Borussia M´Gladbach – Eintracht Frankfurt 2:0

Die krisengebeutelten Gladbacher empfingen zuhause den noch unbesiegten Aufsteiger aus Frankfurt. Es war auch ein Aufeinandertreffen zwischen einer zumeist vertikalen und auf Sicherheit bedachten Spielweise gegen den ungewohnten und riskanten Ballbesitzfußball eines nominellen Außenseiters.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Die Gastgeber begannen wieder mit ihrem 4-4-1-1-System, in welchem mit Granit Xhaka ein hängender Stürmer hinter Luuk de Jong auflief. Damit setzte sich Lucien Favres Suche nach der idealen Mischung im Angriff wie auch im Mittelfeld weiter fort. Die Doppelsechs wurde von Thorben Marx und Havard Nordtveit gebildet. Damit wurde auch die Aufteilung in einen vertikalen und horizontalen Part großteils aufgehoben.

Grundformationen zu Spielbeginn

Auf den Flügeln begannen Lukas Rupp auf der rechten Seite und Juan Arango auf links. Arango sollte seine Seite stärker halten, aber dennoch gelegentlich in die Mitte schieben und dort spielgestalterisch agieren. Nur wenig unterstützt wurden sie von den Außenverteidigern, welche ihre klassische konservative Rolle zugunsten der defensiven Sicherheit beibehielten.

In der Abwehrzentrale begannen Martin Stranzl und Alvaro Dominguez.

Bei der Eintracht wurde ein 4-2-3-1/4-4-1-1 gebildet, in welchem Alex Meier hinter Olivier Occean als Verbindungsspieler begann. Vorne sollte Occean immer wieder in die Tiefe laufen, das Spiel tief machen und Räume für nachrückende Spieler schaffen.

Auf den Flügeln begannen Takashi Inui und Stefan Aigner, welche über die Seiten nach vorne kommen sollten. Sie wurden von den offensiven Außenverteidigern Sebastian Jung und Bastian Oczipka unterstützte, welche im Aufbauspiel wie üblich sehr hoch und breit agierten. Damit sollte der Gegner nach hinten geschoben werden, zentral gab es Räume für Sebastian Rode und Pirmin Schwegler, welche sich als Spielgestalter engagierten.

Die positionsorientierte Raumdeckung gegen Ballbesitzmannschaften

Eines der auffälligsten Merkmale bei den Gladbachern ist ihre Raumdeckung. Die meisten Mannschaften nutzen eine mannorientierte Raumdeckung, bei der Favre-Elf wird in nahezu allen Spielen eine Raumdeckung verwendet, in welcher der Fokus primär auf dem Halten der eigenen Position und nicht der gegnerischen Bewegung liegt.

Dies kann gegen ballbesitzdominierende Gegner enorm hilfreich sein. Diese zirkulieren den Ball in den eigenen Reihen, fächern breit auf und können durch diese verstärkte Zahl am Ball ihre taktischen Bewegungen vollführen. Dadurch kommt beispielsweise ein hohes Aufrücken der Außenverteidiger bis ins letzte Drittel zustande.

hier sieht man Gladbachs Rechteck und die offenen Räume der Frankfurter im Gladbacher Konterspiel

Bei einer mannorientierten Raumdeckung öffnet man dem Gegner viele Räume. Die Außenspieler des Mittelfelds gehen dann traditionell mit den gegnerischen Außenverteidigern mit und öffnen im Zentrum weite Räume. Der Gegner erhält in weiterer Folge mehr Zugriff auf den Raum zwischen den Linien und das Zentrum, wodurch sich zwangsläufig eine noch bessere Ballzirkulation und im Normalfall mehr Torgefahr entstehen.

Die Eintracht aus Frankfurt ist eine solche ballbesitzdominierende Mannschaft. Obwohl sie auswärts gegen eine nominell bessere Mannschaft auftraten, blieben sie ihrem Fokus auf Ballkontrolle treu. Dies spielte Lucien Favre natürlich in die Karten. Durch das 4-4-2/4-4-1-1 mit positionsorientierter Raumdeckung versperrten sie im Zentrum weite Räume und zwischen den Linien gab es kaum Zugriff.

Gladbach agierte extrem kompakt und auch sehr eng. Es entstand mit den beiden Viererketten eine Art Rechteck, welches sich meistens in der Breite von einer Sechzehnerlinie zur anderen formierte. Deswegen konnten die Außenverteidiger oder auch die Flügelstürmer der Eintracht oftmals sehr einfach auf den jeweiligen Seiten angespielt werden. Allerdings hatten sie keine wirkliche Anspielstation in der Mitte und die Außenspieler Gladbachs teilten sich das Herausrücken auf sie intelligent auf.

Nur selten entstanden aus solchen Kurzpassstafetten Risse im gegnerischen Defensivverbund. Entweder die Mittelfeldkette schob nach außen und die Abwehrkette blieb eng, womit die Schnittstellen versperrt blieben, oder einer aus dem Mittelfeld ließ sich beim Herausrücken des Außenverteidigers nach hinten fallen. Darum musste Eintracht viele Flanken schlagen, welche kaum für Gefahr sorgten. In der ersten Halbzeit hatte Frankfurt schon acht Flanken, Gladbach hingegen nur eine.

Dazu muss aber angemerkt werden, dass die positionsorientierte Raumdeckung kein Allheilmittel gegen Ballbesitzteams ist. Sie ist nur dann nützlich, wenn es dem Gegner an den nötigen Synergien bei Kombinationen der Flügelspieler mit den Halbspielern fehlt (siehe Messi und Alves in der Anfangszeit der Guardiola-Ära).

Außerdem ist diese Art der Raumdeckung gegen individuell sehr starke Mannschaften riskant, da die aufrückenden Außenspieler den freien Raum und die erst danach kommende Bewegung ihres Gegenspielers für ein Dribbling nutzen können. Hier wären wiederum Alves oder auch der beidfüßige und schussstarke Adriano (beide vom FC Barcelona) zu nennen.

Abseitsfallen und Effizienz

Die Eintracht passte sich in der Defensive aber gut an die Spielweise der Gladbacher an und verhinderte enorm viele Angriffe durch eine starke Abseitsfalle. Ohnehin zeigten beide Mannschaften einen guten Einsatz dieses taktischen Mittels, was an den jeweiligen Ausrichtungen lag.

Gladbachs Abseitsfalle ist schwieriger zu koordinieren, die der Eintracht ist aber riskanter

Die Gäste hatten durch ihre hohe Spielweise und die daraus entstehende „Zweierkette“ nur zwei Akteure, welche auf einer Linie agieren mussten. Dies ist natürlich einfacher, als die Koordination von vier Mann im Herausrücken und durch die langen Wege der Gladbacher im Konter konnten sie auch intelligent den Zeitpunkt im Herausschieben wählen.

Dadurch fingen sie eine Vielzahl von potenziell gefährlichen Angriffen schon in der Entstehung ab, auch wenn sie psychologisch durch die knappen Entscheidungen und die riskante Spielweise einen Hauch von Gefahr versprühten. Dennoch war sie effektiv: die Gladbacher hatten im gesamten Spiel nur drei wirkliche Chancen, wovon zwei im Tor landeten.

Doch auch die Hausherren konnten die Frankfurter ins Abseits stellen. Dies lag an der enormen taktischen Disziplin und einer herausragenden Umsetzung des Linienspiels. Immer wieder verschob die Viererkette minimal, aber passend und wichtig, nach vorne und zurück, blieb dabei geordnet und offenbarte kaum Löcher.

Zwar hatten die Gäste viel mehr vom Ball und hätten sich deswegen sowie wegen der Vielzahl an Angriffen durchaus einen Punkt oder mehr verdient gehabt, doch ähnliches gilt für die Gladbacher. Sie waren taktisch hervorragend trotz kleiner Wackler des Torhüters und einem Dauerlauf der Frankfurter Offensive.

Fazit

Ein Spiel, in welchem die Gladbacher ihre Stärken der vergangenen Saison aufleben lassen konnten. Nicht nur das: vor der Führung zeigten sie viele Pressingaktionen weit vorne, verschoben also ihre Position flexibel. Danach gingen sie stärker zu der oben geschilderten tiefen Positionierung über, welches sie ab der achten Minute primär bespielten. Auch da gab es zwecks Angriffsstörung Pressingintervalle in der gegnerischen Hälfte, doch sie wurden im weiteren Spielverlauf immer weniger.

Frankfurt passte sich dennoch gut an, auch wenn sie keinen Treffer mehr erzielen konnten. Defensiv standen sie trotz des vielen offenen Raumes gegen einen favorisierten Gegner solide und präsentierten mit ihrer Abseitsfalle eine intelligente Spielweise gegen einen solchen Konterfußball – ansonsten wäre ihre aufgefächerte Spielweise zur Katastrophe geworden. So war es eine Niederlage mit erhobenen Hauptes, mehr als löblich für einen Aufsteiger.

Interessante Zahlen aus der statistischen Abteilung von bundesliga.de: am Ende hatten die beiden Mannschaften jeweils drei Schüsse auf das Tor (6:12 insgesamt bei den Abschlüssen), Gladbach wurde acht Mal ins Abseits gestellt bei unter 40% Ballbesitz (Frankfurt fünf Mal) und Frankfurt kam auf unglaubliche 26 Flanken in dieser Partie. Mit 120 gelaufenen Kilometern hatte Gladbach vier mehr als der Gegner und konnte ihre Spielweise effektiv umsetzen. Interessant auch, dass die Gladbacher  in der zweiten Halbzeit sechs Kilometer mehr liefen als in der ersten und auch deutlich mehr Flanken zuließen.

Alles in allem ein interessantes Spiel zweier gegensätzlicher Mannschaften.

>S. 9. Oktober 2012 um 18:27

Solange die Borussia mit zwei derart konservativen Außenverteidigern wie Daems und Janschtke spielt, wird sie es schwer haben, erneut offensiv begeisternde Spiele zu zeigen. Durch Reus wurde dies letzte Saison noch abgefangen, jedoch muss mir dem neuen Spielermaterial ein komplett anderer Fußball gespielt werden, den Favre wohl erst noch entwickeln muss.

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Michael Meyer 10. Oktober 2012 um 11:09

Gladbachs Probleme von vorne nach hinten:
1. Mit de Jong wurde ein Spieler geholt, der scheinbar nicht zu Carmago oder Hanke passt, mit der Konsequenz, dass beide auf die Bank oder gar auf die Trbüne verdrängt werden. Eigentlich kann sich Gladbach so einen Umgang mit den eigenen Ressourcen nicht erlauben… Dazu kommt, dass der Einsatz von de Jong im Grunde größere taktische Umstellungen erfordert, z.B., wie angesprochen, offensivere Aussenverteidiger, die auch mal Flanken reinbringen. So etwas wurde unter Favre jedoch nie gespielt und es ist fraglich, ob Jantschke/Daems dafür überhaupt geeignet sind.
2. Falls Xhaka Neustädter im defensiven Mittelfeld ersetzen sollte, kann man einstweilig feststellen, dass das nicht funktioniert. Auch Cigerci hat bisher in dieser Rolle masslos enttäuscht. Mit Marx als zweitem 6er scheint es jetzt besser zu laufen, aber gleichzeitig kann man mit dieser Lösung gehobenen Ansprüchen leider nicht gerecht werden.
3. Dominguez ist kein Dante, weder defensiv noch im Spielaufbau.
Unter Strich: Die rund 34 Millionen Euro, die vor der Saison zur Verfügung standen, wurden nicht optimal genutzt. So noch etwas Geld übrig ist (im internationalen Geschäft wird Gladbach in dieser Saison nicht viel verdienen), müsste in der Winterpause vorrangig ein spielstarker 6er verpflichtet werden.

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Michael Meyer 9. Oktober 2012 um 15:49

Diese „was wäre wenn“ Überlegungen sind tendentiell immer etwas unnütz. Fakt ist, dass die Eintracht nach Arangos Traumtor noch rund 80 Minuten Zeit hatte ihrerseits ein Tor zu machen. Zudem endete das Spiel bekanntlich 2:0. Ich will hier gar nicht die Gladbacher Defensive stark reden, aber man muss doch einfach mal anerkennen können, dass es insbesondere auch in der Defensive gegen die Eintracht zum Sieg gereicht hat.

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bertifux 9. Oktober 2012 um 11:18

Fazit finde ich ein bisschen übertrieben. Mein persönliches Fazit wäre wie folgt:

Eine völlig verunsicherte Gladbacher Mannschaft geht mit einem Sonntagschuss in Führung und beschränkt sich danach darauf mit nahezu 10 Mann den eigenen 16er zu verriegeln. Aufgrund eines fatalen Missverständnisses zwischen Zambrano und Trapp gelingt trotz einem überhasteten Konter das 2. Tor. Wie schlecht die Gladbacher ihre Konter ausspielten zeigte sich bereits Anfang der 2. Halbzeit. Gladbach stürmt 5-3 auf das Frankfurter Tor zu und heraus kommt eine unbegrängte Halbfeldflanke hinter das Frankfurter Tor. Von den „Stärken“ der letzten Saison. Schnelles, geradliniges Direktspiel war die ganzen 90 Minuten nichts zu erkennen. Die Defensive Stabilität beruhte zum einem auf der extrem defensiven Spielweise mit 10 Mann um den eigenen Sechzehner. und zum anderen an der fehlenden Durchschlagskraft der Frankfurter. Bei denen war die gesamte Offensivabteilung (Inui, Meier, Aigner und Occean) ohne jegliche Durchschlagskraft. Insbesondere Occean ein Totalausfall. Passend der Fehlpass zum 1:0 und die vergebene Riesenchance zum Ausgleich, als er das leere Tor verfehlt.

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Rudelbildung 9. Oktober 2012 um 11:54

Ich würde es nicht ganz so drastisch ausdrücken wie bertifux, bin aber auch der Meinung, dass das Fazit etwas zu rosarot ausfällt für die Gladbacher.

Es stimmt vollkommen, dass Gladbach stark defensiv verbessert war in dieser Partie. Aber man muss auch festhalten, dass Frankfurt auch ausgleichen kann nach dem Patzer von ter Stegen und dann hat man ein komplett anderes Spiel.

Wie bertifux richtig anmerkt ist es ein Sonntagssschuss von Arango, der Gladbach früh in Führung bringt und ihnen deswegen die Möglichkeit gibt mit Mann und Maus das Tor zu verteidigen.

Ebenso ist das 2:0 zwar das Produkt eines schönen langen Balles von Nordtveit, aber trotzdem darf aus so einer Situation niemals ein Tor fallen. Wenn Zambrano und Trapp besser kommunizieren, oder mitspielen, passiert hier nichts.

So macht Gladbach aus nichts zwei Tore und gewinnt so das Spiel.

Was du ab der achten Minute mit schönen Worten beschreibst ist ja nichts anderes als das Gladbach sich massiv hinten rein stellt. Hier war man in der Tat stark verbessert, dass kann man löblich darstellen. Aber ich finde nicht, dass man es so beschreiben kann als das Gladbach Stärken der vergangenen Saison aufblitzen ließ. Denn nach vorne kam von Gladbach auch so gut wie gar nichts.

Es war was das anging eher ein Spiel der Kategorie „Gladbach hatte das gewisse Extra individuelle Qualität in Arango“ und „Gladbach nutzte die Fehler des Gegners, wie vor dem 2:0, aus, während Frankfurt dies nicht tat – siehe die Occean Chance“

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RM 9. Oktober 2012 um 12:53

Natürlich kann man es so sehen – ich entschied mich aber dagegen, da ich dachte, dieser Eindruck wäre stark subjektiv aufgrund der hervorragenden Abseitsfalle der Eintracht. Hätte diese nicht so außerordentlich gut funktioniert, wie wäre dann das Spiel ausgegangen und was hätte Gladbach noch erreichen können in puncto Effektivität? Allerdings verstehe ich eure Kritik am Fazit nur zu gut.

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Michael Meyer 9. Oktober 2012 um 13:30

Natürlich war Gladbach verunsichert – und ganz typisch für solche Situationen wird dann zunächst der Schwerpunkt auf die Stabilität in der Defensive gelegt. Letztlich liegt die derzeitige Misere der Gladbacher vielleicht gar nicht so sehr am Fehlen von Reus sondern an der Besetzung im defensiven/zentralen Mittelfeld. Xhaka war fast ein Totalausfall, und die spielerischen Mängel von Marx wurden spätestens in der zweiten Halbzeit überdeutlich. Dennoch muss man anerkennen, dass die Abwehr um den überragenden Stranzl gut stand, und dass Nordtveit im defensiven Mittelfeld eine starke Partie gespielt hat. Bis auf 2 Chancen, eine davon durch den Patzer von ter Stegen, hatte die Eintracht eigentlich nichts zu bieten.

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bertifux 9. Oktober 2012 um 14:24

Sag ich doch. Ich frage mich nur, wenn der Schuss von Arango nicht ins Dreieck fällt, sondern übers Stadiondach fliegt, ob die Gladbacher so spielen können, wie sie es getan haben. Dann können die sich meiner Meinung nach nicht so hinten einigeln. Und das Publikum wird noch unruhig dazu.

Dass die Eintracht außer 2 Chancen nichts zu bieten hatte, sehe ich auch so. Jetzt ist halt die Frage warum. Stärke der Gladbacher Abwehr oder Schwäche der Frankfurter Angriffe an diesem Tag?

Wenn ich mich recht entsinne, hat ter Stegen kräftig gewackelt und nahezu jeden Ball prallen lassen. Auch die restlichen Abwehrspieler haben nicht sonderlich souverän auf mich gewirkt. S. z.B. Jantschke Rückpass und diverse andere Querschläger im eigenen Strafraum. Das lässt mich doch an der „starken“ Gladbacher Abwehr zweifeln.

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