Standard Lüttich – Hannover 96 2:0

Trotz einer 0:2 Niederlage bei Standard Lüttich erreichte Hannover 96 die KO-Runde der Europa League. Die Ausgangslage für beide Teams war klar: Ein Sieg gegen den direkten Konkurrenten würde den Gruppensieg in der Europa League sichern, ein Unentschieden mit Toren hätte Hannover aber auch gereicht. Nur bei einer Niederlage wäre man auf Schützenhilfe angewiesen, um schon am vorletzten Spieltag den zweiten Platz zu sichern.

Formationen der ersten Halbzeit

Mirko Slomka setzte auf seine Stammformation, die sich über die Saison entwickelt hatte. Dafür rotierte Stoppelkamp, der gegen den Hamburger SV gespielt hatte, aus der ersten Elf und Stindl startete auf dem rechten Flügel.

Lüttichs Trainer Jose Riga, verglichen mit dem Hinspiel, auf drei Positionen um. Für Opare spielte Goreux rechts in der Viererkette und auf dem linken Flügel startete Seijas und nicht van Damme. Als dritte Änderung brachte Riga Tchite für Berrier im Angriff, was zu einer Formationsänderung führte. Lüttich spielte, wie Hannover, im 4-4-2.

Eine hektische Anfangsphase

Das Spiel ging zunächst hin und her, weil beide Mannschaften den direkten und risikoreichen Spielaufbau bevorzugen. Wie bei Hannover üblich war Jan Schlaudraff das zentrale Element im Angriffsspiel. Er bewegte sich auf die Flügel um die Außenspieler und die aufrückenden Außenverteidiger zu unterstützen. Mohammed Abdellaoue hielt dagegen die undankbare Position im Zentrum gegen die Innenverteidiger und ließ sich nur gelegentlich für Anspiele fallen.

Standard Lüttich praktizierte einen ähnlichen Stil, bei dem aber beide Stürmer abwechselnd den Weg nach Außen suchten um dort zu kombinieren. Dazu spielte Lüttich ab und zu Pressing gegen Hannovers Außenverteidiger, wenn der Gegenspieler nahe an der Torauslinie isoliert werden konnte. Ansonsten hielten sich die Hausherren zurück und versuchten erst ab der Mittellinie den Ball zu erobern.

Die ersten zehn Minuten wurden sehr hektisch. Schlaudraff ließ sich zu einer Schwalbe hinreißen, Zieler musste einmal aus seinem Tor stürmen um zu retten und das Spiel wurde von beiden Seiten oft durch Fouls unterbrochen. Hannover erarbeitete sich in der ersten Spielhälfte mehr Ballbesitz (59%), was nicht unbedingt positiv von Slomka bewertet wird.

Lüttich erspielte sich einige Chancen, auch durch Standardsituationen. Die Foulsstatistik verdeutlicht die Probleme, die Lüttichs Stürmer verursachten. Pogatetz foulte 4 Mal im ganzen Spiel und auf der Gegenseite far es Gohi Bi Cyriac, der 6 Mal gefoult wurde. Seijas und Mujangi konnten auf den Flügeln wiederholt Druck aufbauen. Gerade rechts konnte sich Mujanhi ein paar Mal von Schulz lösen und geschickt werden oder ihn aus der Kette heraus ziehen. In diesen Situationen versuchten Lüttichs Stürmer gerne den Raum auf der Flanke zu besetzen, was eine horizontale Bewegung von innen nach außen erzeugte, während Pander mit einem vertikalen Laufweg für Schulz die Absicherung übernehmen musste.

Lüttich übernimmt das Spiel

Vorlagen in den Strafraum brachten die Hannoveraner selten, sei es durch Flanken oder durch Pässe in die Tiefe. Abdellaoue war deshalb vom Spiel abgeschnitten. Ein Problem war, dass Aktionen im letzten Drittel oft zu ungenau gespielt wurden und daher zu Ballverlusten anstatt zu Torchancen führten. Dazu brauchten die 96er oft zu lange für ihre Entscheidungen, so dass sich Lüttich immer wieder positionieren konnte. Hannovers Spiel schnell das Feld zu überbrücken bracht deshalb, trotz des hohen Aufwands, oft nur Fernschüsse oder Halbchancen gegen defensiv gute Belgier ein (nur ein Gegentor in der Gruppenphase).

Die Führung für die Hausherren fiel in der 25. Minute durch Mohamed Tchite nach einem Eckball. Es war eine Variante, bei der sich der Stürmer am Elfmeterpunkt von seinem Gegenspieler in Richtung langes Eck löste, während sich der Rest des Teams in die Gegenrichtung orientierte. Die Abwehr konnte den Eckball nicht klären und Tchite stand ganz frei um aus etwa 10 Metern einzuschießen.

Nach dem Tor änderte sich wenig. Lüttich versuchte über die beiden Flügelspieler und die Stürmer außen in eins-gegen-eins Situationen zu kommen und nach innen zu ziehen. Dazu wechselten sie gerne die Seite, wenn die Hannoveraner Mittelfeldspieler eingerückt waren um im Zentrum zu unterstützen und damit nicht mit den Außenverteidigern doppeln konnten.

Bei Hannover ließ sich Schlaudraff immer mehr zurückfallen um früher den Ball zu bekommen und in der 35. Minute wohl auch die größte Chance für Hannover zum Ausgleich zu kommen als er alleine auf Bolat zulief.

Hannover: Ballverluste und wenige Torchancen

In der 50. Minute kam Didier Ya Konan für Lars Stindl, zunächst übernahm er dessen Position aber ab der etwa 65. Minute lief der Ivorer als zweiter Stürmer übers Feld und Jan Schlaudraff ließ sich mehr ins Mittelfeld fallen. Man konnte aber sicher sein, dass sich die Wahrscheinlichkeit den Ball durch einen Fehlpass oder im Zweikampf zu verlieren mit jedem Meter den Hannover dem Lütticher Tor näher kam extrem erhöhte. Die wenigen Gelegenheiten zu Kontern, wurden von Hannover nicht sauber ausgespielt. So verlor Ya Konan den Ball in der 55. Minute viel zu leicht, als Lüttich nach einem Freistoß aufgerückt war.

Lüttich wusste wann es sich lohnte früh zu stören, um Fehlpässe zu erzwingen und wann man der Hannoveraner Abwehr den Ball überlassen konnte. Sie verlegten sich immer mehr auf schnelle Gegenstöße nach Balleroberungen und erhöhte in der 58. Minute auf 2:0. Cyriac schloss einen schnellen Gegenzug über Mujangi und Tchite ab. 96 hatte den Ball gut auf der rechten Seite erobert, konnte auf dem Flügel aber nicht vorstoßen, so dass Ya Konan den Weg ins Zentrum suchte. Dort versuchte Pinto dann den Ball in die Tiefe zu spielen. Der Pass wurde aber von Buyens abgefangen und landete über Mujangi bei Tchite, der zum Tempodribbling ansetze und damit die Entscheidung einleitete.

Mit dem 2:0 war die Partie entschieden. Auch Hannover verlor den Glauben an eine Wende und brachte erst in den letzten Minuten ein paar gute Chancen zustande. Abdellaoue verpasste mit einem Kopfball das Tor (79.) und Ya Konans Schuss in der 84. Minute landete in den Händen von Bolat.

Fazit

Hannovers Stil beruht darauf schnell in die Tiefe zu spielen. Beim 2:0 wurde deutlich, dass Lüttich keinen Raum in der Tiefe bot der bespielt werden konnte und damit 96 vor Probleme stellte. Mit diesem Stil hat Hannover 96 Probleme das Spiel zu gestalten, weil ihr Spiel zu ungenau ist um den engen Raum in der Offensive zu durchbrechen.

Gegen Mannschaften die weiter aufrücken und selber das Spiel gestalten, werden diese Probleme nicht so deutlich. Abdellaoue hat dann mehr Platz um eingesetzt zu werden und die anderen Stürmer können durch Schnelligkeit und Positionsspiel Räume nutzen. Jan Schlaudraff, der eine halbe Stunde auf die Flügel ausweicht, ist aber nicht genug um gegen kompaktere Gegner zum Erfolg zukommen.

In der Europa League wird Hannover 96 dank des 1:1 von Kopenhagen trotzdem überwintern, und mit einer Kontertaktik fährt man in Europa oft gut. Es müssen nur die Leistungsschwankungen aus der Gruppenphase abgeschaltet werden. Ein Schritt dahin wäre die Bemühung um ein kompakteres Auftreten.

44² 1. Dezember 2011 um 22:14

Mir ist gestern aufgefallen, dass Hannovers Spiel stilistisch sehr an ManU erinnert und Schlaudraff ne sehr Rooney-artige Rolle bekleidet.
Nur so.

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HW 2. Dezember 2011 um 02:10

Ich hab schon ne ganze Zeit kein United Spiel gesehen, was meinst du mit „Rooney-artige Rolle“? Seine freie Rolle im Mittelfeld und Angriff um auch als Vorbereiter zu wirken?
Mir ist nur aufgefallen, dass 96 (zumindest in Europa) gerne mal in einem Spiel verschiedene Gesichter zeigt und Schlaudraff nicht über 90 Minuten das ganze Offensivspiel am laufen halten kann.

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