Villarreal – Sevilla FC 2:2
Eine interessante Paarung zwischen Villarreal und Sevilla, zwei Teams mit Champions League-Ambitionen und damit Konkurrenten, generierte in diesem Fall auch ein interessantes wie unterhaltsames Spiel.
Die Gastgeber ließen nach dem 0:5-Debakel in Barcelona Stürmerstar Nilmar sowie Zapata außen vor und brachten stattdessen Camunas und Mario, während Sevilla mit ihrem Standard-Gerüst spielte, verglichen mit dem Sieg über Málaga in der Abwehr Alexis für Spahic brachte.
Viele Räume, wenig Chancen
Beide Teams sorgten mit ihrer Ausrichtung von Beginn an dafür, dass es ein offenes Spiel wurde. Sevilla gab diesmal mehr Räume zwischen den beiden Viererketten preis als noch im letzten Spiel, weil man aufgrund der Schnelligkeit Rossis nicht zu hoch stehen wollte. Schlussendlich spielte man mittelhoch, was dem Gegner Räume vor und hinter der Abwehr zugestand.
Villarreal selbst hatte quasi die umgekehrte Idee – man rückte auf, um keinen Platz für Kombinationen zwischen den Linien zu lassen und den flankenstarken Navas weg vom Sechzehner zu halten. Man wollte also die Fehler Málagas vermeiden, doch wie auf der anderen Seite führte dies wieder zu anderen Chancen für den Gegner. Defensiv spielte man in einem 4-1-4-1 und attackierte, sobald das gegnerische Mittelfeld in Ballbesitz kam, was zu einigen Ballgewinnen und Chancen, durch das Aufrücken aber doch zu Räumen zwischen den Linien führte, die Sevilla mit einem „erzwungenen“ Vertikalpass ausnutzen konnte.
Negredo und auch Manu, der häufig auch erneut „Dummy-Runs“ für Ersteren oder die Mittelfeldspieler zeigte, ließen sich fallen, zogen ihre Gegenspieler heraus, erhielten den Ball zwischen den Linien und sorgten dann für Zuspiele. Aus diesem Grund blieben die eigenen Flügelspieler zunächst beide recht breit, um in der Mitte für Raum für die Stürmer zu sorgen und dann hinter der Abwehr in die Mitte zu ziehen und mit einem Diagonal-Lauf ein Zuspiel zu erhalten. Problematisch war, dass so die Kreativität und Kombinationsstärke von Perotti etwas beschnitten wurde, allerdings war seine individuelle Leistung diesmal auch nicht ganz so stark wie zuletzt, so dass er im Zentrum meist wenig bewegen konnte.
Interessant war, dass es trotz der Offenheit des Spiels und vieler vorhandener Räume konkrete Chancen und Abschlüsse fehlten. Zum einen wirkte es so, als ob die großen Räume die Schnelligkeit des Spiels verringern würden, da die Spieler unterbewusst langsamer reagieren würden, nach dem Motto: „Es sind so große Räume, da habe ich Zeit und keinen Druck, muss nicht schnell unter Druck entscheiden“
Zum anderen sorgte die Offenheit zwar für unterhaltsame Richtungswechsel, doch das Spiel bremste sich quasi selbst aus und fuhr sich in der Offenheit fest – die Richtungswechsel und riskanten Pässe sorgten für Ungenauigkeiten, es gab immer neue Ansätze, aber kaum fertig gespielte un abgeschlossene Aktionen. Zum dritten wurde das Spiel aufgrund der vielen Pässe hinter die Abwehr und den daraus vermehrt resultierenden Abseitsentscheidungen (am Ende 7:6 in dieser Statistik) häufig unterbrochen – dies war ein Spezialfall von Punkt zwei.
So lief das Spiel die ersten 25 Minuten und grundsätzlich vom Stil her auch danach – doch es gab einen Einschnitt, der einige Dinge veränderte – die rote Karte für Villarreals Keeper Diego Lopez wegen Notbremse und der im Nachschuss verwandelte Elfmeter von Negredo.
Der Platzverweis als große Hilfe?
Trainer Garrido hatte für den neuen Keeper mit Cani einen Offensivmann geopfert. Um diese Unterzahl vorne auszugleichen, wurden nun die eigenen Außenverteidiger deutlich offensiver, was das gesamte Spiel des gelben U-Boots belebte. Bruno ließ sich dafür weit fallen, um den Ball abzuholen, und rückte dann im weiteren Verlauf des Angriffes mit auf.
Der Vorteil lag nicht nur darin, dass man durch die offensiven Außenverteidiger deutlich effektiver und effizienter wurde und das Spiel breiter machte, sondern auch darin, dass man noch mehr Räume zwischen den Ketten des Gegners aufreißen konnte. Diese wollten die – so dachten sie zumindest – Schwächung des Gegners nach Platzverweis mit sehr frühem Pressing am 16er ausnutzen, doch durch den tiefen Bruno konnte Sevilla im Mittelfeld die Abstände nicht halten und stand insgesamt zu weit auseinander.
Diese Räume nutzten die drei offensiven Spieler Rossi, Camunas, der bereits vorher von der nominellen Zehn immer wieder nach außen gegangen war, und Valero, dem eine derartige freie Rolle deutlich besser liegt als Positionsdisziplin, mit ihren unermüdlichen Rochaden aus und konnten vom möglichen schnellen Durchspielen des Mittelfeldes profitieren – in der Defensive passte man die Formation den Rochaden an und ließ Valero und Camunas situativ in das 4-4-1 einrücken.
Der Ausgleichstreffer war der Klasse Rossis zu verdanken, welcher sich mit einem Solo gegen mehrere Gegner durchsetzte, den Elfmeter herausholte und selbst verwertete.
Zweite Halbzeit
Nachdem das Mindestziel Ausgleich erreicht worden war, ging Villarreal aufgrund der Unterzahl und des kraftraubenden Spiels in den eher reaktiven Modus über, was dem Spiel für eine längere Periode einiges an Fahrt nahm.
In der zweiten Halbzeit übernahm also Sevilla die Kontrolle und dominierte den Ballbesitz (56 % am Ende, nachdem es zur Halbzeit 50:50 gestanden hatte). Da Villarreal allerdings gegen ein 4-4-2 spielte, machte ihnen in der Defensive die Unterzahl nichts aus, da ein 4-4-1 für fast gleiche Stabilität garantierte, solange man nicht selbst aktiv werden wollte. Dies war einer der Hauptgründe, warum das Spiel an Wert verlor – es war kein Wunder, dass Rossi die einzigen Chancen bis weit in die 2. Halbzeit hinein hatte.
Dabei half ihm sein intelligentes Positions- und Bewegungsspiel, dank dessen er die Lücken beim Gegner ausspähte und sich auf sie fokussierte – diese Lücken fand er halblinks aufgrund der ungleichen Offensivausrichtung bei Sevillas Außenverteidigern.
Sevilla konnte aber gegen einen recht sicheren Gegner auch recht wenige Chancen kreieren, doch die, die sie hatten, spiegelten ihr Spiel wieder: Ein Fernschuss von Trochowski, eine Gelegenheit nach Kombination über halblinks, ein Negredo-Kopfball nach Navas-Flanke.
Villarreal und das 4-1-3-1
Spätenstens nach dem Führungstor durch den nun in der Rossi-Rolle spielenden Ruben (72.), welches übrigens nach einem schnellen Angriff durch das offene Mittelfeld und über die halblinke Seite fiel, beschränkte sich Villarreal nur noch auf das Verteidigen – man hatte zu viel Kraft verloren. Nicht nur, dass man 3/4 des Spiels Unterzahl hatte, sondern auch, dass der eigene Stil mit den Rochaden noch mehr an den Reserven zehrte.
Dabei setzte man auf ein sehr defensives 4-1-3-1-System, welches im Kern dem System ähnelte, welches viele Trainer in den letzten beiden Jahren gegen den FC Bayern einsetzten, darunter die flexiblen Hecking und Dutt sowie Cesare Prandelli und José Mourinho – man hatte nur einen Mann weniger. Gegen ein 4-4-2 funktionierte dies wunderbar, da man die beiden wichtigen Flügelstürmer konsequent doppeln, aber dennoch die Mitte sehr eng und die beiden Stürmer isolieren konnte.
Alles sah nach einem Sieg für Bayerns Champions League-Gegner aus, ehe Sevilla mit Alexis einen Innenverteidiger in die Spitze schickte, um den Systemnachteil aufzulösen. Auch wenn dies eher weniger effektiv war, so schaffte Alexis dennoch den Ausgleich – ziemlich einfach und doch typisch: Flanke Navas – Kopfball Alexis – Tor.
Fazit
Zunächst war es ein offenes Spiel mit vielen Räumen, was vielleicht sogar der Grund war, dass sich so wenige Chancen entwickelten. Die 25. Minute war der Wendepunkt – Villarreal kam nun dank offensiverer Außenverteidiger, guter Rochaden vorne und riskanten Spiels des Gegners besser ins Spiel und hatte die Oberhand. In der zweiten Halbzeit schwanden mehr und mehr die Kräfte, nach dem Führungstor wäre man für die intelligente Defensiv-Formation beinahe belohnt worden, doch Sevilla bewies Geduld und setzte auf seine Stärken, wofür auch sie sich etwas verdient hatten.
Keine Kommentare vorhanden Alle anzeigen