Tottenham – Manchester City 1:5

Nach der bitteren Niederlage gegen Manchester United traf Tottenham nun auf das zweite Topteam, Manchester City. Der Stadtrivale des Meisters begann die Saison ausschließlich mit überzeugenden Siegen und  wollte auch auswärts bei den Spurs diese Quote beibehalten. Mit einem tollen Spiel gelang dieses Kunststück und Englands Fußballwelt blickt ehrfürchtig auf Mancinis Startruppe.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen

Gastgeber Tottenham nutzte wie gewohnt ein 4-4-1-1 als ihr System und so rutschte Luka Modric wieder in die Mannschaft und agierte neben seinem Landsmann Niko Kranjcar im zentralen Mittelfeld. Dadurch wollte Jamie Redknapp seiner Mannschaft mehr Kreativität einhauchen um die drei Zielspieler, Van der Vaart, Gareth Bale und Aaron Lennon mit Pässen zu füttern. Vor Van der Vaart agierte Peter Crouch, mit welchem Redknapp eine feste Anspielstation in der Offensive sowie einen Abnehmer für die Flanken der klassischen Winger auf außen haben wollte. Van der Vaart hingegen spielte deutlich flexibler als er es in der letzten Saison oft tat, auffällig war, wie er sich ins Mittelfeld fallen ließ, um den Spielaufbau zu beschleunigen. Die Außenverteidiger Assou-Ekotto und Corluka versuchten durch eine offensive Spielweise die Winger aus der Doppelung zu nehmen, doch dies gelang nicht – im Gegenteil, die Flügelstürmer mussten oft nach hinten eilen und bei Kontern aushelfen. Zum Problem wurde dies, weil die zwei zentralen Mittelfeldspieler, hier insbesondere Kranjcar, defensiv nicht stark genug sind, um diese offensive Spielweise defensiv absichern zu können.

Die Gäste aus Manchester traten mit einem sehr unorthodoxen System an, einem 4-2-2-2, wo die Flügelstürmer eher im Zentrum als klassische Zehner agierten. Sie drifteten zwar oft auf die Außen, doch hauptsächlich sorgten sie halblinks und halbrechts für Anspielstationen, während die Außenverteidiger Zabaleta und Clichy sehr offensiv agierten und die nötige Breite verschafften. Nasri kam auf halblinks zum Einsatz und er spielte somit wie Silva invers auf das Tor, während Dzeko schematisch etwas höher als sein Sturmpartner Agüero agierte. Im Mittelfeld bildeten Toure und Barry eine Doppelsechs.

Spielverlauf

Manchester City war von Beginn an stärker und bot Tottenham selten Raum zu spielen. Man zeigte sich körperlich wie technisch überlegen und bestritt das Spiel absolut souverän. Die ersten beiden Tore fielen auf ähnliche Art und Weise: beim ersten Tor ist es ein Doppelpass, welcher Nasri Raum für eine Maßflanke auf den Torschützen Dzeko ermöglicht, beim zweiten Tor ist es das offensive Aufrücken bei einer Ecke gewesen. Das dritte Gegentor ähnelte dem ersten, hier war es allerdings Toure, der den entscheidenden Pass ins Zentrum spielte und dem bärenstarken Dzeko einen Hattrick ermöglichte. Das vierte Gegentor fiel ebenso über die rechte Seite, als Agüero einen Lochpass toll verwertete und selbst der Ehrentreffer nach einer Ecke tat Manchesters Offensive keinen Abbruch. Den 5:1-Endstand, abermals über links, besorgte Dzeko mit seinem vierten Tor.

Doppelter Spielmacher Teil I, Tottenham

Tottenham versuchte mit zwei gelernten Spielmachern auf der Doppelsechs zu agieren, doch dieser Versuch schlug beeindruckend fehl. Modric versuchte mit seiner Dynamik die vertikale Rolle auszuüben und begann halblinks, während Kranjcar etwas defensiver und nach rechts verschoben agierte. Obwohl Redknapp in der Halbzeit reagierte, war es zu spät. Man lag bereits zurück und mit Huddlestone in der Mannschaft konnte man sich offensiv nicht mehr ins Spiel drängen, doch die Hauptschuld liegt hier klar bei Kranjcar (und Redknapp).

Er konnte Modric nie wirklich absichern und sein Stellungsspiel ließ zu wünschen übrig, was letztlich dafür sorgte, dass er mehr oder weniger auf einer Höhe mit Modric spielte und zu viel Raum zwischen den Linien ließ, was Nasri und Silva gnadenlos ausnutzten. Im modernen Fußball ist Raum für den Gegner vor der Viererkette ein Todesurteil und durch die fehlende Balance einer generell riskanten offensiven Doppelsechs lief man mit offenen Augen in eine Demütigung.

Doppelter Spielmacher Teil II, Manchester City

Dieses Prinzip von zwei Spielmachern nebeneinander konnte man in anderer Form bei Manchester City beobachten. Abgesichert von einer Doppelsechs und in der Offensive von agilen Mittelstürmern wie offensiven Außenverteidigern unterstützt, hatten sowohl Nasri als auch Silva eine Freirolle. Die beiden tauchten überall auf dem Platz auf und bestimmten gemeinsam das Spieltempo. Durch die lose Einteilung auf bestimmte Seiten standen sie sich im Gegensatz zu dem schematisch tieferen Spielmacherduo Tottenhams nicht auf den Füßen und befruchteten gemeinsam das gesamte Spiel ihrer Mannschaft. Bauernopfer hierfür war Yaya Toure, welcher letzte Saison noch als Spielmacher agierte und nun langsam, aber sicher in die Rolle als Sechser zurückgedrängt, welche er dank seiner individuellen Klasse aber hervorragend ausüben kann.

Sowohl Silva als auch Nasri tauchen überall auf dem Platz auf, während Toure seine Ausflüge in den gegnerischen Strafraum begrenzt hat. Zwar rückt er weiterhin mit auf, doch er fungiert hauptsächlich als sichere Anspielstation in der Offensive und für ein schnelles Pressing auf den Ballführenden. Sein Partner Gareth Barry hingegen sorgt mit Schüssen aus der zweiten Reihe für ein weiteres taktisches Element in Citys Offensive, welche nicht nur unglaublich kreativ, sondern vielschichtig, flexibel und defensiv abgesichert ist.

Ein Lob an Mancini, der als reiner Defensivtrainer verschrien ist, kann man für diese extrem komplexe und effektive Formation anbringen, welche der Italiener in Windeseile bei seiner Mannschaft implementieren konnte. Ein weiterer Punkt für eine Doppelzehn ist auch die Abnahme spielgestalterischer Aufgaben für Sergio Agüero, welcher seine Dynamik und Kreativität rein auf den Strafraum konzentrieren kann, wovon seine Torquote profitieren wird, da er sich dank der Doppelzehn und einer schematisch hohen Rolle besser auf den Todesstoß konzentrieren kann.

Edin Dzekos Rolle als der komplette Stürmer

Ein letzter sehr interessanter Punkt im Spiel von Manchester City ist die Rolle – oder viel mehr die Evolution – Edin Dzekos. Der Bosnier hat sich von einem stark auf den Torerfolg fixierten Mittelstürmer zu einem kompletten Stürmer entwickelt, welcher sich am Aufbauspiel beteiligt, Zweikämpfe gewinnt und dies unglaublicherweise sogar ohne Qualitätsverlust vor dem Tor bewältigt.

Wie man erkennen kann, ist Dzeko überall auf dem Platz anzutreffen und fällt im Kombinationsspiel mit Weltklasse-Technikern wie Nasri, Silva und Agüero keineswegs ab, sondern bietet mit seiner starken Technik gepaart mit körperlicher Überlegenheit eine sichere Anspieloption im letzten Drittel, bei der man sicher sein kann, dass der Ball nicht verloren wird.


 by Guardian Chalkboards

Wie man erkennen kann, spielte Dzeko sehr viele erfolgreiche Pässe im zweiten Drittel des Spielfeldes und zog damit seinen Gegenspieler Younes Kaboul aus der Defensive, während er zugleich seiner Mannschaft das Spiel mit Ball erleichterte. Beeindruckend dabei ist nicht nur, dass er mehr Ballkontakte im Mittelfeld als Sturmpartner Sergio Agüero hatte, sondern ebenfalls die Effektivität vor dem Tor, welche Dzeko vier Tore einbrachten und ihn trotz einer starken Leistung des gesamten Kollektivs zum Mann des Spiels machen. Insbesondere der zweite und vierte Treffer waren technisch Spitzenklasse.

Fazit

In einem wundervollen Fußballspiel konnte Manchester City dank einer individuell wie kollektiv starken Leistung die Oberhand behalten, was letztlich in einem verdienten 5:1-Auswärtssieg mündete. Die Citizens hatten von Beginn an das Spiel unter Kontrolle und verbuchten am Ende 59% Ballbesitz für sich. Tottenham muss sich hinterfragen, es fehlt in der Defensive und im Mittelfeld an Kaderbreite bzw. sogar an Alternativen für die Startaufstellung.

Diether Reinartz 10. September 2011 um 12:57

Einfach grandios. Ich muss zugeben das ist mit das beste was ich hier gelesen habe.

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