Eine Weihnachtsgeschichte: Ömer Toprak
Spielverlagerung präsentiert ein kleines Weihnachtswunder am ersten Weihnachtstag. Ömer Topraks Wiedergenesung, sein Weg zurück ins Profibusiness und sein mental wie körperlich gesunder Zustand klingen fast wie ein Märchen. Obwohl er nur selten sein enormes Potenzial nutzen kann, so blitzen immer öfter Ansätze seines unbestrittenen Talents zum Vorschein. In einer defensiv ungeordneten Abwehrreihe Bayer Leverkusens gehört der ehemalige Freiburger Shootingstar dennoch zu den besseren. An diesem ersten Weihnachtstag berichten wir über eines der unerwarteten Comebacks in den letzten Jahren Bundesliga. Ein Spieler, welcher keine Schwächen und einige beeindruckende Stärken besitzt.
Am 21. Juli 1989 in Ravensburg geboren, ließ Toprak bereits in jungen Jahren aufmerksam auf sich machen. Nachdem er bei lokalen Vereinen das Fußballspielen gelernt hatte, wechselte er im Alter von 16 Jahren in die bekannte Nachwuchsschule des SC Freiburg. Sofort machte er sich einen Ruf als technisch starker und körperlich guter Innenverteidiger, welcher als einer der Rohdiamanten des Freiburger Jugendinternats galt. Bereits 2007 erhielt er seinen ersten Profivertrag und wurde in der folgenden Saison Oberligameister mit der zweiten Mannschaft, mit den A-Junioren konnte er einen zweiten Titel, den des deutschen Meisters, feiern. Sein Potenzial blieb dem DFB nicht verborgen, er wurde zur Jugendnationalmannschaft berufen und mit der U19 war er als Stammspieler sogar Europameister. Nach diesen Erfolgen wurde er zur ersten Mannschaft hochgezogen, wo er in der folgenden Saison maßgeblich am Aufstieg beteiligt war. Doch sein konstanter und rasanter Aufstieg sollte nicht ungebremst bleiben. Zu Beginn der Sommerpause gab es einen schweren Kartunfall, bei welchem Ömer Toprak schwer verletzt wurde.
Ein Zusammenprall mit einem anderen Fahrzeug sorgte dafür, dass Benzin austrat und sich entzündete. Mit einer Explosion begann eine schwere Leidensgeschichte für den sympathischen Verteidiger. Große Teile seines Oberschenkels waren schwer verbrannt. Die Ärzte wie auch Medien zweifelten stark daran, ob das große Abwehrtalent, von DFB-Experten in der Jugend auf gleichem Niveau wie Hummels gesehen, jemals wieder zurückkehren könnte. Acht Operationen, eine davon eine Eigenhauttransplantation und eine, weil sein rechter Fuß langsam steif wurde, sollten eine schwere Rehabilitation voraussetzen. Doch Toprak kämpfte. Ihm war keine Reha-Einheit zu viel, mühsam, aber ohne Angst und immer mit dem festen Glauben an sich selbst, holte er sich zurück in den großen Fußballzirkus. Am sechsten Jänner feierte er bei einem Testspiel sein Debüt.
Über ein halbes Jahr musste er pausieren, sogar das Sonnenlicht aufgrund seiner geschwächten Haut meiden. Seine ganzen Vorschusslorbeeren, unter anderem von Jürgen Kohler, der ihn als „das beste, was ich im Jugendbereich gesehen habe“ bezeichnete, waren allerdings außerhalb Freiburgs dann fast schon vergessen, ebenso wie seine unglaubliche erste Bundesligasaison, wo er sich sogar torgefährlich zeigte. Seine Rückkehr auf den Platz verlief holprig. Einige Aussetzer waren die Folge der langen Pause und er konnte an seine herausragende Form nicht mehr ankommen. Dennoch wurde er von Bayer Leverkusen im Sommer 2011 verpflichtet, wohl auf Empfehlung von seinem Trainer Robin Dutt, welcher ebenfalls zum Werksklub ging. In einer schwierigen Phase für Verein, Trainer und sich selbst etablierte sich Ömer Toprak als Stammspieler in der Bundesliga und obwohl er noch Schwächen hat, so zeigt er oft seine herausragenden Ansätze. Nach langem Hick-Hack wurde er sogar zur A-Nationalmannschaft eingeladen – allerdings jener der Türkei. Bereits kurz nach seiner Verletzung hatte ihn Erdal Keser angerufen.
Er erkundigte sich nach dem Heilungsverlauf, nach seiner Gesundheit, kurzum: er kümmerte sich. Toprak sagte vor dieser schweren Zeit, er wisse es nicht genau, sei aber aktuell ein DFB-Spieler. In letzten Aussagen klingt etwas mehr Verbundenheit zur Türkei hin – ob aus karrieretechnischen, privaten oder gar anderen Gründen, sei dahingestellt. Wie viel diese Telefonseelsorge Kesers mit hinein gewirkt hatte, ist auch ein großes Fragezeichen, doch eines steht fest. Toprak ist glücklich mit seiner Entscheidung, die er als eine sehr schwere bezeichnete. Und es ist eines dieser kleinen Wunder, welches Glück beschert. Vor fast genau zwei Jahren durfte Toprak nämlich damit rechnen, wieder auf dem Platz zu stehen. Er erfuhr, dass er bald sein Comeback geben durfte.
Der Kampf hatte sich ausgezahlt. Ebenso wie sein Vater, ohne Sprachkenntnisse und leeren Taschen hatte jener sich in Deutschland durchgekämpft. Eine Familie von Kämpfern und Ömer ist nur das bekannteste Beispiel. Nach zwei Monaten von Bangen und Hoffen gaben die Ärzte die Erlaubnis zum Beginn der Reha, tagtäglich Narbenmassagen und Kräftigungsübungen. Ein Zeitpunkt zum Ende der Reha konnte nie sicher gesagt worden und für viele war seine Rückkehr auf den Platz ein Wunder – mit Schutz auf seinen Oberschenkeln und Lächeln im Gesicht grätschte und eroberte Toprak Bälle im Testspiel. Im Nachhinein ein passendes Weihnachtsgeschenk für ihn, den türkischen Verband und die deutsche Bundesliga. Der Rohdiamant hat zwar viel Zeit zum Schleifen verloren, doch sein Glanz ist weiterhin erkennbar: technische Stärke, körperliche Robustheit und natürlich Mut. Die Attribute eines Kämpfers auf dem grünen Rasen nicht nur deutscher Stadien.
4 Kommentare Alle anzeigen
Michael 19. Januar 2012 um 16:03
ich habe ömer bei allen heimspielen genau beobachtet und muss sagen er ist der beste innenverteidiger den wir im moment haben!
Dani 5. Januar 2012 um 10:36
Suuuuper Artikel, vielen Dank!
Ich vermute viele Leverkusenfans (also ausgeschlossen der Leute von „Wir 04 gegen Dutt“) halten ihn für irgendeinen Durchschnittsspieler, den Dutt aus Symphatie mitgeschleppt hat um ihnen einen Aufstieg zu ermöglichen und die Verantwortlichen ihn einfach mal zu liebe Dutts und um die Aufstellung zu rechtfertigen als Talent bezeichnen. Seine noch nicht volle Leistung, seine zwei Eigentore, sind natürlich der Beweis, dass es sich wie bei Yelldell um keinen Bundesligatauglichen Spieler handelt…..
Dani 9. Januar 2012 um 09:10
Und weiter gehts…
„Waalwijk bestrafte drei Abwehrfehler – jeweils sah Ömer Torpak nicht gut aus – mit drei Gegentoren (60./84./89. Minute).“
Masd 2. Januar 2012 um 14:56
Leider sprachlich ein wahrer Graus dieser Text. Auch Inhaltlich hätte man aus einem schönen Thema sehr viel mehr rauslohen können. Schade.