Benfica Lissabon – Twente Enschede 3:1

Eines der nominellen Topspiele bei diesen Rückspielen der Champions-League-Playoffs stieg in Lissabon, wo Benfica mit Twente den niederländischen Vizemeister empfing.

Durch das 2:2 im Hinspiel hatte Benfica dank der Auswärtstorregel einen kleinen Vorteil und psychologisch eindeutig die Oberhand, während Twente unbedingt agieren statt reagieren musste.

Beide Teams stehen eigentlich für offensiven Fußball und die Zuschauer waren zu Recht in der Hoffnung, dass man ein von Offensive geprägtes Spiel sehen würde.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen

Der Gastgeber aus Lissabon agierte mit einem 4-4-1-1, wobei die Formation als extrem flexibel beschrieben werden muss. Witsel agierte vor Javi Garcia und schaltete sich in die Offensive ein, während Javi Garcia eher den horizontalen defensiven Part übernahm. Auf links spielte Neuzugang Nolito, während Gaitan den rechten Flügel beackerte. Die beiden agierten somit als inverse Winger, obwohl man mit Aimar einen sehr offensiven Spielmacher hatte, der fast schon als klassische Zehn agierte. Vor ihm spielte Cardozo, welcher für seinen linken Fuß gefürchtet ist und eine Art Prellbock zwischen den gegnerischen Innenverteidigern gab. Er rieb sich in Zweikämpfen auf und  versuchte seine körperlich schwachen Offensivpartner zu entlasten. In der Abwehr spielten Emerson und Maxi Pereira relativ offensiv, wobei sich Emerson etwas öfter zurückhielt und auch aufgrund seiner Körpergröße hinten blieb und absicherte.

Twente stellte sich mit einem 4-3-3/4-2-3-1-Hybridsystem offensiv auf und wollte Ruiz und Janko in Stellung bringen, welche schematisch am höchsten agierten. Ruiz spielte auf der Position des rechten Außenstürmers, während Janko zentral als Wandspieler agierte. Links in der Offensivreihe kam der junge Berghuis zum Einsatz, dazwischen agierte Luuk de Jong, der sowohl als Mittelstürmer wie auch als Spielmacher agieren kann und so für ein fluides System in der Vertikale sorgte.

Mit Cornelisse und dem inversen Außenverteidiger Tiendalli, welcher oft ins Zentrum rückte, hatte die Mannschaft aus Enschede viel Unterstützung von der Defensivreihe, die versuchte, sich schematisch hoch zu postieren, um Druck auszuüben.

Zentral spielte mit Brama ein Achter als Sechser und versuchte das Spiel von hinten aufzubauen, das Mittelfeld komplettierte der box-to-box-midfielder Willem Janssen.

Twente begann offensiv und wollte mit dynamischen Kombinationsspiel die Abwehrreihe Benficas öffnen, welche sich längere Zeit zu tief reindrücken ließ und trotz der Ankündigung Jorge Jesus‘, mit viel Risiko offensiv spielen zu wollen, zeigte man sich in der Anfangsphase bis auf ein paar Konter zu passiv.

Im Laufe des Spiels spielte man dann offensiver und Benfica konnte das Versprechen ihres Trainers an die Fans erfüllen, man war sowohl raum- als auch spielerisch überlegen.  Die Gründe dafür waren die stärkere Bindung der Außenstürmer ans Spiel, die gemäßigteren Außenverteidiger, welche die richtige Balance zwischen Offensive und Defensive fanden sowie das starke Zentrum im Mittelfeld: Javi Garcia und Axel Witsel waren die laufstärksten Spieler auf dem Platz. Im letzten Drittel half Aimar, dass die Spielzüge im letzten Drittel flüssig abliefen und er nahm etwas der gegnerischen Aufmerksamkeit auf sich, welche Nolito und Gaitan auf den Außen mehr Raum verschafften.

Twente hingegen fehlt ein solch geregeltes Spiel und obwohl man etwas fluider wirkte (insbesondere Ruiz tauchte überall auf), wirkte man doch etwas hilflos und scheiterte immer wieder am Abwehrverbund Benficas, der sich an jenem Abend einfach als zu stark erwies. Besonders bei der körperlichen Härte konnte man Unterschiede sehen und man war lange Zeit dem Gegner einfach bei nahezu jedem Zweikampf unterlegen.

Nach dem 1:0 durch Witsel, dem vertikalen zentralen Mittelfeldspieler, war Twente deutlich klar unterlegen und Benfica ließ sie kommen, um dann gefährlich zu kontern – variabel zeigte man sich beim Pressing, es gab sowohl Mittelfeld- als auch Abwehrpressing. Auffällig war, dass die ersten beiden Tore der Portugiesen nach Standards fielen, da die Spieler Twentes nicht nur körperlich unterlegen, sondern auch schlecht eingestellt waren. Die Entscheidung fiel mit dem 3:0, als Witsel einen Konter abschloss und Ruiz‘ Ehrentreffer konnte Twente keinen letzten Funken an Hoffnung geben.

Die 4-3-Formation als sichere defensive Grundformation

Interessant bei Benfica war die Ausrichtung der Defensive. Ähnlich wie Barcelona mit einem 4-3 in der Offensive presst, so agierte Benfica hinten in der Abwehr. Die Viererkette spielte ballorientiert und stand eng beisammen, während sich die zwei zentralen Mittelfeldspieler sowie der ballnähere Außenspieler zurückfallen ließen und die Defensive unterstützten. Dadurch konnte man sämtliche Lücken schließen und den Gegner vorsichtig unter Druck setzen, ohne selbst in große Gefahr zu kommen. Die drei offensiveren Spieler boten sich entweder für einen Kurzpass (Aimar), eine Spielverlagerung (ballferner Außenstürmer) oder einen weiten Ball (Cardozo) an und mussten sich weniger um die Defensive kümmern.

Dieser Umstand spiegelte sich auch in der Statistik wieder, Twente hatte zwar mehr Ballbesitz, doch Benfica ließ sie bewusst aufrücken und konterte dann sehr dynamisch. Diese punktuelle Aggressivität zeigte sich in der Foulstatistik (21:13 für Benfica) und das Konterspiel und die anspruchsvolle Defensivarbeit in der Laufstatistik (114:109 gelaufene Kilometer für Benfica).

Aufgrund dieses intelligenten Verschiebens des zentralen Mittelfelds und der starken Innenverteidigung um Luisao und Garay konnte Jesus‘ seine Stürmer „zocken“ lassen, was in dynamischen Kontern resultierte.

Fazit

In einem guten Spiel konnte Twente den Auswärtstornachteil nie ansatzweise ausgleichen und Benfica agierte nicht nur souverän, sondern auch offensiv und sehenswert.

Mit 25:4 Torschüssen war man eindeutig die gefährlichere Mannschaft und man hat sich absolut verdient für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert. Twente hat eine talentierte Mannschaft, doch es fehlt an Coolness und Defensivstärke.

Trotz des technikbetonten Spiels muss man die hohe Zahl an Fehlpässen erwähnen, beide Teams lagen in dieser Statistik über 30%, was eine sehr hohe Zahl ist und auf Topniveau bestraft wird.

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