Spanien – Irland 4:0

Kein taktisches Highlight, aber bis jetzt die dominanteste Vorstellung des Turniers. Spanien schießt die tapfer kämpfenden Iren aus dem Turnier. Individuelle Fehler des Underdogs werden eiskalt bestraft. 

Anmerkung des Autors: Die Grafik folgt im Laufe des Vormittags.

Startformationen

Spanien lief mit nur einer Änderung im Vergleich zum Gruppenauftakt gegen Italien auf. Fernando Torres ersetzte Fabregas im Sturmzentrum. Im Gegensatz zum Barca-Star interpretierte Torres seine Rolle aber nicht als false nine, sondern als echte Spitze.

Die Startformationen

Hinter ihm agierte eine offensive Dreierreihe bestehend aus Iniesta (linker Flügel), Xavi (Zentrum) und Silva (rechter Flügel). Diese drei agierten wie gewohnt sehr beweglich und tauchten immer mal wieder woanders auf dem Spielfeld auf.

Während Xavi sich oft etwas fallen ließ, zog Silva in die Mitte, was Platz für den aufrückenden Rechtsverteidiger Arbeloa schaffte. Iniesta hielt relativ diszipliniert die Seite, hatte aber auch Phasen, in denen er sehr stark zur Mitte tendierte.

Vor der Viererkette mit Jordi Alba und Alvaro Arbeloa als Außen- und Pique/Ramos als Innenverteidiger bildeten Sergio Busquets und Xabi Alonso die Doppelsechs.

Bei den Iren gab es ebenfalls nur eine Änderung im Vergleich zu ihrem ersten Gruppenspiel gegen Kroatien – auch bei ihnen wurde ein Stürmer ausgetauscht. Cox lief statt Doyle neben Robbie Keane auf, wobei erster sich in der Regel etwas fallen ließ, während Keane sehr linksseitig agierte und auf Konter wartete.

Die beiden Viererreihen bauten sich nicht weit vor dem eigenen Sechzehner auf, um möglichst lange ein 0:0 zu halten. Dies gelang ihnen jedoch keine vier Minuten. Innenverteidiger Dunne verlor einen Ball, den er eigentlich schon hätte klären müssen, im Strafraum an Torres, der zur Führung einnetzte.

Viel Kampf, wenig Qualität oder: Das Spiel der Iren

Es gibt dankbarere Herausforderungen als ein Rückstand gegen Spanien in der 4. Minute. Von nun an war eigentlich klar, dass Irland gewinnen musste, um noch Chancen auf ein Weiterkommen zu haben. Sie gaben ihre defensive Ausrichtung dennoch nicht auf, was hauptsächlich daran lag, dass sie sich mit ihren limitierten spielerischen Fähigkeiten nie wirklich aus dem spanischen Pressing befreien konnten.

Die Momente, in denen am ehesten etwas wie Gefahr für Spanien entstand, waren die langen Bälle auf die linken Seite, die Robbie Keane erlaufen sollte. Einige Male kam er im Raum hinter dem aufgerückten Arbeloa an den Ball, verlor diesen dann aber prompt gegen zwei Spanier. Auch die wenigen Standards der Iren brachten keine nennenswerte Gefahr – sie gewannen nur 50% der Luftduelle gegen die nicht gerade kopfballstarken Spanier.

Irlands durchschnittliche Passfolge bestand aus drei Pässen (Quelle: whoscored.com), was sich meist so darstellte: Ein irischer Sechser sammelte einen Fehlpass auf oder gewann einen Zweikampf, spielte mangels Optionen in der Spitze auf einen der Innenverteidiger. Diese passten den Ball dann in der Regel ihrem Torwart Given zu, der den Ball dann lang rausschlug. Bezeichnenderweise hatte Given die meisten Ballkontakte im irischen Team (48).

Spanische Dominanz

Die Spanier hatten mehr als 75% Ballbesitz, ohne wirklich viel dafür tun zu müssen. Ein paar kleine Schritte in die Schnittstellen zwischen den beiden irischen Viererketten reichte, um anspielbar zu sein. Xavi sammelte Ballkontakte, suchte vermehrt das Zusammenspiel mit Iniesta, der ähnlich wie Silva fast nur durch Fouls vom Ball zu trennen war.

Irland spielte insgesamt 280 Pässe, Xavi, Iniesta und Busquets zusammen deutlich über 300. Dass von Spaniens Feldspielern nur Torres und Silva eine Passquote von weniger als 90% hatten, zeigt ebenfalls die spanische Dominanz und Irlands fehlenden Zugriff.

Ein auffälliger Aspekt im Spiel der Spanier war, dass Arbeloa – ein ansonsten offensiv eher zurückhaltender Außenverteidiger – häufig die von Silva geschaffenen Räume suchte und auch einige Male Schnittstellenpässe von Xavi und Co. bekam. Die Läufe erinnerten von ihrer Art her ein wenig an die von Dani Alves beim FC Barcelona.

Torres ließ das Sturmzentrum eigentlich nie verwaisen und band so die beiden Innenverteidiger, die sichtlich Probleme in Sachen Schnelligkeit und Beweglichkeit aufwiesen. Spanien suchte vermehrt die Lochpässe, was angesichts der großen Abstände zwischen den irischen Spielern auch sehr sinnvoll war.

Viele erklärten das System mit der falschen Neun im Spiel gegen Italien für gescheitert. Man muss jedoch sagen, dass nicht das System an sich gescheitert ist, sondern dass del Bosque einfach auf Spielertypen baut, die für eine solche Spielweise nicht geschaffen sind.

In der Theorie soll die falsche Neun ja Abwehrspieler aus dem Zentrum herausziehen. Den entstehenden Raum sollen dann nachrückende Mittelfeldspieler nutzen und in die Gassen geschickt werden. Da auf den offensiven Positionen im Mittelfeld allerdings allesamt Spieler stehen, die eher spielmacherische Qualitäten statt eines ausgeprägten Drangs zum Tor haben, bleiben diese überraschenden und schwer zu verteidigenden Läufe aus.

Demnach scheint es im Moment für Spanien die richtige Wahl zu sein, mit einem „echten“ Stürmer zu agieren. Die aus der Spielweise von Xavi, Iniesta und Silva entstehende Problematik, dass nicht immer genug Breite im letzten Drittel vorhanden ist, muss also von den Außenverteidigern kompensiert werden. Ob man die dadurch offengelegten Konterräume für das andere Team in Kauf nimmt, hängt dann wohl vom jeweiligen Gegner ab.

Zusammenfassung

  • Das frühe Gegentor war Gift für das Defensivkonzept der Iren.
  • Spanien dominierte ohne großen Aufwand, da die Iren zu große Räume zwischen den beiden Abwehrketten anbot. Auch innerhalb der Ketten waren die Abstände oft zu groß. 
  • Da die offensive Dreierreihe Iniesta-Xavi-Silva lieber den Ball statt den Weg zum Tor sucht, ist die Variante mit Fabregas als falscher Neun zur Zeit wohl eher nicht optimal. Torres´ Zug zum Tor bereicherte das spanische Spiel um eine Komponente, die gegen Italien weitesgehend gefehlt hatte.
  • Arbeloa zeigte einige gute Laufwege ins letzte Drittel hinein, ähnlich wie Dani Alves es bei Barca tut.
  • Irland ermöglichte einige Tore und Chancen durch katastrophale individuelle Fehler

Fazit

Ein Spiel, in dem es taktisch nicht viel zu analysieren gab. Irland kämpfte bis zum Schluss unter Einsatz ihrer begrenzten Mittel. Dass man den Spaniern durch eigene Fehler ein so frühes Führungstor schenkte, durchkreuzte den irischen Abwehrplan. Spielerisch und taktisch wird die irische Mannschaft im Turnier kein Verlust sein.

Spanien zeigte sich leicht verbessert zum Spiel gegen Italien, auch wenn ein Vergleich bei solch unterschiedlichen Gegnern schwer fällt. Festzuhalten ist, dass Torres nach seinen Toren sichtlich selbstbewusster auftrat und nach seinem leichten Hoch zum Ende der Saison im Laufe des Turniers noch zu einer echten Waffe der Spanier werden könnte.

Interessant wird es sein, wie Spanien mit Gegnern umgehen wird, die die mangelnde Breite im spanischen Spiel besser ausnutzen können und bessere Konterspieler aufbieten. Im Gruppenfinale gegen Kroatien werden wir dahingehend vielleicht schon mehr erfahren.

ernst happel 16. Juni 2012 um 12:48

hallo

ich weiß, dass das eine seite ist wo eigentlich ausschließlich nur über das geschehen auf dem feld diskutiert wird. aber ich möchte kurz auf das geschehen außerhalb des platzes – nämlich das verhalten der fans im stadion – eingehen.

meiner meinung nach ist das, was die irländische fan-community in ihrem verhalten als zuschauer und fan gezeigt ein vorbild für alle fußballfans.

trotz eines 4:0 rückstandes eine derart freudige, postive, gewaltlose, fast schon eine idealistische kumbaya-stimmung zu erzeugen ist ein paradebeispiel für fans wie sie sein sollten.

da fanausschreitung , feuerwerkskörper, gegenstände und rauchbomben die aufs feld geschleudert werden, hooligans und schlägerein bei dieser euro und auch in den großen ligen erst kürzlich immer häufiger vorkommen; ist das verhalten der iren meiner ansicht nach das verhalten für ECHTE FANS.

auch ein großes danke für die gute analyse. war wieder sehr interessant zu lesen.

thx

EH

Antworten

ekMUC 15. Juni 2012 um 15:34

1.) Thumbs up für die irischen Fans und Lob für die Min. 87-90 von Tom Bartels… hätte nie gedacht, dass ein TV-Reporter außerhalb einer offiziell angesetzten Schweigeminute sich mal zurücknehmen kann 😉

2.) Schöne Analyse, auch wenn das Spiel leider nicht so viel hergab…

3.) „Italo-System/3er-Kette“: ich glaube mich dunkel an ein Testspiel im letzten Jahr zu erinnern, bei dem die deutsche Mannschaft mit einer Dreierkette gespielt hat – und hinterher allgemein kritisiert wurde. Und das System der Italiener ist zwar eine Dreierkette, mutiert aber ggf. recht schnell zu einer 4er-/5er-Kette. Inwieweit die deutsche Mannschaft dies mit derselben Sicherheit umsetzen kann wage ich nicht zu beurteilen, und wenn man das nicht schon läger zumindest im Training „übt“ macht es wenig Sinn. Aber Löw hat ja letztens auf der PK schon seine Meinung mit einem Trap-Zitat geäußert 😉
Ggf. meine Aufstellung bei 3-5-2 / 3-5-1-1 oder wie auch immer…

Neuer
Boateng – Hummels – Badstuber
Bender – Khedira – Schweinsteiger – Kroos – Lahm
Özil/Müller – Gómez/Reus

– Bender: enorm Lauf- und zweikampfstark, m.M. in der Lage den AV zu bremsen oder gg. Iniesta zu unterstützen
– Khedira vs Xavi, hat er im „Clásico“ glaub‘ ich schon gespielt
– Kroos wäre eine Option um eine eventuelle Schwäche Lahms in der Vorwärtsbewegung aufzufangen…
– In der Offensive haben wir zu viele Optionen 😉

Antworten

ekMUC 15. Juni 2012 um 15:36

Achja, das nächste Spiel ist das einzig relevante… somit: erstmal so weit kommen!

Antworten

hps 15. Juni 2012 um 18:31

Ganz interessant, was du da vorgeschlagen hast. Hummels könnte ggf. ja auch auf der Sechs spielen, so könnte man mit Fünferkette verteidigen, oder auch Hummels vorziehen und mit Viererkette spielen.
Alternativ könnte auch Boateng auf Außen gehen und Bender in das defensive Mittelfeld.
Ich denke aber nicht, dass wir derartige Experimente sehen werden.

Antworten

Coolidge 15. Juni 2012 um 14:03

Men of the Match waren ganz klar die irischen Fans, nicht Torres!

Wenn ihr hier über die dt. Aufstellung gegen Spanien im möglichen Finale sinniert, will euch euch mal daran erinnern, dass wir schon zweimal (’08,’10) mit einem im Grunde genommenen 4-1-4-1 gegen Spanien klar und deutlich verloren haben. Ich hoffe Löw, hat das nicht vergessen und packt das italo-System aus!

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 15:10

Bei der WM 2010 haben die Deutschen sicher kein 4-1-4-1 ähnliches System gespielt. Es war eher ein 4-3-3 (mit 2-1 Anordnung im Zentrum anstatt 1-2 wie bei 4-1-4-1) oder das typische 4-2-3-1. Eine schöne Analyse zu diesem letzten Vergleich gibt es hier (SV war da ja noch nicht aktiv):
http://www.zonalmarking.net/2010/07/07/spain-1-0-germany-2010-world-cup-tactics/

Antworten

hps 15. Juni 2012 um 15:16

(Achtung, off-Topic:) Du meinst also, dass man im Halbfinale oder Finale gegen Spanien mit einer Fünferkette in der Defensive („Italo-System“) auflaufen sollte, welches man vorher keine Woche trainieren konnte? Da sind die Abstimmungsschwierigkeiten vorprogrammiert. Ich denke die Spanier haben ihre Schwächen auf den Außen und bei Kopfbällen. Wie auch immer, erstmal müssen wir soweit kommen.

Antworten

Schlicke 15. Juni 2012 um 13:43

Sehr gute Analyse! Die Iren haben einfach nicht die nötigen Mittel, deshalb ist Trap auch kein Vorwurf zu machen. Bei Spanien wird interessant zu beobachten sein, wie sie künftig gegen stärkere Gegner agieren werden. Da sitzen ja auch immerhin noch Negredo und LLorente auf der Bank.

Zum am Schluss erwähnten Gruppenfinale:
Liege ich damit richtig, dass bei einem 2:2 oder 3:3 von Spanien gegen Kroatien beide Mannschaften sicher im Viertelfinale sind?

Antworten

bob 15. Juni 2012 um 13:21

Frage: Ab wann darf man denn bei den Spaniern von einem 2-4-3-1 sprechen?

Alba und Arbeloa waren alles mögliche, nur keine (Außen-)Verteidiger. Ich kann mich an keinen defensiven Zweikampf erinnern, den nicht auch ein Müller/Podolski etc. zwei bis dreimal pro Spiel führen müssen und die nennt man ja auch min. Mittelfeldspieler und ordnet sie auf der Taktiktafel da ein.

Ich weiß das es viel mit dem Unvermögen und der Einstellung der Iren zu tun hatte, aber wenn 4-6-0 und 3-5-2 wegen ihrer relativen Neuheit auf internationaler Ebene Erwähnung fniden, sollte man dann nicht auch von einem 2-4-3-1 sprechen?

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 14:13

Zu dem Thema wäre es mal interessant die durchschnittlichen Positionen zu sehen. Ich würde auf Basis meiner Erinnerung folgende vertikale Staffelung vermuten

Torres
Iniesta Silva Arbeloa
Alba Xavi
Pique
Alonso Busquets Ramos
Casillas

Das wäre dann ein (arg asymmetrisches) 3-1-2-3-1, was im übrigen mit der Aufstellung auf dem Papier gar nichts mehr zu tun hat 😉

Antworten

James 15. Juni 2012 um 15:12

Ich finde nicht, dass Pique so offensiv war. Außerdem waren Busquets und Xabi Alonso nicht häufig ganz hinten sondern nur im Aufbauspiel(also im 1. Drittel).Arbeloa kam eher über seine Vorstöße und war oft hinten doch dadurch das wenn er vorging so viel Platz hatte und angespielt wurde bleibt das wahrscheinlich mehr hängen im Gedächtnis.

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 15:26

Ich hab mir grad mal die Heatmaps im MatchCentre auf uefa.com angesehen. Anscheinend haben sich die Spieler deutlich rollenkonformer verhalten als ich in Erinnerung habe. Die These mit der Verzerrung der Wahrnehmung durch die Position der Ballkontakte könnte zutreffen. Das ZDF ist ja leider häufig mit den Bildern recht nah am Ball, so dass man das Verhalten der Spieler 10-20 m davor und dahinter nicht wahrnehmen kann.

Antworten

Jose Mourinho 15. Juni 2012 um 17:22

Es war ein 4-2-3-1 mit stark eingerückten Flügelspielern (Silva, Iniesta)

Antworten

blub 15. Juni 2012 um 11:39

schade, denn die letzten 5 min. waren akustisch das beste, was diese EM zu bieten hatte.

Antworten

asti80 15. Juni 2012 um 10:40

Vorallem ist das Spiel der Spanier zu mittelastig, das heißt der Ball muss unbedingt durch einen tiefen Pass in der Mitte in den Strafraum gespielt werden. Über die Flügel selbst, kommt da wenig, so bleibt ein ziemlich kopfballstarker Stürmer wie Torres einfach in der Luft hängen.
Wie mein Vorredner sehr treffend beschrieben hat, ein 4-1-4-1 würde gegen die spanische Mannschaft wahre Wunder bewirken, da man in dem Fall, den Fehler von del Bosque (Xavi auf die 10) gnadenlos ausnützen könnte, in dem man ihm einen direkten Gegenspieler auf den Hals hetzt und ihn so in Bedrängnis bringen kann.

Antworten

geco87 15. Juni 2012 um 11:06

Mitte verdichten, 1:1 gegen Italien – schreit nach einem 3-5-2 / 3-6-1, oder? Für mich sähe das so aus:

Boateng – Hummels – Badstuber

Müller/Bender Khedira Schweinst. Kroos/Bender Lahm

Özil
Gomez

Schweinsteiger würde dann etwas tiefer spielen als in den bisherigen 2 Spielen. Mit Kroos hätte man einen zusätzlichen ballsicheren Spieler im Zentrum, Müller und Lahm müssten dann über die Außen weite Wege gehen, damit auch darüber Entlastung geschaffen wird. Ansonsten würden sie situationsbedingt die gegn. Außenverteidiger zustellen. Ach, irgendwie habe ich mich ja in das System verliebt. Danke, Prandelli! 😉

Andererseits betonte Löw in einem Interview vor rund einem Jahr (?), dass man nicht mit einer Mauertaktik gegen Spanien besteht, sondern wenn man mitspielt. Der O-Ton war damals: „Nur wer schön spielt, gewinnt auch Titel..:“ Also würde er wohl beim 4-2-3-1 bleiben und eher einzelnen Spielern veränderte Rollen aufdrücken – Hummels in der eigenen Manndecker von Xavi und sehr zurückhaltende Außenverteidiger – und auf die eigene Spielstärke setzen.

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 12:45

Ich denke auch, dass bei einem 4-1-4-1 gegen die Spanier zu stark auf die Außen fokussiert wird. Dort finden ja nur die Außenverteidiger statt, so dass es unnötig ist, dort zu doppeln. Ein 3-5-2 oder noch besser 3-5-1-1 hätte den Vorteil, dass die einzigen Flügelspieler die Außenverteidiger aufgrund der Absicherung hinten binden können. Damit würde Spanien in der Offensive völlig ohne Breite agieren. Für die Defensive wäre also eine zentral kompakte 3-1-2 Stellung ideal.

Zum Personal
Den zentralen defensiven Mann sollte Hummels spielen. Er kann dann das Spiel von dort aufbauen und beim starken Gegenpressing der Spanier auch mal mit platzierten langen Bällen operieren. Auf den Halbpositionen sind die Innen-Außenverteidigerhybriden Boateng/Höwedes (rechts) und Badstuber (links) gesetzt. Der zentral defensive Mann wäre Schweinsteiger. Die beiden Halbpositionen davor sollten Khedira und Kroos besetzen. Die Wingback-Positionen bereiten mir etwas Kopfzerbrechen. Die Kandidaten müssen eine starke Ausdauer, Defensiv- und Konterstärke vereinen. Es ist echt schade, dass Kevin Großkreutz nicht nominiert worden ist. Mit dem vorhanden Personal sind wohl Lahm (links) und Müller/Bender (rechts) die besten Alternativen. Ideal sind sie jedoch nicht, da Müller defensiv nicht so stark ist, während Bender und Lahm die Konterstärke fehlt. Vorallem Lahm bremst bei solchen Situationen oft ab und schaut erst einmal. Vorne ist es dann wieder klar, Özil zum Lücken suchen und öffnen und Gomez als physisch starker Stürmer mit Killerqualitäten.

Antworten

Flowbama 15. Juni 2012 um 14:40

„Nur wer schön spielt, gewinnt auch Titel…“ Das ist eigentlich der unnötigste Satz von Löw in den letzten Jahren. Wurde ja von Chelsea komplett ad absurdum geführt.

Antworten

maverick.91 15. Juni 2012 um 14:49

ein 4-1-4-1 ist gegen spanien der perfekte taktische selbstmord mehr platz zwischen den 4erketten werden iniesta und silva in keinem anderen system finden

Antworten

Horsti 15. Juni 2012 um 16:00

Am Ende ist es doch relativ egal ob 4231 oder 352 etc., da ja vor Allem zählt wie die jeweilige Rolle auf dem Platz ausgefüllt wird.

Um die nötige Enge im Zentrum zu schaffen könnte Löw im aktuellen System Podolski durch Kroos ersetzen und ihm eine etwas zurückgesetzte eingerückte Rolle geben, bei der allein Lahm die Breite herstellt. Das wäre ja dann fast 352.

Fakt ist, dass Spanien auch auf Deutschland reagieren müsste. Die Außenverteidiger würden längst nicht so weit aufrücken, wenn in ihrem Rücken Podolski oder Müller stehen. Dann kann der Rest der Deutschen die Mitte auch besser bearbeiten, ohne Wechsel.

Noch was zum Spiel: Beim Irlandspiel ist mir auch aufgefallen, dass es ein Fehler der Iren war keinen großen Spieler neben Keane im Sturm aufzustellen. Es hätte noch nichtmal ein Stürmer sein müssen. Dieser Spieler hätte exklusiv als Wandspieler für Keane funktioniert. Die hohen Bälle der Iren gingen viel zu leicht verloren. Und in der Luft hatte Keane keine Chance gegen Ramos, Piqué etc. Dass sie hohe Bälle spielen werden, war für die Iren doch abzusehen. Und Cox und Walters waren als Ballsammler für Keane zu klein.

Antworten

muffin 15. Juni 2012 um 17:21

ich kann maverick.91 nur beipflichten.
zusätzlich zu den räumen, die iniesta und silva hier nutzen könnten, wäre das problem xavi auch nicht gelöst. er ist mit einer simplen manndeckung nicht zu stoppen, vielmehr wird er noch gefährlicher, da ein spieler weniger den raum abdeckt. xavis große stärke ist das erkennen solcher räume und in diese würden bei einer solchen taktischen formation iniesta und silva stoßen. man würde den spaniern also praktisch ermöglichen ihre stärken auszuleben.

die 3-5-2 idee finde ich grundsätzlich auch nicht verkehrt, das problem hierbei ist aber, dass keiner der deutschen spieler bisher öfter als einmal (gegen die ukraine) in einem solchen system gespielt hat. bei den italienern kennt fast der gesamte defensivblock diese formation aus dem jeweiligen club.

ich glaube, dass das system, welches löw momentan spielen lässt fast das beste gegen spanien sein dürfte, da erstens die offensiven und umschaltmomente eingespielt sind und die spanier vor allem dann torgefährlich werden, wenn sie die chance zum schnellen umschalten erhalten.
weiterhin hat italien in den momenten, in denen sie tief standen mehrmals sogar probleme durch die fehlende breite in der letzten reihe gehabt, nämlich dann, wenn schnell die seite gewechselt wurde: vorteil viererkette!
das taktische feintuning müsste sich meiner ansicht nach auf ein enormes pressing bei ballverlust, welches, sollte der ball nicht zurückgewonnen werden schnell aufgegeben wird, um sich tief zu staffeln.
gegen italien konnte man auch erkennen, dass die spanier jeweils nach dem anstoß stark gegenpressen, was dann aber im laufe der nächsten 10-15 minuten enorm nachlässt. in den phasen die darauf folgten wurden von den spaniern viele fehlpässe gespielt, häufig war zu durchsichtig, wohin der nächste ball ging. in diesen phasen muss man versuchen konter über die außen zu laufen, denn sowohl arbeloa, als auch jordi alba, konnten hier fast regelmäßig durch lange bälle überspielt werden. mit hummels haben wir einen ausgezeichneten mann für solche bälle in unseren reihen. auch die innenverteidiger wirkten bei diesen bällen arg unsicher, was einem vor selbstbewusstsein strotzenden gomez, dem schlitzohrigen müller und vielleicht dem quirligen schürrle (ich bin zwar podolski-fan, aber er muss sich steigern…) gute chancen ermöglichen sollte.

hui, das ist aber ziemlich off-topic geworden…

Antworten

Oystein 15. Juni 2012 um 10:30

„Spielerisch und taktisch wird die irische Mannschaft im Turnier kein Verlust sein.“

Sicherlich, aber ihre Fans sehr wohl. Ich finde, das darf auch mal erwähnt werden: Diese fantastische Unterstützung für den Verlierer. Großartige Gesänge statt bescheuerter Böller, wie sie andernorts leider Standard werden.

Im übrigen würde ich Taktik und System der Spanier auch in diesem Spiel nicht klein schreiben. Manch große Mannschaft tut sich gegen kämpfende Underdogs sehr schwer. Ich denke schon, dass es letztlich ein Ergebnis der Taktik ist, das die Spanier über den Spielverlauf hinweg immer wieder mal ein Tor schossen und am Ende derer 4 gesammelt hatten. Fußball ist ein vom Zufall lebender Sport, und Aufgabe der Taktik ist es, die Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit zu erhöhen, ein Tor zu schießen und die Wahrscheinlichkeit eines Gegentreffers zu senken. Dieses 4:0 kam nicht aus einem Rausch, sondern weil das spanische System gegen Irland einfach eine Wahscheinlichkeit von 1 Tor je 20 Minuten produziert.

Ist so ähnlich wie kalorienbewusstes Essen bei Schlanken: Die einen sagen, was redest du da, die anderen sagen: „Sieh her, es funktioniert!“

Antworten

Jericho 15. Juni 2012 um 09:29

In der Tat bietet das Spiel wenig Aufschlüsse über taktische Möglichkeiten der Spanier. Das war einfach zu klar und souverän gespielt.

Aber bei der irischen Mannschaft bereiteten mir Sorge, dass sie sich in jeder Halbzeit ein frühes Gegentor gefangen haben. Da scheint es gravierende Konzentrationsmägel zu geben, was ich sehr bedenklich finde und sehe nicht, wie diese Mannschaft sich nun für die WM qualifizieren will. Im Vergleich mit vorherigen irischen Mannschaften bei Turnieren, dürfte dies die schwächste Auswahl gewesen sein. Wenn nicht das, dann aber auch auf jeden Fall die glückloseste.

Antworten

JAS 15. Juni 2012 um 10:30

Also ich fand ja, dass die Iren aufopferungsvoll gekaempft haben. Gegen die Spanier von gestern wird es jede Mannschaft im Turnier schwer haben, fuerchte ich… Das war schon wieder ganz grosses iberisches Kino wie die drei laufenden Meter Iniesta, Xavi und Silva durch die massiven irischen Viererketten getanzt sind…. Einfach grossartig! Ich fand, das Spiel hat im Vergleich zum Italienspiel eindeutig gezeigt, dass man gegen diese Spanier seine Taktik umstellen und die Mitte verstaerken muss. Ansonsten wirds schwer. Das sage ich insbesondere auch in Richtung Yogi Loew. Obwohl er SV wohl nicht lessen wird (was er aber unbedingt mal tun sollte…. 🙂 )

Antworten

Leperon 15. Juni 2012 um 13:21

Das hat mich persönlich auch sehr gewundert. als Ire hab ich die Quali dann doch etwas intensiver verfolgt und die Nervosität und Unsicherheit die sich bei diesen doch recht erfahrenen Spielern gezeigt hat war so in der Quali nicht zu sehen. bei dem Kroatien Spiel sind ja schon 2 von 3 toren unnötig gefallen und man muss sich mal vor augen führen das irland in den ersten 48 minuten der EM so viele tore kassiert hat wie in den 14 (!) Spielen davor.
vor der EM hab ich ein Interview von Keane gelesen in dem er gesagt hat, dass die meisten Spieler 2002 einfach nicht begriffen haben wie „einzigartig“ die Möglichkeit eines großen Turnieres ist. Sie dachten die werden sich ab jetzt einfach immer qualifizieren und haben einfach befreit aufgespielt. Einige davon standen diese EM ebenso auf dem platz und diese „letzte chance“ Situation scheint sie in den entscheidenen Szenen gehemmt zu haben.
Bzgl. dem Mannschaftsvergleich wäre ich da vorsichtig. Die letzte Mannschaft die gespielt hat war 2002. Davor waren sie 1994 das letzte mal dabei. In wie fern man Mannschaften über so einen langen Zeitraum vergleichen kann, kann ich nicht beurteilen.

Antworten

Jericho 16. Juni 2012 um 00:02

Meine väterliche Verwandtschaft ist aus Irland und mein Onkel (der in Irland lebt und da einen besseren Überblick hat wie ich) war der Meinung dass die 88er Mannschaft stärker war als die jetzige. Klar hat sich das Spiel insgesamt verändert, aber ich bin der Meinung, dass die klare irische Stärke eine sichere Defensive nur sein kann. Zu Mal man bedenkt wie viele Mannschaften Irland als geteiltes Land stellen muss. Zwei Fußballmannschaften, eine Rugbymannschaft und dann noch Gaelic Football und Hurling dazurechnet ist es verwunderlich, dass man eine gescheite Fußballmannschaft zusammenbringen kann.

Die Qualifikation ist auf jeden Fall ein Erfolg und die Leistungsdichte bei einer Euro ist auf jeden Fall größer wie bei einer WM. Irgendwo schaede, dass sie so glücklos waren. Ich bin mir sicher, dass ein etwas ruhigerer beginn des Kroatienspiels ihnen geholfen hätte. Da wäre ein Unentschieden Gold wert gewesen. Das gegen Spanien nicht viel zu machen war außer die Würde zu verteidigen, was meiner Meinung nach auch gelungen ist, ist okay. Aber so was ist müßig zu diskutieren.

Irland dürfte aber von der Ausweitung der Euro profitieren und nun eher und öfters teilnehmen können, ich sehe sie da so als eine Mannschaft die immer zwischen den 12. und der 20. besten Mannschaft Europas pendeln kann und es zeigt ja, wie oft man immer wieder in den Relegationsspielen gescheitert ist oder in den Qualirguppen knapp: ’92, ’96 oder ’10.

Antworten

Leperon 16. Juni 2012 um 16:20

Da ich 88 noch nicht geboren war kann ich dazu natürlich nichts sagen, durchaus möglich.
wie ich oben schon geschrieben hatte ist diese defensive stabilität ja an sich da, warum sie zur em dann verschwindet ist schwer zu beantworten. das fußball in irland volkssport nummer 4 oder 5 bei ca. 4 millionen einwohnern ist, ist sicherlich auch nicht so förderlich.
an sich hätte man gegen kroatien zwingen gewinnen müssen um dann im letzten spiel gegen italien was zu reißen, wie es in testspielen auch schonmal geklappt hat.
jetzt kann man quasi schon auf die quali zur wm gucken. je nach stadioneinteilung bekomm ich da vielleicht mal wieder seit der quali für 2008 die boys in green live zu sehen.

Antworten

Jericho 17. Juni 2012 um 10:39

Ja die sind in Köln. Ich freu mich drauf und hoffe dass ich es schaffe Karten zu ergattern.

Antworten

Leperon 17. Juni 2012 um 12:08

ah cool, das letzte mal als ich geguckt hatte waren die spielorte noch nicht fest. danke für den hinweis!

Antworten

Jx 15. Juni 2012 um 09:17

Ich kann der Analyse nur zustimmen – ein taktisch wirklich uninteressantes Spiel, was von mir aber auch erwartet wurde. Spanien ist nun einfach eine Klasse besser als Irland. Was mich an dem Spiel am meisten aufgeregt hat, war der Kommentator (Tom Bartels, glaube ich): der hat die Spanier 90 Minuten lang in den Himmel gelobt und einend as Gefühl gegeben, dass alle anderen Mannschaften glücklich sein müssen, überhaupt auf in dem selben Turnier wie Spanien zu spielen. Das hat mich so aufgeregt, dass ich die letzte Viertelstunde einfach nicht mehr ertragen konnte.

Antworten

Max 15. Juni 2012 um 13:22

Bartels war eine Schande. Wie er die Iren immer niedergemacht hat. „Robby Keane, purer Zufall“. Ich hätte kotzen können.

Allerdings haben die letzten 5 Minuten für sämtliche zuvor erlittenen akustischen Qualen entschädigt, Gänsehaut pur.

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 08:59

Ein interessanter Aspekt, der mir in diesem Spiel aufgefallen ist, der aber in der Analyse keine Erwähnung findet.

Im Spielaufbau der Spanier sind Busquets und Xavi Alonso in die Abwehrreihe zurückgefallen. Busquets dabei meistens zentral während Xavi Alonso auf die Linksverteidigerposition gefallen ist. Ramos hat dann rechts verteidigt. Das hatte gleich mehrere Folgen:
1. Beide Außenverteidiger konnten aufrücken (habt Ihr für Arbeloa ja auch passend beschrieben)
2. Pique konnte als Box-To-Box Player agieren (ähnlich wie Khedira)
3. Die Spielorganisation fand aus der Abwehr (1. Drittel) statt und Xavi und Iniesta hatten so mehr Platz um das Spiel im 2. Drittel zu organisieren.
Fand das in diesem Spiel recht auffällig, während mir das beim Italienspiel nicht so aufgefallen ist.

Antworten

geco87 15. Juni 2012 um 10:39

zu 1: Genau. Jordi Alba und Arbeloa agierten fast schon wie Flügelstürmer und sorgten so für die nötige Breite im spanischen Spiel, da Iniesta und Silva ja sehr zum Zentrum tendieren. Von einer Viererkette konnte man nicht mehr sprechen.

zu 2: Ist mir jetzt nicht aufgefallen, dass Piqué als Box-to-Box-Spieler agierte. Gelegentlich, gerade auch bei Ecken ging er mit, aber ansonsten spielte er nicht viel anders als andere gute Verteidiger wie Hummels. Ich fand, dass Busquets schon eher diese Rolle einnahm, wenn auch nicht deart klar wie Khedira. Xabi Alonso (mit b!) dagegen war eindeutig der tiefliegende Spielmacher.

zu 3: Naja, das sehe ich etwas anderes. Den allermeisten Ballbesitz hatte Spanien doch im Bereich 20-40 m vor dem Tor und so fand dort auch die Spielorganisation statt. Ich fand es wieder einmal imponierend, dass man Rückpässe zu den Innenverteidigern und zu Casillas vermieden hat und eher quer, diagonal nach vorne oder steil spielte und sich dennoch aus der Umklammerung befreien konnte.

Antworten

Tobias 15. Juni 2012 um 12:33

Zu 2.: Mir ist schon aufgefallen, das Pique sehr häufig vertikale Läufe mit Ball durch das Mittelfeld gesucht hat – quasi als Gegengewicht zur Passorgie seiner Mitspieler.
Zu 3.: Natürlich hast Du Recht, der Ball war zumeist weit in der Hälfte der Iren und wurde somit von Iniesta, Silva und Xavi kontrolliert. Wenn es dann aber doch mal zurückging, hat Xabi Alonso das Spiel aus der Tiefe gelenkt. Die räumliche Komponente (1. und 2. Drittel) war in meiner Aussage wichtiger als die Quantitative…

Deine folgende Aussage trifft das, was ich ausdrücken wollte sehr gut: „Ich fand es wieder einmal imponierend, dass man Rückpässe zu den Innenverteidigern und zu Casillas vermieden hat und eher quer, diagonal nach vorne oder steil spielte und sich dennoch aus der Umklammerung befreien konnte.“. Das lag nämlich daran, dass es keine Innenverteidiger mehr gab, sondern Busquets und Xabi Alonso als tiefste Feldspieler fungiert haben.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*