Bayer 04 Leverkusen – 1899 Hoffenheim 2:3

Hoffenheim holt sich Anleihen bei Schalken, dominiert Leverkusen nach deren anfänglicher Stabilität, verliert dann den Zugriff und gewinnt das Spiel trotzdem in einem Spiel voller funktionierender Tornetze, aber nur weniger Schüsse. Eine Analyse.

Bayer zieht die Flügelstürmer zurück

Schon oft haben wir auf Spielverlagerung das 4-3-3/4-5-1 der Leverkusener analysiert, wo die Flügelstürmer neben dem Mittelstürmer spielen und aus ihrer eingerückten Position die Flügel anbieten, diese dann aber als Pressingfalle nutzen können. Diese Position bietet ihnen auch die Möglichkeit die Innenverteidiger des Gegners immer wieder anzulaufen oder eben sich schnell ins Mittelfeld zurückgliedern zu können. Dieses 4-3-3 wurde gegen die Hoffenheimer jedoch zuerst ad acta gelegt.

Grundformationen

Grundformationen

Die Flügelstürmer spielten nicht so weit vorne, sondern zogen sich zurück und agierten nun fast durchgehend neben den zentralen Mittelfeldspielern. Dadurch entstand eine 4-5-1-Formation mit flacher Mittelfeldfünf, wobei Rolfes oftmals hinter den anderen und vor der Abwehr stand, was einige Male ein 4-1-4-1 erzeugte.

Mit dieser veränderten Staffelung wollte man vermutlich die Flügel sichern, insbesondere weil die Hoffenheimer auch mit schnellen Flügel- und Halbraumangriffen durch Volland oder die ausweichenden Modeste und Firminho vorstoßen können. Übrigens: Das 1:2 durch Volland war vom reinen Grundprinzip dahinter ein solcher Angriffsvortrag.

Das 4-5-1 sorgte bei Leverkusen in der Anfangsphase aber grundsätzlich für Stabilität. Sie hatten viele Leute in der Mitte, versperrten die Passwege ins Zentrum und Kießling vorne orientierte sich eher am Sechserraum der Hoffenheimer. Polanski kippte zwar oft ab, doch einen wirklich positiven Aspekt gab es dadurch nicht; eher hatten die Leverkusener zentral einfacheres Spiel und waren vorne ohnehin nicht geschwächt, da sie nicht auf diese Balleroberungen aus waren.

Diese Spielweise der Leverkusener sorgte also alles in allem dafür, dass Hoffenheim weder ins Mittelfeld kommen noch dieses ordentlich überbrücken konnte. Aber was macht man in einer solchen Situation? Richtig. Man spielt einen langen diagonalen Ball auf die Hand des gegnerischen Rechtsverteidigers und erzielt ein Elfmetertor. Nachdem Salihovic den Panenka machte, kamen nun die defensiven Aspekte der Hoffenheimer stärker in den Fokus.

Hoffenheims enges Vierermittelfeld

Nominell hätte man Hoffenheims Aufstellung eigentlich für eine Raute halten können. Mit Rudy und Salihovic gab es zwei mögliche Halbspieler, Polanski würde den Sechser dahinter, Firmino den Zehner davor geben. Die Aufstellung täuschte jedoch. Die Hoffenheimer liefen in einem klaren 4-2-3-1 auf, in welchem Firmino den Zehner hinter Modeste gab. Salihovic und Volland agierten als Flügelstürmer, wobei Ersterer seine Rolle natürlich weniger dynamisch und von den Bewegungsmustern spielgestaltender und unterstützender interpretierte.

Hoffenheim offensiv

Hoffenheim offensiv

Trotz interessanter Bewegungen von Modeste, Volland und Firmino im zweiten Drittel war es eher die Defensive, welche den Leverkusenern größere Probleme bereiten sollte. Dabei kopierten die Hoffenheimer in gewisser Weise die Spielweise der Schalker, welche mit einer etwas aggressiveren und höheren ähnlich spielten. Diese Ähnlichkeit bezog sich insbesondere auf die Aufgabenbereiche der Flügelstürmer bei gegnerischem Aufbauspiel.

Das klassische Schema lautet bekanntlich Außenverteidiger gegen Flügelstürmer; gegen Leverkusen ist das wegen dem hohen Aufrücken der Außenverteidiger, dem Einrücken der Flügelstürmer und dem Herauskippen der Achter sowie der nominellen Überzahl im zentralen Mittelfeld mit ihren drei Akteuren in dieser Zone eher problematisch. Leverkusen kann damit die Flügelspieler des Gegners nach hinten drücken und erzeugt Raum für die Halbspieler.

Hoffenheim, ähnlich wie eben u.a. Schalke, spielte jedoch mit einer sehr engen Mittelfeldkette und einer breiteren Viererkette dahinter. Dadurch konnten sich die Flügelstürmer aus der eingerückten Position im Halbraum an den gegnerischen Halbspielern orientieren, während die eigenen Außenverteidiger jene der Leverkusener übernahmen, wenn es nötig war. Zwar hatte Hoffenheim ein paar Probleme nach langen Bällen der Außenverteidiger aus tieferer Position auf die Flügelstürmer, weil sie diese unbedrängt spielen konnten, alles in allem funktionierte es aber wie erwähnt über weite Strecken gut.

Die Stürmer sicherten den Sechserraum, die Flügelstürmer schoben in die Halbräume und auf die Halbspieler Bayers, das Abkippen der Leverkusener hatte keinen Effekt, weil die aufrückenden Außenverteidiger dadurch noch leichter zum Übernehmen waren. Besserung gab es jedoch durchaus im Spielverlauf.

Leverkusen passt sich gut an

Mit fortschreitender Spieldauer wurden die Hausherren etwas besser und konnten z.B. in der Phase nach der Halbzeit mehr Chancen erspielen als in den ersten dreißig Minuten. Dabei versuchten sie ihre Bewegungsmuster und die Raumaufteilung so zu korrigieren, dass ihre Formation den Hoffenheimern nicht mehr in die Karten spielte. Dabei nutzten sie insbesondere die unorthodoxen Zuordnungen der Gäste in deren 4-4-2.

Leverkusen offensiv

Leverkusen offensiv

Die Außenverteidiger Leverkusens rückten später nicht mehr früh weit nach vorne auf, sondern versuchten sich mehrmals in der ersten Phase des Aufbauspiels tief zu halten und aus der tieferen Position aufzubauen. Wegen der großen Distanz konnten die Hoffenheimer Außenverteidiger sie nicht attackieren, während die Flügelstürmer natürlich noch mit den Halbspielern der Leverkusener okkupiert waren. Teilweise ließen sich aber auch die Halbspieler der Leverkusener einfach sehr weit diagonal zurückfallen, in einer Situation standen sogar beide neben den Innenverteidigern und fast auf einer Linie mit denen, weswegen sie nicht verfolgt werden konnten.

Mit dieser Spielweise öffneten sie die Flügel, hatten deutlich mehr Ballbesitz und Hoffenheim hatte kaum noch Zugriff. Problematisch war aber, dass Bayer sich dadurch auch zu sehr auf die Seite abdrängen ließ. Sie spielten mit großem Abstand um die Formation der Hoffenheimer, kamen viel über Flanken und über Abschlüsse aus ungünstigen Positionen.

Selbst mit der Einwechslung von Derdiyok und Can blieben sie dieser Spielweise treu und stellten nicht auf ein 4-4-2 um, stattdessens spielte Derdiyok stark einrückend und Can rückte vereinzelt in das Zentrum, wodurch sie bei einigen Angriffen drei großgewachsene Spieler in der Mitte hatten. Fast ironisch war es dann eine Flanke zu Spielende, die zum entscheidenden Tor der Hoffenheimer führte. Es war eine Seitenverlagerung, wo dann der Rechtsverteidiger Johnson frei zum Flanken kam und die generelle Schwäche des Leverkusener Systems mit dem Bewegungsverhalten des ballfernen Flügelstürmers im 4-3-3 bespielen konnte.

Fazit

In der Anfangsphase schien Leverkusen besser eingestellt zu sein, doch Hoffenheim konnte mit einem langen Ball und einem Geniestreich Vollands jeweils in Führung geben. In Rückstand hatte Leverkusen Probleme mit Hoffenheims Defensive, passte sich aber zumindest in puncto Stabilität im Zirkulationsspiel gut an. Mit etwas Glück konnten sie zum 2:2 treffen, am Ende waren es aber doch die Hoffenheimer, welche den Siegtreffer in der Schlussphase erzielten.

a_me 25. März 2014 um 12:02

Ich frage mich, ob Leverkusen jetzt nicht mal wieder etwas an ihrem System ändern müsste. Anscheinend wird langsam ligaweit klar, wie man das oft zitierte „unorthodoxe“ Werkself-System erfolgreich bespielt.

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Koom 25. März 2014 um 12:47

Fand das eigentlich nie so unorthodox, sondern hauptsächlich sehr simpel defensiv, gepaart mit höher Robustheit und durchaus gewisser individueller Klasse und vorne schien scheinbar ein wenig der Fußballgott geholfen zu haben. Da sich das System aber praktisch gar nicht mehr veränderte, kann man Leverkusen wohl jetzt auseinandertaktieren und man findet die wenigen Löcher.

Der Kader gibt ja eigentlich genug Variationen her, aber da muss Hyppiä jetzt mehr zeigen als nur Verwalten eines Status Quo.

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Uli 23. März 2014 um 21:51

Faszinierend, wie Leverkusen nach der Winterpause abgestürzt ist, als hättet ihr es herauf beschworen. War wohl wieder ein wichtiges Spiel heute, da versagt Bayer ja schon aus Tradition.

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Koom 24. März 2014 um 08:56

Woran liegts eigentlich?

Es ist ja nicht so, das Bayer brachial viel falsch oder anders machen würde als in der Hinrunde. Ist wohl sicherlich auch fehlendes Matchglück, aber ist das alles? Könnte man da mal eventuell eine Rückrunden-Analyse über die Matches machen? Der Absturz ist ja schon wirklich extrem und nur durch Personalien ja nicht so einfach zu erklären.

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