Titelkanidat Italien?

2:1

Am gestrigen Samstag startete der Titelverteidiger aus Italien in die Europameisterschaft 2024. Der Auftaktgegner hieß Albanien. Angesichts der Hammergruppe, mit Spanien und Koratien, war im ersten Spiel ein Sieg eingeplant. Den holte sich die italienische Mannschaft auch mit und gewann mit 2:1. Auch wenn es hintenraus nochmal spannend wurde war der Sieg durchaus verdient.

Italiens Start in die Partie hätte nicht schlechter laufen können. Nach nicht einmal einer Minute erzielte Albanien das 1:0. Di Marco warf einen Einwurf dem Albaner Bajrami in den Fuß, der den Fehler ausnutzte und das schnellste Tor einer EM erzielte. Die Italiener reagierten sofort auf den Fehlstart und kamen mit Pelegrini in der zweiten Minute gefährlich vor das Tor von Albanien. In der elften Minute kamen die Italiener dann zum verdienten Ausgleich. Durch eine Kurz ausgeführte Ecke entstand kurzeitig ein zwei gegen eins für Italien. Pelegrini flankte den Ball auf den 2. Pfosten (Zielraum) Bastoni zum 1:1 einnickte.  In der sechzehnten Minute traf Barella mit einem Sehenswerten Abschluss zum 2:1 Entstand. In der zweiten Hälfte müssen sich die Italiener ankreiden lassen den Sack nicht zugemacht zu haben, den das war durchaus drin und so wurde es nochmal spannend.

Italien mit Variablen Spielaufbau

Italien war im Spielaufbau sehr variabel. So bauten sie im beliebten 3-Box-3 auf. Die Viererkette Italiens verschob sich Asymetrisch. So schob Di Marco bis an die letzte Kette von Albanien hoch, um Hohe Breite zu schaffen, während Di Lorenzo als linker Halbverteidiger das Spiel aufbaute. Chiesa gab auf der rechten Seite die Hohe Breite und war sehr gefährlich in 1 gegen 1 Situationen gegen Mitaj bzw. Seferi. Wie beispielsweise in der 31 Minute, als er auf der rechten Seite Seferi vernascht und eine Flanke auf den 2. Pfosten zu Pelegrini schlägt der zum Seitfallzieher ansetzt. Frattesi und Pellegrini besetzten die beiden Halbräume links und rechts zwischen der Kette der Albaner. Scamacca hielt sich an der letzte Kette Albaniens auf und wurde immer wieder als Anspieloption gesucht. Er ist sehr gut darin Bälle im Druck zu halten und entweder den Ball klatschen zu lassen oder in die Tiefe zu verlängern. So leitete er viele gefährliche Aktionen ein. Jorhgingo und Barella sind der der Motor dieser Mannschaft. Italien eröffnete sehr stark über die beiden Sechser, im Zentrum. Beide bewegten sich so, dass sie diagonal versetzt, sehr eng zueinanderstanden. Das führte dazu das die ballnahe Seite immer wieder überladen werden konnte. So waren sie sehr schwer zu greifen und kreierten immer wieder einen Offenen Fuß im Sehserraum. Beide Sechser waren zudem sehr flexibel in der Positionierung. So ließen sich beispielsweise einer der beiden nach außen fallen und man baute aus einem 4+1 auf. Durch diese Flexibilität bekamen die Albaner auf keinen Druck auf den ballführenden. Ließ sich Jorghinio zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, so konnte Di Lorenzo entweder ins Zentrum schieben um die 3+2 Struktur beizubehalten, oder situativ an die letzte Linie schieben. Hier rückte dann Chiesa ins Zentrum ein. Auch in der letzten Linie gab es immer wieder Bewegung. Di Marco, aber auch Chiesa zogen situativ diagonal nach innen um den Raum außen freizuräumen. Hier lässt sich sagen das der Spielaufbau der Italiener, dem Von Bayer Leverkusen dieser Saison ähnelt.

Starkes Gegenpressing führt zum Erfolg über Albanien

Albanien verteidigte in der ersten Halbzeit in einem Low-Block im 4-4-2. Da Italien wie schon angesprochen immer wieder versucht hat mit den Sechsern eine Seite zu überladen, waren die Räume meist sehr eng. Die Italiener versuchten entweder auf der Ballnahen Seite sich durchzuspielen, oder sollte dies nicht gelingen die Seite schnell zu wechseln. Da die Albaner stark auf die ballnahe Seite schieben mussten öffneten sich ballfern Räume. So gab es zum einen immer ein 1 gegen 1 am Flügel. Hier arbeiteten die Italiner viel mit Diagonalbällen. Während Di Maro Diagonal hinter die Kette startete, wurde Chiesa eher in den Fuß angespielt, um ein offenes 1 gegen 1 zu kreieren. Zum anderen gab es durch das starke Verschieben auf der ballfernen Seite oft eine 2 gegen 1, auf den Flügelspieler. Wurde dieser Zu „gierig“ öffnete sich der Zehner zwischen den Linien. So konnte Italien Diagonal flach in den ballfernen Halbraum spielen. Die meisten Chancen der Italiener entstanden aber durch eine schnelle Ballrückeroberung im letzten Drittel. Hier half es das viele Spieler auf der Ballnahen Seite zugange waren. Hier machten die Albaner aber auch einige einfache Abspielfehler. So beispielsweise in der 33 Minute, wo Albanien den Ball erobert, Italien ihn aber wieder schnell zurückerobert. Danach geht es Blitzschnell und Scamacca leitet den Ball auf Pelegrini in die Tiefe weiter, der den Ball an den Pfosten lupfte. Die Sechser der Italiener rückten hier teilweise bis knapp hinter dem Strafraum nach vorne, um direkten Zugriff zu haben oder Abpraller verwehrten zu können. So wie beim 2:1, als Barella den Abgehehrten Schuss von Scamacca aus dem Rückraum per Volley verwertete.

Albanien zu schwach gegen den Ball

Albanien verteidigte gegen den Ball in einem 4-4-2 flach. Ziel war es den Raum zwischen Mittelfeldkette und Abwehrkette so klein wie möglich zu halten. So nahmen Asllani und Ramadani Pelegrini und Frattesi in Bewachung. Dies führte dazu das Italien immer wieder über die Sechser eröffnen konnte, da man eine 4 gegen 2 Überzahl im Zentrum vorfand. So hatten die Italiener teilweise lange Passtafetten, ohne dass Albanien dazwischenkam. Sollte doch mal ein Sechser von Albanien nach vorne pressen so öffnete sich Raum dahinter. Beide Sechser von Italien sind in der Lage auch mit Gegnerdruck das Spiel vertikal zu gestalten und den Freien Spieler zwischen den Linien zu finden. Wie in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, wo Barella Fratessi im rechten Halbraum findet. Wichtig gegen Italien wird es sein das Zentrum zu schließen. Den Albanern gelang dies überhaupt nicht. So konnte Italien oft mit einem Pass das Pressing der Albaner überspielen, da der Raum zwischen Sechser sowie den Stürmern zu groß war und Italien wie schon erwähnt dort immer wieder reinspielte. Vor allem in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit, als Albanien versuchte höher in einem 4-2-4 anzulaufen, war besonders auffällig, wie einfach das Pressing überspielt werden konnte. So konnten die Italiener mehrfach einen freien Mann im Zentrum finden und relativ einfach ins letzte Drittel kommen. Dieser Raum entstand dadurch, dass sie die Stürmer die ersten Linien anliefen, die Sechser aber nicht nachschoben, da sie wie schon erwähnt eher auf Kompaktheit zwischen Abwehr und Mittelfeld setzten. Eine Variante im Hohen Pressing wäre gewesen, die Italiener im Mann gegen Mann anzulaufen.

Da Italien mit 5 Spielern in der letzten Linie spielte hatten sie dort nominell eine Überzahl. Das wollten die Albaner verhindern und so schoben Seferi und teilweise Asani mit in die letzte Linie der Albaner. So verteidigte man mit einem Fünfer bzw. Sechserkette. Bayrami schob dann auch etwas tiefer so das Situativ ein 6-3-1 entstand. Dadurch hatten die Halbverteidiger Italiens immer wieder Raum zum Andribbeln und beide, Califiori und Di Lorenzo, schaltete sich situativ durch Vorderlaufen mit ein. Dies ging, weil Albanien meist nur einen Stürmer für Umschaltaktionen parkten und man immer mindestens +1 in der Restverteidigung haben wollte. So schob ein Sechser nach vorne, während der andere abkippte

Albanien mit Ball

Hatte Albanien Abstoß, spielten sie meist einen Langen Ball auf die linke Seite. Hier haben sie versucht mit Seferi Broja oder Bayrami die Seite zu überlagern und den Ball festzumachen. Aber man versuchte auch situativ flach rauszuspielen. Im Spielaufbau kippte einer der beiden Sechser ab aus einer Dreierkette heraus aufbauen zu können. So schaffte man Überzahl im Spielaufbau. Die Außen wurden (trotz Dreieraufbau) doppelt besetz und die Außenverteidiger positionierten sich eher flacher. Hier versuchten die Albaner Dreiecke am Flügel zu bilden und durch Rotationen auszuspielen. Auf links bildetet man das Dreieck mit Byrami der sich in den linken Halbraum fallen ließ. Auf der rechten Seite schob meist ein Sechser in die rechte Halbspur. Da Italien mit ihrer Viererkette sehr hochstand, war außerdem eine Lösung Lange Bälle hinter die Kette zu spielen. So kamen sie in der Nachspielzeit nochmal gefährlich vor das Tor der Italiener, indem der eingewechselte Stürmer Manjani einen Tiefenlauf entgegen der Schiebebewegung, zwischen Innen- und Außenverteidiger der Albaner anzog.

Italien verteidigte in einem 4-1-4-1. Man presste hoch und agierte eher abwartend. Scamacca löst das Pressing aus und wurde dann durch einen der beiden Achter unterstützt, um eine gleichzahl im Pressing zu generieren. Jorghinio schob dann eine Position nach oben, so dass es einem 4-4-2 ähnelte. Italien agierte gegen den Ball relativ Mann bezogen im Pressing und war sehr aggresiv zwischen den Linien. Jorghinio dirigierte seine Mittspieler und füllte immer wieder entstehende Lücken auf.

Fazit

Der Titelfavourit war sehr überzeugend. Eine klare Idee mit Ball gepaart mit der Qualität der einzelnen Spieler. Zwar war der Gegner „nur“ Albanien, dennoch war der Auftritt sehr überzeugend, auch wenn sie in der 2. Halbzeit einen Gang runtergeschalten haben. In der Hammer-Gruppe mit Spanien und Kroatien war der Sieg über die Albaner wichtig, denn der nächste Gegner (Spanien) wird die erste große Herausforderung für die Italiener.

Für Albanien wird es sehr schwer. Zum einen, weil die Aufgaben mit Kroatien und Spanien nicht leichter werden und zum anderen, weil die Leistung nicht wirklich überzeugend war. Nach dem frühen 1:0 ging nichts mehr nach vorne. Es hat einfach der Mut gefehlt mit mehr Spielern die letzte Linie zu attackieren. Auch in der defensive fehlte teilweise der Mut und man konnte kein Zugriff auf das italienische Mittelfeld erzeugen.

Zum Autor: VR hat vor Jahren angefangen, sich tiefgründiger mit dem Fußball zu beschäftigen und arbeitet seither neben der Ausbildung zum Sportkaufmann beim Bayrischen Rundfunk in der Sportredaktion. Er analysiert gerne und verfasst Artikel über das Spiel.

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