Ausgangssituation des VfL Bochum vor der Saison 2014/15
Der VfL Bochum galt nach dem Aufstieg in die erste Liga in der Saison 1970/71 lange als unabsteigbar. Erst in der Saison 92/93 ging es für den damaligen Arbeiterverein zurück in die zweite Liga. In den folgenden 90ern und 2000ern gab es dann ein stetiges Auf und Ab, was den Bochumer zwar den Ruf einer Fahrstuhlmannschaft aber auch das Prädikat 100 % aufsteigbar einbrachte. Doch auch damit musste irgendwann Schluss sein.
In der Zweitligasaison 2010/11 nach dem mittlerweile sechsten Abstieg 2009/10 sah es bereits früh so aus, als würde der VfL seinem Ruf nicht gerecht. Nach dem 13. Spieltag lag Friedhelm Funkel mit seinem Team mit nur 16 Punkten auf Platz 12, bereits 10 Punkte hinter dem Relegationsrang. 15 ungeschlagene Spiele später konnte man satte 55 Punkte und damit bereits 5 Punkte Vorsprung auf den vierten Platz vorweisen. In dieser Phase konnte sich der VfL auf seine extrem stabile Defensive und die individuelle Klasse der vorderen Drei (Ümit Korkmaz, Mimoun Azaouagh und Chong Tese) verlassen. Es kam also wie gewohnt: Die Bochumer beendeten die Saison auf Platz 3, der beispielsweise 2000/01 für den Aufstieg reichte. Leider wurde zwei Jahre vorher die Relegation wieder eingeführt.
Im Relegationsspiel wartete nämlich die Borussia aus Mönchengladbach. Diese hatte nach dem Trainerwechsel zu Lucien Favre eine fulminante Aufholjagd gezeigt und war somit entsprechend zuversichtlich, diese Chance zu nutzen. Trotz Dante, Neustädter und Reus konnte der VfL die Partie lange offenhalten. Ein spätes Tor in der Verlängerung des Hinspiels und der Ausgleich durch Reus im Rückspiel machten jedoch alle Hoffnungen zunichte. Die Bochumer mussten erstmals ein zweites Jahr ohne Bundesliga auskommen.
Der VfL ging ein hohes finanzielles Risiko ein und hielt fast den kompletten Kader auch für die folgende Zweitligasaison zusammen. Mit Lukas Sinkiewicz, Takashi Inui (jetzt Frankfurt) und der Ausleihe von Christoph Kramer (ja genau der) und Daniel Ginczek wurde der Kader sogar eher noch verstärkt. Als der Start in die Saison 2011/12 jedoch missglückte und die Trennung von Trainer Friedhelm Funkel beschlossen wurde, musste das Tafelsilber verkauft werden. In der Winterpause wechselte die Bochumer Nachwuchshoffnung Matthias Ostrzolek nach Augsburg und Chong Tese nach Köln. Bochum konnte sich unter dem neuen Trainer Andreas Bergmann so eben vor dem Abstieg retten.
Spätestens jetzt war klar, dass der Aufstieg nicht weiter eingeplant werden kann. Der Etat des Klubs wurde 2012/13 auf etwa sieben Millionen gesenkt – einem Betrag der in etwa dem Durchschnitt der zweiten Liga entspricht. Die ersten Hochverdiener wurden verkauft oder abgegeben, der Kader mit Spielern aus der dritten Liga oder der eigenen Jugend (u. a. Leon Goretzka) aufgefüllt. Trotz der bereits jetzt legendären Doppelsechs aus Goretzka und Kramer spielte Bochum lange gegen den Abstieg, so dass Peter Neururer aus dem Ruhestand als Feuerwehrmann aktiviert wurde. Dieser nutzte seine Popularität, um in einem einzigartigen Schulterschluss aus Stadt, Fans und Verein – der Aktion „Wir bleiben drin!“ – den Abstieg mit vier Siegen in Folge zu verhindern. Die Heimspiele wurden in dieser Phase vor nahezu ausverkauftem Haus bestritten.
Die Euphorie aus dieser Phase sollte in die Saison 2013/14 mitgenommen werden. Zwar waren nur Verpflichtungen von ablösefreien Spielern möglich – Namen wie Christian Tiffert, Ken Ilsö sowie den letzten U 19 Europameistern von 2008 Danny Latza, Florian Jungwirth und Richard Sukuta-Pasu machten jedoch Hoffnung. Siege gegen die als Aufstiegskandidaten gehandelten Teams von Union Berlin und Greuther Fürth sowie das intensive Pressing zu Beginn der Saison ließen so manchen träumen. Das Aufbauspiel sowie die schlechte Absicherung machten dem VfL insbesondere bei Heimspielen und bei Spielen gegen die potentiell schwächeren Teams jedoch einen Strich durch die Rechnung. Die Mischung aus älteren Spielern mit starkem Standing (Maltritz, Freier) und gut dotierten Verträgen, unmotivierten Ex-Starspielern (Tiffert und Ilsö), den noch etwas unbedarften Nachwuchsspielern (Holthaus, Bulut) sowie den eigenen Ansprüchen an den zu spielenden Fußball schien nicht immer zu gelingen. Bis zum Saisonende suchte der VfL nach der richtigen Mischung aus defensiver Stabilität, höherem Pressing und attraktivem Offensivspiel. Dabei versuchte Neururer u. a. auch bereits die bei der WM präsentierte Abwehrkette aus vier Innenverteidigern. Trotz der lange bestehenden Abstiegsgefahr, konnten sich die Bochumer in der Liga halten. Sie bekommen somit in diesem Jahr eine neue Chance, diese Balance zu finden.