FC Schalke 04 – Steaua Bukarest 3:0
Schalke tut sich lange Zeit extrem schwer und hat Probleme, sich Chancen zu erspielen. Nachdem Uchida zur Führung geflankt hat, kombinieren die Königsblauen sicherer und schießen einen etwas zu hohen Sieg heraus. Eine kurze Analyse.
Grundformationen
Schalke trat im gewohnten 4-2-3-1 an, die zuletzt überzeugende Doppelsechs Höger-Neustädter erhielt wenig überraschend – Jones fehlte gesperrt – Kellers Vertrauen, in der offensiven Dreierreihe hinter Adam Szalai agierten Farfan, Boateng und Draxler. Gegen den Ball formierte sich Schalke je nach Boatengs Ausrichtung im 4-4-2 oder 4-4-1-1, presste aber nicht sonderlich hoch.
Die Gäste aus Bukarest setzten genau wie die Schalker auf das 4-2-3-1, auffällig waren hier die ausweichenden Bewegungen des jungen Stanciu, der von der Zehnerposition immer wieder unterstützend auf die Flügel ging. Steaua formierte sich bei Schalker Ballbesitz ebenfalls im 4-4-2 und wechselte zwischen einem tiefen Mittelfeldpressing und Abwehrpressing. Auffällig war dabei, dass die Rumänen eher passiv verteidigten und nicht auf schnelle Ballgewinne aus waren.
Schalkes Formation zu gestreckt
Das vom ehemaligen Bundesligaprofi Laurențiu Reghecampf trainierte Team hielt gegen den Ball strikt die Positionen und konzentrierte sich auf das Zustellen von Räumen und Passwegen. Nur äußerst sporadisch wurden Draxler und Farfan von den Außenverteidigern mannorientiert verfolgt, nämlich dann, wenn die Schalker Flügelspieler zurückwichen, ohne dass Aogo oder Uchida nachrückten.
Die Schalker hatten über weite Strecken der Partie große Probleme, in aussichtsreiche Schusspositionen zu kommen, weil sie einerseits zu wenig kollektiv agierten, andererseits aber auch zu selten die individuelle Überlegenheit einbrachten.
Sie ließen den Ball ohne Gegnerdruck sicher, aber etwas zu langsam durch die eigenen Reihen laufen. Steaua musste viel in der Horizontalen verschieben, jedoch meistens ohne Tempo. Dass die beiden Viererketten so gut wie nie große Räume preisgaben, lag vor allem an der gestreckten Schalker Formation.
Farfan und Draxler hielten im Aufbau lange konsequent sehr breite Positionen. Da in der Regel aber nur Boateng und der jeweilige Außenverteidiger zur Hilfe kamen, musste Bukarest nicht sonderlich weit auf die Seiten schieben: Spielverlagerungen, die ohnehin selten zum Schalker Repertoire zählen, waren kaum möglich. Nur in wenigen Szenen, als Höger half, die rechte Seite gemeinsam mit Boateng, Uchida und Farfan zu überladen, taten sich auf derm gegenüberliegenden Flügel größere Räume für Draxler und Aogo auf.
Individuelle Klasse kommt lange Zeit nicht zum Vorschein
Wegen der oftmals zu breiten Positionierung der Schalker Flügelspieler stand Adam Szalai im Sturmzentrum oftmals isoliert vom Kombinationsspiel. Der Ungar bekam ganze zwei Pässe in Mittelstürmerposition, alle anderen Anspiele erhielt er auf dem Flügel oder im Mittelfeld.
Weil die Schalker zu weit auseinander standen und somit nur selten schnelle Kombinationen spielen konnten, war es für die Kreativspieler schwer, ins Spiel zu finden. Die ambitionierten Passversuche schlugen aufgrund der starren Positionstreue – beider Teams – in der Regel fehl.
Standen Draxler, Farfan oder ab und zu Boateng mit dem Ball auf dem Flügel, scheuten sie das Dribbling meistens, da die sich gegen die herüberschiebenden Rumänen zumeist in Unterzahl sahen. Die meisten der wenigen Versuche misslangen, die Königsblauen schafften nur ein einziges erfolgreiches Dribbling im Angriffsdrittel.
Besonders Julian Draxler hatte bis zum Führungstor durch Uchida große Schwierigkeiten. Alles Konstruktive, das von ihm ausging, misslang, nur die Sicherheitspässe zurück auf Aogo funktionierten. Als Breitengeber ohne Einfluss auf das Zentrum war er verschenkt, agierte – wohl deswegen – teilweise lustlos und überambitioniert in seiner Entscheidungsfindung.
Viel Leerlauf, viele Fehler
Das phasenweise sehr schwache – weil kreativlose – Spiel plätscherte lange Zeit vor sich hin und schien zugunsten der Rumänen zu kippen, die nach Standards und einigen guten Einzelaktionen um den Strafraum herum zumindest ein bisschen Gefahr ausstrahlten.
Schalke presste meiner Meinung nach viel zu tief und ließ Steaua in gewissen Phasen zu lange Ballbesitzzeiten. Szalai und Boateng agierten dabei häufig losgelöst von den restlichen acht Schalker Feldspielern und liefen ins Leere. Weil die Rumänen im Aufrücken aber wenig Risiko gingen – die Außenverteidiger hielten sich lange Zeit stark zurück – und vorne ein Stück weit die technische Qualität fehlte, wurde die lethargische Spielweise der Schalker nicht bestraft.
Kontern konnten die Gastgeber nach den Ballverlusten der mit wenig Spielern aufgerückten Rumänen jedoch nicht, mindestens vier Akteure blieben hinter dem Ball und sicherten gegen Boateng und Szalai ab. Schalke musste also geduldig aufbauen und scheiterte an der starken Strafraumverteidigung von Steaua – bis zu Uchidas Flankentor.
Uchidas Tor bricht Steaua, Schalke findet Kreativität und Räume
Nachdem der kleine Japaner nach einer missratenen Halbfeldflanke zur Verwunderung von knapp 50.000 Zuschauern zur Führung getroffen hatte, fingen die Schalker auf einmal an, Fußball zu spielen.
Gegen die sichtlich geknickten Rumänen zeigte der S04 endlich schnellere – weil auch mal direkte – Kombinationen. Flügelüberladungen auf rechts mit Höger, Halbraumüberladungen links mit Aogo, Draxler und Boateng: Schalke war plötzlich variabel und kam zu Chancen.
Die Offensivspieler agierten enger beieinander, was Steaua – psychisch und physisch geschlaucht – zu mehr Laufarbeit zwang und die individuelle Klasse der Gastgeber besser zum Vorschein brachte. Folgerichtig traf Boateng aus halblinker Position nach Vorarbeit des nun immer häufiger im Zehnerraum auftauchenden Draxler zum 2:0. Wenig später erhöhte die Schalker Zukunftshoffnung nach einer schönen direkten Kombination per Lupfer auf 3:0.
Fazit
Der Sieg für Schalke ging in Ordnung, war in der Höhe aber leicht unverdient. Steauas positionsorientierte, passive Verteidigung ließ den Schalkern wenig Raum. Viel mehr Probleme hatten die Hausherren jedoch durch die eigene Spielweise. Die oft zu breite Positionierung isolierte die stärksten Spieler zu sehr voneinander, in der Schlussphase bewiesen sie, wie es laufen kann, wenn Draxler, Farfan und Boateng in Kombinationsreichweite agieren.
8 Kommentare Alle anzeigen
ES 20. September 2013 um 14:27
Erst einmal Vielen Dank für die wunderbare Spielerklärung. Wenn die Ursache für den wenig erfolgreichen Spielaufbau in der zu großen Breite der Spielanlage, bei der die Mannschaftsteile nicht ins Zusammenspiel kommen, zu suchen ist: Was muss man hier ändern? Ist es eine Systemumstellung, oder müssen die vorhandenen Rollen und Positionen „einfach“ beweglicher interpretiert werden? Warum geht das dann nach dem Dosenöffner durch Uchida? Ist es so, dass die Spieler dann die vermutete Anweisung von Keller „steht breit und bleibt auf Euren Positionen“ vergessen und freier aufspielen, oder weil sie sich plötzlich an die vermutete Anweisung „spielt beweglich und kombiniert miteinander über Mannschaftsteile hinweg“ erinnern und sie umsetzen können?
PP 20. September 2013 um 18:19
Systemumstellung muss nicht sein, siehe BVB, der im 4-2-3-1 nie zu weit auseinander steht. Nach Uchidas Tor hat wohl die Kombination aus psychischem und physischem Knacks bei Steaua eine große Rolle gespielt. Inwieweit die breite Stellung wirklich Kellers klare Anweisung war, wissen wir ja leider nicht, also ist es schwer, da zu spekulieren.
Willibert 20. September 2013 um 12:47
m.E. ist Schalke durch Boateng wesentlich stabiler geworden. Oder hängt es vielleicht damit zusammen, dass Jones jetzt nicht mehr spielt? Oder beides ? Oder das man jetzt mit Aogo einen linken Verteidiger hat, der diesen Namen auch verdient ?
blub 20. September 2013 um 13:58
Vermutlich alles auf einmal.
Außerdem ist Draxler derzeit noch auf dem linken Flügel besser aufgehoben als in der Mitte. Das Spiel im Zwischenlinienraum ist nicht so seins, da fehlt ihm der Platz um seine Geschwindigkeit auszuspielen.
Peter 20. September 2013 um 12:06
es beschleicht mich immer öfter das Gefühl, dass Jens Keller das Gegenteil von einem Taktikfuchs ist. M.E. hat Bukarest gespielt wie es zu erwarten war und Schalkes Erfolg war trotzdem vom Zufall (Tor Uchida) abhängig. Muss man für so ein Spiel nicht einen „Plan“ entwickeln, der einen Erfolg halbwegs wahrscheinlich werden lässt? Oder sind es eher Schwächen einzelner Spieler, die zu dieser Situation geführt haben?
Raymond 19. September 2013 um 23:38
Habe noch ein paar fragen zur 2 punkten im spiel:
Steaua hat früh in der 2. halbzeit gewechselt. Gab es dadurch ein änderung im spielsystem?
Interessant fand ich den wechsel Fuchs für Szalai. Könnte das zu ein 4-3-3 alternative führen ?
PP 20. September 2013 um 01:07
Als Fuchs für Szalai kam, ging er auf den linken Flügel. Draxler und Boateng wechselten sich in den letzten paar Minuten dann auf der 9&10 ab. Wegen der kurzen Dauer hab ichs rausgelassen.
Bei Steaua hat sich wenig getan, situativ haben mal die Flügelspieler mit dem Mittelstürmer getauscht, Grundausrichtung ist aber gleich geblieben, wenn ich mich jetzt nicht total irre.
Raymond 19. September 2013 um 23:32
Habe noch ein paSteaua hat früh in der2. Halbzeit schon gewechsel. Waren die positionsgleich oder würde da ein system geändert?
Interessant fand ich den wechsel Fuchs für Szalai. Könnte das zu ein4-3-3 alternative werden?