Diszipliniert zum Auftaktsieg: Intensives Schalke besiegt Hertha
Am Freitagabend startete die Zweitliga Saison 2025/2026 wie mittlerweile schon fast gewohnt mit einem Traditionsduelle zweier Vereine, die man so nicht mit unterklassigem Fußball assoziiert. Zum einen der FC Schalke 04, der zwar sportlich auf die schlechteste Saison der Vereinshistorie zurückschaut, aber trotzdem neue Euphorie entfachen konnte: Mit Trainer Miron Muslic steht zwar mal wieder jemand neues an der Seitenlinie, jedoch entstand über die Vorbereitung hinweg der Eindruck, dass der ganze Verein nach längerer Zeit wieder entschlossen hinter einer Idee des Fußballs steht. Intensiv und giftig gegen Ball, mit Ball möglichst zielstrebig und pragmatisch. Aber zu Beginn wartet bereits ein wahrlicher Härtetest: Die Hertha aus Berlin, welche zum einen nach äußerst erfolgreichem Schlussspurt letzte Saison als auch mit einigen ambitionierten Transfers (Kownacki & Krattenmacher) für Aufmerksamkeit sorgte, wollte ihrem Favoriten-Status nachkommen. Viele sehen in Stefan Leitls Team den Hauptanwärter auf einen der beiden Aufstiegsplätze.
Beide Mannschaften liefen mit Blick auf die Formationen nahezu auf. So startete man im 5-2-2-1, was für beide Mannschaften die Aufstellung war, welche über die Vorbereitung hinweg gespielt worden ist. Trotz der auf dem Papier identischen Aufstellung, zeichneten sich jedoch schnell große Unterschiede in der tatsächlichen Umsetzung ab. Die Berliner schoben ihre Schienenspieler Eitschberger und Karbownik weit nach oben, was wiederum Platz in der Breite für Dardai und Zeefuik lies. Demme lies sich immer wieder mit in die Abwehrkette fallen um Leistner bei der Ballzirkulation zu unterstützen, dementsprechend bekleidete Cuisance über weite Teile alleine die Sechs. Das Angriffstrio aus Reese, Kownacki und Krattenmacher teilten sich ihre Aufgaben: Reese war allen voran Tiefengeber und startete meist vergeblich viele Läufe, Krattenmacher lauerte immer wieder auf den Raum der sich zwischen Schallenberg und Becker öffnen würde, während Kownacki eine Mischung aus beidem tat und mal in der Tiefe lauerte oder er sich zwischen El-Faouzi und Schallenberg positionierte.
Schalke war weitaus vorsichtiger in Ballbesitz. So schoben Gantenbein und V. Becker bei weitem nicht so hoch wie ihre Berliner Gegenspieler. Generell waren fast alle Spieler sehr gebunden an ihre nominelle Position und wichen wenig davon ab, einzig Antwi-Adjei und Remmert genossen mehr Freiheiten und versuchten ihre Manndecker (Zeefuik & Dardai) aus der Position zu ziehen.
Hertha kontrolliert – Schalke hält dagegen
Hertha war in der Lage zu Beginn des Spiels vermehrt in Ballbesitz zu gelangen. Dies lag vor allem an Schalkes Angriffspressing. Denn war der Ball bei Ernst oder einem der zentralen Innenverteidiger (Leistner oder Demme wenn dieser sich in die Kette fallen lies) übte Schalke kein Druck aus. Stattdessen hielt man mit der 2-3 Struktur das Zentrum geschlossen und zwang die Hertha um den Block herumzuspielen. Erst mit Zuspiel auf einen der äußeren Innenverteidiger begann Schalke vorzuschieben. Dennoch hatten die Schalker zu Beginn Schwierigkeiten durchzuschieben. Wenn Demme sich in die Kette fallen ließ, orientierten sich die beiden äußeren Innenverteidiger noch breiter. Ging der Ball raus (hier im Beispiel auf Dardai) schob Remmert mit gespieltem Pass vor. Danach stimmte die Abstimmung aber nicht mehr. Da Krattenmacher sich so breit anbot, dass
Schallenberg einen zu weiten Weg und
keinen Zugriff mehr hatte, musste sich Gantenbein entscheiden ob er auf Karbownik oder Krattenmacher vorschob. So war die Hertha für kurze Zeit im 2 gegen 1, konnte es jedoch nicht präzise genug ausspielen, um daraus Gefahr zu entwickeln.
Muslic erkannte das Problem jedoch früh und gab Gantenbein die Aufgabe bei Karbownik zu bleiben, während Becker mutig auf Krattenmacher vorrückte, da dieser sich zu weit aus Schallenbergs Verantwortungsbereich entzog. Mit dieser Änderung konnte Schalke die Anzahl an Durchbrüchen der Berliner über Außen deutlich verringern. Sylla stellte hierbei den Passweg zurück zu Leistner zu, was aber nur möglich war, wenn Cuisance nicht den 6er Raum nachbesetzte. War dies der Fall, blieb es Syllas Priorität diesen Raum geschlossen zu halten. Karbownik erhielt selten den Ball in offener Stellung und konnte den langen Laufweg von Gantenbein nicht wirklich ausnutzen. Die Hauptgefahr, die diese Umstellung barg, war die 1 gegen 1 Situation im Halbraum zwischen T. Becker und Krattenmacher. Becker war aber in der Lage den Großteil der Zweikämpfe für sich zu entscheiden, und neutralisierte Krattenmacher quasi völlig in Halbzeit 1.
Aufgrund des engen 2-3 Blocks, war es für die Berliner nahezu unmöglich auf Cuisance oder Demme im Sechserraum zu spielen. Dennoch ergaben sich Szenen in denen Sylla zu früh auf einen Pass zu Leistner spekulierte oder man den Deckungsschatten falsch gelegt hatte. War dies der Fall, war der ballferne Halbraumspieler, auch hier wieder Aktivposten Krattenmacher, häufig frei und konnte mit Karbownik ein 2 gegen 1 herstellen. Eine Situation, die zwar in etwas gefährlichem münden könnte, jedoch wurde jene Verlagerung fast nie gespielt. Entweder ging der nächste Pass blind in die Tiefe oder man scheute vor dem Risiko einen Fehlpass zu spielen zurück und spielte stattdessen den sicheren Pass auf Dardai, womit man zwar trotzdem die freie Seite fand, aber nicht genügend Dynamik entwickelte um gefährlich zu werden.
Möglichkeiten für die alte Dame gefährlich zu werden gab es also genug. Dennoch konnte die Hertha quasi keine Großchance in Halbzeit 1 verzeichnen, aufgrund von schlechter Entscheidungsfindung und fehlender Präzision. Des weiteren konnte Schalke die eigene Fehlerzahl mit zunehmender Spieldauer verringern und gewann an Selbstvertrauen mit zwei Toren in den ersten 20. Minuten.
Vorsichtig aber effizient
Die Arbeit gegen den Ball funktionierte an diesem Abend für die Schalker. Eine Mischung aus Bereitschaft und Können, führte dazu, dass man den Gegner weitgehend neutralisieren konnte. Mit Ball war jene Bereitschaft auch zu erkennen, von einem gekonnten Plan war man aber weit entfernt. Bereits anhand des Musters bei eigenem Abstoß zeichnete sich ab, dass man wenig Interesse daran hatte, selber das Spiel zu gestalten. Nach Abstoß von Karius auf Katic wurde dieser von Kownacki angelaufen. Fast schon automatisch folgte darauf der Ball zu Becker, der von Krattenmacher aus dem Zentrum heraus diagonal angelaufen wurde. So sah man sich gezwungen den Ball lang zu schlagen, entweder in den Rücken von Dardai, in der Hoffnug Remmert gewinnt das Laufduell oder ins Zentrum auf gut Glück. Dieser nahezu identische Ablauf wiederholte sich mehrmals bei Schalker Abstoßen. Dass die Hertha in einer Art 5-1-1-3 anlief und den ballfernen Sechser konsequent als freien Mann übrig ließ, schien die Schalker nicht zu interessieren. Die oberste Priorität war Sicherheit. Da dies recht berechenbar war, parkte Demme also konsequent vor der Kette und konnte so eine Überzahl bei den zweiten Bällen herstellen. Dennoch gilt es auch hier die Disziplin der Schalker hervorzuheben: Mit höchstmöglicher Intensität verdichtete man mit gespieltem Ball die Räume im Zentrum. Die Innenverteidiger im Verbund mit den Sechsern schoben konsequent nach, die beiden Schienenspieler rückten sofort ein und waren im Kampf um den zweiten Ball häufig beteiligt. Schließlich war es genau dieses Verhalten von Gantenbein, der einen zweiten Ball im Halbraum erwischte und Remmert ins Laufduell schickte, das zum 1:0 führte.
Ähnliche Ansätze, wenig Ertrag
Aus der Pause wiederkehrend spielte Hertha ähnlich weiter, wie noch zuvor in Halbzeit 1. Von der Grundformation und den Antworten auf das Schalker Pressing änderte sich wenig. Einzig Diego Demme versuchte die Schalker vor neue Herausforderungen zu stellen. Dieser lies sich deutlich weniger in die Abwehrkette fallen und bildete nun phasenweise eine Doppelsechs mit Cuisance. Mit Zuspiel auf Demme belief Reese immer wieder die Tiefe in der Hoffnung die hochstehende Schalker Abwehrkette auf dem falschen Fuß zu erwischen, jedoch mit wenig Erfolg. Zwar war den Schalkern anzumerken, dass man die Intensität der ersten 45 Minuten nicht nochmal gehen könne, jedoch wussten die Herthaner dies nicht zu nutzen.
Fazit
Die Schalker durften an diesem Abend verdientermaßen als Sieger vom Platz gehen. Mit der Intensität, die man von Spielminute 1 sowohl mit, als auch gegen den Ball an den Tag legte und der Anpassung des Pressings in der Anfangsviertelstunde brachte man sich auf die Siegerstraße. Dennoch müssen die über das Spiel hinweg klar ersichtlichen Defizite mit Ball schnellstmöglich behoben werden, da die Art der Chancenkreation auf Dauer nicht genügen wird. Die Hertha aus Berlin wiederum muss sich an die eigene Nase fassen. So fand man sich wiederholt in guten Situationen wieder, wusste aber entweder nicht wie man diese ausspielt oder lies an Präzision vermissen.
JK hat irgendwann als Jugendlicher hinterfragt wieso Werder jedes Spiel verliert und stieß irgendwann auf das Stichwort Taktik. Seitdem nutzt er seine Freizeit um weitaus mehr als Werder zu analysieren und geht einem Sport-Studium nach. Nebenbei auch Trainer.
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