Spanien – Chile 3:2

Das vielleicht interessanteste Match an diesem Länderspielabend war ein Freundschaftsspiel. Weltmeister Spanien empfing die Nationalmannschaft Chiles und es trafen mehr als zwei Teams aufeinander, vielmehr war es eine Konfrontation verschiedener Spielstile und Fußballphilosophien.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen

Spanien zeigte sich sehr offensiv aufgestellt, doch neben den extrem offensiven Außenverteidigern fiel eines ins Auge: mit Xavi und Xabi spielten zwei tiefliegende Spielmacher hinter einem weiteren Spielmacher, nämlich David Silva von Manchester City. Da letzterer großteils in der Mitte agierte und viel rochierte, spielten die Außenverteidiger Ramos und Arbeloa schematisch sehr hoch, doch zeigten nicht ununterbrochene Grundlinienläufe, wie man es bspw. erwarten könnte. Durch die tiefe Rolle Busquets und Martinez in der Innenverteidigung neben Albiol wirkte es fast so, als ob Spanien manchmal mit einer Dreierkette agierte – besser gesagt: sogar mit zwei wechselnden Dreierketten. Manchmal fand man Arbeloa und Ramos mit Albiol in der Verteidigung, ein anderes Mal waren es Busquets und Martinez, die hinten aushalfen. Zwar versuchte man bei Ballverlust sofort wieder zu einer Viererkette zu werden, doch einige Male gelang dies nicht und man musste gefährliche Konter hinnehmen.

Die Gäste aus Chile hingegen spielten deutlich zu erkennen mit einer Dreierkette, welche überraschenderweise von Arturo Vidal als zentralem Innenverteidiger angeführt wurde. Die Chilenen sind spätestens seit der WM 2010 für ihr extrem reaktives System bekannt, welches durch ein 3-3-1-3/3-4-3 umgesetzt wird. Man rückt kompakt auf, wartet eine Möglichkeit zum Pressen ab und attackiert den Gegner dann kollektiv, was für ein sehr dynamisches Spiel sorgt. Da die Spanier eine extrem hohe Passerfolgsquote haben und sehr wenig Bälle im Spielaufbau verlieren, sah man allerdings eine ungewöhnliche Reaktion der Südamerikaner darauf – man zog sich zurück und presste im Mittelfeld. Die Stürmer blieben hoch , damit die spanischen Innenverteidiger nicht aufrücken können und im Spielaufbau gestört werden, doch Chiles Viererkette im Mittelfeld ließ Xabi Alonso und Xavi oftmals Raum im Mittelfeld, was allerdings einem Selbstzweck diente. Man ließ die Dreierkette der Abwehr aufrücken und spielte sehr eng aneinander. Dies verschloss sämtliche offensiven Anspieloptionen und bei jedem Horizontalpass tastete man sich näher an die beiden Spielmacher Spaniens heran. Besonders der langsamere der beiden, Xabi Alonso, hatte Probleme damit und konnte trotz zahlreicher Ballkontakte keine wirkliche Präsenz zeigen, was wohl auch daran lag, dass er eher ein Mann für die langen Pässe ist, welche aufgrund der hohen schematischen Stellung Chiles und des fehlenden Raumes für Negredo und Co. kaum möglich waren.

Die moderne Dreierkette

Wie bereits im Spiel Barcelonas gegen Villareal oder in der italienischen Serie A gesehen, ist die Dreierkette wieder salonfähig geworden, wenn auch mit kleinen Änderungen. Der zentrale Innenverteidiger sichert zwar ab für seine Partner, doch er agiert nicht als sehr tiefer Stopper oder laufintensiver Libero, vielmehr ist er ein defensiver Mittelfeldspieler, der seine Aufgaben nach hinten verschoben hat. Nach Vorbild Busquets‘ bei Barcelona spielte auch Vidal bei Chile als Staubsauger und Ballverteiler. Sehr wichtig hierfür ist die Antizipation und Technik, wenn man aus der Kette rausrückt: Der Spieler öffnet in dieser Situation viele Löcher und riskiert einiges, aber bei einem eroberten Ball kann man sofort umschalten und den Gegenangriff einleiten – ein zweischneidiges Schwert. Die beiden Innenverteidiger auf den Halbpositionen hingegen spielen wie Hybride aus klassischem Innenverteidiger und einem normalen Außenverteidiger. Im Aufbauspiel öffnen sie die Breite, scheuen jedoch weite Wege in der Offensive. Defensiv kümmern sie sich um die gegnerischen Stürmer sowie um die defensive Arbeit hinter den Mittelfeldspielern. Anders als bei Barcelona geben bei Chile die nötige Breite im zweiten und letzten Drittel nicht die Flügelstürmer, sondern die Mittelfeldspieler auf den Außen, welche immer wieder mit den Stürmern vor ihnen Pärchen bilden. Beausejour und Isla brachen auf den Außen immer wieder durch und es verwundert wenig, dass das erste Tor von Isla fiel, der viel Platz aufgrund der hohen Außenverteidigung Spaniens hatte.

Iniesta und Cesc sorgen für mehr Geradlinigkeit

Nach Vargas‘ 2:0, abermals ein Konter, wirkte es ganz so, als ob Spanien kein Mittel gegen Chile finden würde. Man fand zwar mit der Zeit besser ins Spiel, doch gefährliche Chancen und Torabschlüsse blieben Mangelware bis zur Halbzeit. Nach der Einwechslung Iniestas für Xabi Alonso konnte man mehr kreative Akzente setzen. Chile wurde stärker nach hinten gedrängt, doch sie wichen nicht von ihrer Marschroute ab und versuchten den sehr bewegungsfreudigen Negredo sowie Pedro und Silva vom Mittelfeld abzugrenzen, doch den erweiterten Raum zwischen den Linien nutzte Iniesta für einen seelenruhig platzierten Schuss zum Anschlusstreffer. Nach der Einwechslung Cescs kamen noch weniger Konter von Chile und der Neo-Barca-Spieler zeigte eine ähnliche Rolle wie im Verein – immer wieder attackierte er die Schnittstellen mit Pässen und Läufen, einer dieser Angriffe wurde von einem Zuckerpass Iniestas und dem 2:2 belohnt. In der neunzigsten Minute kam schließlich die Entscheidung, als Fabregas seinen Doppelpack und den Sieg Spaniens per Elfmeter perfekt machte.

Fazit

Zwei sehr moderne und flexible Teams trafen aufeinander und boten ein tolles Spiel. Weltmeister Spanien begann mit großen Problemen, doch fand immer besser in die Partie und die Einwechslungen Del Bosques sorgten letztendlich für die Wende in einem hochklassigen und ungewöhnlichen Freundschaftsspiel.

Fabian 4. September 2011 um 15:26

Irgendwie tragen im Laufe des Spiels Casillas, Torres und Xavi die Kapitänsbinde. Wer ist denn da wann ausgewechselt worden? Ich find dazu nichts bei den üblichen Verdächtigen.

Antworten

RM 4. September 2011 um 17:10

Casillas ging in der Halbzeitpause, Xavi nach der 64. Minute, es kamen Reina bzw. Fabregas.

Torres wurde später eingewechselt.

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