Die U20-WM 2015 in Neuseeland
Eine große Zusammenfassung der sechs vielfältigen Vorrundengruppen der laufenden U20-WM.
Natürlich stehen bei der Betrachtung eines solchen Nachwuchsturnieres vor allem die einzelnen Talente im Mittelpunkt. Obwohl die taktischen Ausrichtungen und mannschaftlichen Zusammenstellungen nur von kurzer Dauer sind, soll dieser Artikel trotzdem darauf eingehen – unter anderem als Würdigung der insgesamt recht hohen Bandbreite an Variationen.
Anmerkung: Weitere Grafiken folgen
Gruppe A: Interessantes zwischen simpel und vielschichtig
1. Ukraine (7), 2. USA (6), 3. Neuseeland (4), 4. Myanmar (0)
In dieser schwierig zu bewertenden Gruppe war der Gastgeber das simpelste Team, mit Mannorientierungen und Spiel auf zweite Bälle. Die Ukraine definierte sich offensiv vor allem über Einzelspieler und blieb als einziges Land bisher ohne Gegentor. Die aufbausicheren USA fanden mit dem Einbau Zelalems im zweiten Spiel zu einem sehr guten System, das sie anschließend wieder etwas verwässerten. Und schließlich war da noch Neuling Myanmar, der sich in seinem interessanten 5-3-2 achtbar schlug und etwas Pech hatte.
Neuseeland
Dem Gastgeber wurden in dieser Gruppenkonstellation gute Chancen eingerechnet, doch trotz des knappen Weiterkommens enttäuschte die Mannschaft von Trainer Darren Bazeley weitgehend, besonders in den ersten beiden Partien. Es war nicht viel mehr zu sehen, als eine gewöhnliche 4-4-1-1/4-2-3-1-hafte Formation, in der die konstant anlaufende Pressingarbeit des Mittelstürmers noch zu den Lichtblicken zählte und die mit zahlreichen, eher unflexiblen Mannorientierungen ausgeführt wurde. Gerade die halb-ballfernen Spieler agieren aufgrund der Zuordnungen etwas unaufmerksam und schalten sich oft erst etwas zu spät wieder ein, wenn ihr Raum gerade angespielt wird. Zudem lassen die Neuseeländer generell mal gewisse Lücken zwischen den einzelnen Akteuren – auch wenn solche nicht vom Gegner im Mittelfeld gegen die Mannorientierungen aufgezogen werden. Grundsätzlich zeigen die Spieler des Gastgeberlandes aber eine hohe Bewegungsfrequenz, weshalb es auch ohne die Mannorientierungen häufiges, durchaus flexibles Herausrücken gibt. Dadurch entstehen einige Male etwas zufällig gute Staffelungen über dem Halbraum und kurze Phasen hoher Aktivität.
Auch dann erreichen sie aber nur selten wirklich kontrollierten Zugriff, so dass der Gegner immer noch zu Ausweichoptionen oder gar Abschlüssen kommen kann. Das Unterstützen der umliegenden Akteure sieht zwar teilweise im Ansatz sehr gut aus, kommt aber nie ganz an. Das dritte Gegentor bei der deutlichen Niederlage gegen die Vereinigten Staaten illustrierte die Probleme der neuseeländischen Mannorientierungen anschaulich: Zelalem und Arriola waren eigentlich in klarer Unterzahl, doch fehlte es aufgrund der Mannorientierungen an konsequenter Defensivzusammenarbeit – die etwas weiter entfernt stehenden Verteidiger achteten auf ungefährliche Gegner, nutzten deshalb die potentielle Überzahl nicht aus, so dass Arriola aus dem Zwischenlinienraum einschießen konnte. Hier muss man jedoch einschränkend relativieren, dass gerade das starke Mittelfeld der US-Boys die Schwächen der „Kiwis“ besonders gut aufzudecken imstande war, was vielleicht nicht ganz repräsentativ für den allgemeinen Turnierstandard ist. Zum Abschluss noch einmal eine Positivbemerkung: Bessere Momente haben die Neuseeländer mit einer engeren 4-2-3-1-Grundstellung, da die vorderen Akteure hier sehr gut koordiniert aufrücken, wenngleich die dann mannorientierten Sechser das schon wieder etwas aufweichen.
Auch das Aufbauspiel ist etwas unstrukturiert und leidet vor allem an den ungleichmäßigen Staffelungen. Der etwas chaotische Dyer kippt häufig nach rechts heraus, worauf aber mannschaftlich unsauber reagiert wird – beispielhaft für die nicht ganz optimalen Verteilungen der Spieler auf dem Feld, die sich teilweise gegenseitig blockieren und andere Räume freilassen. So zeigte sich auch die Einbindung des potentiell spielstarken Brotherton bisher als zu inkonsequent, was gegen Myanmar aber wie die Gesamtleistung verbessert wirkte. Über weite Strecken der Gruppenphasen waren lange Bälle auf die halblinke Seite anschließend das fast einzige Mittel, für die sich die Offensivabteilung mit dem engagiert ausweichenden Rufer und dem horizontal pendelnden Zehner aber gut zusammenzog. Wenn dahinter der solide Wynne und der recht präsente Tuiloma auch noch unterstützten, hatten sie gute Strukturen für die Abpraller, konnten aus den entstehenden Szenen nach diesen Ballungen aber kaum etwas machen.
Der technisch starke, mit schöner Ballverarbeitung auffallende, in seinen Positionierungen leicht unsichere Lewis sowie Ridenton mit seinen ansatzweise feinen Weiterleitungen deuteten neben dem kombinationsstarken Rufer Potential an, zeigten aber auch einige Schwächen und konnten vor allem die insgesamt allenfalls durchschnittlichen Strukturen nicht individuell aufwerten. Von den Ausgangsszenen halblinks mussten sie oft auf Improvisation setzen, doch das Nachrücken war zu wechselhaft, der ballferne Außenspieler mäßig eingebunden und allgemein fehlte es dem Team etwas an Dynamikgefühl und Entscheidungsstringenz. Der zweite Aspekt wurde dann beim letzten Gruppenspiel gegen Myanmar in seitenverkehrter Offensivausrichtung, als sich die Offensive noch kohärenter bewegte, etwas besser, was die ersten Turniertore, den ersten Sieg und das knappe Weiterkommen brachte. So ist das Erreichen des Achtelfinals ein sehr gutes Ergebnis – ein Erfolg gegen die stabilen und dominanten Portugiesen scheint dort jedoch auch im Falle einer weiter aufsteigenden Tendenz kaum möglich.
Ukraine
Die insgesamt sehr soliden und stabilen Ukrainer von Trainer Oleksandr Petrakov zeigen gegen den Ball ein ordentliches Mittelfeldpressing mit einigen Mannorientierungen, das sich in zwei verschiedenen formativen Varianten realisieren kann. Zum einen gibt es ein selteneres 4-4-2/4-4-1-1, das durch aufrückende Bewegungen des linken Sechsers Kovalenko – in seinem Movement insgesamt sehr vielseitig und definiert – viele 4-1-4-1-Übergänge aufweist. Zum anderen kann das 4-1-4-1 als Grundordnung gespielt werden, das interessanterweise etwas anders besetzt und auf anderem Wege zu einem 4-4-2/4-2-3-1 wird. In diesen Fällen schiebt einer der beiden Achter – oft auch Kovalenko, gegen Myanmar häufiger der vorige Flügelspieler Yaremchuk – situativ zur Seite, während der dortige Flügelspieler sich zu Mittelstürmer Biesiedin – einem physischen und dabei sehr effektiv ballschleppenden Dribbler – in die Spitze zieht. Tendenziell stellte sich diese Variante im bisherigen Turnierverlauf als dominant heraus, wenngleich hier wiederum eine defensivere – mit Karathin als Sechser und Chumak weiter vorne – und eine offensivere Version – beispielsweise mit Yaremchuk, wofür dann Chumak den tiefsten Sechser gibt – möglich ist.
Grundsätzlich spiegelt die Tatsache, dass die Mannschaft noch ohne Gegentreffer ist, ihre stabile Defensive wider, allerdings dürfte die Bilanz aufgrund der Gegner – die USA agierten im letzten Spiel über weite Strecken abwartend ohne Risiko – etwas geschönt sein. Es sind vor allem die formativen Übergänge und die soliden, ausgewogenen, auch abgestimmten Bewegungen des Teams. Wenn Luchkyvich von Rechtsaußen nach vorne presst, rückt beispielsweise Kovalenko – so er als höherer Achter agiert – dafür zum Flügel heraus. Überhaupt halten sich die Sechser und die Sturmreihe beim Verschieben nach außen in passenden Abständen zueinander, so dass die vom durchschnittlichen Gegner bespielten Räume meist ordentlich verschlossen sind. Auf der anderen Seite sollten die neun erzielten Tore nicht über gewisse Probleme hinwegtäuschen: Im Aufbau fehlte es den Ukrainern bisher auf verschiedene Weise an Balance. In der Partie gegen Myanmar trat einige Male das Problem auf, dass die beiden tiefsten Mittelfeldspieler sich phasenweise zu nah aneinander bewegten, damit die eigenen Optionen verringerten und dem Gegner das Verteidigen erleichterten.
Besser wurde es, wenn der enorm pressingresistente, im Passspiel schnell reagierende, aber wie generell etwas fahrige, in seiner grundlegenden Geschicktheit teils unbalancierte und bei seinen Offensivbewegungen seltsame Chumak das alleine – auch fähig, großen Raum zu covern – übernehmen durfte und dabei situativ herauskippte. Das Aufrücken von Kovalenko gestaltete sich aber meist zu direkt in die Spitze, so dass das Team – zumal mit eher mäßig spielstarken Verteidigern – letztlich oft mit langen Bällen – direkt in Freiräume zielend – operieren musste. Wenn Kharatin in der Anfangself stand, übernahm dieser den tiefsten Posten und eröffnete oft von halblinks, doch gab es dann durch die nach rechts aufrückenden Bewegungen der Kollegen eher den Fall, dass die Abstände innerhalb des Mittelfelds zu groß wurden. In der ersten Halbzeit gegen die USA, die sich in einer 4-1-4-1-Ausrichtung sehr abwartend ausrichteten und auf die intelligenten Bewegungen ihres Mittelfeldzentrums zählen konnten, hatten die Ukrainer entsprechend große Probleme, sich an jener Linie vorbei nach vorne zu spielen.
Insgesamt stellten sich die Offensivstrukturen des Teams also bisher eher simpel dar – die Mannschaft definiert sich über die Grundorganisation und vor allem über ihre Einzelspieler. Die stärksten Akteure sind dabei Kovalenko mit seinen Nachstößen und gruppentaktischem Potential, der kraftvoll ausweichende Biesiedin und Kabaiev. Die beiden Letztgenannten rochieren auf halblinks einige Male, indem sich Biesiedin für Kabaiev etwas nach außen absetzt. Im Gegensatz zu diesen passiv-ballfern-ausweichenden Phasen, die er sehr gut beherrscht, scheint der vorderste Angreifer bei stärkerer und bestimmender Einbindung am Ball sehr klar und früh eine eigene Abschluss- oder Vorbereitungssituation zu planen, kann aber nicht immer flexibel genug dazwischen wechseln, wenn sich die Szene anders entwickelt. Der spielstarke und durch seinen sauberen, dynamikfreundlichen First-Touch auffallende Kabaiev zieht sich manchmal etwas weiter in die Tiefe zurück und leitet kleine diagonale Kombinationen ein, ist aber etwas ungeduldig und teilweise ineffektiv in seinen Aktionen.
Auf den Flügeln waren Tatarkov mit einem etwas seltsamen Laufstil und der leicht fahrige, im Passspiel schwankende, instinktive, recht torgefährliche und pressingstarke Luchkyvich weitere Optionen. Dazu kann Yaremchuk als dribbelstarker Flügelspieler den rochierenden Achter-Part übernehmen, während Rechtsverteidiger Polehenko sich als kraftvoller, situativ diagonaler Akteur mit einigen starken Ballannahmen einschaltete. Diese individuelle Offensivpower entfaltete sich dann – nach drei torlosen Halbzeiten zu Beginn des Turniers – im zweiten Abschnitt gegen Myanmar und sorgte über gute Nutzung von Dribblings, langen Bällen und raumöffnenden -wie nutzenden Läufen – vor allem nach Schnellangriffen und Kontern – für einen 6:0-Erfolg. Ähnlich sah es gegen die USA aus, wo sie nach den Problemen des ersten Durchgangs durch einen Hattrick von Kovalenko – direkter Freistoß, Flügelangriff nach gutem Balltreiben Biesiedins und nach einem Pressingballgewinn – noch 3:0 siegten.
Myanmar
Neben den Fidschi gehörte Myanmar wohl zum allerkrassesten Außenseiter des Teilnehmerfeldes, schlug sich insgesamt jedoch sehr achtbar – und vor allem in seiner Eröffnungspartie gegen die USA, mit einer knappen Niederlage, bei zwischenzeitlicher Führung. Der deutsche Trainer Gerd Zeise – schon in diversen asiatischen Ländern aktiv und zuvor Scout für Hertha und Cottbus – formierte das Team in einer 5-3-2-Formation, die jedoch nicht nur hinten drin stehen wollte, sondern in der beispielsweise die ballnahen Flügelverteidiger weit herausrückten, oft eher 3-5-2-haft angeordnet waren und einige Male hoch Druck machten. Diese lokalkompakten 4-4-2/4-1-3-2-Staffelungen funktionierten einige Male sehr gut, wurden aber durch eine gewisse Inkonstanz geschmälert, die in losen Mannorientierungen dieser Akteure begründet lag. Durch die grundlegenden Zuordnungen an den Gegnern blieb der ballferne Akteur manchmal dem mannschaftlichen Verschieben zu unsauber fern – agierte also zu breit oder zu hoch – oder der ballnahe Spieler kam wegen der Orientierung an seinem Gegner nicht schnell und druckvoll genug ins Herausrücken, wenn dies eigentlich hätte passieren müssen.
Das sorgte in der trotzdem guten und wirksamen Grundspielweise immer mal für kleinere Löcher, meist irgendwo in Räumen zwischen den hintersten Verteidigern, und Schwankungen. Manchmal nutzten die Flügelspieler das aber gut, um nach vorne in ein 4-3-3 durchzurücken. Dazu gab es Fälle, in denen sie sich situativ durch diagonal nach vorne pressende Aktionen ins Mittelfeld eingliederten. Dort nahmen die drei grundlegend raumorientiert ausgerichteten Spieler – die Achter jedoch etwas häufiger und konstanter – ebenso wie der hängende Angreifer sehr lose Mannorientierungen ein, die aber auch flexibel aufgegeben werden konnten, wenn nötig. Der kleingewachsene, abwartend ausgerichtete Sechser Tun füllte dabei mit seinem ordentlichen Raumgespür einige tiefe Löcher. Im Idealfall – wie in einigen Phasen der zweiten Halbzeit gegen die USA – führte dies alles dazu, dass ein in sich kompakter Mittelfeldschwarm raumorientiert zum Ball rückte und dort sich in passiver, mitschiebender Überzahl immer um diesen herum postierte. Das war zwar bisweilen etwas unkoordiniert, aber doch gut anzusehen und anpassungsfähig, wenn beispielsweise der gerade herausgerückte Flügelspieler einfach im Mittelfeld blieb, dort einige Zeit mit presste und seine verlassene Position mannschaftlich über Passwege gesichert wurde.
Die hinterste Abwehrlinie zeigte sich überhaupt vielseitig, situativ mannorientiert, nutzte ihre Möglichkeiten für vertikales Herausrücken und brachte vereinzelt sogar eine sehr saubere und hohe Abseitsfalle mit flacher Fünferstaffelung an den Tag. Manchmal blieben sie in weiträumigeren und offeneren Szenen, bei denen das keinen Sinn hatte und riskant war, jedoch in diesem Gedankenschema, konnten sich nicht ausklingen und öffneten dann etwas kuriose Löcher am Flügel. Hier ist es dann angebracht, auch auf die Schwächen im Defensivspiel des Teams hinzuweisen, wenngleich die grundlegend geringere individuelle Klasse bei solchen Aspekten immer auch eine nicht zu unterschlagende Rolle spielt. Nach dem sehr ordentlichen Auftaktmatch schlug sich das Team gegen die Ukrainer ein weiteres Mal eigentlich sehr gut und hielt 50 Minuten die Null, ehe sie anschließend noch eine 0:6-Klatsche einstecken mussten. Sie wurden in jener Partie nach der Pause inkonsequenter in der Rückwärtsbewegung und unsauberer in den Abständen und Verschiebemechanismen. Überhaupt war auffällig, dass sie in allen Gruppenspielen mit einem Remis in die Halbzeit gingen, aber anschließend einbrachen und eine Tordifferenz von -11 sammelten.
Gegen die Ukrainer kam noch hinzu, dass sie etwas mehr Risiko gingen, das aber weder defensiv noch offensiv funktionierte: das vermehrte Aufrücken der Achter im Pressing lief zu unkoordiniert ab, war zunehmend mannorientiert strukturiert und den durchschlagskräftigen Spielern der Ukrainer sowie deren Nutzung von langen Bällen und geschickten Bewegungen nicht gewachsen. Andererseits schwächte das mutigere Aufbauspiel durch attackierendere Positionierungen und Entscheidungen die Absicherung sofort spürbar. Gegen Neuseeland – zumal hier auch aufgrund von Sperren neues und schwächeres Personal eingesetzt werden musste – wirkten sich kleine Unsauberkeiten in den Positionierungen der letzten Linie aus und machten Myanmar gegen simple Flügelangriffe des Gastgebers anfällig. Das Mittelfeld versuchte sich dagegen einige Male breiter zu schieben, doch war dies eher lasch eingebunden, daher ineffektiv und kompaktheitsschwächend. Drei der fünf Gegentore resultierten zudem aus langen Einwürfen oder anderen Standards und bei einem weiteren half eine Slapstick-Einlage des Keepers mit. In diesem Sinne erinnerte Myanmar an eine weniger saubere Version von Tahiti –insgesamt natürlich unterleg, ihre Sache aber gut machend und dann – unter Mitwirkung einzelner solcher „Makel“ – mit einem harschen Ergebnis bedacht.
Im Aufbau agierten die Mittelfeldmannen – während die Flügelspieler immer mal wieder weit vorschoben – normalerweise eher zurückhaltend und teilweise zu abwartend. Im Auftaktmatch gegen die USA zog sich das Team recht gut zusammen, um nach langen Bällen nachrückend auf Abpraller zu gehen. Dabei agierten sie recht abgestimmt, wenngleich in den letzten Mustern etwas zu breit und kastenförmig, doch zumindest erzeugten sie über die Präsenz aus diesen Strukturen eine Druckphase, die nach einer Ecke den sensationellen zwischenzeitlichen Führungstreffer brachte. Es sollte zum Ende der Gruppenphase dann noch ein zweites Tor gegen Neuseeland folgen, das sich Aung Thu mit seinen ausweichenden Bewegungen erarbeitete – und fast das 2:0 erzielt hätte, wäre der Querbalken nicht im Weg gewesen. Beim zweiten Spiel gegen die Ukrainer zeigten sich die Ostasiaten kontrollierter und überzeugten einige Male mit präsenter Halbraumbesetzung im zweiten Drittel, insbesondere auf links. Die dortigen Akteure versuchten mit kleinen Rochaden für unterschiedliche Verbindungen zu sorgen, doch waren diese Bewegungen in den grundsätzlich präsent genug erzeugten Ballungen alle etwas zu einzeln und unfokussiert, nicht funktional genug miteinander synchronisiert.
Problematisch war auch, dass gerade die Mittelfeldspieler aus dieser Halbraumkontrolle nicht konsequent genug für Anschlussaktionen aufrückten. In diesem Zusammenhang bewegten sich zudem die umtriebigen Stürmer einige Male zu frühzeitig auf die Flügel, was dann eher Dynamiken nahm und die Angriffe leichter zu verteidigen machte. Ein wenig fehlte es also auch an der letzten strategischen Zielfokussiertheit – ersichtlich zudem bei manchen unsinnigen Verlagerungen auf den aufrückenden rechten Flügelspieler, der dann auch noch schlecht unterstützt wurde. Vielversprechende Momente entstanden unter anderem durch einen Mechanismus auf halblinks, bei dem K. M. Oo zurückfiel und sich als Passgeber für den aufrückenden, dann weiterleitenden M. K. Tun betätigte. Zudem zog der wendige und generell durch seine guten Ablagen auffallende Aung Thu – deutlich präsenter als Paing – oft nach rechts in die Tiefe, um die guten einleitenden Zuspiele des teilweise effektiv wühlend dribbelnden M. M. Lwin zu erhalten. Zwei eigene Turniertore waren letztlich eine verdiente Belohnung für eine interessante, taktisch durchaus kluge Mannschaft mit guten Momenten, die mit den beiden hohen Niederlagen zum Schluss deutlich unter Wert ausschied.
USA
In der formativ flexiblen und bereits von einigen Personalschwankungen geprägten Ausrichtung der von Tab Ramos trainierten Vereinigten Staaten ist das kontrollierte und variable Aufbauspiel als Kernstärke anzusehen. Dafür formieren sie sich oft in einem klaren 4-3-3, in dem die Mittelfeldakteure flexibel agieren, für viel tiefe Präsenz sorgten und mit gutem Halbraumfokus verschiedene Abkippmechanismen erzeugen. So können sie den Ball gut laufen lassen und haben darüber hinaus vor allem mit Emerson Hyndman und dem mittlerweile in die Mannschaft gekommenen Gedion Zelalem auch herausragende Spieler. Erstgenannter zeichnet sich durch kraftvolle, zielstrebige und vielseitig weiträumige Bewegungen aus. Zwar wirkt er manchmal etwas linear und agiert etwas einengend dominant, bleibt aber grundsätzlich trotzdem anpassungsbewusst und teamorientiert. Er kann sehr gut mit Dynamiken umgehen, verfügt über hohe Pressingresistenz und kann im kombinativen Zusammenspiel enorme Durchschlagskraft generieren. Hinter ihm und seinem neuen Partner Zelalem agiert mit Marco Delgado ein ruhiger, sauberer und zurückhaltender Sechser, der defensiv spitzfindig ist, in der Ballverteilung zuverlässig auftritt und über eine sehr gut absichernde Positionsfindung verfügt.
Anfangs gab es in den Aufbauaktionen noch Probleme: Das Mittelfeld agierte etwas zu tief, unverteilt und darin unbalanciert. Da sich zu viele Akteure gleichzeitig dort tummelten und die vertikalen Staffelungen ebenso wie das damit verbundene Aufrücken der Außenverteidiger hätten besser sein können, waren die Anbindungen nach vorne problematisch. Dort agiert die Offensivabteilung zwar fluid, zeigt vor allem gutes Horizontalmovement und gegen Myanmar gab es über den stürmerhaften Rubio Rubin rechts sowie den situativ einrückenden Sonora links leichte Rautentendenzen, doch konnten diese nicht stabil genug bedient und unterstützt werden. Gerade in jener Partie mussten die Amerikaner ihre Angriffsszenen zu oft mit langen Direktpässen anvisieren. Mit der Eingliederung von Zelalem wurden sie im Aufbau nochmals variabler, kamen schließlich einfacher und freier nach vorne, drückten den Gegner zurück und hatten damit mehr Zeit und Raum zur Angriffsvorbereitung. Mittlerweile sind die Situationen, aus denen die Amerikaner zum Tor zu kommen versuchen, also etwas andere, als noch gegen Myanmar.
Für Probleme sorgen aktuell jedoch die Staffelungen in der letzten Linie, die mitunter zu präsent und flach besetzt wird. Trotz ihrer interessanten Ausrichtung und beispielsweise 30 Abschlüssen gegen Neuseeland hapert es beim US-Team daher noch an der konstanten Gefährlichkeit dieser Szenen: die Treffer gegen Myanmar fielen aus einer Ecke und einem Konter, während der Sieg gegen das schwache Neuseeland durch das 0:1 per Ecke und das 0:2 nach einem Abstoß von Zack Steffen in Gang gebracht wurde. Gegen die Ukraine konnte man sich nur wenige Torchancen erspielen. Die wichtigsten Angriffsmittel vorne sind kleine von Zelalem eingeleiteten Spielzüge, die Bewegungen von Hyndman und Utrechts Rubio Rubin, der jedoch aktuell Probleme mit seinem Körperschwerpunkt zu haben scheint, sowie die unterstützenden Dribblings des mittlerweile ins Team gekommenen Arriola, der sich durch anpassende Positionierungen und emsig-gleitende Bewegungsabläufe auszeichnet.
Nach Zelalems Debüt entstand in der zweiten Halbzeit gegen Myanmar eine Art 4-3-3/4-2-2-2, in der der etwas simple, aber unauffällig zuverlässig und durchaus geschickt supportende Allen aus dem Mittelfeld auf den rechten Flügel rochierte. Vorne agierten Rubin und der etwas nach links versetzte Jamieson – ein leicht wirrer, technisch unorthodoxer, gut mitspielender und manchmal etwas übertrieben herumlaufender Schrank – in der Spitze und Hyndman – selten Zelalem – besetzten die linke Seite mit. Diese Bewegung wurde im Spiel gegen Neuseeland beibehalten, wenngleich Jamieson stärker in hoher Flügelposition und das 4-3-3 klarer blieb. Für die Ansätze, die sie dann gegen den Gastgeber – gerade im Zusammenspiel von Zelalem und Hyndman – andeuteten, war ein 4:0 durchaus gerechtfertigt. Zu jenem Zeitpunkt waren die US-Boys nach den kleinen Umstellungen im Favoritenkreis angekommen, was die Partie gegen die Ukraine jedoch wieder ein Stück weit relativierte.
Ein Mitgrund dafür lag in dieser klareren formativen Ausrichtung mit Allen als sehr breitem Flügelspieler auf links. Die stärkere Symmetrie und die breitere Staffelung der Sturmreihe verringerten die Synergien und Folgeeffekte zu den zentralen Mittelfeldakteuren. Diese wurden in ihrer Rollenflexibilität und Bewegungsvielfalt eingeschränkt, so dass sie aus simpleren Strukturen agieren mussten und ihre vielseitige Raumbesetzung nicht mehr so gut einbringen konnten. Dies hatte gegen die Neuseeländer beispielsweise in Form von jeweils nach links driftenden Aktionen Zelalems und Hyndmans sowie die umgebenden Aktionsmuster gerade von Arriola noch sehr gut und ausgewogen funktioniert, verlor gegen die Ukrainer aber deutlich an der vorher sehr wirksamen Diagonalität und damit an Harmonie, womit es teilweise ganz zum Erliegen kam. Aufgrund der Art, wie dieser Problempunkt veranlagt ist, kann er aber sehr schnell durch eine Rückumstellung und auch schon mit personellen Anpassungen behoben werden.
Ungewöhnlich an dieser Mannschaft ist die Tatsache, dass gegenüber der sehr klaren Aufbaustruktur die formative Gliederung des Teams gegen den Ball nicht so einfach auf einen Nenner zu bringen ist, zumal wenn man die Varianten aus der Anfangsausrichtung noch einbezieht – normalerweise ist das oft umgekehrt. Zum Turnierstart sah man das 4-3-3 in der defensiven Phase nur selten, sondern viele leicht asymmetrische Staffelungen, aus denen das Team meist in 4-1-3-2-ähnliche Szenen herausrückte, um lange Bälle zu provozieren. Konnte sich der Gegner dagegen zum Flügel retten, schoben sie horizontal sehr kompakt – in einer Art 4-3-2-1-Orientierung – außen zu – ihre vielleicht größte Defensivstärke. Dagegen sind es vor allem brenzlige, etwas unübersichtliche Situationen um den eigenen Strafraum herum, bei denen sie auch trotz Überzahlen am schnellsten ins Wanken geraten. Der Gegentreffer im Duell mit Myanmar entstand, weil sie nach einem langen Ball und einer Standardsituation das Leder im Gewühl nicht klären konnten.
Auch gegen die Ukrainer verhielten sie sich beim zweiten Treffer gegen den eigentlich simplen Flügelangriff innerhalb ihrer noch recht ordentlichen 4-3-Staffelung im Strafraum nicht gut. Die drei Tore, die sie in jenem Match nach der Halbzeit kassierten, deuteten zwar auf die Schwächen einzelner chaotisch ausgeführter Mannorientierungen hin, spiegeln das eigentlich gute Defensivpotential des Teams im Gesamten aber nicht wider – zumal beispielsweise das 0:3 aus einem tiefen Ballverlust entstand, bei dem sie auch etwas chaotisch nach hinten umschalteten. Insgesamt kann man noch festhalten, dass sich die Defensivarbeit im Verlauf der Gruppenphase normalisierte und eine solide 4-1-4-1-Formation – mal mehr und mal weniger mit herausrückenden Bewegungen ins anders hergestellte 4-1-3-2 – zum Standard wurde. Damit konnten sie die Breite gerade gegen Verlagerungen weiträumiger abdecken und waren weniger auf die Aggressivität in den ersten Pressingphasen angewiesen, wurden aber alles in allem etwas schwächer. Die genaue Leistungsstärke ist vor dem Achtelfinale gar nicht so klar zu ermessen.
Gruppe B: Das Ungewöhnliche scheidet aus
1. Ghana (7), 2. Österreich (5), 3. Argentinien (2), 4. Panama (1)
Argentinien wurde, als amtierender Südamerikameister dieser Altersklasse, zu den Favoriten gezählt, schied aber trotz starker Offensivspieler und einer für Aufsehen sorgenden Spielweise aus. Im letzten Spiel reichten ihnen fast 30 Torschüsse gegen die mauernden Defensivkünstler aus Österreich nicht für einen Sieg. Gegen die sehr solide und effektive Mannschaft Ghanas sah sich das in einer interessanten Mischformation auflaufende Panama in einer ähnlichen Lage – und scheiterte in einer unglücklichen Schlussphase ebenfalls. So kamen die unspektakulären und „normaleren Teams“ weiter.
Argentinien und Ghana
Vom Grundprinzip machten die grundsätzlich im Argentinier in ihrer taktischen Anlage – zudem mit guten Offensivleuten wie Ángel Correa besetzt – eigentlich vieles richtig und holten sich für ihre Rautenbildungen im Aufbau, die dortigen Strukturen um den sehr ruhig einleitenden hintersten Verteidiger Mammana berechtigtes Lob ab. Auch die Offensivmechanismen kennzeichneten sich durch Konsequenz und systematischen Aufzug, konnten ihr Potential aufgrund einiger Schwächen aber nicht immer ganz entfalten – manchmal wurden sie zu hektisch, unsauber, wählten die falschen Räume, waren generell über Phasen inkonstant sowie verschwenderisch und standen gegen Konter teilweise schlecht abgesichert. Bei ihren sehr zielstrebigen und klar fokussierten Durchbruchsmustern nahm der Weg zur Grundlinie – gerade halbrechts über den nachstoßenden Rolón – letztlich etwas zu viel Gewicht ein. Gegen Panama wurden gewisse Schwächen im Rückraum, gegen Ghana solche im teils überaggressiven, unstrukturierten und zu mannorientierten Herausrücken deutlich. Vor allem diese Defensivprobleme brachten sie am Schluss in die Zwickmühle, aus der sie mit dem 0:0 gegen Österreich nicht mehr herauskamen – in jenem Spiel wie insgesamt etwas unglücklich, denn ein Aus hatten sie mit ihren mutigen Anordnungen trotz der keinesfalls zu verschweigenden Problempunkte eigentlich nicht verdient.
Bei den Ghanaern gab es einige interessante Spielertypen, viele formativen Wechsel zwischen 4-4-1-1/4-2-3-1-haften und 4-3-3-haften Phasen mit seltenen 4-5-1-Übergängen zu beobachten und es ging um die Einbindung und Balancierung ihrer Mannorientierungen. Diagonale Anschlusslücken innerhalb der letzten Linie wurden einige Male – wie generell – improvisiert, während man teilweise auf schwaches Bespielen durch den Gegner zu setzen schien. Das war auch das Prinzip bei den mannorientiert herausrückenden breiten 4-3-2-1-Staffelungen mit tiefen Außenstürmern, die gegen flügelorientierte Teams nur bedingt bestraft werden, zumal die seitlichen Spieler sich recht balanciert bewegten und die beiden vordersten Akteure einige Male schnell eine flache Linie formten, um den Druckaufbau zu verbessern. Vorne herrschen relativ simple Mechanismen wie beispielsweise schnelle individuelle Vertikalkombinationen durch die Mitte oder druckvoll antreibende Flügelrochaden des geschickten, klug vorbereitenden Achters/Zehners Aboagye oder – dann auch mal raumblockend – eines anderen Mittelfeldmanns vor. Samuel Tetteh ist als vorbereitender Flügeldribbler recht effektiv. Ihr bester Akteur dürfte wohl sein Namensvetter, der elegant und improvisiert ablegende und zudem auch aus schwierigen Lagen stets abschlussgefährlichen Mittelstürmer Benjamin Tetteh, sein. Alles in allem sind die vom Spielverlauf nicht ganz unglücklichen Ghanaer letztlich durch den souverän erscheinenden Gruppensieg vielleicht etwas stärker dargestellt, als sie eigentlich sind, bringen trotz ihrer wenig besonderen Ausrichtung aber potentiell eine sehr starke Offensive auf den Rasen, die auch über Abschlussquantität kommen kann und vor allem gegnerische Schwachpunkte sehr gezielt bestrafen kann.
Panama
Mit einem überraschen 2:2-Remis zum Auftakt gegen die mit favorisierten Argentinier sorgte Panama für die erste große Überraschung des Turniers. Diese Leistung war einerseits auf einer interessanten taktischen Ausrichtung gewachsen, wurde aber auch von den individuell gar nicht so schwachen Einzelspielern gefördert, die teilweise sehr trickreich agierten. In der Basisausrichtung agierte das Team in einer 4-4-2-artigen Anordnung, in der der eine Außenspieler Velarde – grundlegend auf rechts agierend – eine Schlüsselrolle bekleidete. Wie er in höheren Pressingphasen einige Male ballnah aus den hintersten Linien neben seine Angreifer vorschob und dort aktiv in vorderster Front presste, während sich die Kollegen asymmetrisch hinter ihm staffelten, war interessant anzuschauen, aber seine Hauptaufgabe war von anderer Natur: Er pendelte immer wieder weit in die Tiefe, gerade bei gegnerischem Ballbesitz, während auf der anderen Seite González und der Halbstürmer Ismael Díaz viel rochierten.
So entstanden häufig asymmetrische, etwas wechselhafte Fünferketten, aus denen immer wieder einer der Verteidiger – die ihre Physis geschickt nutzenden zentralen Akteure oder der giftige und pressingstarke Jomar Díaz, der mal raumfüllend und mal mannorientiert vor die Abwehr rückte – herausschoben, um den Zwischenlinienraum zu besetzen. Dies war aufgrund der doch recht offensiven Ausrichtung der beiden Sechser auch vonnöten, die teilweise weit mit auf dem Flügel unterstützen. Im Verbund mit der nachschiebenden Abwehrreihe und den etwas erhöht stehenden ballnahen Akteuren führte dies zu einigen geschickten Lokalkompaktheiten im Abwehrpressing – ein Lob für den argentinischen Coach Leonardo Pipino ist hier durchaus angebracht. Manchmal hatten seine Mannen aber in der Koordination der horizontalen Anschlussstaffelungen Probleme und die Sechser schoben etwas zu unabgesichert hoch auf die Seite, so dass die Bindungen zur Abwehr doch zu groß wurden.
Die Argentinier schafften es dagegen beispielsweise einige Male, sauber und gezielt – insbesondere über die starken Nachstöße von Rolón – rechts zur Grundlinie durchzubrechen und dann die entstehenden größeren Schwächen im Rückraum Panamas anzuvisieren. So entstand auch eines der Gegentore beim 2:2, wie auch die Österreicher anschließend einige Chancen auf diesem Wege erzeugen sollten. Interessant war in diesem Fall, wie die Mittelamerikaner dagegen Mitte der ersten Halbzeit jener Partie mit Argentinien zwischenzeitlich versuchten, mit einer seitenverkehrten Spiegelung ihrer Asymmetrie, diesen Offensivaktionen beizukommen – Velarde ging nach links und pendelte dort zurück, während González auf rechts in einer Mischrolle blieb und die nominellen Außenverteidiger sich etwas anpassten.
Diese Rochaden und versetzten Positionen der Flügelakteure waren auch offensiv ein wichtiges Mittel für Panama, die phasenweise sehr schnell – teils etwas zu schnell – den Weg in die Spitze suchten und dafür ihre Asymmetrien geschickt nutzten. Die Stürmer wussten mit verschiedenen Ausweichbewegungen ihr Tempo und ihre Athletik einzubringen, während die präsente Besetzung der Mitte – praktisch zwei Angreifer und ein fast zehnerartiger Akteur von der Sechs aus – sie bei Schnellangriffen und Kontern gefährlich machte. Jener Jhamal Rodríguez war zusammen mit dem aufrückenden Fidel Escobar der dominanteste und antreibende Mann und demonstrierte individuell gute Anlagen. Zwar erschien er immer mal wieder etwas zu verspielt und unbalanciert im Dribbling, zeigte aber einen sehr starken Abschluss und – vor allem bei schnellen Angriffen aus der Tiefe – einige ansehnliche Weiterleitungen.
Sehr gute Momente mit Ball gab es für die Mannschaft auch durch die gelegentlichen Rautenbildungen im Aufbau, bei denen beispielsweise Velarde und Mittelstürmer Small als hohe Breitengeber auftraten, während auch Ismael Díaz für starke Weiterleitungen und Ablagen sorgte. Oft waren diese Szenen allerdings etwas zu unabgestimmt, um wirklich gefährlich zu werden. In diesem Zusammenhang gelang es der Mannschaft auch nicht, die Geduld und Konstanz in den Aufbauaktionen aufrecht zu erhalten – sie machten Timing- und Rhythmusfehler im Aufrücken und verfielen über Phasen in zu simple, unsauber hektische Flügelangriffe oder frühe lange Bälle mit nur sehr mäßigen Bindungen nach vorne. Zwischendurch entstand aus dem äußeren Halbraum dann mal eine schöne Kombination, die horizontal den Rückraum vor Abschlüsse – durch starke Nachstöße von Jhamal Rodríguez und Fidel Escobar entstanden daraus in schöner Vorbereitung zwei der drei Tore Panamas – öffnete, doch mehr war nicht drin.
Gegen Ghana brauchten sie im letzten Gruppenspiel einen Sieg, liefen erfolglos an, verschossen einen Elfmeter und fingen sich ein spätes 0:1 nach einem unsauberen Rückpass. Das bedeutete das etwas unglückliche Ausscheiden für die Mittelamerikaner, das man aufgrund ihrer gewissen Unsauberkeiten und vor allem der letztlich zu ungeduldigen Inkonsequenz in der Offensive, die ihr eigenes Potential bisweilen verschwendete, als durchaus folgerichtig bewerten könnte, das aber dennoch nicht ganz verdient war, wenn man sich die vielen guten Ansätze anschaute. Ebenso wie bei den Argentiniern, deren furioser Sturmlauf am letzten Spieltag gegen Österreich kein Tor brachte, musste damit die Mannschaft mit taktischem „Mut“ und ungewöhnlichen Elementen die Segel streichen, während die eher konservativen bzw. orthodox-effektiven Ausrichtungen für die Alpenrepublik und für Ghana das Weiterkommen brachten.
Österreich
Größte Auffälligkeit in der österreichischen Mannschaft sind die vielen langen Bälle als prägendes Hauptmittel im Spielaufbau des Teams von Andreas Heraf. Vor allem der körperlich starke Innenverteidiger Gugganig bringt diese Zuspiele immer wieder frühzeitig in die Offensivabteilung der 4-2-3-1/4-4-2-haften Formation, die versucht, die Pässe zu verarbeiten oder auf die Abpraller zu gehen. Diese Strategie führt die Mannschaft sehr konsequent aus und ist in der Ausrichtung der vorderen Akteure auch passend dafür eingestellt. Sie positionierten sich sehr eng zusammen und zeigten einige gute Bewegungen. Hinter dem situativ ausweichenden, durchsetzungsstarken etwas simplen, durch druckvolle Ballführung, Reaktionsschnelligkeit und teils wechselnde Entscheidungen auffallenden Gschweidl agiert mit Valentin Grubeck, der sich gut zurückfallen lassen und mit teils herausragender Improvisation vielseitig ins Zusammenspiel einschalten kann, ein weiterer eigentlicher Angreifer als der etwas tiefere der beiden zentralen Akteure.
Die nominelle Linksaußenposition ist durch den hünenhaften Grillitsch besetzt, der bisher als eigenwillig eleganter Dribbler auffiel und zusammen mit seinem beweglichen Pendant Gruber – alternativ der wendig dribbelnde, ausweichend spielmachende Blutsch – auf rechts das vordere Quartett komplettiert. Diese Akteure versuchen nach den losen Bällen in etwas improvisierter, aber doch aus sinnvollen Grundpositionierungen startender Art über Physis, horizontales Movement, Einzelaktionen, Flanken oder Distanzschüsse etwas Gefährliches zu kreieren. Die drei Turniertore des Teams in den Gruppenpartien entstanden entsprechend durch individuelle Durchschlagskraft von Gschweidl nach einem langen Ball, nach einer Standardsituation und durch eine Unterzahl-Flanke des ausgewichenen Gschweidl auf Grubeck. Es war also nicht besonders stark oder kreativ, was die Österreicher vorne boten, reichte aber aufgrund ihrer Konsequenz letztlich problemlos zum Weiterkommen.
Das steht auch in Zusammenhang mit ihrer kontrollierten Gesamt-Spielweise und ihrer Defensivstärke: Die für den Erfolg der Offensivstrategie entscheidende horizontale Kompaktheit ist ganz allgemein ein durchgehendes Kennzeichen des Teams in sämtlichen Spielphasen und insgesamt als seine größte Stärke zusammen mit der Konsequenz innerhalb dieser Ausrichtung anzusehen. Dadurch ergibt sich eine sehr stabile Abwehrarbeit, die sehr diszipliniert wie gleichförmig abläuft und im Erzeugen von soliden Verteidigungsstrukturen und Überzahlbildungen sehr konstant ist. Gegen die Argentinier, die unbedingt einen Sieg brauchten, hielten die Österreicher letztlich – wenngleich auch mit viel Glück und dank eines 5-5-0 in der Endphase – ein 0:0 und zuvor waren sie nur von einem Last-Minute-Elfmeter Ghanas sowie einem guten Angriff Panamas zu bezwingen.
Die Qualität der Einzelspieler ist hier noch als weiterer Faktor zu ergänzen. Gerade das Herausrücken von Lienhart oder die Ruhe von Lovric, die physische Qualität Gugganigs und das immer wieder sehr weite Zurückarbeiten eines kompakt angeschlossenen Außenstürmers – beispielsweise Blutsch gegen Verlagerungen, insbesondere im Duell mit Argentinien – sind hier zu nennen, ebenso wie man auch den defensiv stabilen Keeper erwähnen könnte. Der emsige und bewegliche Linksverteidiger Joppich sowie der allerdings teils etwas ungeschickte Laimer im defensiven Mittelfeld machten einen vor allem durch die Offensive begründeten guten Eindruck. Letzterer überzeugte mit gutem Raumgefühl und guter Raumwahl in seinen Dribblings, die dadurch in passenden Bereichen so stattfanden, dass sie – auch wenn sie in einer ungeordneten, losen Situation endeten – dem Team eine gewisse Effektivität ermöglichten.
Gruppe C: Portugiesische Dominanz
1. Portugal (9), 2. Kolumbien (4), 3. Senegal (4), 4. Katar (0)
Die Iberer dominierten in dieser Gruppe unangefochten mit drei Siegen. Kolumbien zeigte ein interessantes Aufbauspiel und setzte vorne auf zwei Top-Talente. Beim Senegal fielen vor allem die Einzelspieler im Mittelfeld auf. Die in einem ordentlichen 4-2-3-1/4-4-2 spielenden Katarer hatten letztlich keine Chance und werden an dieser Stelle nicht genauer analysiert.
Portugal
Es ist eine typisch portugiesische Mannschaft, die Trainer Hélio Sousa in dieses U20-Turnier geschickt hat und die bisher sehr erfolgreich aufgetreten ist – als ganz klarer Sieger der Gruppe C. In ihrer 4-3-3-Formation kommen sie vor allem über Kontrolle, Dominanz, nüchterne Stabilität und setzen daraus ihre recht komplette, solide Offensivabteilung in Szene, die von jeweils interessanten und teils spektakulären Spielertypen geprägt wird. Die vielleicht größte Stärke, in der sich diese portugiesische Dominanz realisiert, ist das Pressing – und passenderweise gingen sie in ihrem Auftaktspiel nach einem gut provozierten Ballgewinn schon in der ersten Minute in Führung. Die Außenstürmer rücken etwas heraus und pressen – vor allem Gelson Martins – sehr flexibel, der Mittelstürmer schiebt gut auf die Seite nach und die Achter passen sich dahinter an. Wichtig sind außerdem die vielen diagonalen, bogenförmigen Verschiebungen und isolierenden Bewegungen innerhalb der Mittelfeldlinie. Balanciert wird das alles vom alleinigen Sechser Tomás Podstawski, der sich teilweise etwas riskant zu bewegen scheint, aber die Situationen häufig mit seiner Ruhe, Umsicht und etwas unsauberen, aber noch passenden Positionierungen und Aktionen gerade so kontrollieren kann. Generell ist der Kapitän der absolute Schlüsselspieler, der auch im Aufbau mit seinen starken strukturellen Anleitungen für die Kollegen enorm wichtig ist. Hier verfügen die Portugiesen über intelligentes Bewegungsspiel in raumöffnender und -blockender Art.
Offensiv funktioniert die Mannschaft nach soliden und klaren, funktionalen Mustern, die aber gut abgerufen werden: Die Außenstürmer ziehen häufig in die Spitze, der Mittelstürmer fällt leicht zurück oder weicht aus, die Achter tendieren immer wieder etwas zum Flügel oder diagonal nachstoßend in die Offensivräumeund die Außenverteidiger ziehen zum Knacken von Mannorientierungen situativ ins Zentrum. Aus diesen Schablonen werden dann vielseitige Rochaden in Form von gegensätzlichen Läufen oder Pärchenbildungen umgesetzt. So gibt es in dieser Hinsicht viele Synergien zwischen Gelson Martins und dem recht kompletten, bei kurzen Bewegungen explosiv-effektiven und situativ passgebenden André Silva, während der Linksaußen Goncalo Guedes – mit seltsamer Orientierung, aber einigen sehr klugen Support-Positionierungen – deutlich zurückhaltender agiert und wohl der unauffälligste Spieler des Teams ist. Alternativ kann er durch den durchschlagsorientierten Ivo Rodrigues ersetzt werden. Gelson Martins zeigt in der Tiefe einige schöne anpassende Weiterleitungen und Verbindungsansätze, wenngleich er in manchen Situationen schwache Entscheidungen trifft oder sich mal taktisch problematisch bewegt. Interessanterweise greifen die über Phasen durchgeführten Seitentauschs der Außenstürmer auch auf die Achter aus.
Auf halbrechts agiert dort Raphael Guzzo, ein solider, in seinen Bewegungen vielseitiger und oft – auch im Passspiel – diagonaler Spieler, der gut in die offensive Struktur des Teams passt. Trotzdem wurde er zuletzt auch vom etwas druckresistenteren Chico Ramos vertreten. Sein Pendant Marcos Lopes – als einziger aus dem Stammteam nicht in der heimischen Liga aktiv – zeigt seine Begabung als interessanter situativ, wenngleich eigenwilliger Spielmacher. Vor allem seine Dribblings und seine teilweise absurd kreativen wie technisch starken Ballmitnahmen überzeugen. In seinen Entscheidungen und der Ballführung agiert er sehr wechselhaft, zwischen schwachen und sehr stabilen, wirksamen Momenten. Aufgrund dessen kann er sich nicht immer ganz dominant als Spielmacher betätigen, sucht vereinzelt die peripheren Zonen oder beansprucht manche Bereiche sehr stark für sich, agiert dann aber darin situativ als Nadelspieler oder wechselt bei seinen guten Rochaden in umliegende Räume kurz in eine zuarbeitende Rolle, in der er seine Ablagen und potentiellen Kombinationsfähigkeiten durchscheinen lässt. Erwähnenswert ist noch der sehr offensive, gruppentaktisch druckvolle Linksverteidiger Rafa, der seine zahlreichen Nachstöße immer wieder passend zum Rhythmus timt und dabei oft bis in den Straftraum aufrückt.
Kolumbien
Neben den Portugiesen sind bei Carlos Restrepos Kolumbiern – als zweite Kraft der Gruppe – ihre solide Aufbauarbeit in der 4-2-2-2-artigen Formation und vor allem die beiden Offensivakteure Joao Rodríguez und Rafael Borré interessant zu beobachten. Die Defensive – in einem etwas engen, potentiell, aber nicht zwingend auf die Flügel lenkenden 4-4-2 ablaufend – weist eine durchaus interessante Mischung aus mannorientierten und jagenden Elementen mit gutem Raumfokus auf. Kolumbien nutzt hier die Einzelspieler und ihre ansatzweise Asymmetrie einige Male recht geschickt und versucht über gruppentaktisches Geschick die Intensität zu variieren. Ihr weiträumiger Aufbau basiert auf hohen Außenverteidigern als Breitegebern – wird der Ball auf die andere Seite verlagert, rückt der nicht angespielte Akteur aber sofort weit zurück – und vielen asymmetrisch verschobenen, teils seltsam zueinander proportionierten Staffelungen und Diagonalbällen.
Hinter den Angreifern agiert der ballsichere Lucumí rechts etwas breiter, aber situativ gut unterstützend, während Alexis Zapata aber giftig und etwas unbalanciert, aber doch harmonisch durch diverse Räume pendelnd und halblinks aufrückt. Im zweiten Drittel nutzt Kolumbien viele einzelne lokale, teils wirre Rückfallbewegungen, die viel Dynamik erzeugen, aber nicht ganz kontrolliert sind. Über diese verschiedenen Rochaden soll Raum für Direktpässe aus dem präsenten Aufbau um die zurückfallenden oder in ein Trapez herauskippenden Sechser – Víctor Gutiérrez hält sich zurück und bewegt sich geschickt im Pressing, Sergio Villarreal agiert vor allem strukturstärkend im Halbraum, Kapitän Quintero überzeugt in tiefster Linie – erzeugt werden, um die Zuspiele dann in eine der anderen Bewegungen abzulegen und mit dieser Beschleunigung schnell zum Tor durchzuspielen. In den Aufbaustaffelungen sind also die Verteilungen nicht immer optimal raumnutzend und in den Offensivbewegungen die Verbindungen nicht immer konstant gegeben, doch gehört dies in diesem Stil mit den einzelnen Zuspielen in dynamische, temporäre Strukturen dazu.
In den finalen Angriffsmechanismen schalten sich daher meist nur drei bis vier Leute dynamisch ein. Hier ist die individuelle Klasse ihrer Offensivleute entscheidend: Rafael Borré besticht mit sehr guten und dynamikempathischen Ablagen wie Weiterleitungen, Joao Rodríguez holt sich die Bälle gerne weiter hinten ab und überzeugt trotz phasenweise sehr verspielter Aktionen und unbalancierter Positionsfindung mit recht zielstrebigen Läufen, guten Körpertäuschungen und Dribblings sowie rigoroser Präzision am Strafraum. Phasenweise ist es ein wenig unbalanciert und ungeplant, wie sich die Offensiven nach hinten ziehen, aber vereinzelt gehen mal sehr gute Weiterleitungsmöglichkeiten in stark umstellte Szenen auf. Beim letzten Gruppenmatch gegen Portugal deuteten die Kolumbianer vielleicht ihre besten und kohärentesten Überladeversuche an – trotz der unglücklichen Niederlage daher bereit für das Achtelfinale.
Senegal
Im von Joseph Koto gecoachten senegalesischen 4-3-3/4-2-1-3 mit situativ vorschiebendem Zehner deuteten vor allem die Mittelfeldakteure Potential an. Der recht dribbelstarke Kapitän Roger Gomis hatte gute Szenen durch sicheres Ballhalten in Dynamiken, versuchte vielseitig, Strukturen zu geben, und agierte – bis auf einige direkt sehr lasche Aussetzer – druckvoll im Passspiel. Der schlaksige N´Diaye neben ihm spielte anpassungsfähig, beruhigt und legte eine sehr variable, erfolgsstabile Passtechnik an den Tag. Davor verfiel der athletische, auch schlaksige, aber bulligere Sidy Sarr einige Male in aktive und zurückgenommene Phasen, beispielsweise gekennzeichnet durch eine wechselhafte Defensivbeteiligung, aber ließ dann auch wieder seine Qualitäten aufblitzen: gute Dribblings, Ruhe und Ballsicherheit in engen Szenen, interessante Passtechnik, einige starke dynamikerzeugende Kurzablagen in den Halbräumen, in die er manchmal jedoch zu sehr zurückdriftete.
Bei der Gestaltung der Aufbaumechanismen hatten die Senegalesen auch deswegen trotz ihrer Einzelqualität teilweise mit ähnlichen Balanceproblemen wie die USA zu kämpfen, was die ausgewogene Verbindung zu den Angreifern anging. Entsprechend zeigten sie sich in den vorderen Bereichen bisher nicht allzu gefährlich. Beim Tor gegen Kolumbien konnten sie mal etwas mehr aufrücken und Roger Gomis bediente Thiam, der die Situation in seiner spielerischen Komplettheit sehr durchsetzungsfähig löste, mit einem zielstrebigen Direktpass an den Strafraum. Die beiden Sturmkollegen Thiams hinterließen einen wechselhaften Eindruck: Wadji agierte rechts enorm unkoordiniert und mit seltsamem Raumgefühl, versuchte sich aber einige Male sinnvoll an Weiterleitungen, während Koné links dagegen sehr sauber und durchaus druckvoll spielte, aber zu passiv auftrat und neben einigen guten Halbraumpositionierungen auch manchen zu simplen Lauf in die Spitze unternahm.
Insgesamt gibt es von den mannschaftstaktisch kaum spektakulären Senegalesen auch gegen den Ball nicht allzu viel Besonderes zu berichten. Ihre Grundausrichtung kennzeichnet sich vor allem durch lose Mannorientierungen, aus denen situativ mal der höchste Mittelfeldmann in ein klareres 4-4-2 schiebt, ein Außenstürmer im hohen Pressing auf einen Innenverteidiger nachrückt oder im zweiten Drittel etwas enger blieb und die Passwege nach außen zu versperren versucht. Hinter Wadji und Koné, die das recht solide lösten, machte Rechtsverteidiger Wague als etwas aufgescheuchter, aber stabiler und teilweise einleitender Diagonaldribbler einen guten Eindruck. Im letzten Spiel gegen Katar brauchten die Senegalesen einen Sieg und stellten in der Schlussphase dafür auf eine 4-2-4-hafte Variante um, in der die eingewechselten Niang und Remi Nassalan flexible Linksüberladungen antrieben. Vielleicht ist dieser Aspekt die entscheidende Steigerung, um der Ukraine im Achtelfinale deren erstes Gegentor zufügen zu können.
Gruppe D: Serbien vs. Mali auch ohne Fünferkette das Highlight
1. Serbien (6), 2. Uruguay (4, Los), 3. Mali (4, Los), 4. Mexiko (3)
Im Verlauf der Vorrunde schälte sich ein gewisser Kontrast in der taktischen Qualität der Mannschaften – und auch hinsichtlich dessen, wie interessant die Spielertypen waren – heraus. Von daher kam es schon ein wenig überraschend, dass alle Kontrahenten nach dem zweiten Spieltag punktgleich mit jeweils drei Zählern postiert waren. Während Serbien und Mali die Lichtblicke darstellten, enttäuschten die eigentlich traditionell im Nachwuchsbereich sehr starken Mexikaner und Uruguayer – vor zwei Jahren immerhin noch im Finale – diesmal mit eher simplen Spielweisen.
Mexiko und Uruguay
Das mexikanische 4-4-2 stand in der Defensive mit guter Grundorganisation und einigen der in diesem Turnier typischen Mannorientierungen zumindest solide, war in den Offensivbemühungen aber durch einen weiträumigen Flügelfokus geprägt. Aus dem eigentlich sehr sicheren Aufbauspiel – einem Positivpunkt – suchten sie immer wieder einfache Angriffsmuster auf den Außenbahnen und griffen letztlich mit zahlreichen Flanken an. Zwar gab es aufgrund der vielseitigen und gut abgestimmten Bewegungen des Sturmduos oder durch engagierte Läufe Lozanos untereinander die eine oder andere kurze Synergie oder eine Basis-Kombination zur Grundlinie, doch ansonsten war auch das Nachrücken zu schwach, um wirklich gefährlich zu werden: nur zwei Tore – einmal nach einem etwas glücklichen Ballgewinn im Pressing, einmal per Freistoß in der Nachspielzeit, jeweils gegen Uruguay – waren die Folge. Nur sehr selten gab es einige bessere Momente zu verzeichnen, wenn sie, anstelle des Flügelfokus, die Aktionen des passgebenden Sechsers Guzmán und die Läufe von Kapitän Érick Gutiérrez mehr einbanden. Der hohe Ballbesitzwert dürfte eine der wenigen lobenswerten Zahlen bleiben, die für Mexiko von diesem ungewohnt schwachen Turnier überdauern.
Bei den Uruguayern gestalteten sich die Lage und die Gesamtbewertung ähnlich, wenngleich mit anderen Schichtungen. Zwar kamen sie in der Gesamtstabilität des Aufbaus nicht ganz an Mexiko heran, waren in ihrem 4-3-3/4-4-2-Mischsystem in dieser Hinsicht jedoch etwas flexibler, beispielsweise durch einzelne nach außen rochierende Bewegungen. Hier waren sie zwar gerade über rechts dann ebenfalls flügel- und flankenfokussiert, hatten aber zumindest einzelne Horizontalansätze an der letzten Linie. Hier zeigte Gaston Pereiro einige elegante Aktionen in hohen Zonen, während Báez einige anpassende Positionierungen einbrachte und Facundo Castro zwischen simplen, aber durchschlagenden Flügelaktionen sowie kreativen Läufen und Improvisationen schwankte. Gegen den Ball verteidigten sie fast immer in einem ordentlichen, weitgehend raumorientierten 4-4-2, das einige gute Bewegungen aufwies, aber auch recht unkoordiniert gespielt wurde. Gelegentlich half – wenngleich auch mit viel Glück und gutem Keeper – die zwar chaotische, aber doch phasenweise gute Strafraumverteidigung dieser etwas instabil wirkenden Ausrichtung. Für die insgesamt nicht wirklich überzeugenden Uruguayer war es also ein etwas glückliches Weiterkommen.
Serbien und Mali
Demgegenüber boten Serbien unter Veljko Paunovic und Mali unter Fanyeri Diarra im direkten Duell untereinander eine sehenswerte Begegnung. Es dürfte das beste Spiel der Gruppe D gewesen sein – und das, obwohl die Serben schon nicht mehr in der 5-4-1/5-3-2/4-1-4-1-Mischformation mit Gacinovic als hohem rechten Wing-Back und Milinkovic in einer von links in die Spitze pendelnden Rolle spielten, wie noch gegen Uruguay. Letztlich sollte es am anschließenden Spieltag auch für beide Mannschaften zum verdienen Achtelfinaleinzug reichen.
Im Aufbauspiel zeigten die Serben noch Steigerungsbedarf und ließen sich gegen die versetzte Doppel-Spitze der Malier immer mal etwas zu schnell zu langen Bällen drängen, machten über ihre Offensivabteilung im 4-2-3-1 aber einen guten Eindruck. Vor allem der in seinen Bewegungen entscheidungsstarke Mittelstürmer Saponjic überzeugte mit seinen nüchternen, gefühlvollen Ablagen. Auf links deutete auch Gacinovic bei einigen Aktionen und kleineren Kombinationsansätzen zum Beispiel gruppentaktische Effektivität an, wenngleich er ebenso seltsame Szenen bei drucklosen Ballannahmen hatte. In dieser Hinsicht zeigte sich Zivkovic auf der anderen Seite – als das wohl größte serbische Talent angesehen – sehr stark und präzise. Allerdings agierte er trotz einzelner guter raumöffnender Pässe und Verzögerungen insgesamt etwas zu schematisch in seinen Dribblings, zudem teils simpel- und abschlussaktionsorientiert. Schließlich besetzte mit Milinkovic ein sehr schlaksiger, etwas unkonventioneller Typ die Zehnerposition, band sich aber immer wieder geschickt in kleinere Gruppenbildungen ein und erzielte in solchen Abläufen hohe Effektivität. Zwar war das nicht immer besonders kreativ, aber er spielte die Ansätze trotz gewisser Unorthodoxheit zuverlässig in die Tiefe weiter.
Aufgrund der etwas unstrukturierten und oft auch mannorientierten Mittelfeldbewegungen Malis, die sich defensiv aber auch individuell gesteigert haben, kam Serbien trotz ihrer leichten Aufbauprobleme überraschend oft und schnell in die Offensivräume, wo sie diese soliden Verteilungen dann in Szene setzen konnten. Es waren in ihrer wenig kreativen Anlage also vor allem die Grundstrukturen und die Einzelspieler, die für Gefahr sorgten – beispielsweise entstanden zwei der vier Vorrundentore durch direkte Freistöße. Gegenüber der Defensivvorstellung der Westafrikaner sah ihre Verteidigung besser aus, da sie sich im Rückwärtsgang gut in flache, gerade zwischen Mittelfeld und Sturm passend angeschlossene Kompaktheiten zurückzogen. Der defensivste Sechser Zdjelar hatte einige gute Szenen in Sachen Raumkontrolle und stopfte seltene Löcher, während Milinkovic sich dynamisch in 4-5-1- oder 4-1-4-1-Ordnungen nach hinten fallen ließ. So waren die serbischen Grundstaffelungen bisweilen sehr stark und die einzelnen Mannorientierungen bekam Mali nicht durchgehend bespielt, da die Mittelfeldakteure bei ihren raumöffnenden Rückfallbewegungen teilweise zu gleichzeitig agierten.
Nichtsdestotrotz hatten die Malier hier zwei ihrer besten Spieler postiert: zum einen Lilles Adama Traoré, der eine starke Ballführung zeigte und immer wieder mit Dribblings gegen mehrere Leute seinen Kollegen Aufrückmöglichkeiten bot, teilweise in Form tiefer Nadelspieler-Ansätze. Auch seine Pässe wussten zu überzeugen und deuteten auf große Qualitäten im Zusammenspiel hin, passten aber nicht immer zu seiner ausführenden Ausrichtung, wo er teilweise eher so agierte, als sei er vor allem ein vorbereitender Zulieferer für die Kollegen, der die Situationen kreiere, sich dann aber auch mal aus den Szenen herausnehme – die Dynamikerhaltung fehlte bisweilen. So deckten der am Ball sehr ruhige Samassékou und die beiden eigentlichen Außenverteidiger auf rechts mit ihren teilweise simplen, aber flinken und vielseitigen Flügelangriffen im Zusammenspiel zur Grundlinie oder um das Strafraumeck am Halbraum gewisse Zugriffsschwächen in der serbischen Kompaktheit etwas konsequenter auf.
Im Verlaufe der ersten Halbzeit wurden die Malier immer kombinationsstärker, fokussierten sich zunehmend auf das Zentrum und die Halbräume und hatten gegen die starke serbische Defensive durch diese ständigen Versuche des Zusammenspiels auch sehenswerte Ansätze. Auf rechts war Aboubacar Doumbia der etwas quirligere Akteur mit einer angenehmeren, taktisch geschickteren Positionsfindung, während Souleymane Diarra etwas kraftvoller, noch antreibender und teilweise verrückt diagonal kombinierend spielte, was sich insgesamt gut ergänzte. Vorne zeigte sich Mittelstürmer Guindo engagiert ausweichend, aber mit kleineren technischen Schwächen, während der wirre Linksverteidiger Koné einige sehr starke, jedoch in den Folgeaktionen etwas inkonsequent geführte Diagonaldribblings anbrachte und defensiv eher unkoordiniert wirkte. Das galt generell auch für Alassane Diallo, der sich aber mit einigen überraschenden Vorstößen gut in das Spiel seiner Mannschaft zu integrieren wusste.
Dass dem Team kein Treffer als Belohnung für diese Kombinationsansätze gelang, war ein wenig unglücklich, allerdings eben auch der serbischen Verteidigung samt ihrem stabilen Keeper anzurechnen. Zudem wurden die Szenen von Mali oft inkonsequent und etwas unsauber, auch nicht immer ruhig genug zu Ende geführt. Von zehn Abschlüssen ging keiner auf das Tor, gegen Uruguay von 17 nur zwei. Alles in allem war es aber eine sehr gute Begegnung zwischen zwei starken Mannschaften, von denen Mali noch etwas mehr Qualität in den Kombinationen darbot, der große Unterschied letztlich aber in der Defensive lag, wo sich Serbien deutlich vom Gegner abhob. Zwar agierten auch sie gerade in den ersten Verteidigungsphasen sehr mannorientiert, spielten das aber besser aus, zumal es hier durchaus sinnvoll war, da Malis Bewegungen in den Aufbauzonen damit noch überhaupt nicht zurechtkamen und in den ersten Phasen große Probleme hatten, nach vorne in die Kombinationsbereiche zu ihren Stärken zu kommen.
Gruppe E: Flexible Brasilianer tun sich hervor
1. Brasilien (9), 2. Nigeria (6), 3. Ungarn (3), 4. Nordkorea (0)
Mit von Spiel zu Spiel jeweils kleinen Anpassungen in den positionellen Details und Rollenverteilungen ihrer Mischformation stellte Brasilien die beste Mannschaft der Gruppe. Auch Ungarn und Nigeria zeigten aber schon einige Wechsel und Umstellungen, noch stärker jedoch im personellen Bereich. Den eher simplen Ungarn tat dies letztlich nicht unbedingt gut. Chancenlos blieben letztlich die an dieser Stelle nicht genauer thematisierten Nordkoreaner.
Brasilien
Bei der brasilianischen U20 gab es vor dem Turnierstart einige Diskussionen und Verwirrungen. Wenige Tage nach der Bekanntgabe des Kaders, dessen Zusammenstellung für gewissen Unmut von einigen Sorgen sorgte, musste Alexandre Gallo – bereits zuvor vom Nachwuchskoordinator zum Trainer einiger Auswahlteams zurückgestuft – seinen Hut nehmen, wobei letztlich die Gründe dafür nicht vollständig klar wurden. Sein Nachfolger Rogério Micale durfte nur noch die Zusammenstellung der endgültigen 21 Mann aus dem vorläufigen Aufgebot vornehmen, hat aber nach durchwachsenen ersten Eindrücken aus der Vorbereitung nun beim Turnier selbst ein interessantes Team geformt. Die genaue Ausrichtung wechselte schon mehrfach, folgt aber grundsätzlich einem asymmetrischen 4-3-3/4-2-3-1.
Dabei gibt es einen nach rechts versetzten dritten Mittelfeldmann – im ersten Spiel Andreas Pereira, im zweiten Boschilia, jeweils in leicht anderen Rollen – neben den beiden Sechsern, wofür Gabriel Jesus vorne eine Mischposition aus Zehner und hohem, nach rechts geschobenem Halbstürmer bekleidet, die in ihrem Fokus je nach Gegner und umliegendem Personal wechselt. So agierte er im ersten Spiel tendenziell als ausweichender Zehner, der viel mit dem nach rechts gehenden Stürmer Judivan rochierte und interagierte. Er wirkt zwar auf den ersten Blick etwas grobschlächtig und unscheinbar, ist aber trotz einer gewissen Unsauberkeit ein spielstarker und vor allem rollenvariabler Offensivmann mit guten Bewegungen. Seine Dribblings sind auch aus statischen Ausgangsszenen heraus erfolgsversprechend und ein Faktor für seine hohe Durchschlagskraft. Am meisten beeindrucken jedoch die teils unfassbar effektiven und präzisen Ballannahmen auch aus schwierigen Lagen. In der Schlussphase gegen Nigeria besetzte er den linken Flügel und wich dort aus, wurde von Judivan in tieferer Rolle und dem eingewechselten Boschilia unterstützt, während Malcom ballfern hoch als Verlagerungsoption wartete.
Die verschiedenen brasilianischen Offensivbewegungen machten den, vor allem in der Abwehrlinie, mannorientiert agierenden Nigerianern in diesen Zonen einige Probleme. Dadurch, dass einzelnen Angreifern – meist dem jeweiligen Linksaußen – gewisse Freiheiten zugestanden wurden, verstärkten sich die für Brasilien dynamisch anzuspielenden Lücken noch etwas, wenngleich in asymmetrischer Ausrichtung dafür Yahaya einige Male mehr zurückarbeitete und die Mannorientierung gut für Absicherungshilfen aufgab. Auch das zentrale Mittelfeld zeigte sich ambivalent: Zwar nahmen die dortigen Akteure oft geschickt die richtigen Positionen ein, waren aber etwas passiv und unaufmerksam im Zugriffsverhalten. Nur in höheren 4-3-3/4-2-1-3-Pressingphasen mit engen Außen rückten sie giftiger heraus. Ballgewinne in solchen Szenen gehörten wie auch Schnellangriffe über die hohen, physischen und am Ball ruhigen Angreifern zu den wichtigsten Angriffsmitteln. Das brachte zwei überfallartige Tore, reichte gegen die Seleção aber beim 2:4 nicht für Punkte.
Im zweiten Match ließ Rogério Micale Gabriel Jesus höher an der letzten Linie und phasenweise breiter spielen, da Boschilia – für Andreas Pereira im Team – sich eher wie ein asymmetrischer Achter verhielt und mehr ins Mittelfeld einschaltete. Das zog in diesem zweiten Match auch eine noch fluidere Spielweise der beiden Sechser nach sich, die situativ raumschaffend aufrückten, während der schlaksige Alef seine anpassenden Aufgabenbereiche erweiterte. War er zum Auftakt vor allem als solide aufrückender Akteur aufgefallen, der zudem einige aufwendige Rochaden von halblinks hinter Andreas Pereira auf den Flügel unternommen hatte, zeigte er gegen Ungarn auch viele Abkippbewegungen nach rechts heraus. Das wurde mit hereinkippenden Positionierungen von Rechtsverteidiger João Pedro – bei Palmeiras zu oft als simpler, athletischer Flankengeber aktiv, hier auch teilweise mit solchen seltsamen Entscheidungen auffallend, aber insgesamt deutlich geschickter, positionsvariabler und auch mit einigen schönen druckvollen diagonalen Eröffnungspässen – in Verbindung gebracht. Dieses Mittel wiederum sollte raumöffnend für den situativ seitlich zurückfallenden Gabriel Jesus wirken, der gegen Nigeria schon vereinzelt abgekippt war.
Gerade gegen die sehr unangenehmen Mannorientierungen des ungarischen 4-1-4-1 – auch im Mittelfeld durchgehend klarer vorhanden – schienen diese Methoden zur Auflockerung des Aufbaus eine sinnvolle Idee, wurden aber trotz ihrer Vielseitigkeit anfangs etwas zu undynamisch ausgeführt, so dass sie nicht die volle Wirkung entfalteten. Immerhin provozierte eine solche Szene, in der João Pedro für Gabriel Jesus Raum öffnete, einen frühen Platzverweis für den Gegner, so dass das brasilianische Team sich gegen das anschließend tiefer stehende, aber teilweise sehr kompakte oder sich gut anpassende 4-4-1 der Ungarn leichter nach vorne arbeiten konnte. Gerade im restlichen Teil der ersten Halbzeit belagerten die Südamerikaner mit vielseitigen Bewegungen und großem Zentrumfokus den Raum vor dem gegnerischen Strafraum und hatten viele schöne Ansätze durch einleitende Pässe. So ließ sich Boschilia einige Male zurückfallen, trieb in seiner seltsamen Inkonstanz – leicht fahrig, auf einmal kombinativ, manchmal etwas zu drückend in seiner Raumwahl, aber doch flexibel, gelegentlich zu abschlussfokussiert – an und bediente Gabriel Jesus an der letzten Linie.
Auf links wurde der gerade im ersten Spiel noch sehr unauffällige und zu normal eingebundene Marcos Guilherme nun deutlich aktiver und betätigte sich einige Male als sehr sauberer, diagonaler und einleitender Kombinationsspieler, der mit dem ausweichenden, ballhaltenden Judivan oder dem ebenfalls diagonal dribbelnden Linksverteidiger Jorge interagierte. In dieser Phase hatte die Seleção viele schöne Ansätze, belohnte sich aber nicht mit einem Ausgleichstor – Ungarn war früh durch einen Direktschuss nach einem Abstoß aus skurriler Position unter Mithilfe des brasilianischen Keepers in Führung gegangen. Nach der Halbzeit gelang es den Südamerikanern, die Partie mit einer etwas offensiveren Ausrichtung – unter anderem Danilo Barbosa in die Innenverteidigung – dank Toren per Ecke und Elfmeter noch zu drehen, wenngleich sie mit der Einwechslung von Andreas Pereira auf den linken Flügel und aufgrund einer breiteren Rolle von Gabriel Jesus in ihrer Ausrichtung klarer 4-2-3-1-haft wurden. Zwar gab es immer noch viele schöne Ansätze, aber durch die zunehmende Unruhe feuerten sie nun deutlich zu häufig vorschnell aus der zweiten Reihe auf den ungarischen Kasten.
Hier war in der Entscheidungsbalance und in Sachen Geduld noch Steigerungsbedarf. Dazu gab es bei Räumen am Flügel einige Koordinationsfehler in simplen Aktionen und schließlich spielten sie ihre kombinativen Szenen oft einfach nicht konsequent genug zu Ende, doch insgesamt machten die Brasilianer einen sehr vielversprechenden Eindruck. Defensiv zeigten sie sich in der Rückwärtsbewegung einige Male anfällig und inkonstant, unter anderem aufgrund der losen Mannorientierungen der Flügelspieler. Ihr Pressingsystem stellte sich phasenweise zwar als eher normal dar, aber wies immer wieder auch andere Phasen sehr guter Intensität und häufig auch geschickt asymmetrischer Staffelungen zur erfolgreichen Provokation langer Bälle auf. Ein Lob muss hier außerdem an die Ungarn gerichtet werden, die die kleinen gruppentaktischen Zugriffsprobleme Brasiliens auch in Unterzahl gut aufdeckten.
Vor allem über ihre dribbelstarken und dabei geschickten, teils unorthodox effektiven Offensivleute konnten sie weiterhin einige überraschende Torchancen durch simple Mechanismen generieren. Vor allem der fast aus allen Lagen gefährliche und enorm durchsetzungseffektive Mervó ist – auch in der Art, wie teilweise kreativ und geschickt er diese Anlagen nutzt – der wohl stärkste Offensivakteur des Teams und besticht mit komplettem Movement. Daneben fielen der kampfstarke, zuarbeitende und sich geschickt positionierende Kalmár und der wendige, zwar etwas simple, sich aber gelegentlich gut in Zwischenräumen anbietende Zsótér auf. Beim 5:1-Auftaktsieg gegen die Nordkoreaner, als die Ungarn noch im 4-2-3-1 agiert hatten, waren er, der Linksverteidiger und Mervó entscheidend, um den individuell schwachen Gegner über simpelste Flügelangriffe zu knacken.
Ansonsten war das Defensivspiel der vom Deutschen Bernd Storck trainierten Europäer stark, vor allem in vielen Phasen gegen Brasilien, zwar etwas zu mannorientiert, aber in der Rückzugsbewegung und den Szenen am Sechzehner doch stark und kraftvoll, so dass sie dem brasilianischen Mischsystem zu Zehnt über so Zeit lange noch trotzen konnten. Im direkten Duell mit Nigeria am letzten Spieltag um den zweiten Rang in der Gruppe war von der ungarischen Qualität gegen den Ball aber nur noch wenig zu sehen: Sie verteidigten deren schnelle Flügelangriffe sehr lasch und inkonsequent, schenkten dem Gegner dann auch noch ein 0:2 mit einer Slapstick-Aktion nach einem schnellen Keeper-Abwurf und wirkten bis auf kleinere Ansätze unstimmig – möglicherweise auch mit bedingt durch die zahlreichen Veränderungen in der personellen Besetzungen, was in dieser Begegnung zu einer etwas flacher interpretierten Variante des anfänglichen 4-2-3-1 führte.
Die Nigerianer von Trainer Manu Garba kamen mit den personellen Umstellungen seit ihrer ersten Begegnung dagegen besser zurecht und konnten sich sogar leisten, den bulligen und physisch kompletten – im technisch sauberen Mitspielen wohl besten Angreifer des Kaders – Isaac Success und den am Ball etwas unsauberen, aber sehr ruhigen Yahaya, noch in wichtiger Rolle in der anfänglichen Ausrichtung, auf die Bank zu setzen. Dafür spielten der vertikal verbindende und sehr wendige, jedoch inkonstante Bulbwa sowie der mit geschickter Positionsfindung, aber auch mit kleineren Schwächen auffallende Godwin. Der schlaksige, etwas unbewegliche und unorthodoxe, aber durchschlagende und generell sehr geschickte Mittelstürmer Awoniyi stellt bisher eine der personellen Konstanten im nigerianischen Team dar und entschied diese Begegnung mit den Ungarn im direkten Duell um den zweiten Gruppenplatz mit seinem Doppelpack.
Gruppe F: Eigenwilliges DFB-Team mit Torrekord, Fidschi mit Diagonalität
1. Deutschland (9), 2. Usbekistan (3), 3. Honduras (3), 4. Fidschi (3)
Mit der eher von Außenseitern besetzten Gruppe F hatte die deutsche U20 keine Mühe und sicherte sich souverän den Gruppensieg. Gerade die eigenwillige, ambivalente Offensivanlage des Teams bietet aber dennoch viel Gesprächsstoff. Von den allesamt punktgleichen Gruppengegnern waren Usbekistan das solideste und die Fidschi das interessanteste Team.
Deutschland
Nach der erzwungenen Absage von Davie Selke und der Verletzung des Cottbuser Angreifers Tim Kleindienst gab es bei der deutschen Mannschaft unter Trainer Frank Wormuth einige Veränderungen in der Offensive, die eine 4-4-2-0-artige Formation ohne klaren zentralen Stürmer nach sich zogen. Während Öztunali und Brandt auf den nominellen Flügelpositionen agieren, zeigen sich Stendera – etwas tiefer – und Hany Mukhtar – als vorderster Spieler – im Zentrum sehr beweglich. Mukhtar – der noch am wenigsten bekannte Offensivmann – fiel dabei mit seinen engagierten, helfenden Freilaufbewegungen und seiner generell vielseitigen Positionsfindung auf, hatte zwar einige unsaubere Szenen, war bei seinen Dribblings und Richtungswechseln teilweise aber enorm präzise und schnell-beweglich. Wäre diese WM ein Turnier der A-Teams, würde Deutschland vielleicht über die Falsche Neun diskutieren – und dabei nicht ins Schwarze treffen. Insgesamt sorgt das für eine sehr fluide und dabei stark auf die Horizontale fokussierte, also grundsätzlich enorm interessante Anlage des deutschen Teams, das einige vielfältige Rochadebewegungen auf den Platz bringt.
Trotz dieser lobenswerten Überlegung gibt es aber – außerdem könnte man noch hinzufügen, dass dieses Movement noch etwas mechanisch aussieht – ein Problem in der Ausführung – es gelingt noch nicht gut genug, das fluide Element zu bedienen. Der Grund dafür liegt in der Gestaltung des sehr kontrollierten und funktionalen, bisher kaum unter Druck zu setzenden Aufbauspiels, in dessen mittlerer Phase die beiden Außenstürmer sehr hoch und breit agieren. Sie erhielten in diesen Positionen auch viele Bälle, zumal beispielsweise gegen Usbekistan die Staffelung der beiden Sechser untereinander etwas unsauber war und sie sich beim Aufrücken nicht immer versetzt genug anordneten, was die alternativen Wege durch das Zentrum etwas schwächte. Sowohl gegen die auf tiefe Defensive fokussierten Fidschianer als auch das solide positionsorientierte 4-4-2 der Usbeken befanden sich Öztunali und Brandt dann im zweiten Drittel am Flügel in Unterzahlen gegen die beiden verschiebenden Defensivlinien des Gegners. Letztere drückten die DFB-Elf gelegentlich in diesen mittleren Phasen am Flügel fest.
Bisher brauchte es also sehr lange und teils etwas träge Zirkulationsphasen über den äußersten Formationsrahmen und die hinterste Linie, bis man mal ins letzte Drittel gelangte. Dort dauerte es auch einige Zeit, bis die Umformungen in Gang kamen und die nötige Halbraumpräsenz für das Zusammenspiel erzeugt wurde. Wenn das aber gelungen war, zeigten die vier vordersten Akteure – Prömel nahm dabei oft die balancierende Rolle ein und die Außenverteidiger schoben situativ zur Mitte – einige schöne dynamische Aktionen im Zusammenspiel. Sie brachten allesamt ihre starken Dribblings sinnvoll ein und überluden durch horizontales Einrücken phasenweise im Quartett flexibel in einem Halbraum. Im Ausspielen der Angriffe erzeugten sie dann vor allem über Durchbrüche zur Grundlinie mit Cut-Backs oder über Rückraumabschlüsse nach zuliefernden Horizontaldribblings Gefahr. Entsprechend gab es hohe Siege mit einigen schönen Toren – so beispielsweise die Doppelpasskombination vor dem 3:0 gegen Usbekistan – und kontrollierten Angriffen, aber man brauchte jeweils eine Zeit, um ins Spiel zu finden: In den ersten beiden Partien fielen die Führungstore erst nach 20 bzw. 35 Minuten jeweils durch Standardsituationen und gegen Honduras brachte ein von Öztunali im individuellen Dribbling zur Grundlinie herausgeholter Elfmeter das 1:0.
Diese teilweise sehr breite und funktionale Spielweise der Außen, die das pärchenhafte Andribbeln vom Flügel einige Male bei etwas mehr Raum jedoch gut zum Aufrücken nutzten, war auch für das zentrale Zusammenspiel in den Übergangsbereichen etwas problematisch. Wenn gegen Usbekistan beispielsweise Steinmann, Stendera und Mukhtar aus dem Achterraum mal schnell vertikal beschleunigen und die kleinen Staffelungsschwächen der gegnerischen Sechser ausnutzten wollten, hatten sie zwar im ersten Moment etwas Raum, aber kaum Anschlussoptionen innerhalb des Blocks, weil die Distanzen zu Öztunali und Brandt weit, riskant und auch nicht unbedingt sinnvoll waren. So konnte Usbekistan relativ aufgefächert bleiben, ohne sofort die zentralen Lücken zu groß werden zu lassen, sondern mit einzelnen zusammenziehenden Bewegungen um den Ball recht wirksam die Dynamik herausnehmen und die wichtigsten Wege abschneiden.
Trotz der sicheren Ballzirkulation, der guten Ansätze sowie der fluiden Offensivausrichtung ist das Spiel also noch etwas unharmonisch, unrund und strategisch schablonenhaft. Im letzten Drittel liegt der Fokus sehr klar auf den guten horizontalen Bewegungen, die aber häufig nur von hohen Flügelpositionen aus systematisch bedient werden, wohingegen der Sechserraum nicht konstant genug angeschlossen ist. So müssen die Spieler an diesen flachen Strukturen entlang spielen, was sie jedoch gut abgestimmt und intelligent machen. In den vorderen Zonen und im zweiten Drittel fehlt es – auch weil das Zentrum gelegentlich übergangen wird – an einer ruhigen Ballzirkulation, so dass die Mannschaft die Angriffe wiederum direkt durchspielt, sie sofort in die Spitze zieht und bis auf klare Verlagerungen nur selten weitere Raumwechsel vornimmt.
Diese Punkte zeigten sich auch im letzten Spiel gegen Honduras und deren mannorientiert zurückfallende Flügelspieler im 4-4-2, als die DFB-Junioren über die Innenverteidiger seitlich an den Stürmern vorbei aufrücken konnten. Zu häufig versuchten sie dann direkt in die Spitze oder sogar am Flügel zur Grundlinie durchzuspielen – und verfingen sich dabei einige Male in der außen eben recht guten gegnerischen Präsenz – anstatt nach dem Aufrücken zurück in die Mitte und den Sechserraum zu ziehen und dort erst einmal weitflächig für Kontrolle und Beruhigung zu sorgen. All diese Aspekte – die Art, wie die konzeptionell sehr gute vordere Fluidität gerichtet und angebunden ist, die nur mäßige Zirkulation im zweiten Drittel, die dadurch nötige Direktheit in den vorderen Abläufen, die etwas zu wenig ausgeprägte Diagonalität in den Verbindungsmechanismen zwischen Flügel und Zehnerraum sowie das gelegentliche Übergehen des Sechser- oder Achterraums – hängen eng miteinander zusammen, beeinflussen sich gegenseitig und führen letztlich dazu, dass die Offensivaktionen trotz ihres weitgehenden Erfolgs immer etwas unruhig, unrund und hektisch aussehen.
Im zweiten Durchgang gegen Honduras wurde es etwas besser, da die Überladungen im Halbraum nun wieder verstärkt die Nähe zu Szenen um Akpoguma suchten und auch Prömel sich von der Sechs – wie bereits in einigen Phasen gegen die Fidschi – besser daran anschloss, so dass hier flüssigere Ansätze möglich wurden – mit einer aufrückenden Bewegungen steuerte der Hoffenheimer später auch einen Treffer per Abschluss aus dem Rückraum bei. Dennoch war das Resultat von 5:1 in dieser Begegnung schon ein wenig zu hoch und die Tore – fünf aus sechs Schüssen aufs Tor – entstanden etwas glücklich – die Führung per Elfmeter nach einem Lauf Öztunalis, der wie bei vielen andribbelnden Szenen etwas zu klar zur Grundlinie gezogen wurde, das 2:1 per Konter, als Honduras die Schussstatistik anführte, das 3:1 per abgefälschtem Direktfreistoß und das 5:1 nach einer Ecke.
In der zweiten Halbzeit gegen Usbekistan hatte es bereits eine andere interessante Umstellung gegeben: Das verstärkte und insgesamt auch gut eingebundene Einrücken von Rechtsverteidiger Akpoguma in den Halbraum, das eine der Stärken des Teams darstellt. Dadurch entstanden neue Dynamiken und in der Folge auch Offensivszenen, in denen der Kapitän mit guter Umsicht und Ballmitnahme überzeugte. Mit einer aufrückenden Bewegung im Pressing und einem anschließenden Diagonallauf leitete er sich sogar selbst ein Tor, den Treffer 2:0, ein. Überhaupt ist das auch ein individueller Eindruck: Der zwar etwas unkoordinierte Defensivmann ist überraschend wendig und beweglich, zeigt einige starke Drehungen und ist daher kaum unter Druck zu setzen – schon mehrfach drehte er sich pressingresistent und mit Ruhe aus schwierigen Situationen. Dazu sind seine vielseitige Positionsfindung, seine angenehme Diagonalität in der Ausrichtung und seine strategische Stabilität – schwächere Aktionen haben kaum mal gravierende oder nachhaltige Folgen, sondern sind gut abgesichert oder indirekt wirksam – zu loben.
Daneben deutete der zum Turnierstart etwas überraschend auf der Sechs als tiefster Mittelfeldmann beginnende Matti Steinmann vom HSV seine Qualitäten an. Sein Passspiel war sehr solide und erfolgsstabil, wenngleich die Entscheidungsfindung nicht ganz, und seine Positionierungen zwar nicht immer optimal, aber sehr anpassungsfähig. Dazu zeigte der Hamburger einige gute stabilisierende Aktionen und leitete mit einem starken Vertikalpass den lang ersehnten Führungstreffer gegen Usbekistan ein. Im anschließenden Duell mit Honduras ersetzte ihn Julian Weigl – von den Relegationsspielen mit 1860 München nachgereist – und sorgte für etwas mehr Dynamik und in der Vertikalen auch Vielfältigkeit in der Positionsfindung, kippte einige Male ab, um den Innenverteidigern das Aufrücken zu erleichtern, und brachte zudem das eine oder andere raumöffnende attackierende Dribbling ein. Damit erlebte das Mittelfeld eine kleine Steigerung, wenngleich einzelne Pässe und manche dominante Phasen von Steinmann fehlten.
In der Defensive leistete das Team von Frank Wormuth in der Gruppenphase solide Arbeit und stand meistens sicher ohne groß aufzufallen. Sie wechselten dabei zwischen eher 4-2-3-1-haften Phasen mit stärker einrückenden Außen und 4-2-4-0-/4-4-2-0-haften Strukturen, aus denen Mukhtar dann auch situativ etwas herausrückte. Auf den Außen gab es kleinere problematische Mannorientierungen der Verteidiger, die sich auch bei den zentralen Defensivspielern für die horizontalen Abstände in der Kette nicht als optimal erwiesen, doch insgesamt wurde solide zum Flügel verschoben, meist gut auf die häufigen langen Bälle reagiert und auch die Endverteidigung passte – abgesehen von einigen Problemen bei frühzeitigen gegnerischen Halbfeldflanken aufgrund der Abstände – in den meisten Fällen. Die Konsequenz in der Rückzugsbewegung stimmte nicht immer ganz, war aber auch nicht durchgehend nötig.
So waren die bisherigen Gegner eben auch noch kein wirklicher Gradmesser – nicht nur aufgrund der, trotz einzelner interessanter und technisch starker Spieler, individuellen Unterlegenheit jener Teams, sondern auch weil eigentlich alle drei Mannschaften aus dieser Gruppe Probleme mit der Ausgewogenheit in den Aufbaustaffelungen und der Herstellung ausreichender Präsenz in den Offensivräumen hatten. Es ging daher für die deutsche Mannschaft bisher viel mehr um das – eigenwillige, fluide, gefährliche, aber noch nicht optimal eingebundene – Spiel nach vorne. In diesem Zusammenhang gab es zudem einige sehr starke und in vielseitigen Ordnungen durchgeführte Angriffspressingphasen, bei denen gerade die potentielle Asymmetrie in der vordersten Linie und das selten leicht instabile, aber dafür vielseitige Nachschieben der Außen überzeugten. Erwähnenswert ist noch die wirkungsvolle 5-4-1-Umstellung in der Endphase gegen Honduras – eine Formation, die möglicherweise eine Option für den weiteren Turnierverlauf bleibt. Im Achtelfinale trifft das Team nun auf Nigeria, was ein interessanter Test sein dürfte: Wie wird die Defensive gegen deren physisch und individuell starke Stürmer gefordert und können die eigenwilligen deutschen Offensivmuster aus den gelegentlichen Zugriffsschwächen des gegnerischen Mittelfelds den entscheidenden Profit zum Sieg ziehen?
Fidschi
Mit viel Diagonalität – so könnte man den Plan zusammenfassen, mit dem die eigentlich meilenweit unterlegene Mannschaft Fidschis von Frank Farina und Ravinesh Kumar, sensationell überhaupt für das Turnier qualifiziert, im „ungleichsten“ Duell dieser U20-WM der deutschen Mannschaft begegnen wollte. Ihr verschobenes Defensivsystem schien wie eine schiefe 4-4-2-Formation mit sehr hohem Rechtsaußen und sehr tiefem Linksaußen zu funktionieren und bildete daher letztlich ein asymmetrisches 4-3-3, das in den folgenden Partien in leicht „normalerer“ Anordnung auch weiter so gehandhabt werden sollte. Durch den sehr hoch spielenden und phasenweise fast aus der mannschaftlichen Arbeit ausgegliederten Rechtsaußen und die anderen Anordnungen reihte sich dieses 4-3-3 gegen die DFB-Elf quasi in zwei parallelen Linien auf. Im Mittelfeld agierte der halbrechte Akteur etwas höher als sein zentraler Partner und Chand auf links spielte sehr tief, sicherte den Flügel, nahm situativ eine Mannorientierung gegen Prömels Aufrücken ein oder versuchte Verbindungsräume zwischen Stendera und Mukhtar zu versperren.
Mit dieser Struktur wollten die insgesamt zwar etwas wirren, aber nicht übertrieben ungeordneten oder falsch mannorientierten und sich teilweise geschickt bewegenden Ozeanier die deutschen Angriffe nach rechts außen vom Tor wegleiten und ihnen Dynamik nehmen. Das funktionierte grundsätzlich auch und sorgte für eine zwanzigminütige Anfangsphase ohne Gegentreffer, wurde aber nicht optimal genutzt. Meistens zogen sich die Fidschi mannschaftlich an ihrer eigenen Diagonalstruktur entlang nach hinten zurück, um sauber und einfacher verschieben zu können. Situativ geplant Druck machen konnten sie damit allerdings nicht – dafür hätten die etwas höheren Spieler die Ausgangsmechanismen aggressiver für anschließend bogenförmiges Nachschieben nutzen müssen – und so konnte sich die deutsche Mannschaft eigene Male noch recht ruhig bis an die Grundlinie durchspielen und Hereingaben bringen. Durch die solide fidschianische Grundarbeit und ihre Defensivpräsenz waren es aber kaum mal offene Szenen mit Dynamikvorteil, sondern solche, in denen sie noch recht organisiert waren.
Einige Male schienen sie sich sogar an kleinen Pressingfallen zu versuchen, die aber unkoordiniert abliefen und kaum aufgingen, aber eben auch kein Risiko darstellten. Insgesamt mühte sich das sehr ballsichere und dominante DFB-Team eine gewisse Zeit gegen den störrischen Underdog ab und brauchte gegen deren gute Rückzugsbewegung an den Strafraum einen Doppelschlag per Ecke und Elfmeter, um sie zu knacken und die Weichen auf Sieg zu stellen. Anfällig war dieses asymmetrische Defensivsystem vor allem in den halbrechten Defensivbereichen, wenn diese doch mal angespielt werden konnten. Indem sie nach geduldiger Zirkulation in den richtigen Momenten dort im Zwischenraum bespielsweise Brandt bedienten, konnten die DFB-Junioren anschließend einige Male das gegnerische Prinzip aufsprengen, dessen ansonsten durchaus ordentliches Zusammenziehen in diesen Fällen nicht mehr viel retten konnte. Zwei der Treffer wurden aus jenem Bereich eingeleitet und nutzten – wie fast sämtliche Tore aus dem Spiel heraus und auch die anfangs auf rechts horizontal an der letzten Linie kombinierten Angriffe – aus, dass die Fidschi in der Rückzugsbewegung letztlich zwar stabile Gebilde in fast siebener- oder achterkettenartiger Form hatte, aber im Rückraum dadurch offen wurde.
So schraubte die Wormuth-Truppe das Resultat vor der Pause auf ein 6:0 und siegte schließlich mit Hilfe des zwei Standard- und zweier Elfmeter-Tore mit 8:1. Dabei trug auch die Tatsache, dass es eben doch manche seltsame Mannorientierungen, eigentlich auf hohem Niveau ungewöhnliche Nachlässigkeiten und einzelne wirre Herausrück- oder Zurückfallbewegungen mancher Spieler gab, zu instabilen Momenten bei und vereinfachte so manches Tor. Abschließend bleibt aber definitiv ein Lob für die unorthodoxe Ausrichtung des diagonalen 4-3-3 mit interessanten Rollen der äußeren Spieler, zumal dadurch sehr gute Umformungsmöglichkeiten in 4-5-1- oder 5-4-1-Anordnungen vorhanden waren, die ansatzweise genutzt wurden. Als die Formation in den folgenden Partien etwas klarer und flacher 4-3-3-haft wurde, agierte das Mittelfeld weiterhin flexibel, indem mal Tuivuna etwas höher vor seinen Kollegen spielte, mal aber auch diese beiden wie breite und etwas tiefere Achter auftraten. Dazu bildeten sie im Angriffspressing sogar vereinzelt flache 4-3-3-Staffelungen mit geschickten Horizontalanordnungen, aber Schwächen in der Vertikalen.
Die Offensive Fidschis gestaltete sich insgesamt eher wirr und unstrukturiert, funktionierte – einige etwas systematischere Lichtblicke gab es zwischendurch – weitgehend über weiträumige lange Bälle oder irgendwelche improvisierten Bewegungen, wie sich auch an den weiträumigen Aktionen des Schlaks auf Rechtsaußen zeigte. Überhaupt waren die individuellen Aspekte von großer Wirkung auf den Ablauf der Angriffsbemühungen: Rechtsverteidiger Prasad rückte einige Male weit nach außen als zweiter Fokuspunkt für lange Bälle auf und war gar nicht mal schlecht im Dribbling, was auch auf sein Pendant Naidu links zutraf, der sich einige Male gut aus schwierigen Szenen löste und damit das Führungstor gegen Honduras einleitete. Im defensiven Mittelfeld rückte Tuivuna mit seiner schwankenden Positionsfindung einige Male etwas wirr in die Spitze nach und wirkte dabei physisch unbalanciert, zeigte aber einige überraschende Dribblings mit wirkungsvollen Haken und Abstoppbewegungen. Sein Partner Waranaivalu halbrechts ließ sich einige Male nach hinten fallen, rochierte aber gegen Honduras auch weit mit auf den Flügel heraus für Überladungen, wobei er ein ordentliches gruppentaktisches Bewusstsein zeigte.
Komplettiert wurde das Mittelfeld schließlich vom etwas tiefen und breiten Nickel Chand auf links, der sich dynamisch, bewusst und mit hohem Aktionsradius präsentierte. Daher versuchte er über seinen Halbraum – wenngleich in wechselhafter Art und Weise – verbindungsgebend aufzutreten, wo sich einige Überladungsansätze ballten. Mit ihm selbst und Hughes vor ihm gab es dafür die zuverlässigsten und ballsichersten Techniker des Teams. Einige Male schaltete sich neben dem versetzten Linksaußen Hughes – bei seiner technischen Qualität aber etwas willkürlich, chaotisch und verschwenderisch – auch der verhältnismäßig komplette, ausgeglichene und auch durchsetzungsfähige Stürmer Verevou ein. Auch wenn es in jenen halblinken Bereichen einige Ansätze gab, so muss man doch letztlich sagen, dass die Angriffsversuche auf eher instabilem, wechselhaftem Boden wuchsen und situativ von individuell seltsamer Willkür überlagert wurden: Manchmal machten sie, platt gesagt, einfach irgendetwas, spielten auf seltsam aussehende Weise wenig raumnutzend und eher unsystematisch bloß spontan in Richtung Tor. Die Treffer beim 3:0 gegen Honduras waren auch durch den Zufall begünstigt.
Am Ende waren die kleinen Probleme bei gegnerischen Angriffen, die über die linke Offensivseite die besondere Diagonalität attackierten, vielleicht das ausschlaggebende Zünglein gegen Fidschi. Gegen solche Situationen, die auch schon Deutschland in ihrem Potential angedeutet hatte, stellte sich die Mittelfeldlinie nur etwas gebogen, aber trotz einiger ordentlicher Anpassungen etwas zu löchrig. Auch wenn sie phasenweise mit dem rechten Achter immer sauberer zum Flügel herausschoben, wirkte sich das in diesen Zönen mäßige Zurückrücken der vorderen Spieler negativ aus und gab dem Gegner die eine oder andere Möglichkeit, etwas leichter gegen eine 4-3-Stellung anzuspielen. Im entscheidenden Gruppenspiel gegen Usbekistan wurden die zwei entscheidenden Gegentore in kurzer Abfolge beide ungefähr aus jenem Bereich eingeleitet, wenngleich auch etwas Pech und seltsame Aktionen des eigenen Torwarts mithalfen. Bei 4-40 Schüssen in diesem letzten Match kann man aber auch nicht von einem unverdienten Erfolg des usbekischen Konkurrenten sprechen. Dennoch: Es ist schon ein wenig schade, dass der interessante Außenseiter das Wunder des Weiterkommens knapp verfehlte.
Usbekistan
Der entscheidende Unterschied, mit denen sich Usbekistan letztlich von seinen beiden Konkurrenten um den Platz hinter dem deutschen Team abhob, war die etwas stabilere und durchgehend kohärentere Defensive. Zwar mussten sie im ersten Match vier Treffer gegen Honduras hinnehmen, doch entstanden diese aus zwei direkten Freistößen, nach einem eigenen Fehler im Aufbau sowie einem langen Ball in der Nachspielzeit – in der Verteidigung dieses Mittels konnten sie sich anschließend steigern. Gegen das deutsche Team zeigten sie eine solide Vorstellung mit einer recht sauberen, vertikal durchaus kompakten Anlage im 4-4-2, die auch von interessanten und ansatzweise vielfältigen Stürmerbewegungen geprägt war.
In der horizontalen Kompaktheit wurden die Lücken zwischen den jeweiligen Außenspielern und Sechsern bisweilen zu groß, wenngleich dies gegen Deutschland phasenweise eventuell bewusst angepasst war, um Verlagerungen gerade Richtung Brandt besser kontrollieren zu können. Dennoch erschienen in der insgesamt ordentlichen Anlage der Mannschaft von Ravshan Khaydarov innerhalb der Mittelfeldlinie Staffelungskonstanz und -druck untereinander sowie eigentlich auch die Struktur in der Rückzugsbewegung verbesserungswürdig. Gegen Honduras demonstrierten sie ihre methodische Vielseitigkeit in der Arbeit gegen den Ball, die man im Duell mit den DFB-Junioren wegen des größeren Stabilitätsfokus kaum gesehen hatte. Dazu zählten höhere Pressingansätze in engen 4-2-3-1/4-3-3-Anordnungen, bei denen der Zehner die beiden ballnah pressenden Spieler absicherte und der ballferne Angreifer hoch eingerückt agierte, oder auch passivere Phasen, die im 4-1-4-1 und teilweise sogar mit einer sauberen und flachen Dreifachsechs im Zentrum gestaltet wurden.
Im Aufbau war auffällig, dass die beiden Sechser zwar einige starke Aktionen im tiefen Bewegungsspiel – Hamrobekov ging beispielsweise passend zur Seite und suchte variable Dreiecksbildung um den häufig diagonalen Linksverteidiger Komilov herum – hatten, aber insgesamt etwas zutief und abwartend blieben. Das änderte sich auch nicht, wenn Shukurov sich weit nach hinten einschaltete, was dann die Verteilung des Mittelfelds und die Präsenz vorne schwächte. Nur selten gab es – wie zwischenzeitlich gegen Honduras – etwas mehr Konsequenz in Abkippbewegungen. Eigentlich passte diese Tatsache mit den vielen häufigen langen Bällen, auf die das Team zurückgriff, nicht zusammen, weshalb dieses Mittel über weite Strecken auch keine großartige Effektivität entfaltete. Teilweise gelang es jedoch Shukurov, auch gegen Deutschland, die gegnerischen Sechser herauszulocken und einem der vorderen Angreifer etwas Zeit zur Annahme geben. Dabei tat sich der sehr engagierte, kampfstarke und umtriebige, auch rollenflexible Rechtsaußen Shomurodov hervor, der einige Szenen gut einleitete, aber auch etwas ineffektiv und inkonstant war.
Kamen die Usbeken mal nach vorne, griffen sie meist nur mit den vorderen vier Akteuren an, wobei Shukurov mit seinen weiten Rochaden zu den Flügeln ein Schlüsselspieler war. Gerade im rechten Halbraum trieb er sich oft herum, fand kleine Lücken und versuchte in asymmetrischen 4-2-1-3-Strukturen anzutreiben, doch insgesamt war die Optionsvielfalt zu gering und die Muster der Kollegen – auch wenn sich mal Shomurodov bogenförmig nach hinten fallen ließ und teilweise sogar umgekehrt hinterlief – zu simpel, als dass daraus große Gefahr hätte entstehen können. Gegen Honduras trafen sie zwei Mal nach langen Bällen, deren Abpraller sie eher durch geschicktes Movement denn mannschaftliche Anschlusskompaktheit gewannen, und durch eine simple Flanke in der Nachspielzeit. Sehr vereinzelt spielten sie aus etwas ruhigeren Phasen im zweiten Drittel – eingeleitet zum Beispiel durch Zuspiele von Sokhibov – Passfolgen mit sauberen Vertikalansätzen samt Ablagen, wie von Shomurodov, doch waren diese Spielzüge etwas undynamisch im Zusammenspiel.
Honduras
Honduras unter Trainer Jorge Jiménez startete in einem 4-4-2 mit Kapitän Benavídez als offensivem Sechser ins Turnier, das auf zahlreiche unterschiedliche Weisen über Phasen immer wieder in eine Fünferkette verformt werden konnte. Entweder schob sich der Linksverteidiger auf Mittelfeldhöhe und der Rechtsaußen agierte etwas tiefer, Escalante zog sich weit nach hinten zurück oder einer der Sechser gliederte sich – teilweise aufgrund von verfolgenden Mannorientierungen, die bei den Mittelamerikanern immer mal wieder zu sehen waren – irgendwo in die letzte Linie ein. Potentiell konnten sie trotz der engen Zuordnungen einige kurzzeitige Vertikalkompaktheiten erzeugen, doch letztlich deutete schon Usbekistan ihre defensiven Probleme an. Sie agierten insgesamt etwas simpel und chaotisch, ließen Räume hinter den Stürmern und waren daher teilweise auch im Rückraum anfällig, was ihnen durch lange Bälle und Hereingaben drei Gegentore einbrachte. Überhaupt waren unstrukturierte gruppentaktische Reaktionen und die gelegentliche Panik im Verteidigungsrhythmus sehr schwerwiegend. Gerade wenn der Gegner am Flügel sich weit genug vorgespielt hat, ist das ein großes Problem, das dann – mit dem richtigen Rhythmus in der gegnerischen Vorbereitung – teils enorme Löcher an der Strafraumgrenze bietet. Dennoch sind die elf kassierten Gegentore letztlich doch etwas unverdient zahlreich ausgefallen.
Gegen das deutsche Team stellten sie im letzten Gruppenmatch auf eine klare 4-2-3-1/4-4-1-1-Formation mit anderer Besetzung um. Benavídez rückte nach vorne und agierte hinter Róchez in einer mal mehr und mal weniger versetzten Sturmspitze . Aufgrund der tieferen Spielweise von Escalante auf links war das System zunächst einmal asymmetrisch ausgelegt. Situativ rückte ein Mittelfeldakteur – teilweise auch von außen – in den Zehnerraum, wenn ein Kollege kurzzeitig zurückgefallen war, so dass es dort hohe Fluktuation und mehr Präsenz gab. Im Verlauf der Angriffe zog sich dann Escalante sehr tief nach hinten in eine Fünferkette. Mit der Zeit fielen aber letztlich beide Flügel mannorientiert weit zurück. Daher entstanden fast sechserkettenartige Gebilde, die Honduras zunehmend an Zugriff raubten. Insgesamt war die Ausrichtung zwar ordentlich, was die Aufmerksamkeit gegen Flügelangriffe – Jhonatan Paz rückte einige Male stark heraus – oder den Wechsel zwischen leichten Mannorientierungen und Mittelfeldlibero-Rollen der Sechser anging, doch mehr als Grundstabilität wusste sie nicht zu gewähren. Zu selten sah man die erst im zweiten Durchgang wieder etwas häufiger werdenden Aufrückphasen ins höhere Pressing.
Was die Offensivbemühungen der Mittelamerikaner anbelangte, zeigten sich von der Grundmethodik ähnliche Schwierigkeiten wie bei den Usbeken. Das breite und durchaus hohe Aufrücken der Außenverteidiger im Aufbau wurde gegen die deutsche Mannschaft so genutzt, dass sich beide Sechser – zwar durchaus flexibel – nach hinten fallen ließen und sich kurz vor oder diagonal in den Lücken neben den Innenverteidigern anboten. Diese vier Aufbauakteure hatten aber gerade zentral nur wenige Verbindungen nach vorne, zumal sich das deutsche 4-4-2-0/4-2-4-0 etwas passiv zurückzog. Fast sämtliche Angriffe musste Honduras daher letztlich über lange Bälle in die Spitze – gegen Usbekistan im 4-4-2 mit zwei klaren Stürmern wirkungsvoller – eröffnen, was zwar einige Male ansatzweise funktionierte, aber gegen die DFB-Elf nicht für mehr als einen Treffer reichte. Anfangs lag die Verantwortung für solche Zuspiele vor allem auf dem statisch recht dribbelkreativen Linksverteidiger Moncada. Vor ihm fiel der tiefe Escalante nochmals etwas nach hinten, um Akpoguma herauszulocken, während der komplette und durchsetzungsfähige Róchez mit guter Ballverarbeitung nach außen in jene Lücke ziehen sollte.
Diese Methodik wurde aber schnell zugunsten der Zuspiele aus dem Sechserraum ad acta gelegt. Stattdessen suchten nun die dortigen Akteure lange Diagonalbälle nach rechts oder halbrechts, wo Benavídez auf kleine Ablagen wartete oder er bzw. einer seiner beiden Kollegen das Leder direkt anzunehmen versuchten. Hier konnte Honduras auch auf seine individuell stärksten Spieler zählen: Nicht nur Róchez, sondern auch seine offensiven Partner machten einen guten Eindruck. Der Rechtsaußen Kevin López agierte lang Zeit enorm unauffällig und zurückhaltend in breiter Position, deutete aber bei vereinzelten Aktionen seine sehr gute Technik und seine Effektivität in kurzen, explosiven Dribblings an. Am Ball agierte er zwar etwas wirr und simpel, aber doch effektiv, was sich bei der Vorbereitung des zwischenzeitlichen Ausgleichs zeigte, als er nach wendiger Voraktion eine feine Lupferflanke in den Strafraum legte. Überhaupt versuchte er sich einige Male an teils skurrilen Chip- und Lupferpässen und deutete bei einigen Weiterleitungen und (Gegenpressing-)Momenten sein Spielverständnis an.
Auf der anderen Seite zeigte sich auch Escalante als guter und technisch versierter Dribbler, der dabei vor allem von Dynamiken geschickt Gebrauch machte. Gegen den Ball beeindruckten sein Engagement und seine gelegentlichen Einrückbewegungen, wenngleich auch einige seltsame Szenen mit komischer Orientierung dabei waren. Der antreibende und vielseitige Benavídez wurde auf der zentralen Offensivposition nur mäßig eingebunden. Einige Male unterstützte er die Flügel bei Überladungen mit guten Positionierungen, wenngleich er phasenweise auch zu passiv blieb, und konnte zudem den einen oder anderen langen Ball mit seinen starken An- wie Mitnahmen sichern. Demgegenüber fielen seine weniger sauberen, leicht chaotischen Dribblings jedoch ab. In einer schwierigen Umgebung wusste er sich gegen die deutschen Sechser insgesamt ordentlich zur Wehr zu setzen. Insgesamt mussten die vorderen Akteure bei Honduras viel alleine stemmen und so kam es nach den langen Bällen meist zu individuell angetriebenen Aktionen, schnellen Dribblings oder simplen Angriffen über Flügelmechanismen. Das reichte letztlich nicht für das Achtelfinale.
Abschließend noch ein Dank an CF von Konzeptfussball für seine Hinweise und Meinungen zu einigen der Teams.
13 Kommentare Alle anzeigen
Peda 11. Juni 2015 um 10:50
Wow, sehr starke und umfangreiche Zusammenfassungen. Chapeau!
Mit den Österreichern hättest du aber meinetwegen nicht so zimperlich sein müssen. Ich war von Trainer Heraf enttäuscht, obwohl ich mir von ihm eigentlich ohnehin nichts erwartet habe.
Seine öffentlichen Auftritte verfolgen seit Jahren nur das Ziel sich selbst in einem guten Licht darzustellen (Kader schlecht reden, Gegner stark reden, auf fehlenden/verletzte/nicht abgestellte Spieler hinweisen, die exzellente taktische Vorbereitung herausheben…). Dazu hat er das außerordentliche Talent seine eigene Mannschaft während einer Partie durch übervorsichtige Wechsel zu destabilisieren (gegen Ghana, vor allem aber gegen Panama: drei defensive Wechsel und in der Schlussphase trotz doppelter Überzahl hilflos herumgeschwommen).
Die zwei prägenden Elemente – Pressing und lange Bälle – verkommen derweil zu einem Selbstzweck: pressen, um lange Bälle schlagen zu können; lange Bälle, um ins Pressing kommen zu können.
Durch die enorme horizontale Kompaktheit (sehr enges 4-1-1-2-2) können behauptete Bälle anschließend nicht verlagert und damit kontrolliert werden (dazu rücken die Außenverteidiger zu spät auf) und wenn doch, wirkt alles weitere extrem improvisiert.
Das Achtelfinale vor wenigen Stunden war leider erwartungsgemäß grauenhaft.
Rabona 10. Juni 2015 um 21:57
Danke für den ausführlichen Artikel!
Man liest ja immer viel über solche Turniere aber hald immer extrem oberflächlich..
Die österreichische Mannschaft habe ich großteils gesehen und ich muss sagen, als so mauernd-defensiv und simpel würde ich sie nicht bezeichnen. Die ersten beiden Spiele waren in meinen Augen durchaus anspruchsvoll, aufwändig und aktiv im Pressing.
Gegen Argentinien war es dann tatsächlich besagte Abwehrschlacht aber mehr aufgrund von Müdigkeit, stärkerem Gegner und der guten Ausgangsposition, bei der ein Remis reichen würde, als aus strategischen Gründen..
Übrigens, bin ich der einzige den Laimer ein bisschen- sowohl optisch als auch fußballerisch- an Kramer erinnert 🙂 ?
Die Brasilianer habe ich leider noch nicht gesehen. Könnte mir wer was über Andreas Pereira erzählen?
cali 10. Juni 2015 um 19:57
Top, vielen Dank für die ausführlichen Analysen!
Da ich seit jeher ein Fan dieses Turniers bin, schaue ich es mir auch dieses Mal an (zumindest die Spiele, die zur einer für uns noch halbwegs humanen Zeit stattfinden). Alles in Allem habt ihr die Teams auch ziemlich gut zusammengefasst. Die Afrikaner kommen mir allerdings etwas zu kurz vor, speziell Nigeria und der Senegal, die in meinen Augen einen äußerst ansprechenden Ball spielen.
Ich persönlich fiebere vor allem mit den Senegalesen mit. Die Jungs sind richtig gut eingestellt und versuchen meistens auch die brenzligen Situationen spielerisch zu lösen. Dieses Prinzip ist im Auftaktspiel gegen Portugal zwei Mal in die Hose gegangen, wurde im weiteren Verlauf des Turniers jedoch besser. Ich tue mich schwer jemanden hervorzuheben, da mir fast jeder Spieler auf seine eigene Art und Weise gefällt, aber der Torwart, Ibou Sy, ist schon ’ne Wucht. Überragendes Handling, sehr agil und dazu noch ziemlich gut am Ball. Als augenscheinliche Schwäche würde ich jedoch das Umschaltverhalten der Außenspieler nennen. Das war vor allem im heutigen Spiel gegen die Ukraine zu sehen. Ich weiß nicht, ob sie dazu angewiesen wurden zu zocken, aber das war schon sehr dünn. Das Tor der Ukrainer ist auch durch einen Konter über die Außen entstanden.
Und warum zum Teufel ist Oliver Schnitzler nicht dabei? Er hat dieses Jahr nur eine handvoll Spiele auf Profiniveau absolviert, war bei der letztjährigen u19-EM aber richtig gut und besitzt in meinen Augen auch sehr gute Anlagen. Schwäbe hingegen kann ich kaum einschätzen. Mal schauen, wie er sich gegen die besseren Teams machen wird.
Deutschland sollte übrigens auf Nigerias Kapitän Musa Muhammed aufpassen, der als RV spielt. Hat zwar hier und da ein paar Schwächen im Stellungsspiel, besitzt jedoch eine ungeheure Präsenz in der Offensive. Hab so etwas wirklich sehr selten im Jugendbereich gesehen. Er war schon beim Gewinn der u17-WM vor zwei Jahren sehr überzeugend. Das wird bestimmt ein tolles Duell mit Julian Brandt.
Valentin 10. Juni 2015 um 20:41
Ibou Sy ist mit heut auch aufgefallen (also nicht nur durch das Elferschießen). Zwar manchmal ein bisschen unsicher, aber wie angesprochen gut am Ball und hat auch einige Bälle durch starkes, sehr weiträumiges Rauslaufen rausgeholt. Das Ende dann quasi als Krönung dieser guten Leistung.
Valentin 10. Juni 2015 um 17:01
Wow, extrem ausführlich. Sehr stark, danke dafür. Leider zeigt Eurosport nur wenige Spiele, deshalb ist diese Zusammenfassung hier umso interessanter. Was ich von Zelalem gesehen habe, auch wenn es nur Videos von seinen Aktionen gegen Myanmar und Neuseeland waren, hat mir äußerst gut gefallen ( in Sachen Ballverteilung, Steilpässe, Pressingresistenz, Eins-gegen-Eins, Dynamik). Erwarte mir noch viel von ihm, hat ja auch schon in Vorbereitungsspielen von Arsenal letztes Jahr starke Ansätze gezeigt. Wo seht ihr bei ihm noch Schwächen?
FAB 10. Juni 2015 um 13:09
Wow, hatte ja gehofft, dass noch etwas zur U20 WM kommt, aber das hier übertrifft meine Hoffnung/Erwartung deutlich. Sensationell …
In der KO Runde wird es nun wohl etwas spannender für das deutsche Team, das ja doch einigermaßen auf Individualität setzt, was gegen physisch starke Afrikaner schwerer werden dürfte.
Mit den vielen Bundesligaerprobten Akteuren sollte aber die DFB Auswahl eindeutig der Favorit sein. Neben Selke und Goretzka dürften ja noch Kimmich, Gnabry und Max Meyer aus der U21 mitspielen. Für mich ist der 95/96er Jahrgang der stärkste seit dem 87/88er Jahrgang um Özil, Hummels, Khedira …
cali 10. Juni 2015 um 20:22
Tah, Süle, Sarr, Gaudino, Dahoud, Pflücke, Kurt, Sané, Avdidaj, Werner, Palacios-Martinez… unfassbare Qualitätsdichte.
FAB 15. Juni 2015 um 09:00
Schade, dass nicht mehr herausgesprungen ist, als das Viertelfinale. Ich konnte das Mali Spiel nicht sehen, sondern nur das Nigeria Spiel. Ich vermute aber, dass es relativ ähnlich abgelaufen ist.
Deutschland hatte aus meiner Sicht eigentlich keine Schwächen, defensiv stabil, guter Spielaufbau, individuell starke Spieler. Alles gut. Allerdings fand ich, dass sie schon gegen Nigeria teilweise etwas müde wirkten. Außerdem fehlt einfach als Mittelstürmer ein Killer. Mukhtar hat sich zwar , meine ich, gut bewegt, ist natürlich auch technisch stark, aber es fehlt einfach etwas. Das er dann den Elfmeter gegen Mali verschiesst ist dann nur symptomatisch. Eigentlich ein ähnliches Problem wie bei der A- Nationalmannschaft.
FAB 4. September 2015 um 12:59
… hat sich gestern wieder beim U21 Testspiel gezeigt, dass die 95/96 Jahrgänge richtig geile Kicker hervorbringt. Das Spiel wurde zwar nur 2:1 gewonnen, hätte aber viel deutlich ausfallen müssen:
Tah,Süle,Weigl,Kimmich,Goretzka,Meyer,Brandt,Werner,Gnabry,Öztunali,Selke
Clubberer 10. Juni 2015 um 08:05
Interessant finde ich, dass Niklas Stark hier in der IV spielt obwohl er sich diese Saison auf der 6er Position am stärksten gezeigt hat.
Ich nehme mal an es leigt bei der U20 am Mangel an Außenverteidigern, weshalb Akpoguma nach Außen rückt und somit Stark für die IV wichtiger ist als für das DM.
LM1895 10. Juni 2015 um 09:49
Wobei mich als Düsseldorfer ja vor allem interessieren würde, wie Akpoguma als IV so ist…immerhin kommt er für 2 Jahre per Leihe zu uns und ist als IV eingeplant. Kann hier wer was zu ihm sagen?
Vega 10. Juni 2015 um 20:33
Akpuguma hat tatsächlich früher Stürmer gespielt. Letzten Juli wurde er als Rechtsverteidiger U19 Europameister. Trotz seiner Größe ist er sehr athletisch, deswegen hätte ich gehofft, dass er sich als als Außenverteidiger durchsetzt, gerade im Hinblick auf unsere AV Situation in der A-Mannschaft, wo heute wieder Rudy spielt :(. Allerdings hat Kevin diese Saison hauptsächlich IV gespielt und soweit ich es verfolgt habe sehr gut. Warum er keine Chance bei Hoffenheim bekommen hat kann ich genauso verstehen wie bei Jeremy Toljan. Aber die Hoffenheimer werden es wohl wissen.
@Clubberer:
Das fragen sich wohl viele Nürnberger wo Stark und Petrak spielen sollten ;). Petrak sehe ich eher in der IV, aber als Nicht-Nürnberger beobachte ich ihn eher oberflächlich. Als U-Nationalmannschaft Interessierter würde ich Niklas Stark auf der Doppel-6 als Defensiver neben einem spielstarken 8er sehen. Hier würde ich gerne Mukhtar sehen. Es überrascht mich, dass Mukhtar bis jetzt als Halber Stürmer spielt, aber das kann er anscheinend auch :). Starks Passspiel ist mMn nicht ideal für einen 8er, der auch das Spiel antreiben soll.
LM1895 11. Juni 2015 um 07:39
Danke sehr! Bin mal gespannt, unsere bisherigen Neuverpflichtungen sind wirklich interessant…