Borussia M’Gladbach – Hertha BSC 3:0

Eine interessante Spielweise der Herthaner wurde durch Gladbachs Effizienz aus den Angeln gehoben. Es entwickelte sich ein wenig dynamisches Spiel mit viel Trägheit in der Zirkulation auf beiden Seiten, weil das Spiel effektiv nach zwei Schüssen und ein paar Spielminuten bereits gelaufen war. Der Anfangsplan der Berliner verdient aber durchaus eine kleine Betrachtung.

Die Hertha versperrt den Sechserraum

Grundformationen

Grundformationen

Mit einem 4-4-2/4-4-2-0 begannen die Herthaner diese Partie. Ronny und Ramos bildeten vorne das Sturmduo, welches die Innenverteidiger aber nur selten attackierte und sich stattdessen unmittelbar vor den gegnerischen Sechsern positionierte. Dahinter spielte die eigene Doppelsechs mannorientiert. Hosogai und Niemeyer manndeckten immer wieder situativ Kramer und Jantschke, wodurch diese beiden effektiv aus dem Spiel genommen wurden. Entweder sie standen im Deckungsschatten der beiden Stürmer oder sie wurden manngedeckt oder beides.

Auch sonst gab es viele kleine, situative Mannorientierungen der Herthaner. Wenn sich Raffael zum Beispiel etwas fallen ließ, dann wurde er einige Meter verfolgt, bevor er ins Mittelfeld übergeben wurde oder Brooks blieb einfach etwas aufgerückt und nahe an Raffael stehen. Auf den Flügeln wurde ähnlich gespielt. Mit dieser Spielweise der Herthaner taten sich die Gladbacher im Aufbau- und Angriffsspiel schwer.

Da die Sechser aus dem Spiel genommen wurden und das 4-4-2 sich durch die Kompaktheit stark aufs Zentrum fixierte, konnten sie meistens nur im ersten Drittel den Ball hin und her spielen. Dominguez und Stranzl hatten immer Zeit und Raum am Ball, aber nur die Außenverteidiger als offene Anspielstationen. Sie spielten auf den Flügel, wo Hertha kurz presste, der Ball kam wieder in die Mitte zu den Innenverteidigern zurück und Hertha formierte sich wieder in ihrem kompakten 4-4-2.

Wenn Gladbach versuchte über die Außen durchzubrechen, verloren sie meistens wegen des starken Verschiebens und der hohen Kompaktheit der Hertha in Vertikale wie Horizontale viele Bälle. Nur mit Schnellkombinationen konnten sie aufrücken, aber ihnen fehlte es vorne an den nötigen Staffelungen, um bis vors Tor kommen zu können und Anspielstationen im letzten Drittel innerhalb von Herthas Formation zu haben.

Dieses leitende Element der Berliner auf den Flügel funktionierte also sehr gut. Im Verbund mit der Kompaktheit sorgte es auch dafür, dass die Manndeckungen selbst bei guten Schnellkombinationen der Gladbacher nicht ordentlich ausgespielt wurden. In einzelnen Situationen kombinierten die Gladbacher am Flügel und die Außenverteidiger rückten schnell auf, doch aus der Mitte konnten die Sechser der Herthaner unterstützen und wurden wiederum von den ballfern einrückenden Flügeln abgesichert. Dabei hatte Gladbach selten genug Spieler vorne und hätte auch nicht aus den engen Räumen verlagern können, um diese Spielweise der Hertha noch stärker anzulocken und zu bespielen.

Gladbach offensiv

Gladbach offensiv

An sich war Herthas Spielweise passend gewählt, selbst das Abkippen der Gladbacher brachte keinen wirklichen Vorteil. Nach den ersten Minuten kippte bei den Gladbachern oft einer der Sechser ab und positionierte sich zwischen den Innenverteidigern, damit diese auffächern und die Außenverteidiger nach vorne rücken konnten. Gleichzeitig wollten sie sich auch aus dem Deckungsschatten und den Manndeckungen im Mittelfeld befreien.

Einen wirklichen Effekt hatte dies aber nur im ersten Drittel. Dort konnte der höhere Sechser zwischen den beiden Mittelstürmern angespielt werden, weil diese ihn nicht übernahmen, während die Sechser Herthas nicht nach vorne mitschoben. Doch sobald Gladbach den Ball höher zirkulieren ließ oder der Sechser zwischen den Stürmern den Ball erhielt und sich nach vorne hin aufdrehte, rückten die Sechser Herthas wieder mannorientiert nach vorne und stellten Status Quo wieder her. Desweiteren hatten die Berliner dadurch einen Spieler mehr in der Mitte und Gladbach kam nach wie vor in die Unterzahl-und-Kompaktheits-Bredouille bei ihren Angriffen.

Problematisch wurde es in Herthas Defensive also erst, als die Gladbacher durchbrechen konnten.

Strategischer Paradigmenwechsel

Eigentlich lief das Spiel wie in den Minuten zuvor: Gladbach zirkulierte den Ball um die Formation des Gegners herum, ohne Zugriff zu erhalten. Aber es war ein langer Ball entlang des rechten Flügels und eine hohe Hereingabe von Herrmann in die ballfernen Räume, welche durch Arango zum Führungstreffer verwertet wurde. Ein zweites glückliches Tor für Gladbach sorgte endgültig dafür, dass diese Partie kippte, was Luhukays Matchplan total aus den Angeln hob.

Hertha offensiv

Hertha offensiv

Offensives Ziel seiner Ausrichtung war es vermutlich Gladbach auf die Flügel zu locken, dort den Ball zu erobern und zu kontern. Defensives Ziel dürfte wohl die enorme Stabilität und Zentrumskontrolle gewesen sein, welche bis zum Rückstand erreicht worden war. Danach musste die Hertha aber höher pressen, wodurch die Manndeckungen instabiler und einfacher zu bespielen wurden. Beim 3:0 durch einen längeren Ball nach höherem Pressing der Herthaner führte eine schnelle Kombination zum Tor, wo man von engen, funktionierenden und gut abgesicherten Manndeckungen nicht mehr viel sehen konnte.

Mit dem 3:0 war das Spiel weitestgehend gelaufen. Zwar gab es auf beiden Seiten die eine oder andere Anpassung, insgesamt plätscherte das Spiel jedoch vor sich hin. Gladbach spielte das in die Karten; sie zirkulierten den Ball tief, hielten die Sechser und auch die Außenverteidiger zurück, wodurch sie einerseits im ersten Drittel im Aufbauspiel überaus stabil und andererseits nach Ballverlusten enorm gut abgesichert waren. Selbst die wenigen gefährlichen Ballgewinne der Hertha konnten die Gäste aus Berlin nicht nutzen, weil sie schlichtweg keine Durchschlagskraft erzeugen konnten.

Weder die notwendigen Räume waren durch die eher tiefe Aufbaulinie der Gladbacher gegeben noch konnte die Hertha sich nach Balleroberungen schnell durchsetzen, weil Gladbach immer mindestens einen Spieler in Ballnähe mehr hatte. Favre passte sogar dementsprechend an. Er brachte Granit Xhaka für die Stabilität, ließ den Schweizer oft abkippen oder einfach im Sechserraum Bälle hin und her verteilen, ohne wirklichen Drang nach vorne haben zu müssen. Mit Younes für Herrmann und Rupp für Arango wurden die Flügel etwas aufgefrischt, generell spielten diese etwas tiefer und boten sich im Aufbauspiel mehr an, um Ballverluste zu vermeiden.

Die Hertha probierte nicht allzu viel dagegen. Zwar hatten sie im Pressing ein paar interessante Anpassungen, die aber wegen Gladbachs Stabilität keine Relevanz erhielten (das leichte Aufrücken des ballfernen Flügelstürmers in Richtung gegnerischem Innenverteidiger zum Beispiel).

Fazit

Manchmal werten Tore ein Spiel nicht auf, sondern ruinieren es. Zumindest ein kleines Bisschen. Persönlich hätte ich gerne noch länger die Spielweise der Hertha ohne Rückstand umgesetzt gesehen, um mögliche Offensivideen Favres bzw. des Gladbacher Spielerkollektivs dagegen zu sehen. So gingen die Gladbacher mit vier Abschlüssen 3:0 in Führung und konzentrierten sich danach vorwiegend auf die defensive Komponente ihres Ballbesitzes. Sie beendeten die Partie mit 58% Ballbesitz, 3:0 und einem Schussverhältnis von 8:8. Kein berauschendes Spiel und für die Berliner blöd gelaufen. Den Borussen wird es aber egal sein.

nifan 23. März 2014 um 12:32

Was denkt ihr wären denn mögliche Anpassungen Favres gewesen, wenn es länger beim 0:0 geblieben wäre?

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Raptor 22. März 2014 um 22:58

Super Fazit! Das Spiel hätte ohne das erste Tor eine interessante Entwicklung beginnen. Auch ich hätte Hertha gerne etwas länger im Match gesehen.

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