Arsenal – Liverpool FC 0:2
Das Topspiel des Samstages konnte in Fußballeuropa nur Arsenal gegen Liverpool heißen, egal, wie viele Krisen beide Teams in jüngerer Vergangenheit zu überwinden hatten.
Für Liverpool war dieses Spiel auswärts in London die erste richtige Standortbestimmung nach der Sommerpause mit einigen Neuzugängen, während Arsenal ersatzgeschwächt eine englische Woche hinter sich hatte. Nichtsdestotrotz erwarteten beide Fanlager ein spannendes Spiel und mit Arsene Wenger und Kenny Dalglish trafen auch zwei Meistertrainer und Veteranen des Coaching aufeinander.
Wechselwirkung der Formationen
Bei Gastgeber Arsenal rutschte etwas überraschend Nasri in die Stammformation für Rosicky, was wohl daran lag, dass der Tscheche nach seinen zahlreichen Verletzungen nicht mehr die Kraft für eine anstrengende englische Woche besitzt. Deshalb sah sich Wenger gezwungen, den abwanderungswilligen Nasri zu bringen, welcher allerdings eine gute Partie zeigte und der einzige im Offensivspiel war, der sich in Normalform präsentierte. Für den gesperrten Gervinho lief Arshavin auf, während rechts Walcott hinter dem Mittelstürmer Van Persie agierte. Im Mittelfeld spielte man mit Ramsey auf der Acht, während Frimpong den Abräumer vor der Abwehr machte.
Auch in der Abwehr veränderte Wenger seine Mannschaft, da Gibbs verletzt war. Bacary Sagna kam auf der linken Seite als inverser Außenverteidiger zum Einsatz, während der jungen Jenkinson rechts in der Viererkette spielte.
Liverpool stellte sein System von 4-4-1-1 auf ein 4-3-3 um und schonte Luiz Suarez. Andy Carroll agierte als Wand- und Zielspieler vorne, während Kuyt und Downing auf den Seiten zum Einsatz kamen.
Jordan Henderson, welcher am ersten Spieltag noch im rechten offensiven Mittelfeld spielte, lief nun zentral auf und zeigte sich deutlich verbessert. Neben ihm agierte Charlie Adam als primärer Spielmacher, die beiden wurden von Lucas Leiva abgesichert. In der Viererkette gab es nur eine Veränderung, der junge Flanagan bekam nach seiner schwachen Leistung eine Pause und wurde von einem anderen Liverpooler Eigengewächs, Martin Kelly, ersetzt.
Durch die Wahl auf ein 4-3-3 hatte Liverpool mehr Präsenz im Zentrum, verlor aber dank ihrer Außen, auf deren Rolle ich später zurückkommen werde, nicht viel Durchschlagskraft über die Flanken.
Aufgrund der defensiven Rolle Lucas, Adams und Hendersons, welche Nasri und Ramsey die Passwege zum Angriff blockieren wollten, war Frimpong jener Arsenalspieler mit den meisten Ballkontakten – anders als es bspw. Makelele auf derselben Position tat, spielte Frimpong mit dem Ball sehr offensiv und brachte Unordnung in die gegnerischen Reihen.
Diese Ausflüge blieben neben Einzelaktionen Nasris die einzige Gefahrenquelle Arsenals, welche eine abermals schwache Vorstellung ablieferten. Das Grundproblem Arsenals war wie im letzten Spiel die fehlende Schnelligkeit im Kurzpassspiel, welche Liverpool Zeit zum Formieren und letztendlich auch Zeit zu einem effektiven Pressing gab. Nach Koscielnys Verletzung und Auswechslung für den jungen Debütanten Miquel wechselte Vermaelen auf die ungewohnte rechte Innenverteidiger-Position und somit war die gesamte Defensive Arsenals umgestellt.
Nichtsdestotrotz konnte Liverpool kein Kapital daraus schlagen. Die Scousers ließen sich auf ein Mittelfeldduell mit Arsenal ein und eroberten den Ball zwar weit vor dem eigenen Tor, doch kamen nie wirklich gefährlich vor das Tor ihres Gegners. Bezeichnend ist, dass bei beiden Teams Minimum die Hälfte der Torversuche außerhalb des Strafraumes abgaben.
Das Problem Liverpools lag eindeutig in der Spezialisierung auf Andy Carroll und seiner Funktion als Wandspieler – anstatt dynamisch über die Außen zu kommen, gab es viele Halbfeldflanken auf Carroll, welcher trotz eine akzeptablen Leistung alleine keine Chance gegen die Innenverteidigung Arsenals hatte.
In der zweiten Halbzeit ein ähnliches Bild, doch etwas stach ins Auge: Frimpong. Der junge Sechser agierte sehr robust und obwohl er sich nach seiner Verwarnung zurücknahm, schlug er später doch über die Stränge und dezimierte seine Mannschaft in der 70sten Minute.
Dadurch hatte Liverpool nun die Oberhand und kam später mit etwas Glück zum 1:0, als Miquel bei einem Klärungsversuch Ramsey anschoss und der Ball über Szeczny ins Tor gelang, welcher trotz einer ansonsten bärenstarken Leistung keine Chance hatte.
Nach diesem Tor war Liverpool am Drücker und man agierte zielorientierter und mit weniger langen Bällen nach vorne, was der Einwechslung Suarez‘ geschuldet war, welcher in der 90sten Minute den zweiten Treffer erzielte.
Liverpools Winger
Im Laufe dieser Saison könnte sich die Rolle der Außenspieler Liverpools als extrem interessant und praktisch erweisen, wenn Kenny Dalglish weiterhin mit einem 4-3-3 antritt und das Potenzial seiner Außenspieler nutzt.
Durch den abermals sehr starken José Enrique auf links und mit Glen Johnson, Martin Kelly und John Flanagan als Möglichkeiten für rechts besitzt man starke Außenverteidiger, die die beiden Flügelstürmer unterstützen können.
Vorne hat man mit Suarez, Kuyt und Downing drei Spieler, die einem eine sehr interessante Flexibilität bieten.
Suarez und Kuyt können auf der rechten Außenposition sowohl Richtung Tor als auch zur Grundlinie ziehen, ebenso wie sie eine zentrale Position hinter dem oder als Stürmer selbst einnehmen können und eventuell von Spielern wie Henderson auf dem Flügel ersetzt werden. Downing auf links bietet ähnliche Möglichkeiten, er kann mit seinen tollen Flanken Carroll bedienen, doch auch im 1gg1 seinen Gegenspieler überwinden und den Torschuss wagen.
Man wird sehen, ob Dalglish dieses immense Potenzial im Laufe der Saison nutzen kann.
Fazit
Arsene Wengers Mannschaft einmal mehr mit einer sehr schwachen Leistung – nur 50% Ballbesitz zuhause gegen keinen sonderlich überzeugenden Gegner zeigt deutlich die negative Veränderung im Vergleich zu den letzten Jahren.
Ohne Fabregas, vermutlich ohne Nasri und mit zahlreichen Verletzten muss man sich nun auf das Spiel nächste Woche vorbereiten, wo man gegen Manchester United antreten muss.
Liverpool hingegen zeigte auswärts eine akzeptable, wenn auch nicht wirklich gute Leistung und konnte dank der vielen Debütanten bei Arsenal einen Sieg davontragen. Kenny Dalglishs Mannschaft zeigt viel Potenzial, doch es fehlt noch an Automatismen und einem passenden Spielsystem, um wirklich mit einem Angriff auf das Titelrennen in der Premier League zu planen. Insbesondere sollte man sich überlegen, ob man Carrolls Kopfballstärke weiterhin so extrem zu nutzen versuchen möchte, denn er ist läuferisch und technisch nicht wirklich schwächer als in der Luft, wovon letztlich die gesamte Mannschaft profitieren würde, allen voran Downing und Suarez/Kuyt auf den Seiten.
6 Kommentare Alle anzeigen
RogerMilla 23. August 2011 um 13:54
Mir fallen zwei Dinge zur webseite auf. 1. Ihr habt noch keine dicken Werbebanner rechts neben allen Texten. 2. Könnte man das nicht konstruktiv nutzen und die Taktiktafel rechts so einbauen, dass sie zusammen mit dem Text beim runterscrollen mitfährt. Bei euren Texten muss ich immer wieder nach oben fahren, da ich mir die Tafel immer mal wieder anschauen muss, wenn ihr eine Position eines Spielers erläutert. Wenn die Tafel an der Seite mitfährt, wäre das viel einfacher.
Zum Text: Wie immer sehr interessant – und als Arsenal Fan leider nicht sehr aufbauend.
Trainercoach 22. August 2011 um 20:41
War mir klar , dass Sie das vehement verteidigen würden – wäre ja schlimm, einen Fehler zugeben zu müssen – aber die Quellen und „Zeugen“, auf die Sie sich berufen, zeigen mir, wie Ihre Fach-Expertisen einzuschätzen sind.
Dann schreiben Sie mal schön weiterhin das ab, was andere Ihnen vorgaukeln.
ESPN ist etwa so geeignet, um fachliche Analysen zu betreiben , wie , sich in Deutschland auf den Kicker zu berufen.
RM 22. August 2011 um 21:02
Vermaelen begann auf halblinks, wechselte aber auf halbrechts, da der jüngere und unerfahrenere Spieler ebenfalls ein Linksfuß ist. Ich würde mich über handfeste Gegenargumente freuen, anstatt mir hier fälschliche Anschuldigungen anhören zu müssen, denn ich berief mich auf das Spielgeschehen selbst (siehe YT-Link vom Tor), als auch eine statistische Analyse von ESPN. was glücklicherweise etwas anderes als ein Kommentar oder ein Artikel eines ESPN-Autors ist.
Bei den anderen Artikeln können „Sie“ übrigens gerne nachlesen, dass sowohl sprachliche als auch inhaltliche Fehler offen zugegeben wurden – in diesem Fall unterlief mir ausnahmsweise keiner.
P.S.: ist die statistische Aufbereitung des Guardian seriös genug? Immerhin wurde dort jeder einzelne Pass Miquelis einzeln gezählt und an der Position, von wo er den Pass spielte, erkennt man seine Position recht gut: http://img638.imageshack.us/img638/6494/miqueli.png
Trainercoach 21. August 2011 um 19:08
1. es war kein 4-3-3 , sondern eher als 4-2-3-1 angelegt.
2. Vermaelen blieb links als IV , Miquel auf rechts in der IV .
RM 21. August 2011 um 19:40
1. Das hängt davon ab, ob man die Aufgabenverteilung oder die schematische Position für die Definition der Formation zugrunde legt.
2. Miquel ist Linksfuß und spielte dementsprechend links, wie man sowohl bei den avgpositions von espn, der heatmap von espn, bei Cox‘ Artikel über das Spiel und auch beim Gegentor erkennen kann.
YNWA 21. August 2011 um 17:19
Danke für die treffende Analyse.
Ein gewaltiger Unterschied zur letzten Saison ist wohl die Bank von Liverpool: Suarez und Mereiles waren direkt an beiden Toren jeweils beteiligt und ich hatte den Eindruck, dass deren Einwechslung noch wichtiger war als die Gelb-Rote. Wenn noch Gerrard zurückkehrt, sind das gehörige Offensiv-Optionen. Beim letzten Aufeinandertreffen waren es stattdessen Cole und Ngog auf der Bank, für die aktuell weder Platz auf der Bank noch wohl Platz im Kader mehr ist.
Auf den angerissenen Punkt, wie sich die Außenverteidiger im Laufe der Saison bei LFC entwickeln werden, bin ich ebenfalls sehr gespannt. Enrique spielt, als ob er schon immer bei LFC spielen würde, und wenn Johnson auch noch zurückkehrt bzw. Kelly weiter seinen Weg geht, ist das eine wunderbare Seitenbesetzung.
Der zweite Punkt ist wohl wie Carrol weiter spielen wird; es war doch ein deutliches Zeichen, dass er ausgewechselt wurde.
Ergänzen möchte ich, dass Liverpool wohl weiterhin je nach Gegner sein System anpassen wird – für einige Spiele wurde vergangene Saison sogar sehr erfolgreich eine Dreierkette gespielt.