Wer kreiert den besseren Umschaltmoment?

Ein Spiel, auf das sich viele gefreut haben, war das Spiel der Österreicher gegen die Franzosen. Denn mit Frankreich startete am Montagabend einer der Top Favoriten auf den EM-Titel in das Turnier. Die Franzosen haben zusammen mit England den besten Kader der EM. Die Österreicher hingegen glänzten in den letzten Wochen durch einen starken Zusammenhalt in der Mannschaft, sowie einem Spielsystem, dass Ralf Rangnick in seinen 2 Jahren als Nationaltrainer etabliert hat. So gilt Österreich als Geheimfavorit, aufgrund von vielen guten Leistungen in den letzten Monaten, wo sie unteranderem Italien und Deutschland geschlagen haben. Insgesamt war es ein Spiel, dass durch gute Defensivarbeit geprägt war. So gab es wenig schöne Kombinationen zu sehen. Am Ende gewinnt Frankreich das Spiel durch Individuelle Überlegenheit mit 1:0.

Österreichs gutes Pressing wird nicht belohnt

Ein Bild, das Screenshot, Diagramm, Text, Karte enthält.Ralf Rangnick ist für sein intensives Pressing bekannt. Das implementierte er nun, in Österreichs Nationalmannschaft. Spieler wie Laimer, Sabitzer oder Seiwald sind dafür wie gemacht, da sie alle in der RB-Schule ausgebildet wurden. Gegen Frankreich agierte das Team in einem 4-4-2 flach, indem Baumgartner neben Gregoritsch als zweiter Stürmer nach vorne schob. Es wurde aus einem kompakten Mittelfeldpressing heraus auf den Richtigen Moment gewartete, Druck auf die Franzosen auszuüben. Der Auslöser dafür, war meist ein Querpass der Franzosen im Aufbau. Erfolgte dieser lief der ballnahe Stürmer von innen nach außen an, um die Franzosen auf den Flügel zu lenken. Hier wurde dann eine gleich bzw. Überzahl (durch starkes Verschieben auf die ballnahe Seite) hergestellt, um den Ball zu erobern.

Situativ gingen die Österreicher auch mal in ein höheres Pressing über. Sollten die Franzosen einen Rückpass spielen wurde im Kollektiv nach vorne geschoben. Hier wurde auch der Torwart der Franzosen (Maignan) von einem der beiden Stürmer angelaufen. Der ballferne Flügelspieler schob auf den ballfernen Innenverteidiger Frankreichs. So wurden die Franzosen auf eine Seite gelenkt. Häufig sah man das Frankreich sich an der eigenen Eckfahne festspielte und Österreich entweder den Ball erobern konnte, oder Frankreich einen langen Ball schlagen musste. Dies gelang, indem sie viele Spieler im Pressing nach vorne schoben, um genügend Druck auf den Ball zu erzeugen. So hatte Frankreich Schwierigkeiten flach zu eröffnen. Ein Problem war allerdings, dass eroberte Bälle zu schnell verloren gingen. Ein Paradebeispiel hierfür war das Gegentor zum 1:0. Mwene eroberte den Ball auf der linken Seite. Anstatt den Ball mit dem ersten Kontakt nach vorne in den freien Raum mitzunehmen, dreht er ab und spielt nach hinten, wo Dembele lauerte. Anstatt einen Konter, über Baumgartner einzuleiten, der frei im Zehnerraum war, kassierte man das 1:0.

Da Frankreich in einem 4-3-3 spielte, hatten sie gegen das 4-4-2 von Österreich eine 3 gegen 2 Überzahl im Zentrum. Das Team um Coach Rangnick löste dies aber taktisch clever. Agierte man im Mittelfeldpressing schob Grillitsch auf Kante. Wöber schob dann in den rechten Halbraum auf Griezmann, um die Unterzahl auszugleichen und Zugriff auf die Franzosen zu entwickeln. Im Angriffspressing war das Ziel, wie schon erwähnt so viel Druck wie möglich auf den Ball zu erzeugen, dass Frankreich diese Überzahl nicht ausspielen kann. Dies funktionierte, weil im Angriffspressing grundsätzlich die Abstände größer werden.  Das hatte den Vorteil das Wöber in der Kette bleiben konnte und man so eine 4 gegen 3 Überzahl in der letzten Linie hatte. Das war wichtig, da die Franzosen vorne viel Tempo haben (Dembele/Mbappe). Außerdem wurde versucht Frankreich auf die linke Seite zu lenken. So konnten die Franzosen Griezmann in der rechten Halbspur nicht zu finden. Nach Balleroberung war der Plan, mit dem ersten Ball direkt die Tiefe anzuspielen. Zielspieler war hier Baumgartner der sich von seinem Gegenspieler wegbewegte um nach Balleroberung ohne Gegnerdruck aufdrehen zu können. Die Franzosen waren allerdings sehr gut im Gegenpressing und spielten mit der letzten Linie sehr hoch, um Umschaltaktionen der Österreicher direkt im Keim zu ersticken.

Frankreich will den Ball nicht

Die Franzosen sind unter Deschamps, für einen eher Defensiven Ansatz bekannt. Das war auch in diesem Spiel sehr deutlich. Mit Ball hatten die Franzosen wenige Lösungen. Gegen das hohe Pressing der Österreicher wurden meist Lange Bälle auf Thuram gespielt, der sich auf den linken Flügel bewegte und dort die Bälle festmachen sollte. So schafften es die Franzosen kaum flach hinten rauszuspielen. Einzig in der 16 Minute als Saliba mal ein eins gegen eins am linken Strafraumeck gewann, konnte das Pressing mit einem flachen Diagonalball auf Griezmann im ballfernen Halbraum aufgelöst werden.

Frankreich spielte mit dem Ball aus einem 4-3-3 heraus, wobei die Achter ihre Rollen unterschiedlich interpretierten. Griezmann positionierte sich etwas höher in der rechten Halbspur, während Rabiot etwas flacher agierte und teilweise mit Kante eine Doppelsechs bildete. Auch auf den Außenverteidigerpositionen spielten die Franzosen mit einer Asymmetrie. So blieb Kounde im Aufbau in einer tieferen Position, während Hernandez offensiver agierte. Situativ bewegte sich Mbappe mit ins Zentrum, um den Raum für Hernandez freizuziehen. Grundsätzlich war die linke Seite der Franzosen sehr variabel und Mbappe tauschte mit Thuram immer wieder die Positionen.

Frankreich versucht allgemein, über die Flügel gefährlich zu werden. Das macht aufgrund des Tempos, sowie der Individuellen Klasse auf den Außenbahnen Sinn. Wegen der flacheren Positionierung von Rabiot im Aufbau, gab es auf der linken Seite Raum für Mbappe und Hernandez, für Kombinationen. Diesen Raum bespielten sie entweder mit Spielen und Gehen oder indem sich Mbappe in den Halbraum fallen ließ. Situativ schaltete sich auch Thuram mit ein. Die Idee dahinter war Hernandez mit seiner Dynamik ins Spiel zu bekommen. Auf rechts wurde versucht über Dreiecksbildung, mit Griezmann im rechten Halbraum durchzuspielen. Ein Schlüsselspieler war hier Dembele, der Mwene vor große Probleme stellte. Es war interessant zu beobachten, dass dieser extrem breit an der Außenline blieb, sollte der Ball auf der linken Seite von Frankreich sein. So konnte nach einer Verlagerung eine eins gegen eine Situation kreiert werden.

Frankreich verteidigt Weltklasse!

Gegen den Ball waren die Franzosen, wie auch in den vergangenen Turnieren herausragend. Vor allem nach dem 1:0 zog man sich in einen Low-Block zurück und ging nur situativ vorne drauf. Es wurde aus einem 4-4-2 bzw. 4-2-3-1 sehr variable verteidigt. Griezmann interpretierte seine Rolle etwas offensiver, während Rabiot neben Kante auf die Sechs schob. Mbappe agierte, nicht wie bei der Weltmeisterschaft in Katar als Flügelspieler, sondern alleinige Spitze. Den der offensive Künstler, arbeitet nicht immer konsequent mit nach hinten und so offenbarte man beim letzten Turnier immer wieder Räume am Flügel.

Was das Team um Deschampe unheimlich stark macht, ist das Schließen des Zentrums. So stehen Mittelfeldkette und Abwehrreihe sehr eng, um die Rote Zone sehr klein zu halten bzw. zu verhindern das der Gegner hineinspielen kann. Eine wichtige Rolle hierbei spielen Griezmann bzw. Rabiot. Diese rückten mit dem Ball auf den Halbverteidiger von Österreich raus. Durch geschicktes Anlaufen von innen nach außen wurde der Pass auf den Flügel provoziert und der Ball ins Zentrum, zwischen die Linien verhindert bzw. war nicht möglich (Mithilfe des Deckungsschatten Rote Zone schließen). Am Flügel war es die Aufgabe von Thuram sowie Dembele die hohen Außenverteidiger der Österreicher eng zuzustellen. Die beiden Außenverteidiger der Franzosen, verteidigten im Halbraum die eingerückten Flügelspieler Österreichs. So schafften es die Franzosen die Österreicher auf den Flügel zu lenken und den Ball abzufangen. Was Frankreich zudem einzeichnete, ist die gute Boxverteidigung. Man stand teilweise mit neuem Spieler im eigenen Sechzehner und ließ dort nichts anbrennen.

Österreich gelingt es nicht das Französische Bollwerk zu knacken

Auf dem Papier agierte Österreich aus einem 4-2-3-1 heraus. Im Ballbesitz verschob sich das Ganze zu einem 3-3-3-1. Laimer und Sabitzer rückten ins Zentrum ein. Das ermöglichte den beiden Außenverteidiger etwas höher zu schieben. So wurde Dembele durch Mwene in eine Tiefer Position gezogen, um weite Wege in Umschaltmomenten zu haben. Im Aufbau agierten, sie ähnlich wie Deutschland indem sich entweder Grillitsch oder Seiwald in den rechten bzw. linken Halbraum bewegten. So wurde im 3+1 aufgebaut. Wichtig war das man zwischen dem genannten 3+1 und einem 4+2, wechselte, um nicht zu statisch zu werden. Das Ziel der Österreicher, war es aufgrund der Zentrumslastigkeit, durch die Mitte zu spielen. Dies gelang aber nicht da Frankreich wie schon beschrieben sehr gut das Zentrum geschlossen hat. So kam Frankreich zu guten Umschaltmomenten. Wenn was bei den Österreichern ging, dann über Außen, sofern sie in den Rücken der Flügelspieler von Frankreich kamen. Da mit Posch und Mwene keine eins gegen einen Spieler in der Breite spielten, wurde mit Flanken aus dem Halbfeld gearbeitet. Diese Verteidigten die Franzosen, aber sehr gut weg.

In der 60 Minute passte Rangnick mit einem dreifachen Wechsel die Struktur an. So spielte Mwene etwas flacher und Baumgartner besetzte die Hohe Außenbahn auf den linken Flügel. Sabitzer sollte Kounde im linken Halbraum binden, um in den Rücken von Dembele zu gelangen. Außerdem hatte das den Effekt, das Kante in den Halbraum schieben musste und so der Zehnerraum aufging. Hier war aber Frankreich zu Kompakt, um wirklich gefährlich durchzukombinieren zu können.

Österreich hätte mehr versuchen müssen über Außen hinter die Kette zu gelangen. Hier haben vorallem Diagonale Läufe der Außenverteidiger hinter die Kette der Franzosen gefehlt. Außerdem waren in der Breite   keine Spieler, die ein eins gegen eins auflösen können.

Fazit

Es war ein Spiel wo keine der beiden Mannschaften den Ball haben wollte. Österreich aber auch Frankreich zeichnen sich durch eine gute Defensivarbeit aus und lauern auf Umschaltmomente. Hier kam das Tor den Franzosen zugute die danach, ähnlich wie England, sich zurückgezogen haben, um auf Umschaltmomente zu warten. Diese bekamen sie auch, konnten sie aber nicht nutzen.

Mannschaften wie Frankreich, die nicht selbst das Spiel machen wollen liegen Ralf Rangnicks Österreichern nicht. Zwar hat Österreich alles probiert, konnte aber kaum Torgefahr ausstrahlen (0,72xG). Frankreich war gut auf Österreich eingestellt und verhinderte die Konter schon frühzeitig in der Entstehung. Das Pressing gepaart mit dem starken Umschaltmomenten könnte im Verlaufe des Turniers, noch eine wichtige Rolle für Österreich spielen, sollten sie auf Teams treffen, die versuchen durch eigenen Ballbesitz Chancen zu kreieren.

Verfasst von: Valentin (VR); Chrisitan und Jost

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