Arsenal besiegt sich selbst gegen stärkeres Chelsea
Zwei Mannschaften im Derby und zwei Trainer als Rivalen. In den letzten Jahren behielt José Mourinho meist die Oberhand über Arsene Wenger. Dieses Mal standen die Vorzeichen aber anders: Chelsea gehört bisher zu den schlechtesten Teams der Liga, während Arsenal für viele als einzig ernstzunehmender Titelkandidat neben den zwei Teams aus Manchester gilt.
Chelsea dominiert die Partie
Im Gegensatz zu vielen anderen Partien zwischen Mourinho und Wenger war es dieses Mal Chelsea, welche deutlich höher agierten und viel mehr Ballbesitz für sich verbuchen konnten. Vor dem eigenen Publikum und in Anbetracht des schlechten Saisonstarts wollte Mourinho vermutlich ohnehin mit einer offensiven Ausrichtung beginnen, während Wenger bereits letzte Saison in größeren Partien immer mal wieder eine tiefere, passivere und auf Konter ausgelegte Spielweise genutzt hatte.
Zu Kontern kam Arsenal aber kaum. Schon in der Arbeit gegen den Ball waren ihre Strukturen häufig schwach. Die Abstände zwischen den zwei vordersten Akteuren (Mittelstürmer Theo Walcott und Zehner Mesut Özil) und der Mittelfeldreihe waren zu groß, um Druck auf Chelsea im Sechserraum und in der Viererkette gleichzeitig erzeugen zu können. Die Viererreihe im Mittelfeld stand außerdem auch in der Horizontale nicht kompakt genug. Dadurch konnte Chelsea den Ball immer wieder in den Zwischenlinienraum spielen und dann verlagern, wodurch Arsenal an Raum verlor und nach hinten gedrückt wurde.
Chelsea konnte immer wieder entweder Costa, Oscar oder die Flügelstürmer zwischen den Linien anspielen oder auf die ansonsten geöffneten Außenverteidiger spielen. Mithilfe dieser simplen Ballzirkulation und dem mangelnden Nachrücken Arsenals bei Rückpässen Chelseas stand die Elf von José Mourinho oft weit in der gegnerischen Hälfte. Arsenals baute auch nur wenig Druck auf den Ballführenden auf, wodurch die Ballzirkulation Chelseas einfach war.
Dennoch fanden die Blues kaum eine Möglichkeit zu hochqualitativen Abschlusschancen zu kommen. Einerseits war Arsenals Strafraumverteidigung besser als ihr Pressing, andererseits mangelte es Chelsea schlichtweg auch an den passenden Strukturen, um den in Strafraumnähe deutlich kompakteren und dichteren Defensivverbund Arsenals auszuspielen.
Oftmals lief es auf Flanken, Distanzschüsse oder schwierige Einzelaktionen hinaus. Hazard und Pedro probierten zwar von der Strafraumkante aus mit Dribblings durchzubrechen, fanden aber kaum die nötigen Räume vor, um diese erfolgreich zu gestalten oder nach erfolgreichen Dribblings zu sauberen Abschlüssen zu kommen. Diego Costas Ausweichen auf die Seite, insbesondere in Richtung links, öffnete zwar Raum, doch führte trotzdem nicht zu erhöhter Durchschlagskraft. Weder Oscar noch Fabregas konnten konstant die kleinen Löcher im Zentrum füllen und dann die Offensivspieler in Abschlusssituationen bringen.
Sowohl Oscar als auch Fabregas positionierten sich oftmals etwas hinter dem tiefen Block Arsenals, ungefähr zehn Meter vor dem Strafraum. Dadurch waren sie zwar frei und hielten die Ballzirkulation oft ohne Probleme am Leben, konnten aber nicht die Schnittstellen Arsenals bespielen. Nur 2-3mal positionierten sie sich direkt an der Strafraumkante, von wo sie dann mit schnellen Ablagen und Doppelpässen die geringen Räume hinter Arsenals letzter Linie bespielten.
Arsenals Offensive hingegen war noch zahnloser. Chelsea hingegen zeigte sich defensiv zumindest ansatzweise formverbessert.
Unterzahlkonter gegen verbessertes Chelsea
In der letzten Analyse zu Chelsea schrieb ich, dass es in dieser Saison an Kompaktheit, Raumaufteilung und Harmonie mangelte. Die Abläufe in der letzten Linie wurden beispielsweise in einem anderen Rhythmus vollzogen als in der zweiten Linie, viele Läufe waren schlecht abgesichert, Kettenmechanismen stimmten nicht mehr und auch die Ballorientierung des Kollektivs war schlecht. Dadurch hatte der Gegner immer viel Zeit am Ball, viele Anspielstationen mit wenig Druck und konnte mit einfachen Läufen gegen die vermehrten Mannorientierungen Chelseas weite Räume aufreißen. Im Spiel gegen Manchester City wurde dies z.B. überdeutlich.
Gegen Arsenal gab es weiterhin klare Probleme in puncto Intensität, Attackieren des Ballführenden und Harmonie zwischen Pressing und der Bewegung dahinter, doch zumindest die Mannorientierungen waren etwas geringer und die Kompaktheit etwas besser. Erste Ansätze auf dem Weg zur Besserung also. Dennoch war es noch nicht nahe jenes Niveaus, welches man von einer Mourinho-Elf eigentlich erwarten würde. Sowohl Pedro als auch Hazard schalteten defensiv teilweise ab und immer wieder gab es beispielsweise Staffelungen wie diese hier.
Arsenal sorgte aber dafür, dass Chelsea trotzdem defensiv stabil war. Obige Szene zeigt dies fast schon symbolisch. Obwohl Chelsea kaum Druck auf den Ball erzeugt und schlecht gestaffelt steht, hat der Ballführende bei Arsenal eigentlich nur zwei Optionen; einen Rückpass zu den Innenverteidigern (nicht im Bild) und einen Pass auf die Seite, der ebenfalls keinen wirklichen Raumgewinn bedeutet.
Cazorla hielt sich in seinen Vorstößen überraschend zurück, Ramsey und Özil liefen sich in der Mitte kaum frei, währen die Breite oftmals von den Außenverteidigern nicht ordentlich gegeben oder diese nicht sauber eingebunden wurden. Alexis rückte von links an und wurde oft angespielt, um mit Einzelaktionen für gefährliche Aktionen zu sorgen, doch Ivanovic verteidigte ihn gut und die mangelnde Unterstützung für Alexis sorgte dafür, dass Chelsea sich hier auch leichter tat.
Arsenal spielte letztlich ohne wirklichen Plan nach vorne; mit ihrem Spielermaterial und den mangelnden Bewegungen nach vorne hätte man den Ball länger halten müssen, um dann n den letzten zwei Linien mehr Präsenz erzeugen zu können. Wengers gewünschte tiefere Ausrichtung zwecks mehr Defensivstabilität sorgte primär für isolierte und Unterzahlangriffe.
Walcotts ausweichende Läufe waren noch das Gefährlichste bei Arsenal, weil sie auch im Konterspiel ansatzweise angespielt werden konnten und die Räume hinter den aufgerückten Außenverteidigern Chelseas bespielten. Das kaum vorhandene und inkonsequente Nachstoßen der anderen Spieler sorgte aber dafür, dass Walcott letztlich keine wirklichen Optionen im letzten Drittel hatte und der kurzzeitige Raumgewinn in Ballverlusten verpuffte.
Arsenal zu zehnt
Provokationskönig Diego Costa schaffte es vor der Halbzeitpause, Gabriel vom Platz zu bringen. Der Innenverteidiger erhielt die rote Karte und Arsenal musste die zweite Halbzeit mit zehn Spielern bestreiten. Wenger brachte Chambers für Coquelin und behielt somit die Viererkette bei, was eine Umstellung auf ein 4-4-1 bedeutete. Dabei stellte Wenger auch die Positionen vorne um. Alexis rückte von der linken Seite in die Mitte ein, Walcott ging von der Mitte nach links. Ramsey übernahm die Position im zentralen Mittelfeld neben Cazorla, Özil spielte nun auf dem rechten Flügel.
Damit wollte Wenger wohl mithilfe des spielstarken Zentrums und Walcott auf dem Flügel schnell umschalten können, um Chelsea mit einem guten Konter überraschen und letztlich schlagen zu können. Walcott zockte teilweise und blieb höher beziehungsweise positionierte sich mittiger, um im Umschaltspiel sofort mit Sanchez kombinieren zu können.
Chelsea kontrollierte das Spiel gegen ein passives Arsenal aber weitestgehend ohne Probleme, nutzte immer wieder die vielen offenen Räume auf den Flügeln und in den defensiven Halbräumen, um den Ball ohne Probleme zirkulieren zu lassen. Das Tempo des Spiels war geringer und durch das schnelle 1:0 nach einem Standard war die Partie eigentlich effektiv bereits gelaufen.
Mourinho brachte nach etwas über einer Stunde Ramires für Oscar, was zu mehr Mittelfeldpräsenz und Zentrumskontrolle führte. Wengers Einwechslungen von Chamberlain und Giroud für Özil und Sanchez veränderten wenig. Der Platzverweis für Santi Cazorla dezimierte Arsenal weiter, die dann mit einem 4-3-1 nur noch auf Schadenseingrenzung aus waren.
Fazit
Ein simpler Sieg für Chelsea, die keine besondere Glanzleistung im Derby benötigten. Sie dominierten gegen ein passives und schwaches Arsenal, welches sich durch die eigene Strategie und die rote Karte für Innenverteidiger Gabriel selbst aus dem Spiel nahmen. Offensiv hatten sie kaum Chancen und defensiv erst in tiefen Zonen Balleroberungen, wodurch sie kaum effektive Konter fahren konnten. Chelsea hingegen spielte stabil den simplen Plan herunter und gewann souverän mit einer leicht verbesserten Leistung im Vergleich zu den letzten Wochen.
6 Kommentare Alle anzeigen
Gooner90 21. September 2015 um 16:43
Danke für die Analyse …. konnte das Spiel leider nicht sehen. Aber so zumindest weiß ich das es einfach keinen Taktischen Fortschritt bei Arsenal gab/gibt. So gerne ich Wenger auch mag aber ich verliere den glauben das es taktische bei ihm nochmal besser wird als jetzt vlt ist es wirklich an der Zeit das jemand neues den Trainerjob übernimmt. Ich mein okay man kann taktisch mal hinterher sein… Aber nach doch schon jetzt vielen Saisons wo viele Mannschaften ein gutes Pressing hinbekommen muss es jetzt auch mal sein ich mein bei dem Spielermaterial muss man das von anderen Mannschaften ja nur gescheid kopieren und man gewinnt gegen die meisten Mannschaften. Ich mein ab und an Spielen sie taktische ja auch mal besser aber es ist absolut keine taktische Konstanz und Entwicklung in eine Richtung zu sehen und das bei einem Club der doch sehr viele Möglichkeiten in Bezug auf Geld hat ….. vlt müssen wir mal aus der Championsleague fallen damit es knallt und wieder voran geht…Nach dem Motto ein Schritt zurück und dann zwei vor ?
Michael 20. September 2015 um 12:28
Man kann dem Fazit nur zustimmen. Was für ein schlechtes Arsenal. Chelsea war locker schlagbar. „Auffallend“ auch wie unglaublich schlecht Özil gespielt hat und dabei hat er ja direkt auf der 10 gespielt, also zumindest auf dem Papier. Angeblich ist er ja rechts verschenkt,,, Warum Wenger dann Ramsey rausnimmt, der es ja wenigstens mal probiert hat, bleibt offen. Ähnlich wie bei Manu, ist auch hier eine Stagnation der PL zu beobachten, schaut man sich dagegen die PD an, das sind unglaubliche Qualitätsunterschiede. Am Spielermaterial kann es ja kaum liegen.
Travis Cruz 20. September 2015 um 01:07
Was auffällt viele englische Vereine fehlt es schlicht an Kompaktheit und Raumaufteilung. Da frage ich mich, warum? Will das die PL partout nicht um einfach chaotisches eifachstes Angriff- und Gegenangriffsfussball zu spielen? Mit diesen Topspielern in der PL sollte dies doch möglich sein? Leider liest man oft in den Zeitungen u.a. Arßenal, dass Wenger wenig taktisches trainiert. Wenig Videoanalyse und seine Trainingseinheiten nicht wesentlich weiterentwickelt hat. Auch scheint der Einfluss von Spezialisten wenig gefragt zu sein wie in der Medizin (Trainingsbelastung etc.). Hab da gerade ein Bericht über Wengers wirken in seiner bisherigen Amtszeit gelesen – sehr ernüchternd. Auch sagte Mertesacker heute im Sportstudio, dass er nach der WM die Eistonne in der PL eingeführt hat. Wie Rückständig ist Arsenal in der Trainingsmethoden und den Sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. Wie sieht es kit den anderen PL Teams aus. Es scheint, als würde das niemand dort so richtig interessieren, oder liege ich da falsch?
king_cesc 20. September 2015 um 10:27
Stoke ist da anscheinend recht weit laut Wollscheid und Swansea hat auch interessante Dinge in der Vorbereitung gemacht.
felixander 19. September 2015 um 21:02
Hieß es bei diesem Costa nicht mal, der sei ein ziemlich heißer Kicker? Und jetzt reicht’s grad noch zum größten Arschloch auf dem Platz. Was ist denn da schief gelaufen?
Travis Cruz 19. September 2015 um 23:34
Dass Costa ein fussballerisches Arschloch noch und nöcher ist, ist nicht neu in der PL. Fussballerisch sicher top. Aber die Art und Weise geht nicht mehr. Rote Karte und Sperren wären längst überfällig. Auch er hätte heute Rot kriegen müssen.