Wechselhafter Spielverlauf im Spitzenspiel
In einem interessanten, aber taktisch nicht besonders ausgefallenem Zweitligaspitzenspiel trennten sich Tabellenführer Ingolstadt und Verfolger Darmstadt mit einem Unentschieden.
Weil es bisher noch nie ein Spiel zwischen den beiden Mannschaften gegeben hatte, das nicht mit einem Unentschieden endete, kündigte Darmstadt-Trainer Dirk Schuster vor dem Spiel an, diese Serie heute zu Gunsten der 98er beenden zu wollen. Auch wenn sein Team diesen Vorsatz nicht in die Tat umsetzen konnte, bekamen die Zuschauer dennoch ein interessantes Spiel mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten zu sehen, das vor allem durch die vielen langen Bälle auf beiden Seiten geprägt wurde.
Vertikale Streckung im Pressing als Mittel gegen Darmstadts Fokus auf lange Bälle
Bei den Darmstädtern, die in einem 4-2-3-1-/4-4-2-System antraten, lag der Fokus im Angriffsvortrag von Beginn an auf einfachen Flügelangriffen und langen Bällen auf Zielspieler Stroh-Engel. Hierfür setzte sich der Darmstädter Stürmer in Aufbauszenen seiner Mannschaft stets etwas in die offensiven Halbräume ab, die die 98er als Gegenpressingzone nutzten, um zweite Bälle aufzusammeln. Entsprechend dieser einfachen Offensivmuster gab es mit Gondorf und den beiden Sechsern nur drei Spieler, die im Zentrum etwas freier agierten. Stroh-Engel beschränkte sich meistens auf höhere Zonen, gab dem Spiel die Tiefe und agierte allenfalls horizontal ausweichend. Heller und Ivana auf den beiden offensiven Flügelpositionen spielten sehr positionsgetreu und besetzten in der Regel durchgehend die Außen, genauso wie die beiden Außenverteidiger Holland und Sirigu.
Gegen diese Spielweise interpretierten die Ingolstädter ihre nominelle 4-3-3-Defensivformation als 4-3-0-2-1. Während sich die drei Mittelfeldspieler nahe an der Viererkette positionierten und den Zwischenlinienraum maximal verkleinerten, agierten Hinterseer, Lex und Leckie auf den Flügeln weit vorgeschoben, horizontal kompakt und untereinander stark tiefengestaffelt. Auf diese Art und Weise entwickelte das Pressing der Bayern einen stark leitenden Aspekt auf die Flügel, während es zentrale Räume und Passwege in den Darmstädter Achter- oder Zehnerraum zustellte. Die große vertikale Streckung verhinderte zudem, dass Darmstadts Außenverteidiger zu früh nach vorne aufrückten, um in Gegenpressingsituationen bei zweiten Bällen zu helfen. Stattdessen waren sie in tieferen Räumen gebunden, konnten aber kaum die Ballzirkulation unterstützen, ohne dass die Angriffe im Anschluss komplett linear den Flügel herunter gespielt werden mussten.
Ingolstadts Offensivmuster gegen Darmstadts 4-4-2/4-2-2-2-Pressing
Dirk Schusters Trainerkollege Ralph Hasenhüttl schickte seine Mannschaft in einer 4-3-3-/4-1-2-2-1-Formation in die Partie. Leckie und Lex auf den Flügel interpretierten ihre Rollen als Flügelstürmer gewohnt eng und rückten generell nah an Hinterseer heran. Dabei kamen Leckie aber auch einige Breite gebende Aufgaben zu, weil Danilo Soares auf der linken Außenverteidigerposition tiefer und spielmachender eingebunden war, während Levels auf der anderen Seite offensiv deutlich aktiver war.
Im Spielaufbau fielen die Aufgaben in der Regel den beiden Innenverteidigern Roger und Matip zu, wobei sich später vermehrt auch Groß und Bauer beteiligten. Letzterer besetzte zwar stets den zentralen Sechserraum, wurde aber auch immer wieder von den Deckungsschatten der Darmstädter Stürmer verschluckt und war deshalb zu Beginn nicht besonders prägend für das Ingolstädter Spiel.
Darmstadt setzte gegen diese Spielweise im Pressing, das in einer 4-4-2-Formation ausgeführt wurde, auf einen ähnlichen Plan wie die Schanzer. Durch ein frühes Anlaufen der Innenverteidiger – bevorzugt durch Stroh-Engel – sollte der Ingolstädter Spielaufbau auf die eigene rechte Seite gelenkt werden, wobei durch die Tiefenstaffelung der Stürmer zueinander Pässe in den Ingolstädter Sechserraum verhindert werden sollten. War der Ball dann bei Roger angelangt, wollte man durch eine recht enge Stellung Ivanas Vertikalpässe in die Tiefe auf Leckie blockieren, während Morales und Groß im Zentrum von Behrens und Jungwirth zugestellt wurden.
Anpassung an Darmstadts Pressing: Groß veränderte Rolle und ihre Auswirkungen
Weil vor allem Roger von den Darmstädtern im Spielaufbau immer wieder gut isoliert werden konnte und daher oftmals auch ungewollt zum langen Ball greifen musste, passte Hasenhüttl Pascal Groß Rolle nach der Anfangsviertelstunde an. Dieser ließ sich nun in Aufbauszenen aus dem hohen rechten Halbraum vermehrt neben Matip fallen, um eine weitere Anspielstation in letzter Linie zu schaffen, die die Ballzirkulation unterstützen konnte. So setzte man dem leitenden Aspekt des Darmstädter Pressing relativ einfach einen Gegenpol entgegen, über den dieses überspielt werden konnte. Die Grundposition Levels verschob sich damit einfach etwas weiter nach vorne, wodurch auch Lex noch freier zur Mitte kommen und den Zehnerraum besetzen konnte.
In der Folge kam nun vor allem auch Bauer immer wieder im eigenen Sechserraum hinter den Darmstädter Stürmern an den Ball und leistete seinen Beitrag für die Spieleröffnung. Morales hingegen wurde in seiner Spielweise jetzt deutlich balancierender, rückte häufiger auf den linken Flügel, um dort im zweiten Drittel die Breite zu geben. Die Umstellungen bewirkten zudem, dass Leckie, Lex und Hinterseer immer wieder zurückfallen und Anbindungen nach vorne herstellen konnten. Ingolstadt kam so besser in die Ballzirkulation und wirkte insgesamt abgestimmter.
Darmstädter Dominanz nach der Pause
Direkt nach der Halbzeitpause erhöhten die Darmstädter das Tempo im Vergleich zur ersten Halbzeit und versuchten über eine erhöhte Offensivpräsenz der beiden Außenverteidiger mehr Durchschlagskraft zu erzeugen. Ivana und Heller sollten verstärkt in direkte Duelle kommen und dabei von Sirigu und Holland sowie dem jetzt mehr aus der Spitze agierenden Gondorf auf raumöffnende Art und Weise unterstützt werden.
Aber auch die Ingolstädter passten ihre Spielweise etwas an die Geschehnisse des ersten Durchgangs an und interpretierten ihr System im zweiten Durchgang formativ eher als 4-3-3/4-3-1-2, indem Hinterseer als Ablagen- und Verbindungsspieler im Zehnerraum wirkte. Lex und Leckie schoben ins Sturmzentrum und wechselten sowohl situativ als auch phasenweise immer wieder die Positionen. Generell kam Leckie nun über rechts, während Lex den linken Flügel besetzte, wobei die gesamte Offensive fluider agierte. Morales, der bis zum Ende vermehrt am linken Flügel zu finden war, kam dabei als balancierendes Element eine wichtige Rolle zu.
Aber auch im Spielaufbau gab es auf Seiten der Bayern noch einige kleine Anpassungen. So kümmerte sich z.B. Groß darum, sowohl Stroh-Engel, als auch Gondorf zu binden. Deshalb positionierte er sich in der Schnittstelle zwischen den beiden und öffnete so den eigenen Innenverteidigern Platz in den Halbräumen, den diese für raumgreifende Dribblings nutzen konnten.
Fazit
Obwohl es in der zweiten Halbzeit taktisch keine allzu großen Veränderungen im Vergleich zum ersten Durchgang, sondern lediglich leichte Anpassungen gab, entwickelte sich nach der Pause ein komplett anderes Spiel. Hatten die Gäste aus Ingolstadt in den ersten 45 Minuten insgesamt mehr von der Partie, verlor ihr Spiel danach an Intensität, sodass Darmstadt verstärkt aufkam. Das Unentschieden kann man insgesamt als leistungsgerecht bezeichnen.
2 Kommentare Alle anzeigen
Glatzkopp 08/18 12. Februar 2015 um 10:39
Das würde ich so nicht sagen @Kolle…. 😉
Kolle 26. Dezember 2014 um 09:01
konstruktiver Vorschlag:
derartige Spiele schaut wohl keiner von hier, da es nicht mal 2. Liga Clubs mit vielen Fans (aka Lautern, Bochum usw.) sind. Evtl. könntet Ihr vorher ankündigen wenn solche Spiele analysiert werden, dann hat man evtl. auch die Möglichkeit mal reinzuschauen und weiß in etwa worum es geht :-).