2, in dem Badelj, Arslan, Jiracek und van der Vaart die Mittelfeldraute bildeten. Christian Streich schickte seine Freiburger im gewohnten 4-4-2 in die Partie, hatte jedoch einige interessante – und überaus passende Antworten auf die Raute.
Die Freiburger verzichteten auf ein hohes Pressing, sondern zogen sich bis zur Mittellinie zurück, die Doppelspitze agierte etwas vorgezogen. Guede und Mehmedi ließen beim Anlaufen der Hamburger Innenverteidiger nur selten bespielbare Lücken zwischen sich – und wenn, dann wurden diese nicht genutzt. Weil Milan Badelj als tiefster Mittelfeldspieler offenbar die Anweisung hatte, nicht abzukippen, kam der Kroate überhaupt nicht ins Spiel.
Die Innenverteidiger beschränkten sich auf die einfachsten Passwege – die häufigsten Passkombination waren bezeichnenderweise Djourou-Mancienne und umgekehrt – und wurden auf die Flügel geleitet. In der Regel griff der HSV dann nach folgendem Muster an: Auf der rechten Seite (knapp die Hälfte der Angriffe kam über diesen Flügel) rückte Dennis Diekmeier sehr weit vor und wurde von Gelson Fernandes verfolgt. Hamburgs rechter Achter Arslan kippte daraufhin in den freigewordenen Raum und ließ sich dort von den Innenverteidigern anspielen.
Weil Freiburg gut diagonal zu Arslan verschob und sich die restlichen Hamburger nicht besonders freilauffreudig zeigten, konnten die Gäste über ihre Deckungsschatten einen Großteil der potenziellen Hamburger Torgefahr im Keim ersticken. Der HSV beschränkte sich auf recht lineare Angriffe über die Flügel und suchte immer wieder den körperlich starken Lasogga mit langen Bällen.
Freiburg zeigte sich im Offensivspiel eher vorsichtig und griff mit wenigen Spielern an, sie waren offensichtlich darauf aus, Konter um jeden Preis zu vermeiden. Folgerichtig entwickelte sich eine Partie ohne Großchancen, die beiden Tore fielen fast aus dem Nichts (Darida nach einem Einwurf, Lasogga nach abgeblocktem Van-der-Vaart-Fernschuss). Beide Trainer nahmen im Verlauf der Partie keine großen taktischen Änderungen mehr vor, der HSV blieb optisch überlegen, war aber fast ausschließlich nach Flanken und Standards halbwegs torgefährlich.
Eintracht Frankfurt 1:0 Borussia Mönchengladbach
In einem eher trägen 1:0 der Frankfurter war das taktische Highlight die formative Flexibilität der Eintrachter Raute. Sie stellten schon weit vorne und früh die Innenverteidiger zu, ohne wirklich passiv zu sein. Hier war die Formation noch „normal“; ein 4-3-1-2 mit vielen Mannorientierungen, u.a. deckte Zehner Barnetta einen der gegnerischen Sechser. Interessant war aber, was in den tieferen Zonen geschah. Sehr oft ließ sich Barnetta weit zurückfallen, wenn Gladbach durch das hohe Pressing der Frankfurter kam. Auch der rechte Mittelstürmer Aigner ließ sich immer wieder zurückfallen und unterstützte situativ am rechten Flügel. In einer Situation formierten sie dadurch sogar ein lupenreines 4-5-1 mit flacher Mittelfeldfünf, einige Male sah es wie ein 4-4-1-1 aus, obwohl es im hohen Pressing und in der Offensivformation eine klare Raute war. Einzig Joselu blieb höher und sorgte für die nötige Tiefe in offensiven Umschaltmomenten, wo Frankfurt mit Joselu und Aigner schnell kontern konnte. Die Halbspieler der Raute übernahmen die gegnerischen Flügelstürmer zumeist ebenfalls mannorientiert, wodurch Gladbach kaum nach vorne kam und insbesondere die Mitte versperrt war.
Im Verbund mit der aktuellen individuellen Formschwäche der Gladbacher sowie dem Rückstand konnten die Borussen kaum dagegen angehen und es entstand wie erwähnt ein eher träges Spiel mit wenig spektakulären Szenen. Gladbachs Stürmern fehlte einmal mehr die Unterstützung vorne, Raffael und Kruse konnten kaum ordentlich kombinieren. Neben dem mangelnden Nachschieben der Außenverteidiger waren es auch die Flügelstürmer, die selten effektiv unterstützende Läufe anbrachten.
1. FC Nürnberg 2:0 VfB Stuttgart
Zuletzt hatte Gertjan Verbeek mit einer unorthodoxen Spielweise auf die Frankfurter Raute reagiert, nun trat sein Team wieder im gewohnten 4-3-3 gegen Stuttgart an. Über den in eine Aufbaudreierkette zurückfallenden oder situativ nach links gehenden Frantz und den ebenfalls etwas in der Tiefe unterstützenden Campana sammelten sie dabei viel Ballbesitz. Durch diese tiefen Positionierungen hatten sie anfangs aber nur sehr wechselhafte Mittelfeldpräsenz weiter vorne, wenngleich Feulner gerne weit einrückte, dabei aber die Horizontalstaffelungen mit Kiyotake zunächst nicht gut genug synchronisierte. So konnten sie die recht unkompakte Vorstellung der Stuttgarter in den zentralen Mittelfeldbereichen nicht ausnutzen, wo Bokas mannorientiertes Herausrücken teilweise übertrieben war und die Abstände zwischen Abwehr- und Mittelfeldlinie Probleme bereiteten. Über das Zentrum kamen die Hausherren vorerst nur durch direkte Vertikalpässe zu gefährlichen Szenen, die auf Drmic entweder in die Schnittstellen der VfB-Abwehr oder an die letzte Linie herangespielt wurden.
Nach einer Viertelstunde steigerten sich die Nürnberger in der Nutzung ihres Ballbesitzes und fanden zunehmend in ihre konsequenten Linksüberladungen hinein. Dort unterstützten sowohl Kiyotake als auch Drmic, während sich Feulner in Ansätzen ebenfalls balancierend einschaltete. Die Bedienung dieser guten Strukturen wirkte ein wenig wackelig, da in den Übergangsbereichen vieles von Plattenhardt abhing, doch mit der Zeit wurden die Franken immer besser und sicherer. Einige Male schob Frantz weiter vorne zusätzlich auf den Flügel und erhöhte damit die Variabilität der Stellungen. Über Raumöffnen für Campana, der einige seiner gefährlichen Distanzschüsse abfeuerte, näherten sich die Nürnberger im Verlauf der ersten Halbzeit an und spielten ihre Überladungen immer stärker aus. Der Höhepunkt kam schließlich nach 43. Minuten, als Drmic im Halbraum von Kiyotake freigespielt werden konnte und vom diagonal nach links ziehenden Feulner den Weg in den Strafraum geöffnet bekam – mit Tempovorteil umspielte er Sakai und markierte die Führung. Der sonst auch gerne mal sehr hoch schiebende Angha hatte sich in dieser Szene etwas tiefer positioniert und Rausch gebunden.
Auch defensiv verschoben sich die Franken manchmal etwas frühzeitiger auf ihre linke Seite, um dort mögliche Stuttgarter Überladungen entgegenzuwirken, die Gentners gefährliche Bewegungen und Traorés Ausweichen hätten initiieren können. Dies funktionierte bis auf die etwas chaotische Anfangsphase gut, als Frantz und auch Campana häufig sehr weit herüberrückten, was Rausch – wie bei dessen Lattenschuss aus der zweiten Reihe – ansatzweise gefährlichen Platz in den Halbräumen nach Verlagerungen brachte. Ansonsten konnten die Stuttgarter in ihren wenigen Aufbauszenen nicht überzeugen. In einer 4-1-4-1-Defensivformation agierten die Nürnberger grundsätzlich mannorientiert, wobei dies interessanterweise in der Abwehrlinie deutlich stärker ausgeprägt war.
Hinter der recht engstehenden Mittelfeldreihe folgten die Verteidiger und Frantz ihren Gegenspielern immer sehr weit, was insgesamt chaotisch wirkte, von den Stuttgartern aber kaum ausgenutzt werden konnte. Diese besetzten die entstehenden Freiräume zu inkonstant, ungeduldig und unorganisiert, sondern liefen diese nur mit vereinzelten Läufen an. Zudem fehlte es an einem verbindenden Offensivmann in jenen Bereichen, der für Synergien zwischen raumöffnenden Aktionen hätte sorgen können. Gegen die aufmerksame Mittelfeldkette des FCN mit gewissem Fokus auf Passwegszusperrung hatte Stevens´ Team einige Male aber schon Probleme, diese Bereiche überhaupt erst einmal zu bedienen. Nachdem Nürnberg früh im zweiten Durchgang durch eine breiten Ballbesitzangriff auf 2:0 gestellt hatte, kamen die Schwaben nicht mehr zurück – auch nicht nach offensiven Wechseln mit Gruezo auf der Sechs sowie Maxim und Werner in der Offensive. Eine Kombination aus mangelnder Kompaktheit auf Abpraller oder in Umschaltszenen und fehlenden Mitteln gegen die engagiert und balanciert ausgeführten Nürnberger Mannorientierungen ließ jegliche Gefahr vermissen. Maxims Großchance war die einzige Ausnahme, bei der Stuttgart einmal gezielt über mehrere Stationen in Freiräume hineinspielte.
FC Augsburg 1:3 Bayer Leverkusen
Nach langer Durststrecke erlebten die Leverkusener ein bisschen Hinrunden-Feeling in Augsburg. Die Ambitionierten Hausherren nahmen Bayer die Last der Spielgestaltung weitestgehend ab, liefen in Konter von Kießling und Co. und verloren am Ende trotz Felddominanz.
In der ersten Hälfte versuchte die Elf von Hyypiä allerdings noch vermehrt, auch selber das Spiel zu gestalten, wobei sie einige Veränderungen zu den letzten Monaten zeigte: Die Außenverteidiger agierten wesentlich zurückhaltender als üblich. Vor allem Boenisch positionierte sich immer wieder auf seiner Grundposition in der eigenen Hälfte, anstatt die Linie entlangzugehen. Die Breite auf dieser Seite wurde stattdessen vom gelernten Flügelspieler Guardado eingebracht, der von der Achterposition weit umherdriftete. Im Vorwärtsspiel wurde dann das Kießling-Son-Tandem gesucht. Son rückte weit ein und lauerte in sehr hohen halblinken Positionen auf Durchbrüche in Kießlings Schatten. Dieser wich vor ihm ein wenig aus und forderte Bälle. Über dieses Duo fiel auch der Führungstreffer. Augsburg agierte dagegen defensiv ungewohnt stark 4-4-2-haft, was sie weniger anpassungsfähig machte als üblich. Baier und Vogt konnten den Zwischenlinienraum nicht ganz so dominant unter Kontrolle bringen und auch nicht konstant Druck auf den gegnerischen Sechserraum erzeugen.
Im Laufe des Spiels bekam der FCA jedoch immer größere Ballbesitzanteile. Baier und Co. nutzten diese gewohnt konstruktiv. Bayer formierte sich erneut in einem 4-5-1-0 gegen den Ball und nicht in ihrem ureigenen 4-3-3-0. Das erlaubt dem Gegner ein relativ ungestörtes Aufrücken in die Sechserräume, was die Augsburger zunehmend konsequent praktizierten – Klavan und Callsen-Bracker zeigten einige Vorstöße mit Ball. Allerdings hatte Weinzierls Elf einmal wieder gewisse Probleme bei der Anbindung ins offensive Mittelfeld, wo sie auf die kompakte Dreifachsechs des Gegners stießen. Sie versuchten, den gegnerischen Block über links und halblinks zu attackieren, was Bayer jedoch teilweise in die Karten spielte: Die defensivstärkeren Castro und Bender warteten dort und Kießling orientierte sich etwas zu Baier, sodass er die Wege teilweise versperren konnte. Über Einrückbewegungen von Werner, Ausweichen von Altintop und den sehr aktiven Ostrzolek kamen sie dennoch vermehrt in Strafraumnähe. Besonders wenn Baier Gelegenheiten bekam, sich in höhere Zonen einzuschalten, kam seine Mannschaft in Fahrt.
Über Verlagerungen auf die breiter agierende rechte Seite, Flanken und Standards kamen die Augsburger zwischen der 15. und 75. Minute regelmäßig zu Chancen und auch zum Ausgleich. Hinten heraus wollten die Gastgeber aber etwas zu viel. So kam Leverkusen zu zwei schnellen Toren in der Endphase. Das erste wurde durch das sehr gute Bewegungsspiel des eingewechselten Julian Brandt bedingt. Das zweite entstand durch einen irren Lauf von Can, der nach Balleroberung in der eigenen Hälfte seine Dynamik bis zum Anschlag durchbrachte und in einem Kraftakt die Partie entschied.
7 Kommentare Alle anzeigen
Max 31. März 2014 um 08:38
Die Match plots sind echt super. Auf einen Blick ist zu erkennen wann die Tore gefallen sind, wie gut die Chance war, wie „verdient“ das Tor zu dem Zeitpunkt war und wie der Spielverlauf war. Genial!
mslive 30. März 2014 um 13:50
Hallo, interessante Analysen. Durch euch macht
Fussball noch mehr Spass. ich habe eine Frage zu den Diagrammen; wie werden die y-Achsenwerte bestimmt? Wie kommen die Zahlenwerte zustande? Ich hab verstanden, dass es Torschüsse sind, aber werden diese unterschiedlich bewertet oder feste Punkte je Schuss? Danke.
blub 30. März 2014 um 14:22
Einfach den link zu klicken äre aber zu schwierig, oder?
vllt hilft das hier weiter: https://spielverlagerung.de/2014/03/24/sv-buli-kompakt-26-spieltag/#comment-46963
mslive 30. März 2014 um 17:45
Natürlich… Danke, bzw. Entschuldigung
king_cesc 29. März 2014 um 13:27
Sieht man unter Huub Stevens eigentlich schon eine Verbesserung?
Die Aufstellung erinntert mich stark an die Taktik langer Ball und dann Traore durchstecken oder halt mit ner Überladung die Linie entlang. Ist das so ziemlich alles oder steckt da offensiv mehr dahinter?
Defensiv wird Stevens eine Mannschaft ja wohl stabilisieren können….
TR 29. März 2014 um 13:42
Kollege TE hat zu Stevens´ Start beim VfB einen Artikel in Planung, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Dort wird es dann nähere Auswirkungen geben. Ich für meinen Teil hätte allein in Bezug auf das Nürnberg-Spiel aber eigentlich mehr erwartet aktuell, aber das war ja immer noch eines der ersten Spiele. Von daher verweise ich auf den geplanten Artikel. 😉
king_cesc 29. März 2014 um 13:53
Danke.
Ich verbleibe in Vorfreude 😉