Türchen 7: Bayern – Valencia 2001 – MX

5:4 i. E.

„Kahn, die Bayern, die Bayern!“

„Hamburg war überlebensnotwendig. Wenn wir die Meisterschaft in der letzten Minute der Saison verspielt hätten, weiß ich nicht, ob wir uns davon erholt hätten“, sagte Ottmar Hitzfeld Jahre später gegenüber der AZ. Entsprechend kamen die Bayern mit großer Euphorie ins San Siro, wo sie aus einer 3-4-3-Grundformation heraus agierten: Oliver Kahn stand zwischen den Pfosten, davor bildeten Kuffour und Linke die Halbverteidiger, während Meisterschaftsheld Andersson zentral zwischen ihnen spielte. Sagnol und Lizarazu besetzten die Schienenspielerrollen. Im Zentrum agierten Hargreaves und Effenberg als Achter, Scholl und Salihamidžić besetzten die Außenstürmerpositionen, während Élber die zentrale Spitze gab.

Die Grundformationen

Der FC Valencia unter Trainer Héctor Cúper lief in einem 4-4-2 auf: Cañizares, der große Star der Mannschaft, hütete das Tor. Pellegrino und Ayala bildeten die Innenverteidigung, Carboni und Angloma die Außenverteidiger. Im Mittelfeld spielten Aimar und Baraja als Achter, Gonzáles und Mendieta kamen über die Flügel. Im Sturm liefen Carew und Juan Sánchez auf. Auf der Bank saß ein gewisser Altstar Didier Deschamps, kam im Verlauf der Partie jedoch nicht zum Einsatz.

Früher Rückstand durch Mendieta

In den ersten Sequenzen dieses Finals zeigte sich sofort eine interessante Wechselwirkung, die das Spiel über weite Strecken prägen sollte: Valencia fand aus dem 4-4-2-Mittelfeldpressing kaum Zugriff auf Bayerns Achter. Beide ließen sich häufig gleichzeitig in den Raum zwischen Valencias Stürmern und Mittelfeldreihe fallen, ohne dass die Spanier mit ihren Achtern konsequent beide verfolgten. Dadurch entstanden immer wieder Aufdrehbewegungen von Hargreaves und Effenberg in diesem Zwischenraum vor Valencias Mittelfeld. Nicht selten suchten sie anschließend den langen Ball auf Zielspieler Élber. Der allerdings hatte gegen Ayala und Pellegrino, die ihn bei diesen Zuspielen oft zu zweit unter Druck setzten, sichtliche Probleme. Mehrere Bälle sprangen dem Matchwinner des Halbfinales in Madrid in den ersten Minuten entsprechend unsauber weg.

Eine solche Szene, in der Élber der Ball gegen die engen und aggressiven Innenverteidiger verspringt, führte schließlich auch zur Umschaltsituation in der 3. Spielminute. Durch das frühe Antizipieren des zweiten Balles konnte Kily sich einen Vorteil gegenüber Sagnol im direkten Duell verschaffen. Aus der Drehung legte er direkt auf Stürmer Carew ab, der insgesamt gute Qualitäten im Abschirmen und Wandspiel zeigte. Aus dieser Situation heraus suchte Valencia das Dribbling in die Breite gegen Kuffour, der Carew letztlich nicht am Eindringen in die Box hindern konnte. Nach der anschließenden Hereingabe agierte Mendieta frei im Rückraum. Nach einem etwas wilden Ping-Pong im Strafraum ging er schließlich zu Boden, und Schiedsrichter Dick Jol zeigte auf den Elfmeterpunkt – den anschließenden Strafstoß verwandelte der Gefoulte selbst. Kahn war zwar (schon) in der richtigen Ecke, stand in seiner Vororientierung jedoch einen Tick zu weit links.

Bayern mit Problemen hinter den Achtern

Insgesamt zog es sich aber auch in den folgenden Minuten durch: Bayern zeigte sich im Raum vor der Verteidigungslinie sowohl im 5-2-3-Mittelfeldpressing als auch nach Ballverlusten durchaus anfällig. Das lag vor allem daran, dass Bayerns Achter Hargreaves und Effenberg sehr weit aufschoben. Dadurch fand Valencia immer wieder über die Außenverteidiger bzw. die Flügelspieler diagonal die Wege in die Halbräume auf die ausschiebenden Stürmer. Zwar hatte Sánchez enorme Probleme in der Ballverarbeitung, doch Carew zeigte weiterhin starke Abschirmszenen. Tendenziell zog sich dieses Muster auch bis ins eigene Drittel der Bayern: Konnte Valencia durchbrechen, schob die Fünferkette sofort und eng in die eigene Box. Durch die hohen Achter jedoch war der Rückraum kaum besetzt – genau diesen suchte Mendieta immer wieder.

Es deutete sich also früh an: Dieses Finale würde maßgeblich davon abhängen, wie Bayerns Innenverteidiger gegen Valencias Stürmer herausverteidigen. Nach der Anfangsphase fanden diese jedoch zunehmend besser in die Partie. Valencia suchte nach Ballgewinnen sofort die diagonal durchschiebenden Stürmer in der Breite, die es jedoch gegen die zunehmend körperlich agierenden Linke und vor allem Kuffour deutlich schwerer hatten. Dazu trug auch die nicht allzu strenge Linie des Schiedsrichters bei. Bayern kam so nach langen Bällen des FC Valencia zunehmend wieder in den eigenen Ballbesitz.

Nutzen und Last von hohen Achtern

Es mag eine gewisse Ironie dieses Spiels sein: Bayerns Schwachstelle waren die aufgerückten Achter – gleichzeitig aber auch ihre Stärke im Ballbesitz. Dies zeigte sich, wie oben beschrieben, bereits in den ersten Minuten. Auch nach dem Rückstand und gerade nachdem die Innenverteidiger zunehmend ins Spiel fanden, war es weiterhin Effenberg, der das Spiel im Raum vor dem Mittelfeld der Spanier immer wieder antrieb.

Anders als noch in den Anfangsminuten suchten die Bayern nun vermehrt diagonal den Weg in die Breite. Dabei wurde entweder der Schienenspieler Sagnol auf der rechten Seite oder auf der linken Seite Außenstürmer Salihamidžić eingebunden. Insgesamt zeigten die bayerischen Achter hier durchaus gute gruppentaktische Vorbereitungsmuster: Häufig dribbelte einer der Achter auf der Seite des anderen Achters an, während der diagonal ins Zentrum zurückfiel und so teilweise den Achter von Valencia mitzog. Dadurch öffnete sich der diagonale Passweg aus dem Halbraum in die Breite bzw. im Zwischenraum zwischen Valencias Flügelspieler und Achter auf Sagnol beziehungsweise Salihamidžić.

Bayern implizierte oft eine gewisse Isolation in der Breite: Agierte Sagnol situativ als Flügelspieler, rückte Scholl dafür in den Zehnerraum ein – später sah man das permanent. Salihamidžić agierte dagegen häufig alleine auf der linken Außenbahn, da Lizarazu nicht aktiv nachschob. Das hatte zur Folge, dass die Achter bei Pässen aus dem Halbraum oft isoliert ins Dribbling ausweichen mussten. Sagnol kam damit deutlich schlechter zurecht als Salihamidžić. Das lag auch daran, dass einerseits Carboni im Herausverteidigen links Sagnol Probleme bereitete und andererseits Kily und Aimar im Rückwärtspressing sehr aktiv agierten und so mögliche Rückpassoptionen für Sagnol verschlossen. In diesem engen Dreieck hatte Sagnol entsprechend seine Schwierigkeiten. Salihamidžić tat sich gegen Rechtsverteidiger Angloma deutlich leichter, da dieser mit seinem eher statischen Bewegungsprofil gegen dynamische Spieler wie Salihamidžić Probleme hatte. Demnach konnte Salihamidžić immer wieder aufdrehen und das Dribbling in die Breite suchen.

Élber wird gedoppelt

Tendenziell fehlte jedoch noch der Anschluss: Élber agierte häufig zu zentral und konnte sich nur selten aus der Doppelung lösen, sodass Bayern weiterhin auf Flanken angewiesen war, die bislang jedoch kaum zielgenau ankamen. Dass Angloma seine Probleme mit dynamischen Spielern hatte, zeigte sich bereits in der 8. Spielminute: Effenberg legte sich den Ball in der Box etwas zu weit vor, woraufhin Angloma etwas überrascht davon den deutschen Weltfußballer komplett abräumte und zu Fall brachte. Scholl versagten jedoch die Nerven vom Elfmeterpunkt – sein schwach geschossener Elfmeter wurde von Cañizares pariert. Oder, um den spanischen Kommentator zu zitieren: „¡Cañizares, bravísimo!“

Daraufhin entwickelte sich ein etwas verfahrenes Spiel, das zunehmend härter geführt wurde. Gerade bei den bayerischen Innenverteidigern hatte man teilweise den Eindruck, dass sie auch prophylaktisch foulen, um Valencia den Spielfluss zu nehmen und ihre Härte zu demonstrieren – was durchaus funktionierte. Nach Ballgewinnen sah man weiterhin immer wieder lange Bälle auf Élber, der gegen die Innenverteidiger, die regelmäßig klären konnten, große Probleme hatte. Gleichzeitig fand Bayern über die hohen Achter und Zehner wie Scholl immer wieder die zweiten Bälle und konnte darüber die Tiefe attackieren.  Teilweise gelang es so sogar, die Doppelung von Élber aufzulösen. Trotzdem tat sich Bayern noch schwer, daraus konsequent Nutzen zu ziehen, da die Tiefenbälle teilweise unsauber gespielt wurden. Gleichzeitig setzte Valencia weiterhin in regelmäßigen Abständen die langen Bälle hinter die hohen Achter Bayerns, die jedoch nun immer wieder von den Innenverteidigern abgefangen wurden.

Die Innenverteidiger hinderten Carew und Sánchez zunehmend an Ablagen und Dribblings, sodass Valencia kaum noch lange Bälle sichern konnte. Nicht wenige Male griff auch Oliver Kahn entscheidend ein. Zwar hatte man bei ihm oft den Eindruck, dass er beim Herauslaufen einen Schritt zu spät kommt, doch durch seinen guten Antritt gehört dies wohl zum Profil des antizipativen Reaktionskeepers. Insgesamt ist es bemerkenswert, wie gut Kahn das Spielgeschehen einschätzte. Kaum wagte er Herauslaufaktionen bei diagonalen Pässen; kam der Ball jedoch vertikal auf das Tor zu, suchte er aktiv das Herauslaufen. Diese Einschätzung benötigte zwar etwas Zeit – wodurch der Eindruck des „zu spät Kommens“ entstand -, doch die Qualität seines Herauslaufens wirkte insgesamt sehr hoch bis nahezu fehlerfrei.

Valencias Probleme im Umschalten

Teilweise rotierten nun auch Scholl mit Effenberg oder Hargreaves und brachte dadurch noch mehr Spielstärke in die Dribblings vor dem Mittelfeld der Spanier. Mit Scholl sah man immer wieder gute Ansätze im „Spielen & Gehen“: Nachdem er auf die Flügelspieler ablegte und im Halbraum durchschob, funktionierte das Zusammenspiel besonders gut in Kombination mit Salihamidžić, der häufig mit der Hacke weiterlegte. Dieses Muster brachte Scholl regelmäßig vor die Verteidigungslinie von Valencia ins Dribbling. Dennoch fand er noch keine verlässlichen Fernschussoptionen, und Élber blieb weiterhin zentral zu isoliert.

Interessant war zudem, dass sich die Erhöhung der Härte in dieser Partie auch bei Valencia zeigte, besonders bei Rechtsverteidiger Angloma. Drehte sich Salihamidžić auf, hatte er, wie bereits beschrieben, mit seinem Bewegungsprofil große Probleme. Nun versuchte Angloma, die Dynamik zu unterbinden, indem er extrem aggressiv herausrückte und so das Aufdrehen verhindern wollte. Dies führte mehrfach zu rüden Fouls. Hier wäre eine frühe Gelbe Karte durchaus angebracht gewesen, die das Spiel maßgeblich hätte verändern können. Zudem zeigte Valencia beim Ballspiel Salihamidžić’ in der Breite über Flügelspieler Mendieta immer wieder gutes Rückwärtspressing, sofern es die Abstände zuließen. So wurde er gerade im höheren Aufbauspiel meist ins 2-gegen-1 gestellt und konnte vertikal wie nach innen isoliert werden. Nach rund 15 Minuten bereitete dies Salihamidžić in Dribblings über die Breite zunehmend Probleme, da er weniger Dynamik entwickeln konnte.

Valencia löst sich lang

Zur Mitte der ersten Halbzeit bekam man zunehmend den Eindruck, dass Valencia mehr Spielberuhigung benötigte. Dies zeigte auch Linksverteidiger Carboni, der dies mit einer „Cool-down“-Armbewegung signalisierte. Nach Ballgewinnen schlug Valencia meist den Ball einfach nach vorne, wie es zu dieser Zeit üblich war, auf Wandspieler Carew oder Sánchez, die den Ball sichern sollten. Gerade weil Bayern immer wieder über die linke Seite durch Salihamidžić kam, klärte Valencia häufig auf dieser Seite, entsprechend auf der Seite von Sánchez. Sánchez tat sich nun immer wieder schwer, da Linke im Herausverteidigen extrem eng und direkt die Wege zustellte, sodass ein Aufdrehen kaum möglich war. Da Valencias Mittelfeld ins eigene Drittel schob, während die Stürmer auf Höhe der Mittellinie blieben, waren die Abstände zwischen den Linien oft sehr groß und Ablagen kaum möglich. Aus den isolierten 1-gegen-1-Situationen auf die Stürmer zog Valencia zunehmend die Kürzeren, zumal Bayern die +1-Überzahl in Verbindung mit der 1-2-Restverteidigung gut lösen konnte.

Zudem hing dies damit zusammen, dass das Nachschieben der Flügelspieler Mendieta und Kily zu langsam erfolgte und die Grundposition der Stürmer im Restangriff schlicht zu hoch war, sodass die Abstände zwischen den Linien deutlich zu groß wurden. Bayern kam dadurch immer wieder direkt ins Umschalten – Valencia geriet so in einen Teufelskreis.

Bayern gewinnt an Spielkontrolle

Nach rund 25 Minuten zeigte sich Bayern zunehmend ballsicherer (70% / 30% Ballbesitz). Gerade die gesicherten Anspiele Valencias spielte man oft bewusst zurück, nachdem man sie beispielsweise über zurückschiebende Schienenspieler oder Achter gesichert hatte. Insgesamt kann man hier auch gegen den Ball ein gewisses Fragezeichen bei den Stürmern von Valencia setzen. Gegen den sehr breiten Dreieraufbau wollte Valencia zwar lose die ballferne Seite abschneiden und die Passwege von Halbverteidiger zu Halbverteidiger isolieren, doch gerade weil Andersson sich immer wieder durch Aufrücken in den Zwischenraum freilief, konnte Bayern das Ugehen und die Überzahl des Dreieraufbaus gegen den Doppelsturm ausnutzen.

Daraus fanden die ausbrechenden Achter immer wieder den Raum vor dem Mittelfeld Valencias. Insgesamt eröffnete der Doppelsturm enormen Raum zwischen den Stürmern, der entweder von den Achtern, Scholl oder Andersson genutzt wurde. Diese gewisse Beruhigung des Spiels war essenziell, da Valencia sehr direkt in der Breite verfolgte – insbesondere Angloma gegen Salihamidžić – und es für die Spielkontrolle nicht förderlich gewesen wäre, ständig auf die Aggressivität Valencias zu reagieren. Man sah nun auch immer wieder Ausbrechbewegungen, gerade von Effenberg, in der rechten Breite, da dieser Raum zwischen dem hohen Schienenspieler Sagnol und Halbverteidiger Kuffour rechts unbesetzt war. Über die zunehmende Spielberuhigung und das Einpflegen von Kontrolle konnte die Direktheit in der Breite vermieden werden, wodurch dieses diagonale Ausbrechen sehr effektiv wirkte. Gleichzeitig sicherte man darüber die Zirkulation und das Verlagern in der Dreierkette. Ein Mittel, das man auch heute wieder häufiger sieht: Diagonales Ausbrechen zum Sichern des Spielrhythmus.

Bayern formt das U

Insgesamt wirkte dieses 3-3-4 sehr raumgreifend (wie ein U) gegen das 4-4-2-Mittelfeldpressing des FC Valencia. Durch das Ausbrechen Effenbergs wurde zudem eine gewisse Symmetrie im System wiederhergestellt, die vorher nicht gegeben war: Einerseits spielte der sehr hohe Schienenspieler Sagnol, andererseits der eher tiefe Lizarazu. Dadurch konnte Bayern nun auf beiden Seiten über die tiefe Breitenoption relativ viel Stabilität aufbringen. Vorher war die rechte Seite stark darauf angewiesen, dass Sagnol das direkte Duell gegen Carboni gewann, was gerade zu Beginn der Partie durchaus problematisch war. Insgesamt stellte dies eine gelungene Variation der Bayern dar. Ganz gute Auffüllbewegungen des linken Halbraums zeigte man dabei vor allem durch Scholl, der nun noch häufiger den Raum vor dem Mittelfeld Valencias dort suchte.

Sucht man den Maßstab von 2025, würde man vermutlich noch mehr direkte vertikale Anspiele auf Wandspieler Élber flach sehen. Vielmehr wurde er bei Bayern hoch angespielt, statt linienbrechend zwischen die Linien zu gehen. Insgesamt agierte Élber eher statisch als aktiv. Dagegen wirkten Effenberg und Scholl durchaus „modern“: Einerseits durch die Ausbrechbewegungen Effenbergs diagonal in die Breite zur Sicherung des Spielrhythmus und vor den Pressingwall Valencias, andererseits durch Scholls fluide Bewegungen im Zwischenlinienraum und vor das Mittelfeld Valencias. Insgesamt würde man heute vermutlich noch viel häufiger Rückpässe zum Torwart suchen – etwas, das 2001 logischerweise kaum

Tendenziell hatte dieses Ausbrechen Effenbergs jedoch auch Nachteile im direkten Zugriff nach Ballverlusten, da dadurch schlichtweg ein Achter fehlte. Gerade bei Ballverlusten sorgte die doppelte Zentrum-Besetzung der Breitengeber in der Höhe für direkten Zugriff, insbesondere auf die aufrückenden Aimar und Baraja im Zentrum. So wurde Valencia zu einer gewissen Direktheit gezwungen. Durch die Unterzahl gegen die Achter Valencias infolge des Ausbrechens konnte Valencia phasenweise nach Ballgewinnen durchaus effektiv agieren und erzielte daraus die besten Umschaltmomente des Spiels. Das Problem für Valencia war jedoch: Die bayerische Dreierkette stand weiterhin extrem stabil und isolierte durch das enge Zusammenrücken nach Ballverlusten die vertikalen Laufwege sehr gut und die anfangs noch optimale Rückraumbesetzung wurde zunehmend schwächer.

FCB geht mit Rückstand in die Halbzeitpause

Interessant zu betrachten ist auch der Spielrhythmus bei Abstößen. Da die damals noch nicht eingeführte neue Abstoßregel galt, sah man in diesem Finale folgerichtig überwiegend lange Schläge der Torhüter sowie zahlreiche Ping-Pong-Situationen im Mittelfeld nach Klärungen der kopfballstarken Innenverteidiger. Dadurch gewann die Ballsicherung im Zentrum erheblich an Bedeutung. In diesem Zusammenhang agierten Hargreaves und Effenberg durch ihr enges, konsequentes Mitschieben ballorientiert klar stabiler als ihre valenzianischen Gegenüber Aimar und Baraja. Dabei ergänzten sie sich hervorragend: Hargreaves überzeugte mit starkem Zugriff und Zweikampfverhalten, während Effenberg seine Weltklasse im Lösen aus kleinsten Räumen gegen mehrere Gegenspieler einbrachte. Gerade in diesem Bereich hatten die valencianischen Achter spürbare Schwierigkeiten, sodass Valencia nach eigenen Abstößen kaum drucklösende Anschlussaktionen herstellen konnte. Die Abstoßsituationen wirkten daher eher belastend als spielberuhigend. Bayern hingegen fand über die Achter immer wieder den Weg in den Dreieraufbau, stabilisierte darüber seine Grundstruktur und gewann so sukzessive mehr Kontrolle (siehe oben).

Zwar fand der Ball phasenweise den Weg zu den Stürmern des FC Valencia, die nun auch vermehrt rotierten, doch insbesondere im Wandspiel und beim Aufdrehen hatten sie weiterhin erhebliche Probleme gegen die eng herausverteidigenden bayerischen Halbverteidiger. Auch Dribblings nach breiten Ausschieben, die zu Beginn der Partie noch häufiger zu sehen waren, verschwanden nun fast vollständig. Bayern wurde damit nach etwas mehr als einer halben Stunde zunehmend tonangebend, wenngleich im letzten Drittel weiterhin kaum Lösungen gefunden wurden bislang – was gerade mit den Problemen in der Box von Élber zusammenhängt. Wenn man zu Schusschancen kam, dann vor allem aus Fernschüssen, die immer wieder aus dem Nachschieben der Schienenspieler Sagnol oder Lizarazu im ballfernen Halbraum entstanden, vor allem weil sich durch das tiefe und einrückende Mittelfeld Valencias immer wieder Freiräume im Raum vor der Box befanden. So auch nach 41 Minuten, wo Sagnol wohl die beste Torchance aus dem Spiel heraus hatte, aber das Tor um einen Meter verfehlte.

Das führte wiederum dazu, dass man regelmäßig in Kontersituationen gegen Valencia lief. Dadurch entstanden zwar immer wieder kurze Momente von Instabilität, insbesondere wenn das Gegenpressing nicht sofort über die Achter Zugriff erzeugte. Gleichzeitig zog Bayern jedoch weiterhin bewusst taktische Fouls, sobald Valencia nach Umschaltmomenten ins Dribbling kam – so etwa in der 38. Minute, als Andersson Aimar im Dribbling zu Fall brachte und damit einen potenziellen Durchbruch ins letzte Drittel unterband. So ging es mit 0:1 in die Halbzeitpause. Die Kernfrage der Phase nach dem Pausentee sollte sein: Wie schnell öffnet sich Bayern, und wie schnell will man den Ausgleich?

„Wie er da die Faust geballt hat, der Effe!“

Beide Teams wechselten zur Halbzeit und adressierten damit zentrale Problemfelder der ersten Hälfte: Bei Bayern kam Jancker für Sagnol, wodurch Jancker nun als zweiter Stürmer neben Élber agierte. Damit sollte insbesondere das Problem der Boxbesetzung und des Wandspiels gelöst beziehungsweise durch den Doppelsturm die enge Doppelung auf Élber umgangen werden. Gleichzeitig brachte Cúper Albelda für Aimar auf der Acht, denn gerade Aimar hatte in puncto Ballkontrolle und Zweikampfverhalten in den zahlreichen Ping-Pong-Szenen deutliche Probleme gezeigt.

Tatsächlich merkte man den Unterschied der Umstellung bei den Bayern sehr schnell. Gerade Élber spürte die gewonnene Freiheit aus der Auflösung der engen Doppelung gegen sich durch den eingepflegten Doppelsturm und suchte nun auch vermehrt Abkippbewegungen in den Zwischenlinienraum. Durch die Ausbrechbewegungen Effenbergs bzw. Hargreaves vor das Mittelfeld Valencias sowie den Raum zwischen deren Achtern ergaben sich immer wieder Optionen für das Anspiel in diese Zonen. Dabei zeigte Élber gute entgegengehende Bewegungen mit Jancker, der konsequent den Raum hinter Pellegrino suchte. Allerdings hatte Élber weiterhin gewisse Probleme in der Ballbehauptung gegen Ayala.

Zusammenspiel zwischen Élber  und Jancker

Durch diesen eingeführten Doppelsturm waren zudem mehr Ausweichbewegungen in den Halbraum möglich und daraus auch mehr Tiefe nach Dribblings aus der Breite, was bislang ein Problem dargestellt hatte. Gerade weil die beiden Stürmer auch gelegentlich rotierten, wirkte das Zusammenspiel sehr dynamisch. Insbesondere Jancker agierte auch in der Box sehr aktiv, und durch seine extreme physische Präsenz bereitete er Pellegrino und Ayala Probleme. So auch in der 50. Minute: Nach dem in den Halbraum ausgewichenen Élber, der sich gegen Ayala durchsetzte und flankte, ging Jancker in der Box gegen Pellegrino in der Luft. Der Verteidiger spielte den Ball mit der Hand – erneut Elfmeter für Bayern, und nun fiel der Ausgleich: „Wie er da die Faust geballt hat, der Effe, wie er die Zähne gezeigt hat, der Tiger (…) Jungs, wir sind noch lange nicht verloren, Bayern ist wieder da!“, kommentierte es Bayern.TV.

Die Umstellungen haben sich voll ausgezahlt, und bevor man überhaupt die Balance des Spiels wiederherstellen musste, konnte Bayern ausgleichen. Wir kennen das Phänomen: Wenn eine spielbestimmende Mannschaft den Ausgleich erzielt und der Gegner plötzlich einen Leistungseinbruch zeigt – so auch beim FC Valencia an diesem Abend im Mai 2001. Valencia hatte große Probleme mit der zunehmenden Vertikalität der Bayern. Statt in die Breite zu dribbeln, suchten die Deutschen nun direkter die Zwischenräume im Mittelfeld, auf die im Zwischenlinienraum abkippenden Stürmer. Gerade wenn sich Élber und Jancker diagonal in den Halbraum bewegten, wirkten Pellegrino und Ayala überfordert – unsicher, ob sie diese Wege mitgehen sollten oder nicht. Daraus entstand ein gewisser Dynamikvorteil für die Stürmer und immer wieder Ablageoptionen, wo man gerade von den entgegengesetzten Bewegungen zwischen den Stürmern profitierte.

Die letzten 30 Minuten

Jedoch musste der FC Bayern nun aufpassen, dass ihnen dieser Vertikalfokus auf den Doppelsturm nicht zum Verhängnis wurde – weil man dadurch auch gewissermaßen die Spielkontrolle der ersten 45 Minuten aufgab. Zwar kam man dadurch immer wieder gut in die letzte Linie, aber gleichzeitig passten sich die Innenverteidiger Valencias recht schnell an und gingen nicht mehr jeder Abkippbewegung nach, sondern übergaben diese gelegentlich an die Achter, die dadurch mehrfach Aufdrehen (gerade der eingewechselte Albelda agierte im Rückwärtspressing sehr gut) im Zwischenlinienraum unterbanden. Durch diese Übergaben konnten die Innenverteidiger teilweise in der Verteidigungslinie verbleiben und so die Tiefe sichern.

Denn man merkte nach rund einer Stunde durchaus ein gewisses Nachlassen der Kraft der bayerischen Halbverteidiger beim Verfolgen der Bewegungen von Valencias Stürmern. Zunehmend wurde die Markierung enger, sodass sich diese nun immer wieder lösen, aufdrehen und das Dribbling suchen. Gerade Sánchez zeigte nun durchaus gute Ansätze; der dribbelstarke Spanier konnte nun mehrfach seine Stärke ausspielen und invers vor der Verteidigungslinie der Bayern in die Box eindribbeln. Das Problem war jedoch, dass Bayern über die enge Stellung im tiefen Verteidigen jegliche Schusswege und Passwege in die Tiefe isolierte. Demnach konnten Valencias Aktionen kaum gefährlich finalisiert werden.

Eine interessante Rolle nahm weiterhin Mehmet Scholl ein, der Freigeist in Hitzfelds Bayern. Dadurch, dass Valencias Achter gerade beim Ball in der Breite zunehmend enger an den Bayern-Achtern agierten, aber auch die höher agierenden Halbverteidiger aus dieser hohen Halbposition immer wieder Halbfeldflanken suchten, zog Bayern über eine etwas tiefere Stellung der Achter bewusst den Raum zwischen den Linien auf. Diesen Raum suchte gerade Zehner Scholl immer wieder und bewegte sich horizontal hinter Valencias Achtern.

Scholl als Freigeist

Interessant waren insgesamt Valencias Anpassungen gegen den Ball: Der ballferne Flügelspieler schob nun immer wieder in die Verteidigungslinie ein, sodass sich eine temporäre Fünferkette ergab. Dies ermöglichte einerseits wieder Doppeln auf die Stürmer und gleichzeitig das Ausschieben des ballnahen Außenverteidigers auf Bayerns Breitengeber, während die Flügelspieler ebenfalls ausschoben. Demnach suchte Valencia nun auch im tieferen Verteidigen zunehmend Doppeln auf die bayerischen Flügelspieler. Gerade aus diesen diagonalen Pressingwinkeln war es teilweise schwierig, die flachen Wege zwischen den Linien zu bespielen; die guten Bewegungen Scholls konnten dadurch nur vereinzelt gefunden werden. Wenn man Scholl aus dieser Position fand, dann erfolgte dies meist über hohe Anspiele auf die Stürmer, die dann auf den fluiden Zehner ablegten. Das erinnerte mich teilweise auch an Bayer Leverkusens Ablagespiel (wenn die eher aus flachen Vertikalspiel in den Zehnerraum ablegten); insbesondere Scholls Art der Positionierung und Körperhaltung zum Ball erinnert mich insgesamt etwas an Florian Wirtz.

Linke spielt & geht & bindet

Insgesamt setzte Bayern nun zunehmend die aufrückenden Halbverteidiger, vor allem Kuffour halbrechts, ein, die immer offensiver agierten. Gerade weil durch die gewisse Zweiteilung von Valencia der Halbraum oft offen war (das nutzte man auch oft im Andribbeln) und man daraus eine Überzahl gegen die Achter von Valencia generieren konnte, war dieses Aufrücken auch aus dieser indirekten Perspektive interessant. Dadurch konnten sich Bayerns Achter wieder etwas mehr von der zunehmend enger orientierten spanischen Achterreihe lösen und mehr Spiel um den Block sowie Spielkontrolle entwickeln. Charakteristisch zeigte sich dies unter anderem daran, dass man eine Art Halbkreis rund um Valencias tiefen Block erkennen konnte.

Interessanterweise zeigten sich dadurch zunehmend interessante Bewegungen im Spielen & Gehen der bayerischen Halbverteidiger. Besonders Linke schob oft im linken Halbraum nach einem Abspiel auf Lizarazu bis in die letzte Linie durch, insbesondere wenn Jancker oder Élber den Außenverteidiger durch Ausweichbewegungen banden. Daraus entstand teilweise eine lose Überzahl gegen Rechtsverteidiger Angloma. Der sonst sehr aggressiv herausverteidigende Rechtsverteidiger wurde dadurch sichtlich beeinträchtigt und verfolgte die Bewegungen nun nicht mehr so aggressiv und direkt (womit man durchaus Probleme hatte), wovon die bayerischen Stürmer in deren Ausweichbewegungen profitierten und sich daraus mehrmals aufdrehen konnten. Leider taten sich die Bayern aber allgemein schwer, dass sie die Durchschiebebewegungen im Spielen & Gehen bespielen können, vielmehr wurde es seitens der Hitzfeld-Elf als bindendes Mittel wahrgenommen, was Progression schafft statt bringt.

In den letzten 10 Minuten der regulären Spielzeit war auf beiden Seiten eine zunehmende Vorsicht zu beobachten. Besonders Bayern schien sich vor den Kontern Valencias (berechtigterweise) zu fürchten und suchte deutlich weniger direkte Vertikalität zwischen den Linien auf die Stürmer, sondern setzte verstärkt auf Zirkulation über die Breite durch Salihamidžić und Lizarazu, die dann oft mit Flanken auf das Sturmduo agierten. Tendenziell hatten Valencia jedoch eine gewisse Stärke im Blocken der Flanken der bayerischen Breitengeber, sodass kaum gefährliche Boxaktionen entstanden – und wenn doch, stand mit Cañizares ein Torhüter im Kasten, der zu diesem Zeitpunkt in Sachen Flankenabwehr absolute Weltklasse war.

Seitdem Valencia im tiefen Verteidigen die situative Fünferkette einsetzte und damit das Doppeln der Stürmer wiederherstellte, taten sich diese im letzten Drittel ohnehin deutlich schwerer. Dadurch, dass Bayern in Hälfte 2 die Breite beidseitig nur noch einfach besetzte, suchte Valencia nun vermehrt direkte lange Bälle in die Räume neben den bayerischen Halbverteidigern, die ebenfalls immer wieder weiter aufrückten und im Rückzug große Räume überbrücken mussten. Dies wurde besonders gefährlich durch den eingewechselten Zahovic und weiterhin Carew, die den ohnehin kraftmäßig nachlassenden Thomas Linke und Samy Kuffour zunehmend unter Druck setzten. Nach der 85. Minute setzte sich Carew gegen Linke in der rechten Breite durch und konnte flach auf Zahovic flanken- nur wenige Zentimeter verhinderten, dass er zur späten Führung einschiebt. Das hätte das Ende des Traums für die Münchener bedeuten können. In der 93. Minute schloss Jancker noch einmal per Fernschuss ab, nachdem er zwischen den Linien von Effenberg gefunden wurde, doch der Ball ging über das Tor. Wenig später pfiff der Schiedsrichter ab – Verlängerung.

Die Verlängerung

Ähnlich ging es dann auch weiter: Bayern kam gerade über die andribbelnden Halbverteidiger immer wieder zwischen die Linien auf Zehner Scholl, hatte jedoch teilweise Probleme gegen die enge, blockende Fünferkette Valencias zentral in der Box und fand kaum gute Abschlüsse. Nur Élber konnte sich in der 93. Minute nach einer solchen Aktion und einem abgefälschten Zuspiel von Lizarazu von Pellegrino etwas lösen und abschließen, doch Cañizares parierte. Danach kam Bayern wieder zunehmend besser ins Spiel, da Valencia zunehmend in Passivität verfiel. Gerade beim Doppeln Salihamidžićs in der rechten Breite gegen Carboni und Kily gelang es kaum noch, den Zweikampf aktiv und eng zu suchen. Dadurch wurden auch Flanken wieder möglich, was die Innenverteidiger zunehmend belastete und sichtlich an ihre Kraftgrenzen brachte – weil Élber und Jancker weiter sehr aktiv in der Box agierten. Insgesamt verteidigte Valencia nun wieder deutlich tiefer, was Bayern dazu ermutigte, auch mal Fernschüsse aus gut 40 Metern zu ziehen – eine Stärke von Effenberg. Seine Schüsse aus dem Halbraum wurden jedoch meist abgefälscht und fanden selten den Weg richtig aufs Tor.

Marcel Reif sagte: „Ich glaube nicht, dass dieses Spiel im Elfmeterschießen endet!“ – sichtlich beeinflusst von einer Stärkephase der Bayern nach rund 10 Minuten. Tatsächlich wirkte es zeitweise so, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis Bayern hier die Führung erzielen würde. Im letzten Drittel agierten die Bayern jedoch oft zu unsauber, vielleicht auch zu nervös. Geprägt von diesem Eindruck der Probleme im letzten Drittel brachte Hitzfeld nach 100 Minuten Zickler, den man nun immer wieder mit langen Bällen direkt anspielte. Er agierte als klarer Zielspieler, ließ sich ähnlich wie Jancker oft in die Breite ausweichen, suchte gerade ballfern bewusst eine tiefe Grundposition im Halbraum, um aus der Verlagerung heraus den Ball festzumachen. Die Intention dahinter war wohl klar: Gerade auf der linken Seite den Rechtsverteidiger Valencias, Angloma, früh herausziehen und so die Halbräume für mögliche Tiefenläufe öffnen. Tendenziell brachte dies nach 100 Minuten jedoch zu wenig, was einerseits mit der Kraft zusammenhing, andererseits auch damit, dass die Halbverteidiger aus Grundvorsicht die Wege nicht mehr konsequent durchschoben. Dadurch war Zickler oft isoliert und musste im 1-gegen-1 gegen Angloma agieren – nicht gerade seine Stärke.

Es war dann auch zu bemerkten die Verlängerung von Bixente Lizarazu: Einerseits schob er immer wieder eng mit dem hängenden Restangreifer Zahovic / Carew mit, wodurch er nach Ballverlusten immer wieder direkten Zugriff auf den Stürmer im Umschaltspiel hatte und so etwaige Durchbrüche über Dribblings unterband. Andererseits zeigte er auch im Ballbesitz ein durchaus gutes, unterstützendes Stellungsspiel. Gerade Zicklers Isolation gegen Angloma bemerkte er schnell und rückte nun im Halbraum unterstützend nach, wodurch Zickler mehrfach ablegen konnte und Lizarazu daraus Flanken auf Jancker in die Box spielte. Lizarazu leistete damit einen essenziellen Beitrag, dass Bayern die Spielkontrolle sowohl mit Ball als auch nach Ballverlust nicht entglitt.

Die letzten Minuten waren stark von Fouls im Mittelfeld geprägt. Es entstanden nur noch wenige strukturierte Aufbauphasen beider Teams, und man sah wieder sehr viele lange Bälle. Gerade Zickler zeigte jedoch durchaus gutes Lösen aus engen Räumen nach dem Zielspiel. Die späte Einwechslung Paulo Sergios sollte noch Anschlussbewegungen im Zwischenlinienraum daran bringen. Daraus resultierte nach der 116. Minute die letzte große Chance der Partie aus halblinker Position, nach Ablage von Jancker, nachdem Lizarazu erneut ein sehr gutes inverses Dribbling zeigte. Allerdings verfehlte Sergios das Tor um wenige Meter. So endete die Partie mit 1:1 und es musste eine Entscheidung vom Punkt her.

Fazit

Etwas weniger als elf Jahre nachdem Franz Beckenbauer in sich gekehrt über den Rasen des San Siro geschritten war, sitzt er nun auf der Tribüne. Noch im März hatte er der Mannschaft in Lyon eine Brandrede gehalten („Das ist Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft!“)- und jetzt sieht er, wie sich erneut eine extreme Dramaturgie um eine deutsche Mannschaft – die seines Vereines – genau in diesem Stadion entfaltet. Es ist die Dramaturgie eines Vereins, der seit 25 Jahren nach Europas Thron lechzte, dem vor drei Jahren der Pokal in einem der größten Dramen der Fußballgeschichte in letzter Sekunde entrissen wurde („Football, bloody hell!“ – Sir Alex) – und der nun endlich diesen Pott wieder in die Höhe stemmte. „Wer verliert, ist tot“, sagte Valencias Trainer Héctor Cúper vor dem Spiel. Und irgendwie hat man das Gefühl, dass beide Mannschaften in diesem Finale mehrfach gestorben und wieder auferstanden sind.

Ein paar persönliche Worte zum Schluss: Ich bin kein Bayern-Fan – ja, ich war an diesem Tag nicht einmal geboren. Und dennoch verbinde ich auf eine merkwürdige Weise sehr viel mit diesem Spiel, weil es so unglaublich dramatisch war. Weil es zeigt, dass der Fußball Tiefen (1999) und Höhen (2001) für dieselben Teams bereithält;  genau jene Geschichten, die dieser Sport schreibt. Es sind genau diese Spiele – und genau diese Worte -, weshalb wir Fußball schauen: „Alle starren auf ihn (…) Kahn! Kahn! Wer sonst? (…) Kahn, der ist nicht drin! Unglaublich! (…) Kahn, die Bayern, die Bayern!“ (Marcel Reif)

„Er hält, jawohl, jawohl! Kahn pflückt ihn raus (…) Kahn lenkt ihn an die Latte! Kahn hält! Kahn reißt die Hand nach oben! (…) Pellegrino, der so heißt wie das Wasser – bitte lass ihn heute eine Flasche sein. Kahn hat ihn! Wir haben den Pott! Ist das geil! Was für eine Leidenszeit hat heute ihr Ende…“ (Bayern.TV)

In den ersten Minuten dachte ich noch, dass Bayern Probleme haben könnte und ob die sehr hohen Achter nicht eine gewisse Fehleinschätzung waren, gerade weil man anfangs so Schwierigkeiten gegen die Stürmer von Valencia hatte. Am Ende stellten sich jedoch genau Effenberg und Hargreaves als Schlüsselspieler in diesem Finale heraus – ausbrechend im Aufbauspiel, bei Abstößen und zweiten Bällen ballsichernd sowie nach Ballverlusten im Gegenpressing. Scholl brachte viel Fluidität in den Zehnerraum, während gerade die Einwechslung von Jancker die Spieldynamik erheblich veränderte und auch Élber davon profitierte. Am Ende verfiel Valencia in Passivität, setzte aber beim Umschalten weiterhin Nadelstiche. Diese konnte Bayern vor allem über die Dreierkette und durch gutes Zurückarbeiten von Lizarazu abfangen. Es hätte in beide Richtungen kippen können, doch Bayern blieb zunächst ruhig, holte sich Kontrolle und am Ende das Quäntchen Glück.

MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst. 

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