Racing Santander – Real Madrid 0:0
In einem knappen und teilweise sehr statischen Spiel schaffte man nur ein Unentschieden und abermals überraschte ein Underdog in der spanischen Liga.
Wechselwirkung der jeweiligen Formationen
Die Gastgeber konterten das System Real Madrids mit einem klassischen 4-4-2, in welchem die Stürmer sich relativ tief fallen ließen und den Gegner im defensiven Mittelfeld abblocken wollten. Nahuelpan trat auf der linken Seite an und Stuani begann rechts, sie hatten jeweils einen weiteren Spieler auf dem Flügel, mit dem sie ein Pärchen bildeten. Samperio spielte da sehr hoch und beackerte die rechte Seite in der Offensive, er versuchte die Lücken Marcelos auszunutzen, was dafür sorgte, dass jener seine Offensivgänge hin und wieder zurücksteckte und hinten absicherte. Auf der linken Seite trat Serrano an, doch der agierte nicht so breit wie sein gegenüberliegendes Pendant – er attackierte den Raum und die Schnittstellen zwischen dem defensiven Zentrum und dem rechten Außenverteidiger Reals. Samperio und Serrano halfen hinten gut mit, aber einige Male vernachlässigten sie die Defensivarbeit, was das defensive Zentrum Santanders auffangen musste und diese Aufgabe recht gut schaffte. Indem die Viererkette eng stand, die Außenverteidiger Francis und Fernandez vergleichsweise defensiv orientiert waren und man auf der Doppelsechs zwei körperlich starke Defensivspieler hatte, stand man im ersten Drittel sehr kompakt und konnte viele Pässe abfangen sowie Schüsse abblocken.
Real trat zwar in seinem gewohnten System, aber nicht mit der gewohnten Aufstellung an. Statt Di Maria kam Callejon auf der rechten Seite zum Einsatz, während Arbeloa auf der rechten defensiven Außenbahn Sergio Ramos ersetzte. Für den gesperrten Khedira durfte Lassana Diarra auflaufen und Varane ersetzte Pepé in der Innenverteidigung neben Ricardo Carvalho. Der Portugiese und Jungstar Varane in der Innenverteidigung zeigten eine gute Leistung und fingen einige Konter Santanders tief in der eigenen Hälfte ab, insbesondere Raphael Varane profilierte sich in diesem Spiel, der Ruf als Riesentalent eilt ihm nicht umsonst voraus.
Die Defensive stand mit den tief agierenden Diarra und deeplying-playmaker Xabi Alonso sehr kompakt und großteils sicher, während in der Offensive nicht viel gelang. Cristiano Ronaldo rückte weit ins Zentrum und ließ den linken Flügel verwaisen, doch Marcelo konnte nicht immer die nötige Breite ins Spiel bringen und man scheiterte somit einige Male an sich selbst. Der portugiesische Außenstürmer störte Benzema im Sturmzentrum und verengte die Räume, was Santander das enge Verteidigen mit der Viererkette einfach machte. Callejon auf rechts war vom Spiel isoliert, da Arbeloa, Diarra und Özil entweder zu weit von ihm entfernt waren oder nicht die nötige Dynamik ins Kombinationsspiel brachten und er dadurch keine Bindung zum Spiel hatte.
Fehlende Kreativität durch viel Laufarbeit?
Xabi Alonso agierte neben Lassana Diarra im defensiven Mittelfeld und war wie so oft der primäre Spielmacher. Auffällig war, dass sowohl Özil als auch Xabi Alonso aufgrund der fehlenden Kreativität im Spiel Reals versuchten, durch sehr viel Präsenz und Einflussnahme diesem Manko entgegenzuwirken, doch das oftmals fehlende Freilaufen der Mitspieler sorgte ebenso wie eigene Ungenauigkeit dafür, dass man wenig Erfolg mit dieser Maßnahme hatte.
Es ist zwar sehr löblich, dass die Spielmacher sich verstärkt ins Spiel miteinbringen wollen, aber sie ließen sich teilweise zu sehr aus ihren Positionen ziehen und verbrauchten einiges an Ausdauer in den vielen langen horizontalen Läufen. Bei Xabi Alonso, der diesen Spielstil gewohnt ist, waren die negativen Auswirkungen weniger bemerkbar, doch Özil wirkte müde, unkonzentriert und konnte nicht wie üblich die nötige Kreativität ins letzte Drittel bringen. Letzte Saison war er in diesem Bereich noch Weltklasse und bereitete extrem viele Chancen vor, doch in den letzten Spielen tauchte er oftmals unter, obwohl er einige Ballkontakte hatte. Der ohnehin nicht besonders ausdauernde Özil muss sich aufgrund der fehlenden kollektiven Kombinationen und der kaum vorhandenen Unterstützung durch die Außenverteidiger und das zentrale Mittelfeld einige Bälle aus der Tiefe holen oder selbst die Position auf dem Flügel besetzen, was ihn augenscheinlich sehr ermüdete. Mitte der zweiten Halbzeit wurde er durch Higuain ersetzt, was zeigte, dass Mourinho die Brechstange der Kreativität in diesem Spiel vorzog – was wohl auch in der Formschwäche des Özil-Ersatzes Kaká begründet liegt. Generell fehlte den Madrilenen in der Offensive die nötige Kompaktheit beim Aufrücken und Pressing, da das Mittelfeld zu tief agierte, während das Offensivquartett eher als Stürmer deklariert werden sollte.
Festpinnen der gegnerischen Außenverteidiger
Interessant war das Mittel der relativ hoch agierenden Außenspieler im Mittelfeld bei Racing Santander. Einige Male schaffte man es, dass man allein durch die schematische Höhe und das konstante Freilaufen ohne Ball dafür sorgte, dass Marcelo und Arbeloa sich nicht nach vorne trauten und so das Offensivspiel nicht unterstützten. Samperio und Serrano halfen zwar oft in der Defensive mit, doch auch wenn sie es nicht direkt taten, unterstützten die den Defensivverbund.
Indem sie in eigenem Ballbesitz Gefahr versprühten und ohne den Ball immer nach Löchern Ausschau hielten, brachten sie ihre Gegenspieler dazu aufgrund defensiver Sicherheitsbedenken weniger Vorstöße zu wagen. Ein taktisch sehr interessantes Mittel, welches natürlich nicht immer funktioniert, aber bei den raren Gelegenheiten, wo man dieses Vorgehen erfolgreich angewendet sieht, ist es immer ein Lob wert.
Raphael Varane
Es war das Ligadebüt des erst 18jährigen Raphael Varane und er zeigte eine souveräne Leistung, die defensiv absolut erstligareif war. Nicht nur, dass er das Zentrum gut abdeckte, er wich auch oft auf die Außenposition aus und unterstützte dort den Außenverteidiger bei Kopfballduellen oder machte im Spielaufbau das effektiv bespielbare Feld breit. Technisch solide, spielintelligent und körperlich für sein Alter unheimlich weit zeigte der französische U-Nationalspieler eine gute Leistung und könnte sich bereits in dieser Saison zu einer ernst zu nehmenden Alternative im Abwehrzentrum entwickeln.
Fazit
Fehlpässe, zu wenig Dynamik und Engagement in der Offensive waren die Merkmale des Spiels der Madrilenen. Nicht nur, dass sich Özil und Ronaldo in einem Formtief zu befinden scheinen, das gesamte Team lässt es an der nötigen Leidenschaft und dem Willen vermissen, was die letzten beiden schwachen Spiele erklärt. Racing zeigte eine sehr gute Leistung und war Madrid zwar nie ebenbürtig, aber dank ihrer taktischen Intelligenz und ihrem Kampfgeist dennoch gewachsen.
2 Kommentare Alle anzeigen
HW 23. September 2011 um 09:38
Mich interessiert was die Leute hier über Ronaldo als Mittelstürmer denken. Ab und an macht Mourinho das (vor allem wenn Real zurück liegt). Ich bin davon nicht überzeugt.
Ronaldo ist zwar ein sehr guter Angreifer, aber gerade wenn der Gegner hinten drin steht kann er als Mittelstürmer seine Schnelligkeit usw. nicht ausnutzen. Da kann man (fast) nur noch Flanken auf ihn schlagen.
Bei ner Führung mit Konterspiel wäre mMn Ronaldo als Mittelstürmer besser zu gebrauchen. Aber warum sollte Real in diesen Situationen die Strategie ändern?
Mein Fazit ist, dass er bei Rückstand als Mittelstürmer verschwendet ist und bei ner Führung kein Bedarf besteht die Taktik zu ändern.
Ian 22. September 2011 um 20:07
Es ist offensichtlich, dass Real zu sehr von Ronaldo und Özil abhängt. Die restlichen Spieler bringen da einfach zu wenig Kreativität und Ideen.