Was will Sahin? Und was kann der BVB? – FN/HN

Viel wurde spekuliert, jetzt ist es soweit: Nuri Sahin ist Chefcoach von Borussia Dortmund. Aus der Erfahrung seiner einzigen bisherigen Trainerstation Antalyaspor und der Vorbereitung mit dem BVB lassen sich erste klare Idee erkennen. Wie sehen diese aus? Und wie schnell kann sein neu formiertes Team diese erfolgreich umsetzen?

Zum 1. Juli 2024 übernahm mit Ex-Spieler Nuri Sahin ein alter Bekannter die Cheftrainer-Position bei Borussia Dortmund. Nach einer trotz des Champions League Finaleinzugs und der Qualifikation für die Champions League spielerisch nicht zufriedenstellenden vergangenen Saison soll Sahin wieder für attraktiven Angriffsfußball mit einer klaren Idee mit Ball stehen und den Umbruch durch Neuzugänge wie Guirassy, Anton, Groß oder Couto vorantreiben. Wie Sahins bisherigen Stationen als Cheftrainer verliefen und was seine Spielidee ist, wird im Folgenden erläutert.

Nur eine Station an der Seitenlinie

Sahins Karriere als Cheftrainer startete bei seiner letzten Karrierestation Antalyaspor in der Türkei. Dort wurde er nach einem Fehlstart in der Saison 21/22 und nur acht Punkten aus den ersten acht Spielen über Nacht zum Cheftrainer befördert. Er blieb Antalya über zwei weitere Jahre erhalten, ehe er im Januar diesen Jahres mit dem BVB zu einem weiteren seiner Ex-Klubs weiterzog. Dort sollte er Edin Terzic als Assistent dabei helfen, das Team nach einer enttäuschenden Hinrunde zu stabilisieren.

Bei Antalyaspor setzte Sahin auf einen gepflegten Ballbesitzfußball aus einer 4-2-3-1 Grundordnung heraus. Unter Einbeziehung des Torhüters wurde flach von hinten heraus über die Sechser im 4+2 Aufbau eröffnet. Trotz des starken Fokus auf ein geordnetes Spiel mit Ball war sich Sahin nicht zu schad,  gegnerabhängig auch zu pragmatischeren Lösungen und langen Bällen auf einen Zielspieler mit einstudierten Abläufen zu greifen.

Sahin setzt auf Rauten und Anker

Wie bereits erwähnt, legt Sahin großen Wert auf einen geordneten tiefen Spielaufbau. In den bisherigen Testspielen der Dortmunder wurde hauptsächlich aus einem 4-1-2-3 heraus unter starkem Einbeziehen des Torhüters herausgespielt. Dieser splittet die beiden Innenverteidiger und dient als zusätzliche Anspielstation und erzeugt eine +1 Überzahl in der ersten Linie gegen das mannorientierte Anlaufen der ersten Pressinglinie des Gegners. Der Sechser fungiert als Anker und „Klatsch-Option“ für die Spieler aus der ersten Linie und ist der Dreh- und Angelpunkt in Sahins Spielaufbau. Eine Rolle, die er als Profi selbst oft ausfüllte. Die Außenverteidiger befinden sich in der zweiten Linie auf Höhe des Sechsers, um eine diagonale Passoption für die Innenverteidiger zu bieten, ehe sie wieder den Weg über das Zentrum auf einen der abkippenden Achter oder den Sechser suchen.

Als Folge dieser Positionierungen und des starken ballseitigen Verschiebens im Kollektiv ist es möglich mehrere Rauten zu erzeugen um ballnah Anspielstationen zu schaffen. Zum einen wird eine Raute mit dem Sechser an der Spitze und dem mitspielenden Torwart als ballführenden Spieler, der die beiden Innenverteidiger teilt. Sobald der Pass auf einen der beiden Innenverteidiger erfolgt wird als Kollektiv ballnah verschoben und eine weitere Raute mit dem ballführenden Innenverteidiger am Grund der Raute erzeugt. Der nachschiebende Sechser und der in der zweiten Linie positionierte Außenverteidiger bieten hierbei diagonale Anspielstationen und der abkippende Achter eine vertikale Passoption welche auch durch das Spiel über den Dritten gefunden werden kann.

Das Spiel über den Dritten gehört ebenfalls zu Sahins Prinzipien und ist ein zentraler Baustein in seinem flachen Spielaufbau. Die erste Linie versucht hierbei durch geschicktes Verzögern das Pressing des Gegners zu provozieren. Sobald dieses ausgelöst wird, folgt der Pass in den Druck, häufig über den zentralen Sechser, um über diesen den freien Mann hinter dem Pressing zu finden. Durch die gute vertikale Staffelung in vielen horizontalen Linien ist es auch möglich früh linienbrechend zu agieren und den Stürmer oder die Achter als „Klatsch-Option“ zu nutzen und somit den Zugang zu einem der Achter oder dem Sechser im offenen Raum zu ermöglichen.

Die Zielräume Sahins sind die Räume zwischen der Mittelfeld- und Angriffslinie. Diese sollen möglichst durch einen dynamisch in den Raum startenden Sechser oder Achter im offenen Fuß bespielt werden. Durch Tiefenläufe und Gegnerbindung des vorderen Blocks, welcher aufgrund des Überladens im Spielaufbau in einer -1 Unterzahl agiert, wird der Zielraum vertikal geöffnet. Nach Überspielen der Pressinglinie eins und zwei wird versucht, die gewonnene Dynamik zu nutzen und früh die Tiefe zu bespielen oder den durch Tiefenläufe der Offensivspieler kreierten Raum per Dribbling zu überbrücken.

Einfach und vertikal in die Spitze

In der statischen Spieleröffnungsphase im ersten/zweiten Drittel bevorzugt Sahin weiterhin drei Spieler in der ersten Aufbaulinie. Durch das Wegfallen des Torhüters im fortgeschrittenen Spielaufbau wird dies durch eine Asymmetrie der Außenverteidiger gelöst. Der Linksverteidiger agiert hierbei in die Dreierkette einrückend während der Rechtsverteidiger als Breitengeber in die letzte Linie hochschiebt. Der Rechtsaußen wird somit zum rechten Halbraumzehner. Die beiden Sechser besetzen in dieser Phase horizontal versetzt die zweite Linie.

Sahins linker Zehner, in den bisherigen Testspielen zumeist Julian Brandt, kippt häufig außerhalb des gegnerischen Blocks, um zentral Räume freizuziehen, welche durch dynamisches diagonales Einlaufen wieder bespielt werden können. Eine Möglichkeit hierbei ist ein Klatschen lassen Brandts auf den linken Halbverteidiger und anschließendes sofortiges Orientieren in den geöffneten Raum um einen linienbrechenden Pass in der Dynamik nach innen zum Spielgeschehen gerichtet zu empfangen. 

Eine zweite Möglichkeit ist ein Einlaufen des Linksaußen, welcher aufgrund der Gegnerbindung zum Rechtsverteidiger in der Lage ist die Tiefe zu öffnen und ebenfalls in der Dynamik den linienbrechenden Pass empfangen kann. Der rechte Zehner bindet zumeist mehrere Gegenspieler in der letzten Linie und durch die tiefe Positionierung der Sechser in der zweiten Linie und das damit verbundene Herausziehen der gegnerischen Sechser ist es für den Zehner möglich diagonale Pässe der andribbelnden Halbverteidiger im offenen Raum zu empfangen. Das Ziel dieser Rotationen ist stets den Zwischenraum zu vergrößern und später personell zu besetzen. Sobald dies gelingt, wird mit hoher Vertikalität und simplen gegenläufigen Bewegungen versucht, die Tiefe zu attackieren.

Reality-Check gegen Villa(rreal)

In den letzten beiden Testspielen der Vorbereitung (gegen Villarreal und Aston Villa), als auch die EM-Teilnehmer und Neuzugänge in die Mannschaft rückten, waren Vor- und Nachteile von Sahins Spielidee zu erkennen. Im frühen Aufbau war es durch die aufgefächerte Positionierung möglich, den Gegner im Pressing auseinanderzuziehen und Platz für Ankerspieler Pascal Groß im Zentrum zu schaffen. Als Aufbauspezialist aus der De-Zerbi-Schule war sein Einfluss sofort erkennbar. Sowohl am eigenen Strafraum als auch im Übergangsspiel in die gegnerische Hälfte verschaffte er seinen Mitspielern durch Verlagerungen oder einfache Spiel-Ablage-Kombinationen Platz und Zeit am Ball.

Was allerdings auch auffiel, gerade gegen Villarreal: Vom Ballbesitz hin zur Chancenkreierung gab es sowohl individuelle technische als auch gruppentaktische Mängel, die den “Sahin-Ball” haben stocken lassen. Das nötige Spieltempo und progressive Bewegungen in der zweiten Linie fehlten ebenso wie das richtige Timing für Tiefenläufe. So wurden die ersten beiden gegnerischen Pressinglinien eher umspielt als vertikal durchbrochen. Die oben beschriebenen Rauten im Spielaufbau gab es wenn überhaupt nur angedeutet, weshalb der Ball mit mäßiger Schärfe meist quer verschoben wurde, bis für den hoch aufgerückten RV (Ryerson) ein Diagonalball von Schlotterbeck oder Groß möglich war.

Es war ein Muster aus der vergangenen Saison unter Edin Terzic. Ryerson kam zwar mehrmals pro Halbzeit tief in der gegnerischen Hälfte an den Ball, konnte mit diesem Ballbesitz jedoch wenig anfangen. Der Norweger drehte dann entweder nach hinten ab oder flankte in einen schwach besetzten Strafraum. Der Mittelstürmer als auch die beiden Zehner waren für den Aufbau wie angedacht tief gefallen und konnten nicht schnell genug nachrücken. Auch Gittens auf dem linken Flügel kam vor allem gegen Villarreal, aber auch gegen Villa nicht in aussichtsreiche 1v1-Duelle und dribbelte sich in Unterzahl regelmäßig fest.

DIe Pflichtspiel-Generalprobe am 10. August gegen Aston Villa, das wie Villarreal recht passiv daherkam, war aus Dortmunder Sicht dann schon durchaus hoffnungsstiftend. Groß war nach einer Woche Training mit der Mannschaft deutlich dominanter, wenngleich er sich mit Sechser-Partner Emre Can im 3-2-Aufbau hin und wieder auf den Füßen stand. Auch Neuzugang Couto zeigte seine spielerischen Vorzüge auf dem rechten Flügel gegenüber Ryerson. 

Das System mit einem Dreier-Aufbau und zwei breitegebenden Flügelspielern greift viele Stärken einzelner Spieler auf: Die IVs Schlotterbeck, Süle und Anton sollen viel andribbeln, Brandt und Sabitzer dürfen sich horizontal und vertikal frei bewegen, Gittens oder Malen auf dem Flügel sollen ihre 1v1-Qualitäten zeigen. Gerade bei interaktiven Sequenzen, wie Steil-Klatsch-Situationen oder bei der vorwärtsorientierten Ballverteilung durchs Zentrum, fehlte allerdings oft noch die Abstimmung.

4-1-4-1 oder 4-4-1-1 gegen den Ball?

Gegen den Ball lässt Sahin im Angriffspressing aus einer 4-1-3-2 Struktur agieren, welche durch den in die erste Pressinglinie schiebenden Zehner und als Zehner agierenden rechten Sechers erzeugt wird. Er präferiert ein Pressing mit einer +1 Überzahl in der letzten Linie um den gegnerischen Stürmer in ein 2vs1 gegen die Innenverteidiger zu stellen, was eine -1 Unterzahl am anderen Spielfeldende zur Folge hat. Die Stürmer stehen beim Abstoß des Gegners bereits lauernd an der Box, um auf die Innenverteidiger zu schieben und wenn nötig, den Torhüter durch geschicktes Anlaufen im Bogen zu isolieren. Die Außenstürmer, welche bereit sind, auf die Außenverteidiger zu springen, sind etwas zurückgezogener in der zweiten Pressinglinie positioniert. 

Ziel ist es, durch das Anlaufverhalten der Stürmer das Spielgeschehen auf eine Seite zu lenken. Dies hat gegen einen aus einem 4+2 aufbauenden Gegner ein ballnahes Verschieben des Zehners auf den ballnahen Sechser und das Blocken der Passwege ins Zentrum zur Folge. Der Sechser agiert in diesem Fall mannorientiert.

Gegen einen aus einem 4+1 in der Spieleröffnung agierenden Gegner befindet sich der Zehner in einer starken Mannorientierung zum gegnerischen Sechser, während der Sechser ballorientiert auf den ballnahen Achter verschiebt. Das Ziel des Pressing ist, zu warten bis der Torhüter sich für eine Seite entscheidet und durch geschicktes Verschieben Überzahl auf der ballnahen Seite zu schaffen. So sollen die Passwege zurück zum Torhüter und die progressive Passwege ins Zentrum für eine mögliche Verlagerung abgedeckt werden. 

Ein durch diese Mannorientierung im Mittelfeld auftretendes Problem ist das Freiwerden des Zwischenraums bei Abkippbewegungen der gegnerischen Zentrumsspieler. Dies stellt den eigenen Sechser vor die Entscheidung, ob er das Zentrum sichert oder weiter aggressiv durchschiebt, um die Kompaktheit des Pressings aufrechtzuerhalten. Durch dieses Rausschieben des Sechsers ergibt sich für den auf die Außen gelenkten Gegner ein Passfenster in den Zwischenraum. Somit ließe sich Pressing durchbrechen und würde Sahins Mannschaft zu einer Neustafflung im Mittelfeldpressing zwingen. Dieses Szenario trat im Testspiel gegen Villarreal bei den wenigen Momenten des aggressiven Anlaufens auf, da die einzelnen Mannschaftsteile nicht gut aufeinander abgestimmt waren. Gegen Aston Villa wiederum konnte der BVB einige aussichtsreiche hohe Ballgewinne erzielen.

Im Mittelfeldpressing ist Sahin durchaus flexibel in der Grundordnung und passt sich stark dem Gegner an. Dabei agiert er gegen einen 2er Aufbau mit einem Sechser in der Linie davor in einem 4-4-1-1. Dies hat den Hintergrund, dass in erster Linie in einer -1 Unterzahl agiert wird um in der letzten Linie Überzahl zu schaffen. Der Zehner befindet sich in einer Mannorientierung zum Sechser. Der Stürmer läuft hier im Bogen den ballführenden Innenverteidiger an, um das Spielgeschehen auf eine Seite zu lenken und den Pass auf den Außenverteidiger zu provozieren. Sobald dieser Pass erfolgt, wird ballnah verschoben und der Außenspieler springt aus seiner Lauerstellung heraus auf den Außenverteidiger. Der Ballführende soll zu einem Pass in die aus seiner Sicht unterladene Seite oder einem Rückpass gezwungen werden. Letzterer ist wiederum der Trigger für ein Umschalten ins Angriffspressing.

Gegen einen 2-2 Aufbau wählt Sahin unter Verwendung ähnlicher Prinzipien ein 4-1-4-1, um durch die Mannorientierung der zwei Achter Zugriff auf die gegnerische zweite Linie zu bekommen. Sollte der Gegner aus einer 3-2 Ordnung heraus aufbauen agiert Sahin zumeist in einem 4-4-1-1. Um in der letzten Linie eine Überzahl zu schaffen, läuft der Stürmer den zentralen Innenverteidiger so an, dass ein Passweg nach links oder rechts abgeschnitten ist. Der ballnahe Außenspieler schiebt daraufhin aus seiner Position auf den ballnahen Halbverteidiger und der ballferne Außenspieler rückt ins Zentrum auf den ballfernen Sechser ein.

Sollte das Pressing nicht wie geplant über das Anlaufen des Stürmers ausgelöst werden, findet sich der Zehner in einer 1v2 Unterzahl wieder. Dies hat ein Herausstechen der Sechser zur Folge was Lücken in die Staffelung reißt und dem Gegner durch Vertikalbälle oder das Spiel über einen Dritten Zugang zum Zehnerraum ermöglicht. Oft wird dies durch ein horizontales Zusammenziehen der letzten Linie kompensiert, was eine Unterzahl oder einen positionellen Nachteil in der Breite mit sich zieht.

Fazit

Mit der Verpflichtung von Nuri Sahin hat der BVB einen hochspannenden Trainer an der Seitenlinie. Sahin zeigt bereits in seinen ersten Testspielen große Veränderungen im Vergleich zu Vorgänger Terzic, gerade mit dem Ball ist man proaktiver im Spiel nach vorne und es gibt eine klare Idee wie strukturiert und kontrolliert aus der Defensive heraus aufgebaut wird und auch im Spiel gegen den Ball sind Veränderungen in der Intensität und vor allem der Höhe des Anlaufens bemerkbar. 

Sahin steht für klare Prinzipien, welche die Rahmenbedingungen in seinem Spiel stecken. Er ist dennoch speziell im Spiel gegen den Ball ein Trainer, der sich gerne an den Gegner anpasst und nicht stur an einer Idee festhält. Sahin ist schlau genug, seinem Team zu erlauben, situativ auf etablierte Mechanismen unter Terzic zurückzugreifen. So werden unter anderem auch hin und wieder lange Bälle als einfacher Ausweg aus dem Druck eingestreut.

Nichtsdestotrotz bietet diese Verpflichtung auch ein kleineres Risiko. Sahin ist nach erst einer Station bei Antalyaspor mit 35 Jahren noch ein recht unerfahrener Trainer und das Team wird Zeit benötigen, sich an die großen Veränderungen in der Herangehensweise zu gewöhnen und Sahins Prinzipien zu verinnerlichen. Dazu kommt: Für die Umsetzung seiner taktischen Idee kommt es – wie eigentlich immer im Fußball – stark auf die Qualitäten seiner Einzelspieler an.

Neben technisch versierten Innenverteidigern braucht Sahin einen unumstrittenen Chef im Mittelfeld, der in Person von Pascal Groß verpflichtet wurde. Dafür muss sich Emre Can mit einer neuen Rolle als absichernder Sechser arrangieren. Sowohl an schwimmenden Zehnern (Brandt, Sabitzer, Reyna) als auch an dribbelstarken Flügelspielern (Gittens, Malen, Duranville) mangelt es nicht im Kader. Im Angriff ist mit Maximilian Beier einer der spannendsten Stürmer Europas hinzugekommen. Sahin muss sich wohl zwischen dem Neu-Nationalspieler oder dem noch verletzten Knipser Serhou Guirassy entscheiden. Oder gibt es Platz für beide? 

Artikel von HN & FN
HN liebt andribbelnde Innenverteidiger und jeden Ballkontakt von Florian Wirtz. Schreibt und socialt bei BR24Sport und ist bei Twitter als @hannes_ne unterwegs.

FN beschäftigt sich mit intensiv mit Taktiktheorie als auch Analysen zu aktuellen Spielen und Entwicklungen im Fußball. Auf Twitter ist er als @felixnb aktiv.

tobit 24. August 2024 um 21:42

Eindruck nach dem ersten ernstzunehmenden Gegner: Dortmund ist Welten besser als letzte Saison, aber immer noch beschissen.
Loben kann man Gittens, dem die Rolle links außen aber auch echt auf den Leib geschnitten ist, und Beier, der als 9er zumindest mal ein paar halbwegs brauchbare Ablagen zustande gebracht hat. Groß in der ersten Halbzeit auch gut, in der Zweiten wurde er dann vom Coach wie so viele komplett falsch (wich von der Doppelsechs permanent auf die LA-Position aus und Can sollte dann aufbauen) eingesetzt. Auch Adeyemi (9er), Malen (breiter LA), Ryerson (Aushilfs-RA) und Sabitzer (RA/Aushilfs-9er) waren auf ihren Posten komplett verschenkt und verloren.
Einzelkritik mal wieder für Can, der einfach 0% der Trainer-Idee für die Sechser umsetzen kann – aber spielt halt trotzdem (muss eigentlich Befehl von ganz oben sein, anders nicht erklärbar). Und Sahin natürlich, weil er die halbe Startelf auf für sie unpassenden Positionen bringt (eigentlich alle außer den IV und Brandt wären woanders in der Ordnung besser) und ihre Schwächen dort nichtmal versucht durch taktische Anpassungen abzumildern.

Und Frankfurt war jetzt noch nichtmal besonders gut. Vorne individuell clever aber im Bewegungsspiel tlw überambitioniert. Im Mittelfeld dafür dann arg defensiv/unkreativ besetzt. Und die Ausrichtung mit so zurückhaltenden AV passte auch nicht so wirklich perfekt zu den Zehnern auf den Flügeln davor. Götze ist halt seit 10 Jahren kein RA mehr.

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tobit 31. August 2024 um 19:28

Eindruck nach Spiel zwei: Sahin raus!
Die Grundidee ist ganz ok, die taktischen Details und die Besetzung sind katastrophal. Und wurden jetzt vom biederen Werder komplett entschlüsselt und nach Strich und Faden ausgespielt. Exemplarisch dafür die sechs Gelben Karten gegen die sieben als Verteidiger eingesetzten Spieler.
Einzelkritik Can siehe oben, und Süle der mit dem Kopf schon bei Anstoß unter der Dusche war.

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WVQ 31. August 2024 um 23:57

Hehe, gut zu wissen. Hatte mir nach 20 Grottenminuten in irgendeinem Testspiel schon gar nicht mehr die Mühe gemacht, noch mehr anzuschauen, und habe denn offenbar auch nichts verpaßt.

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tobit 1. September 2024 um 11:21

Also es ist schon eine klare spielerische und strategische Idee erkennbar, in der Hinsicht also ein klarer Fortschritt gegenüber der Vergangenheit. Den torpediert der Trainer dann aber durch die Aufstellung von Spielern, die für die Idee (mindestens auf der vorgesehenen Position) ungeeignet sind. Aber man hat halt jetzt auch keine anderen (mehr) zur Verfügung, weil man die zweite Reihe komplett verliehen hat. In der (Dank Klub-WM und CL-Reform) wahrscheinlich längsten Saison der Vereinsgeschichte war Kosten senken den Bossen offenbar wichtiger als ein vollständiger Kader. So kommt eins zum anderen und man darf sich bei Bremens absoluter Inkompetenz im letzten Drittel für das 0:0 und einem in Hälfte zwei gnädigen Schiri für nur einen Verteidiger-Platzverweis bedanken.

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Koom 1. September 2024 um 19:06

Vermutung: Das ist ein Work in Progress. Bestimmte Spieler stehen noch nicht zur Verfügung (Guyrassy, Couto). Und Sahin scheint da momentan primär auf Sicherheit zu setzen, um notfalls gegentorlos durchzukommen. Was auch klappt.

Aus meiner Sicht arbeitet er halt am Fundament. Sicherheit kriegen. Paßspiel üben, Staffelungen, Absicherungen. Das war jetzt alles jahrelang nicht da, alles wurde mit der Intensitätsnadel zusammengeflickt irgendwie. Und mit sicherem Paßspiel (was dann per se erstmal langsam und risikoarm ist), kommst du nicht durch eine halbwegs solide Bundesligaabwehr.

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tobit 1. September 2024 um 20:44

Malen wäre der beste Guirassy-Ersatz, soll aber lieber Wingback spielen. Can gehört bei der Spielidee auf die Tribüne oder maximal in die IV, aber niemals auf die Sechs. Sabitzer ist kein second striker und schon gar kein Tiefengeber. Adeyemi ist kein ablegender Stürmer, wäre wahrscheinlich ein ordentlicher Wingback. Schlotterbeck gegen den Ball als LV so allein zu lassen ist auch urdämlich, auch wenn er da insgesamt ganz ok hinpasst.
Was ich damit sagen will: er könnte es alles so viel einfacher haben, wenn er alle Spieler ihren Instinkten entsprechend aufstellen würde. Stattdessen versucht er die halbe Mannschaft umzuerziehen. Es liegt nicht dran, dass die Mannschaft lernen muss, was er von ihnen will. Sondern, dass er Dinge von Spielern verlangt, die sie niemals können werden. Und das obwohl er in den meisten Fällen passendere Optionen zur Verfügung hat.

Taktik-Ignorant 10. September 2024 um 13:58

Und nicht zu vergessen: die vielen hohen Bälle in den Strafraum, weil die Mannschaft noch nicht gemerkt hat, dass Füllkrug und Hummels nicht mehr da sind.

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AG 21. August 2024 um 09:52

Danke auch für diesen Artikel – hier gibt es ja viele Leser, die mit großem Interesse auf das, was in Dortmund gerade passiert, schauen. Ich bin sehr gespannt, wie dieses Konstrukt unter Wettbewerbsbedingungen funktioniert. Ich sage es immer wieder: Groß ist eigentlich kein Sechser, und das seit vielen Jahren nicht. Den Ballbesitzteil kriegt er sicherlich hin, aber defensiv kann er das nicht absichern, vor allem nicht mit 33. Stellt ihn weiter nach vorne und er macht seine Tore und Assists, wie Gündogan.

Vielleicht muss ich auch mal mein Manifesto über „Win Now“ schreiben, nachdem ich gerade die Vorschau des Rasenfunks höre. Die Meisterschaft von Leverkusen hat da anscheinend für viel Verwirrung gesorgt.

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