Stoke – Liverpool FC 1:0
Erster Dämpfer der Saison für Kenny Dalglish und seine „Reds“ auf der einen, toller Saisonstart für Stoke auf der anderen Seite. Liverpool schaffte es in diesem sehr interessanten Spiel nicht, den gegnerischen Defensiv-Beton zu durchdringen.
Stoke spielte im typischen 4-4-2 mit einer sehr engen und nur aus Innenverteidigern bestehenden Viererkette, zwei hart arbeitenden zentralen und zwei klassischen Flügel-Mittelfeldspielern sowie zum ersten Mal mit Last-Minute-Transfer Peter Crouch in der Startelf. Bei den Gästen gab es im Vergleich zum überzeugenden 3:1 gegen Bolton vom 3. Spieltag keine personellen Änderungen.
Enge Abwehr kontert Fluidität
Taktisch gesehen veränderte sich aber schon etwas, als dass die 4-3-3/4-4-2-Hybrid-Formation zunächst deutlicher einem 4-4-2 glich. Weil allerdings Lucas und Adam beide absichern wollten und sich somit bisweilen auf den Füßen standen, fehlte im offensiven Mittelfeld die Präsenz für den letzten Pass, weil auch Suárez und Kuyt keine Räume fanden. Somit lahmte das Liverpooler Spiel im letzten Drittel, trotz Überlegenheit und Dominanz kam man kaum zu Torchancen.
Die noch gegen Bolton so hervorragende Fluidität konterte Stoke mit mehr Vorsicht der beiden zentralen Mittelfeldspieler und besonders mit einer engen Abwehr – so konnte man den sich fallen lassenden oder nach außen driftenden Kuyt und Suárez folgen, ohne dass größere Lücken im Abwehrverbund für nachstoßende Spieler entstehen würden.
Das tiefe 4-4-1-1
Baute Liverpool das Spiel auf, postierte man sich in der eigenen Hälfte in einem tiefen 4-4-1-1/4-4-2, rückte aber bei guter Gelegenheit auf und konnte somit einige Male den Angriff abbrechen, ehe man sich dann zurückzog. Dieses Verschieben zum Ball hin klappte in diesen Situationen ziemlich gut – einer der Hauptgründe, dass man bisher erst einen Gegentreffer in der kompletten Saison zugelassen hat.
Brachte Liverpool den Ball dann weiter nach vorne, teilten sich die beiden Linien des 4-4-1-1 in zwei „Blocks“ auf – meistens außen, da Liverpool den Ball in Person der beiden Mittelfeldspieler (insbesondere Lucas) schnell auf die Seiten verteilte.
Die Mittelfeldlinie konnte auf außen den Gegner doppeln oder trippeln, während der enge Abwehrblock dahinter versetzt das Zentrum sicherte und dabei vom ballfernen Außenstürmer und dem sich weit zurückorientierenden hängenden Stürmer unterstützt und gegen eine schnelle Verlagerung geschützt wurde. Spielte Liverpool so einen Ball, bildete man im Zentrum am Strafraumkreis eine Art Trichter und versuchte dann zu pressen – was in vielen abgeblockten Schüssen seitens Liverpool endete.
Begünstigt wurde die Strategie auch dadurch, dass vor allem Skrtel nach vorne wenig effektiv war und einzig die beiden Stürmer etwas gegen die Doppelung der Außenspieler tun konnten, was aber häufig nicht effektiv genug war, da man eher an den Folgen als an den Ursachen kratzte und damit selbst bei erfolgreichem Lösen aus der Situation alsbald erneut in eine solche kam.
Isolation als taktisches Mittel
Dalglish ließ kurz vor der Halbzeit seine Außenspieler die Seiten tauschen, was aber nicht unbedingt viel einbrachte. Interessant ist vielmehr, aus welchem Grund er dies wohl tat. Downing war nicht gut ins Spiel eingebunden und versuchte auch darum bereits eigenmächtig, die Seite zu verlassen, um mehr ins Geschehen eingreifen zu können.
Dies lag daran, dass Stoke sehr stark darin war, bestimmte Spieler des Gegners zu isolieren. Wie in der Spielgrafik zu erkennen ist, sind nicht nur Suárez und Kuyt im Zentrum durch ein Quadrat aus Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld von der restlichen Mannschaft abgeschnitten, sondern auch die Flügelspieler von ihren Außenverteidigern sowie die zentralen Mittelfeldspieler durch ein Sechseck von möglichen Anspielstationen.
Stoke hielt diese geometrischen Figuren sehr gut und zwang somit sowohl Lucas und Adam als auch die Stürmer oft zum Ausweichen auf die Seiten, wo jene die Flügel unterstützen und sich selbst aus der Isolation befreien wollte. Durch das geschickte Zusperren bestimmter Passwege mussten sich die Spieler also näher kommen, womit sie sich aber selbst den Platz nahmen und Stoke weniger Raum verteidigen mussten, was die Defensive natürlich stabiler machte. Desweiteren konnte man auf außen effektiver pressen – zudem noch so, wie man es wollte – und im Zentrum Raum für die wenigen Gegenstöße schaffen. Selten stieß Delap vor, vor allem aber der sich viel bewegende Walters, auch Crouch bekam so mehr Platz.
Lange Bälle auf Crouch
Crouch öffnete für Walters die Löcher, indem er sich nach hinten oder halbrechts in den Raum fallen ließ und somit die vielen langen Bälle recht ungestört aufnehmen und weiterleiten bzw. verteilen konnte. Manchmal versuchte man es auch über die Flügelstürmer, doch trotz der starken Defensivleistung war man nach vorne doch recht eintönig und hatte ein wenig Glück, dass man auch gewann. Die Bilanz von nur drei Toren in vier Spielen spiegelte sich in dieser Partie wieder, in der einmal mehr Effektivität das Zauberwort war und in der man 3:24 Schüsse und einen davon, einen Elfmeter, auf das Tor brachte – 1:0.
Liverpool wurde dann in der zweiten Halbzeit etwas besser, da vor allem Downing nun mehr eingebunden war und zudem auch mal im Zentrum das Loch füllte. Die Einwechslung Bellamys brachte erneuten Schwung und harmonierte mit dem deutlich öfter hinterlaufenden José Enrique sehr gut, während der ebenfalls ins Spiel gebrachte Carroll zwar nicht auf sich aufmerksam machen konnte, aber immerhin dafür sorgte, dass auch Suárez sich mehr in spielmachende Aufgaben involvierte.
Fazit
Weil aber dennoch trotz zahlreicher Chancen in Halbzeit zwei kein Tor gelang (Torwart Begovic mit einer sehr starken Vorstellung), verlor man dieses Spiel etwas unglücklich. Der Gegner kann mit Saisonstart und Abwehrleistung sehr zufrieden sein, schon Chelsea konnte die Mauer der Potters nicht niederbrechen. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Saison weitergehen wird, aber Trainer Pulis hat einmal mehr bewiesen, dass er ein sehr guter Defensivtrainer ist.
Diese beiden Guardian Chalkboards bezüglich geklärten Bällen und Tackles erkennt man abschließend noch einmal die unterschiedlichen Strategien: Stoke mit extrem vielen Klärungen, Liverpool attackiert und gewinnt den Ball deutlich früher und höher:
Liverpool präsentiert sich noch nicht konstant genug und muss anscheinend noch etwas lernen, wie man sich verhält, wenn das eigene Spiel aufgrund des Gegners schwer fällt – trotz der Variabilität, die der Kader bietet. Nach aktuellem Stand müssen Dalglishs Mannen für die absolute Spitze noch etwas arbeiten.
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