Türchen 21: Vor- und Auftaktbewegungen gegen Manndeckung
Wie wichtig Gegenbewegungen gegen Manndeckung auch auf individueller Ebene sein können, ohne und auch mit Ball.
Gegenbewegungen sind als wichtiges Mittel gegen Mannorientierung respektive Manndeckung gut bekannt: Ein Spieler zieht seinen Gegner weg bzw. heraus und ein anderer Kollege startet in den geöffneten Raum hinein, wohin ihm wiederum sein eigener Gegner meist nicht so schnell folgen kann.
Dieses gruppentaktische Level kann man sehr gut durch individualtaktische Bewegungen ergänzen, speziell Auftaktbewegungen, die nach demselben Muster funktionieren: Man täuscht in eine Richtung an und geht in die entgegengesetzte Richtung (bzw. generell in eine andere weg).
In der AFC Champions League brachten die Yokohama F. Marinos gegen Shandong Taishan viele dieser Bewegungen gut auf den Platz. Wie zu Beginn dieser Szene kam auch noch das Abkippen eines Sechsers hinzu, das ebenfalls sehr wirksam gegen Manndeckungen sein kann, wenn jener sich zentral kurz vor den Innenverteidigern abholt. Vor der ersten gegnerischen Defensivlinie ist es am einfachsten möglich, sich vom direkten Gegenspieler Platz zu verschaffen.
Yamane machte das hier sehr gut: Er holte sich den Ball ab, dribbelte dann auf den gegnerischen Stürmer an, um ihn zu binden und so seinen Innenverteidiger befreien zu können, kappte kurz vor dem Gegenspieler nochmals zur anderen Seite ab, um sich sofort doch wieder nach rechts zu drehen. Mit dieser individuellen Gegenbewegung sicherte er ab, dass Kamijima gegen Móises genug Raum haben würde.
Kamijima spielte dann einen sehr guten Diagonalball, wo die Marinos eine wie am Reißbrett entworfene Bewegungsfolge ausführten – die gegen die Manndeckungen gerade gelang. Nam als ballnächster Offensivspieler wich aus und öffnete den Passweg, der Stürmer kam entgegen für die Ablage und der dritte Akteur ließ sich sogar aus einer höheren und zunächst entfernten Startposition kurz dahinter als Anspielstation fallen – mit einem Lauf, den sein Gegenspieler nicht mitgehen konnte.
Dieser dritte Akteur war der nominelle Zehner Mizunuma, der wiederum eine vorbereitende Vorbewegung gemacht hatte, um sich so effektiv befreien zu können. Er stand am Übergang zur Flügelzone, rückte dort mit dem Pass auf Kamijima zunächst kurz hoch und breit, um dann in die Zielposition für die Ablage des Kollegen zu kommen. Im Zentrum hatte Mizunuma schließlich eine offene Körperstellung und konnte so den tiefen Ball spielen – mit dem ersten Kontakt und auch in dieser Szene wieder mit seiner mehrmals im Laufe der Partie aufgefallenen fancy Passtechnik.
Shandongs Abwehrkette war für den Ball in ihren Rücken sehr anfällig: Die Mannorientierungen gaben Yokohama über die Partie hinweg immer wieder Möglichkeiten, in die Schnittstellen zu spielen. In dieser Szene war es der eigentliche Linksverteidiger Kato, der bei breiterer Position Élbers zuvor eingerückt war und anschließend dort hinein startete. Während er noch im Halbraum auf einer Art Achterposition stand, hatte ihn der gegnerische Rechtsverteidiger im 1gegen1 aufgenommen – und jener stand damit völlig losgelöst von der Kette. Auf seiner eigentlichen Position blieb eine große Lücke.
Kato erkannte das frühzeitig, näherte sich ihr langsam und war auf Sprung bereit, um einzulaufen. Obwohl er das so früh machte, reagierte Rechtsverteidiger Tong aber überhaupt nicht aktiv: Er begleitete Kato nur statt sich präventiv abzusetzen, so erwartbar wie der spätere Tiefenlauf war. Eine spätere Gegenbewegung für einen kurzen Pass hätte er dann zwar nicht mehr verteidigen können. Aber das musste in Kauf genommen werden angesichts der Gefahr, die der Schnittstellenlauf bei jenen großen Abständen bedeutete. Es schien, als ob die Möglichkeit der Gegenbewegung hier den Verteidiger erstarren und effektiv kaum mehr verteidigen ließ.
In dieser Szene geriet der Passs Mizunumas etwas unsauber; sonst wäre Kato direkt auf das Tor gelaufen. Stattdessen rutschte der Ball nur auf Élber durch, der aber übrigens eine kreative Fortsetzung wählte: Sehr langes Ballhalten auf der Grundlinie und Dribbling nach hinten, anschließend Flachpass zurück an den Sechzehner, wo Mizunuma den Ball nochmals spektakulär auf einen Kollegen durchlaufen ließ, der über das Tor zielte.
Auch wenn Shandong zumindest diese Situation überstand: Gerade auf der halbrechten Seite fand Tong keine guten Positionen und auch sein Innenverteidiger Jádson hatte oftmals große Schwierigkeiten, ihn abzusichern. Über diese Zone ließ Shandong zahlreiche Chancen zu und von dort entstand schließlich auch der Siegtreffer der Marinos.
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