Frauen-WM: Deutschland – Frankreich 4:2

Die deutsche Mannschaft steigert sich im Vergleich zu den ersten beiden WM-Spielen und sichert sich mit einem 4:2 über Frankreich den Gruppensieg. Doch die mangelnde Kreativität gibt noch immer Anlass zur Sorge.

Deutsches Pressing

Das Weiterkommen war für beide Mannschaften bereits gesichert, und so kamen zahlreiche neue Akteurinnen zum Einsatz. Silvia Neid schonte einige gelbbelastete Spielerinnen und nahm auch die bisher formschwache Birgit Prinz aus der Startformation und somit auch aus der Schusslinie der Medien. Die Grundausrichtung änderte sich durch die zahlreichen Wechsel nicht: Immer noch agierte die Mannschaft aus einem 4-2-3-1  heraus. Die Französinnen wählten die selbe Formation, wechselten aber ebenfalls auf einigen Positionen durch gegenüber dem souveränen Sieg gegen Kanada.

Die deutsche Mannschaft zeigte im Vergleich zum schwachen Nigeria-Spiel eine Leistungssteigerung. Hauptgrund dafür war das besser funktionierende Pressing: Den Nigerianerinnen gelang es mit einfachen Mitteln, die früh störenden Deutschen zu umspielen. Gegen Frankreich waren die deutschen Frauen wacher und aktiver. Die zentrale Offensivkraft Okoyino da Mbabi unterstützte die Außenakteurinnen aktiver beim Attackieren, und auch Grings machte im Spiel gegen den Ball eine gute Figur.

Nicht nur das Angriffspressing war verbessert, auch im Mittelfeld waren Goessling, Laudehr und die später für sie eingewechselte Hingst nah an den Gegenspielerinnen. So wurde auch der Raum für die bei diesem Turnier bisher gut aufspielende französische Spielmacherin Necib zugestellt. Diese fand dementsprechend auf der Position im offensiven Mittelfeld kaum ins Spiel.

Das französische Offensivspiel tat sich mit der deutschen Aggressivität schwer. Ihre Stärke im Angriff ist die Schnelligkeit der Mittel- und Außenstürmerinnen. An diesem Abend fehlte der Platz, um die tödlichen Pässe hinter die Abwehr spielen zu können, aber auch Nadine Angerer als moderne Antizipationskeeperin konterte die französische Spielidee: Während bei Nigeria und Kanada die Torfrauen auf der Linie klebten, fing Angerer die langen Pässe geschickt ab. In der ersten Halbzeit hatten die Französinnen folgerichtig keine einzige Torchance.

Mangelnde Kreativität

Auch wenn sich die Deutschen im Defensivverbund verbessert zeigten, blieben die sonst auftretenden Probleme bestehen. Gerade im Bereich der Kreativität gibt das aktuelle Spielerinnenmaterial der Deutschen nicht viel her. Aus der Mittelfeldzentrale kommen kaum Impulse. Dementsprechend selten können sich die Deutschen in der Mitte durch die gegnerische Abwehrreihe durchkombinieren.

Wenn etwas geht, dann über Außen. Aber auch hier ist das deutsche Spiel noch immer verbesserungsbedürftig: Die Außenverteidigerinnen rücken viel zu selten auf. Wenn Überzahlsituationen entstehen, dann mithilfe der agilen zentralen Mittelfeldspielerinnen. Diese fehlen dann allerdings als Anspielstationen in der Mitte – ein Teufelskreis. Auf den Außenpositionen wird eindeutig zu konservativ agiert.

An diesem Abend kam noch erschwerend hinzu, dass Lira Bajramaj ihre Position eher zentral interpretierte. Sie rückte oft nach innen und versuchte von dort kreative Impulse für das Spiel zu liefern. Aber ihr fehlt aktuell die Form, um die eine unerwartete Aktion zu bringen, die das deutsche Spiel schmerzlich vermisst.

Zum Glück können sich die deutschen Damen trotz ihrer schwachen Chancenerarbeitung aus dem Spiel auf ihre Standards verlassen. Das 1:0 fiel nach einem langen Freistoß von Peter, die Garefrekes mit dem Kopf verwertete (25.). Auch dem 2:0 ging ein Einwurf heraus, nach dem Laudehr frei zur Flanke kam und Grings mustergültig bediente (32.). Dies unterstreicht auch, dass hohe Bälle das wohl erfolgversprechendste Mittel für die deutsche Mannschaft sind.

Zweite Hälfte

Wer nun nach der ersten Halbzeit glaubte, die deutschen Frauen seien in der Luft gegen die Französinnen klar überlegen, wurde in der zweiten Halbzeit eines Besseren belehrt. Eigentlich waren diese nach der ersten Halbzeit ohne Torchance und einem 0:2-Rückstand klinisch tot. Dass sie zurückkamen, lag an ihrem nun offensiver betriebenen Pressing – und an der deutschen Schwäche bei Standarts.

Denn obwohl die Französinnen nun mehr Bälle erobern, wirkliche Chancen spielten sie sich nicht heraus. Einzig durch Standards wurden sie gefährlich. Das 1:2 sowie das 2:3 fielen, weil die deutsche Raumdeckung nach Ecken kläglich versagte. So lässt man einen Gegner wiederauferstehen.

Dass die deutsche Mannschaft mit einem blauen Auge davon kam, lag an ihrer Stärke in der Offensive. Nach der roten Karte gegen Torfrau Sepowicz, der gleichzeitig den Elfmeter zum 3:1 bedeutete (68., verwandelt von Grings), wurden die deutschen Frauen dominanter und passsicherer. Kurz vor Schluss erzielten Okoyino da Mbabi das verdiente 4:2, auch wieder nach einer Aktion über Außen.

Dennoch bleibt aus der letzten Viertelstunde des Spiels auch die schlechte Abstimmung der Defensive in Erinnerung. Die Französinnen kamen aus dem spielerischen Nichts zu Chancen, weil zu oft deutsche Akteurinnen in der Viererkette das Abseits auflösten oder zu große Abstände zwischen einander hatten. Ob das nun an der umformierten Abwehrreihe lag, wird sich im Viertelfinale zeigen. In diesem Spiel ging es gegen 10 Französinnen gut aus.

Fazit

Die deutsche Mannschaft schließt die Gruppenphase als Sieger ab. Nach diesem Spielverlauf war der Erfolg insgesamt verdient, da die Französinnen weder in der ersten noch in der zweiten Hälfte ihr schnelles Spiel hinter die gegnerische Abwehrreihe aufziehen konnten.

Nun erwartet die Deutschen mit Japan allerdings ein unangenehmer Gegner. Die technisch starken Japanerinnen werden das deutsche Offensivpressing besser umspielen können als die in diesem Bereich eher mittelmäßigen Französinnen. Außerdem ist Japan die Mannschaft mit den besten Standardvarianten bisher – dass die deutsche Mannschaft in dem Bereich Schwächen hat, legte Frankreich offen auf.

Auf der anderen Seite tut sich Japan gegen körperlich robuste Gegner schwer. Dies ist einer der größten Pluspunkte der deutschen Mannschaft, die eher im körperlichen als im spielerischen Bereich überzeugt. Die Chancen auf das Weiterkommen sind vorhanden – es wird allerdings kein leichter Weg.

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