Inter Mailand – SSC Neapel 0:3

In einem der beiden Topspiele in der Serie A an diesem Spieltag empfing Inter Mailand mit ihrem neuen Trainer Ranieri die Mannschaft des SSC Neapel. Nach dem Abgang Gasparinis setzte man große Hoffnungen in Ranieri, doch trotz des positiven Trainerwechsels war selbst zuhause ein Spiel gegen Napoli kein Selbstläufer, ganz im Gegenteil. Die Gäste aus Süditalien sind bekannt für ihre flexible Taktik, ihre guten Einzelspieler und ein herausragendes wie spielintelligentes Kollektiv, welches bereits als Topfavorit auf den diesjährigen Scudetto gilt. Eine gute Vorstellung mit einem 3:0-Auswärtssieg gegen Inter zeugt von dieser Stärke, doch das Spiel war keineswegs von Beginn an eine leichte Angelegenheit für Neapel.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen zu Beginn

Die Gäste traten mit einem 3-4-3 an, welches ihrer üblichen Formation entspricht, doch ohne Cavani und mit Pandev veränderte sich die Ausrichtung leicht. Lavezzi und Pandev an vorderster Front agierten hoch, doch mit zwei Flügelstürmern zeigte Neapel von Beginn an, dass es die Löcher zwischen den gegnerischen Außenverteidiger sowie die Langsamkeit Samuels und Lucios ausnutzen wollte, Hamsik agierte nicht nur als rechter Außenstürmer, sondern ließ sich oftmals hinter die anderen beiden Stürmer fallen und half im Aufbauspiel im letzten Drittel bzw. im Aufbau des dynamischen Konterspiels beim Umschaltmoment. Die von Hamsik vernachlässigte rechte Seite übernahm umso mehr der dynamische Wingback Maggio, der sehr hoch agierte und Obi kaum Ruhe ließ. Campagnaro unterstützte ihn hier teilweise, spätestens nach der roten Karte für Obi rückte Campagnaro öfters mit auf und bot sich als Anspielstation an bzw. unterstützte die Offensive damit, in dem er mit einer höheren Stellung Maggio besser absicherte und das Pressing erhöhte. Ganz anders hingegen agierten der linke und zentrale Innenverteidiger, Aronica und Cannavaro hielten sich offensiv zurück und agierten tief, sie kümmerten sich um Forlan und Pazzini, welche mit der Zeit immer ungefährlicher wurden. Vor der Innenverteidigung sicherten Inler und Gargano das Mittelfeld, insbesondere die Passwege zu Alvarez und den Stürmern versuchten sie zuzusperren. Zuniga auf links erfüllte eine ähnliche Aufgabe wie Maggio, spielte aber etwas balancierter und weniger offensiv, doch das Prinzip war gleich: hinten die Seite beackern, vorne für Breite und Flanken sorgen.

Bei den Gastgebern ließ Ranieri mit einer sehr interessanten Formation spielen, ein nominelles 4-3-1-2, welches auch José Mourinho in seiner Anfangszeit nutzte. Die Stürmer bildeten ein klassisches Duo, Forlan agierte etwas tiefer und rochierte mehr auf die Seiten, während Pazzini als primärer Zielspieler fungierte. Dahinter kam mit Alvarez ein Spieler zum Einsatz, welcher einerseits wie eine klassische Zehn, andererseits wie ein hängender Stürmer auftrat und nicht nur seine Vordermänner mit Pässen versorgen sollte. Die Dreierkette im Mittelfeld sorgte für die nötige Absicherung, insbesondere Cambiasso und Zanetti waren eher defensivorientiert und sollten das Konterspiel Napolis unterbinden sowie die eigene Ballzirkulation ankurbeln. Die nötige Breite gaben auf links der linke defensive Mittelfeldspieler Obi, welcher diese Aufgaben übernahm, weil Chivu die nötige Dynamik für solche Vorstöße nicht besitzt, ganz im Gegensatz zu seinem Pendant Maicon, welcher extrem offensiv agierte und fast wie ein Wingback spielte, was allerdings den Nachteil hatte, dass er defensiv seine Verantwortung nicht immer in höchstem Maße erfüllen konnte. So kam es, dass Samuel und Lucio mit Chivu eine Dreierkette im Offensivgang bildeten und etwas nach rechts schoben, damit man den Raum hinter Maicon absicherte.

Der Platzverweis bricht Inter

In der ersten Halbzeit war Inter lange Zeit überlegen, doch die rote Karte für Obi wirkte sich taktisch wie psychisch extrem negativ aus. Nicht nur, dass der folgende Strafstoß im Nachschuss von Campagnaro verwandelt wurde, man kam völlig aus dem Konzept. Ohne Obi auf der linken Seite musste man stärker auf die Seite schieben, das Mittelfeld agierte tiefer und die Überlegenheit, die man bis zu diesem Zeitpunkt hatte, war gänzlich verschwunden. Die auf Konter ausgerichtete Mannschaft des SSC Neapel hatte am Ende der Spielzeit nicht nur drei Tore mehr, sondern war mit 60% Ballbesitz deutlich überlegen und verzeichnete in eigentlich sämtlichen relevanten Statistiken ein Plus gegenüber Inter. Die Mannschaft des CL-Siegers von 2010 verlor aber nicht nur taktisch bzw. aufgrund des Schiedsrichters dieses Spiel, nach der roten Karte schien man eher mit dem Schicksal zu hadern, als dass man dem Gegner einen erbitterten Kampf bis zum Schluss gegeben hätte. Das Ergebnis war somit zwar verdient, ein bitterer Nachgeschmack bleibt – bis zu der umstrittenen Elfmeterentscheidung war man nämlich mindestens ebenbürtig gewesen.

Inter – eine verkappte Fünferkette?

Eine der Besonderheiten in Ranieris Team war die Viererkette, welche sehr fluid agierte und einige tolle Ideen und Ansätze zeigte. Mit Maicon in einer sehr vorgezogenen Position und Chivu sehr tief, bildete man bei Aufrücken des Brasilianers eine Dreierkette, die nach rechts schob – so stopfte man das Loch auf der rechten Seite, während Zanetti sich etwas nach rechts orientierte und Cambiasso sehr zentral spielte. Zusammen mit Obi hatte man so eine kompakte 4-3-Stellung, in der Zanetti auch die Position des Rechtsverteidigers hätte problemlos übernehmen können und mit einem zurückeilenden Maicon oder gar mit Alvarez eine 4-4-Grundstellung in der Defensive hätte bilden können. Oftmals war es sogar so, dass man mit Cambiasso im Zentrum oder mit Obi auf links und Zanetti bzw. Maicon auf rechts eine asymmetrische Dreierkette hatte, wo die drei zentralen Verteidiger auf einer Linie agierten und die beiden Außen etwas vorgezogen – hinten stand man also sehr dicht und konnte schnell umschalten, sei es mit kurzen diagonalen Pässen auf die Seiten oder weiten Bällen auf Pazzini und Forlan, doch nach der roten Karte konnte man diese interessante Taktik Ranieris nicht mehr ansehen.

Marek Hamsik

Bei Neapel hatte Marek Hamsik eine tragende Säule, er zeigte sich flexibler als in den letzten Spielen, was zwar auch, aber nicht nur in der roten Karte begründet lag. Er versuchte das Aufbauspiel anzukurbeln und ließ sich fallen, was teilweise für eine 3-4-1-2-Formation bei Neapel sorgte, doch spätestens nach der roten Karte und den erhöhten Positionen von Campagnaro und Maggio spielte Hamsik zentraler und ihm kam auch entgegen, dass man in der zweiten Halbzeit die ballüberlegene Mannschaft war, so dass er die Zeit hatte, um sich fallen zu lassen und das Spiel im zweiten Drittel zu dirigieren. So konnte er seine Stärken effektiv einsetzen und sorgte einige Male für Ärger bei der gegnerischen Mannschaft. Ob diese Formation gegen Mannschaften mit elf Spielern und Cavani in der Startformation ebenso funktioniert, wird man abwarten müssen.

Fazit

Ein akzeptables Spiel mit einem souveränen Sieg für Neapel, doch nicht umsonst beschwerten sich Ranieri und Moratti nach dem Spiel über den Schiedsrichter, welcher eklatant in den Spielablauf eingriff und so einer starken Anfangsphase Inters ein vorzeitiges Ende verschaffte. Die Norditaliener passten sich taktisch und psychisch nicht den neuen Umständen an, Napoli allerdings umso mehr und gewann das Spiel mit 3:0.

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