Kippmoment in Richtung Titel?!

Im zweiten Viertelfinale der U21-Europameisterschaft trafen mit Spanien und England zwei Mannschaften aufeinander, die mit gegensätzlichen Eindrücken durch die Gruppenphase gegangen waren. Spanien zählte zu den Titelkandidaten, während England bis dato wenig überzeugen konnte. Doch gegen die Iberer zeigte das Team von Trainer Lee Carsley seine bislang reifste Turnierleistung – und gewann mit 3:1.

England agierte über weite Strecken konzentriert, präsent im Pressing und stabil in der Defensive, mit einigen vielversprechenden Abläufen im Ballbesitz. Es war ein deutlicher Schritt nach vorne im Vergleich zu den bisherigen Auftritten. Spanien hingegen fand offensiv seltener zu seinen gewohnten Abläufen und agierte im Pressing weniger konsequent als in den Vorrundenspielen. Es fehlten Tempo und kreative Durchschlagskraft im letzten Drittel. Insgesamt ein Auftritt unter den eigenen Möglichkeiten.

 

Aufstellungen und Grundordnungen

Spanien startete unter Trainer Santi Denia in einer 4-3-3 Grundordnung. Iturbe stand im Tor, die Viererkette bildeten Bueno, Mosquera, Tarrega und Pubill. Auf den Flügeln agierten Lopez (links) und Sanchez (rechts), Turrientes übernahm die Rolle auf der Sechs. Guerra spielte als linker Achter, Moleiro als rechter – wobei dieser offensiver ausgerichtet war. Im Sturmzentrum begann Joseph.

England trat in einem 4-2-3-1 an. Im Tor stand Beadle, die Innenverteidigung bildeten Crewewell und Quansah, flankiert von Hinshelwood und Livramento. Morton und Scott bildeten die Doppelsechs, McAtee spielte zentral offensiv auf der Zehn. Hutchinson (links) und Elliott (rechts) besetzten die Flügel, vorne stürmte Stansfield.

Moleira in der Zwischenposition im Pressing – VR

In diesem System versuchte Stanfield, Tiefe zu generieren, während McAtee, der über eine hohe Flexibilität in seiner Positionsfindung verfügte und sich überwiegend auf der rechten Spielfeldseite orientierte, situativ Räume zwischen den Linien besetzte. Die beiden zentralen Mittelfeldspieler agierten dabei eng beieinander, um eine kompakte und stabile zentrale Staffelung sicherzustellen.

Spanien versuchte von Beginn an, den Spielaufbau der englischen Mannschaft früh zu stören und Druck auf die Defensivreihe auszuüben. Dazu agierten sie zunächst im hohen Pressing in einer 4-1-4-1-Grundordnung, die sich bei gegnerischem Abstoß in eine 4-1-3-2-Formation verwandelte. Im Rahmen dieser Spielsituation rückte der rechte Achter, Moleiro, neben Joseph in die vorderste Reihe und formierte gemeinsam mit ihm ein Sturmduo. Dabei übernahm Moleiro eine flexible Rolle, indem er im Anlaufen zwischen dem Innenverteidiger und dem rechten Sechser pendelte, um die Passwege gezielt zu stören und Druck auf den gegnerischen Spielaufbau auszuüben.

Die Aufgabenverteilung innerhalb des Pressingverhaltens war klar definiert und wurde durch die spezifischen Anforderungen des gegnerischen Spielaufbaus begründet: Joseph übernahm die gezielte Überwachung des englischen Innenverteidigers Cresswell, um dessen Einfluss auf den Spielaufbau entscheidend zu minimieren. Moleiro hingegen wurde damit betraut, Quansah aktiv unter Druck zu setzen und ihn durch gezieltes Anlaufen zu attackieren. Beide Akteure agierten aus einer sehr kompakten Position heraus, was durch die enge Staffelung der englischen Mannschaft bedingt war.

Durch diese Anlaufkonstellation, bei der Moleiro in eine offensivere Position rückte, entstand im zentralen Mittelfeld eine Unterzahlsituation. In dieser war Javi Guerra gezwungen, im Zwei-gegen-eins gegen die beiden gegnerischen Sechser zu agieren, wobei er sich überwiegend am linken Sechser orientierte. Gleichzeitig versuchte Moleiro, den ballnahen Sechser beim Anlaufen in den Deckungsschatten zu stellen, um dessen Einfluss auf den Spielaufbau zu reduzieren.

Im 4-1-3-2-Pressing löst Joseph durch einen Bogenlauf Druck aus, während Moleiro Morton im Deckungsschatten hält und von dieser Position aus Quansah attackiert.

Aus diesem Grund, das Moleiro den Sechser in seinem Deckungsschatten halten musste, agierte er beim Anlaufen aus dem Spiel heraus deutlich zurückhaltender als bei gegnerischen Abstößen. Er attackierte nur gezielt nach Auslösen des Pressings den Querpass auf Quansah, wodurch sich in der ersten Angriffslinie überwiegend die klassische Formation eines 4-3-3 bzw. 4-1-4-1 etablierte.  Infolgedessen übernahm Joseph die spezifische Aufgabe, in einer Zwischenposition beide Innenverteidiger zu kontrollieren. Dies ermöglichte Moleiro, seine Rolle im Mittelfeld konsequenter wahrzunehmen und seine Position stabiler zu halten. Aus dieser Konstellation heraus ergab sich, dass Quansah wiederholt Raum und Zeit am Ball erhielt, da er  gezielt nicht unter Druck gesetzt wurde. Grundsätzlich fungierte Joseph als Initiator des spanischen Pressings und stellte den zentralen Auslöser für das Anlaufverhalten der Mannschaft dar.

Dabei begann er sein Anlaufen stets mit hoher Intensität und attackierte gezielt von der Ballseite aus den Torwart. Dieses präzise Vorgehen ermöglichte es ihm, den Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Torwarts systematisch einzuschränken und das gegnerische Spiel gezielt in die von den Spaniern bevorzugten Bahnen zu lenken. Seine Rolle als Auslöser beschränkte sich dabei nicht nur auf gegnerische Abstoßsituationen, sondern erstreckte sich ebenfalls auf den Übergang von der zweiten in die erste Angriffslinie.

Die spanische Mannschaft zeichnete sich in diesen Momenten durch ein bemerkenswert konsequentes und zielgerichteten Plan und Ziel aus. Besonders hervorzuheben ist die konsequente Nutzung der Rückpässe der englischen Spieler als signifikanter Indikator für die Einleitung von Pressingaktionen, wobei das gesamte Team ein abgestimmtes Nachschieben zeigte und teilweise ein intensives Verteidigen bereits aus der letzten Linie praktizierte. Die generelle Strategie bestand darin, das Pressing nach dessen Initialisierung konsequent und vollständig durchzuziehen. Besonders beeindruckend war in diesem Zusammenhang die  mannschaftliche Geschlossenheit, mit der die spanischen Spieler agierten.

Ganz interessant  war hier das Verhalten des linken Flügelspielers, der nach dem Auslösen des Pressings und der Attacke auf den Torhüter nicht auf den ballfernen Sechser schob, sondern stattdessen konsequent den ballfernen Innenverteidiger zumachte. Diese gezielte Maßnahme verfolgte das Ziel, Verlagerungen in der Defensivkette effektiv zu unterbinden. Dieses Vorgehen wurde dadurch ermöglicht, dass Joseph den Torhüter in einem Bogen anlief, wodurch der ballferne Sechser in den Deckungsschatten geriet und somit nicht anspielbar direkt unspielbar war. Darüber hinaus hatte der linke Flügelspieler nach einem möglichen Überspielen die Aufgabe, unmittelbar rückwärts zu verteidigen.

England Aufbauspiel über die Linke Seite

England verstand es jedoch, das Pressing von Moleiro und Joseph sehr geschickt und mit hoher Cleverness auszunutzen. Dabei griffen sie auf folgende  Methoden zurück die vorallem auf der linken Angriffsseite von England sich gegen das Hohe Pressing sehr effektiv gestalteten:

  • Breite Innenverteidiger

Aufgrund der kompakten Staffelung der Sechser agierten die Stürmer Spaniens aus einer sehr engen, zentralen Position. Dies resultierte aus der klaren Absicht Spaniens, Pässe in potenzielle Zwei-gegen-Eins-Situationen konsequent zu vermeiden und die Sechser gezielt in den Deckungsschatten zu stellen. England nutzte diese Raumverknappung gezielt aus, indem sie insbesondere Quansah wiederholt breit aufzogen, um dadurch die Pressingwege der Spanier zu verlängern und deren Anlaufverhalten zu erschweren.

Zum einen, weil Joseph das Pressing aktiv auf die linke Seite lenkte, indem er den Torwart der Engländer in einem Bogen von Cresswell weg attackierte, und zum anderen, weil Moleiro verstärkt die Aufgabe hatte, Morton in den Deckungsschatten zu stellen, da sich Javi Guerra meist am rechten Sechser orientierte. Dadurch war es Moleiro nicht immer möglich, aggressiv herauszurücken, was Quansah ermöglichte, am Ball ausreichend Zeit und Raum zu erhalten und Lösungen zu finden. Aufgrund der engen Staffelung der spanischen Sechser zeigte dieses Verhalten auch auf der rechten Seite eine hohe Effektivität beim Überspielen der ersten Aufbaulinie.

  • +1 Spieler Morton auf der linken Seite

Morton war der Spieler, der im Kontext des Herausattackierens von Moleiro die Rolle des freien Akteurs einnahm. Obwohl er zunächst im Deckungsschatten stand und somit direkt nicht anspielbar war, eröffnete sich dennoch die Möglichkeit, ihn ins Spiel einzubinden. Dies konnte etwa durch das Prinzip des Spiels über den Dritten realisiert werden, bei dem der Außenverteidiger Jack Hinshelwood eine vermittelnde Rolle übernahm. Alternativ konnte Morton durch ein gezieltes Lösen aus dem Deckungsschatten anspielbar gemacht werden, wodurch er effektiver in das Angriffsspiel integriert wurde.

Grundsätzlich orientierte sich Morton mit dem Ball stets zur ballnahen Seite, sobald Quansah angespielt wurde. Dieses Auflösen der Doppelsechs durch eine Bewegung nach außen führte dazu, dass sich Guerras Pressingweg verlängerte, wodurch er häufig nicht rechtzeitig in die Defensivaktion eingreifen konnte. Neben der Orientierung zur ballnahen Seite positionierte sich Morton situativ auch höher im Spielfeld. Diese Anpassung zwang Moleiro dazu, sich weiter zurückfallen zu lassen, was wiederum seinen eigenen Pressingweg erheblich verlängerte.

Englands Lösungen: Sie zogen einen Innenverteidiger Breit um so den Pressingweg für die Spanischen Stürmer zu verlängern die durch eine Enge Position der Sechser im Zentrum aus einer sehr Zentralen Position agierten. Auf der Linken Seite war das Ziel Morton im Rücken von Moleiro entweder direkt oder Per spiel über den Dritten mit Dynamik in die Aktion zu bekommen

Diese Lösung erwies sich jedoch nicht durchgängig als präzise und effektiv. Zum einen lag dies daran, dass die entstehende Überzahl nur von begrenzter Dauer war und sich folglich nur schwer nutzbar machte. Dadurch erforderte die erfolgreiche Umsetzung äußerst exakte und präzise abgestimmte Bewegungsabläufe der Spieler. Andernfalls gelang es Guerra beziehungsweise Joseph, den ballnahen Sechser wirkungsvoll unter Druck zu setzen und dessen Handlungsspielraum signifikant einzuschränken.

Die Bedeutung einzelner Bewegungsmechanismen für das Spielgeschehen wurde besonders deutlich, wenn Spanien das Pressing initiierte. In diesen Situationen überzeugte Joseph durch eine herausragende Defensivleistung im Rückwärtsverteidigen, indem er Morton zuverlässig kontrollierte – vorausgesetzt, dieser orientierte sich nicht nach vorne in Richtung des gegnerischen Tores, was jedoch nicht immer der Fall war. Da Morton sich nicht konsequent in die offensive Tiefe, sondern überwiegend zur ballnahen Seite orientierte, ermöglichte er Spanien wiederholt, in diesen Szenen effektiven Zugriff auf das Spielgeschehen zu gewinnen.

Auch Mortons situatives Entgegenkommen, um sich im zentralen Bereich als Anspielstation anzubieten, minderte das flache, kontrollierte Lösen des Pressings. Dadurch wurde es für Guerra deutlich erleichtert, beide Sechser gleichzeitig zu verteidigen und den Raum entsprechend zu kontrollieren.

Das Spiel in der Roten Zone

Das Pressing der spanischen Mannschaft im 4-1-3-2- beziehungsweise 4-1-4-1-System erwies sich als ambivalent: Es zeigte sich entweder als äußerst effektiv oder entwickelte sich potenziell zu einer Art Kontersituation für England. Diese Dynamik war vor allem darauf zurückzuführen, dass Spanien den Engländern immer wieder Raum in der sogenannten „Roten Zone“ gewährte.

Die Entstehung dieses Raums lässt sich einerseits durch die offensive Ausrichtung des spanischen Pressings erklären, bei dem fünf Spieler in der vorderen Linie anliefen. Im Vergleich zu einem klassischen 4-2-3-1-System, bei dem lediglich vier Spieler in der ersten Linie pressen, ermöglicht das 4-1-3-2 eine Intensivierung des Pressings durch einen zusätzlichen Spieler. Dies steigert den Druck auf den gegnerischen Spielaufbau.

Jedoch geht dieser strategische Vorteil mit einer Schwächung der defensiven Stabilität in der Roten Zone einher, da ein Spieler weniger für die Absicherung dieses zentralen Raums zur Verfügung steht. Trotz dieses potenziellen Risikos bietet das 4-1-3-2-System durch die Position des Sechsers eine grundsätzlich solide Absicherung. Der zentrale Sechser fungiert hier als „+1-Überzahlspieler“, der als defensive Absicherung gegen die vier offensiv agierenden Spieler der gegnerischen Mannschaft dient und Bälle in diesem Bereich abfangen kann.

Obwohl das 4-1-3-2-System grundsätzlich eine Absicherung durch den zentralen Sechser zwischen den Linien bietet, entstanden dort dennoch wiederholt große Räume für die Three Lions. Dies lag insbesondere am Verhalten des Sechsers Beñat Turrientes. Turrientes orientierte sich äußerst konsequent an James McAtee, selbst in Situationen, in denen sich McAtee auf der ballfernen Seite positionierte oder tief ins Mittelfeld zurückzog. Dieses strikt mannorientierte Verhalten führte dazu, dass Turrientes seine Position in der Roten Zone häufig verließ, wodurch dieser zentrale Raum tendenziell unbesetzt blieb.

England verfolgte die klare Strategie, die sich bietenden Räume zwischen den Linien gezielt zu nutzen. Dieses Vorhaben war jedoch nur durch den Einsatz spezifischer Spielmuster und präzise abgestimmter Laufwege umsetzbar. Die Ursache hierfür lag im konsequenten Verhalten der spanischen letzten Verteidigungslinie, die äußerst aggressiv nach vorne verteidigte, sobald sich ein englischer Spieler in diesen Raum zurückfallen ließ. Durch dieses aggressive Vorverteidigen gelang es der spanischen Defensivreihe, die Kontrolle über den Raum zwischen den Linien aufrechtzuerhalten und potenzielle Gefahren frühzeitig zu neutralisieren.

Ein exemplarisches Beispiel hierfür manifestierte sich bereits in der ersten Spielminute, als England versuchte, den Raum zwischen den Linien durch ein gezieltes Auffüllen des Raums durch Stanfield zu nutzen, der sich von der letzten Linie her in Richtung Ballbewegung bewegte. In dieser Situation vergrößerte sich der verfügbare Raum zusätzlich, da sich McAtee nach außen orientierte und dadurch Turrientes mit sich zog. Dennoch verteidigte Cristhian Mosquera in diesem Moment aggressiv nach vorne, erlangte den Ballbesitz zurück und leitete folglich eine vielversprechende Torchance für Spanien ein.

Ein Beispiel für Spaniens Aggressives Herausverteidigen aus der Kette

England benötigte daher klar definierte Spielmuster, um den Raum vor der Defensivkette effektiv bespielen und die daraus resultierenden Angriffe erfolgreich zu Ende führen zu können.

Diagonales Einlaufen und Kleinräumige Überzhalsituationen als Antwort auf das aggressive Herausverteidigen

England wurde in den Situationen, in denen es erfolgreich gelang, das Pressing der Spanier zu überwinden, am gefährlichsten und erspielte sich so überwiegend hochkarätige Torchancen. Dabei zeigten sich effektive Bewegungsmuster, die das spanische Pressing ins Leere laufen ließen und die Defensive der Spanier vor erhebliche Herausforderungen stellten.

Besonders effektiv zeigte sich in diesen Situationen das diagonale Einlaufen des ballnahen Flügelspielers von der Breite in die Halbspur, ein Muster, das insbesondere auf der linken Seite – über die England einen Großteil seines Spiels konzentrierte – aufgrund der zuvor genannten strukturellen Gegebenheiten häufig zu beobachten war. Obwohl der direkte Gegenspieler – in diesem Fall der Außenverteidiger – auch hier aggressiv aus der Kette heraus nach vorne verteidigte, erschwerte die diagonale Laufbewegung des Flügelspielers den Zugriff im direkten Duell erheblich. Die veränderte Bewegungsrichtung hinderte den Außenverteidiger daran, wie gewohnt vertikal nach vorne zu pressen. Dies verschaffte dem Flügelspieler mit einem präzisen ersten Ballkontakt die Möglichkeit, sich erfolgreich vom Verteidiger zu lösen.

Dies führte in der Regel dazu, dass der Außenverteidiger seine Position verlassen musste, um dem Flügelspieler ins Zentrum zu folgen, ohne jedoch Zugriff auf ihn zu erlangen. Folglich konnte Hinshelwood den dadurch entstandenen Raum mit einem aktiven Vorstoß in die Tiefe nutzen, wodurch England sich zielgerichtet ballnah durchspielen konnte. Dribbelte Hutchinson verstärkt ins Zentrum, löste der Sechser Turrientes, der zuvor für die Bewachung von McAtee zuständig war, seine Zuordnung auf und begann stattdessen, den eingelaufenen Flügelspieler zu attackieren. Diese Verschiebung löste eine Kettenreaktion aus: McAtee befand sich frei in der rechten Halbspur und konnte durch eine gezielte Spielverlagerung wirkungsvoll in die Entstehung dynamischer, kleinräumiger Überzahlsituationen eingebunden werden.

Durch die diagonale Verlagerung und das Loslassen der Bewachung durch Turrientes, der zuvor McAtee deckte, war Spanien nicht in der Lage, diese Situation adäquat zu kompensieren. Insbesondere fiel es den Innenverteidigern schwer, eine effektive Vorverteidigung zu organisieren, da der Ball zum einen diagonal und nicht vertikal gespielt wurde. Zum anderen war der Pressingweg aufgrund der Notwendigkeit, dass der ballferne Innenverteidiger die Tiefe absicherte – da sich der Ball zunächst auf der linken Seite befand – zu lang und deshalb ungünstig zu bewerten.

Ein weiterer entscheidender Faktor war das defensive Verhalten Spaniens, das sich stark auf die ballnahe Seite konzentrierte. Anstatt dass der ballferne Flügelspieler eine diagonale Rückwärtsbewegung zur Absicherung ausführte, schob auch dieser konsequent in Richtung Ballseite. Seine Hauptaufgabe bestand darin, den ballfernen Sechser der Engländer zuzustellen, sobald sich der Ball auf einer Seite befand. Diese starke Fokussierung auf die Ballnähe führte dazu, dass durch das konsequente Verfolgen der spanischen Flügelspieler der Raum auf der ballfernen Seite freigelassen wurde.

Sobald England mit Dynamik in diese Überzahl gelangte, zeigte sich die Mannschaft äußerst gefährlich und erspielte sich die meisten Chancen. Spieler wie Elliott und Livramento, die durch gute Bewegungen und intelligentes Zusammenspiel überzeugten, trugen maßgeblich dazu bei, diese Überzahl mit hoher Qualität auszuspielen.

Englands gute Lösungen gegen das Aggressive Rausverteidigen der Spanischen Letzten Linie. Häufig war es Hutchinson der Diagonale in die Halbspur zog. Dadurch hatte Publik keinen Guten Pressingwinkel und Hutchinson konnte mit einem guten Ersten Kontakt an Pubill vorbeiziehen. In diesem Beispiel zog er in die Mitte wodurch Turrientes auf ihn gezogen wurde. So entschwand Ballfern eine Überzahl.

Dennoch gelang es den Engländern selbst unter Anwendung der beschriebenen Spielmuster nicht durchgängig, ihre Angriffe präzise auszuspielen und in Torchancen umzuwandeln. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Spanien mit der 4+1-Absicherung weiterhin eine hohe defensive Organisation gewährleistete. Dadurch konnte Spanien in der Regel eine Überzahlsituation schaffen, indem sie mit einem zusätzlichen Spieler ein effektives 5-gegen-4-System realisierten, das die Angriffsversuche der Engländer nachhaltig erschwerte.

Auskippende Engländer gegen den Low-Block

Im tiefen Verteidigen agierte Spanien in einer 4-4-2-Grundstruktur. Auch in diesem Defensivschema war es Moleira, der Quansah nicht immer aggressiv anlief, sondern vielmehr abwartend agierte, während Joseph den aktiveren Part übernahm. Ein möglicher Grund für dieses Verhalten könnte in Quansahs herausragender Fähigkeit liegen, Drucksituationen effektiv aufzulösen – eine Qualität, die er in zahlreichen Situationen eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Spanien ließ in dieser Situation Quansah bewusst frei, konzentrierte sich jedoch darauf, ihm möglichst keine klaren Passoptionen anzubieten. Stattdessen zielte das Pressing darauf ab, das Pressing mit dem Ball auf Cresswell auszulösen.

Der Zugriff auf das Spiel erwies sich insbesondere in den Anfangsminuten als äußerst schwierig. Dies ist vor allem auf die taktische Grundstruktur der Engländer zurückzuführen, die es Spanien erschwerte, einen wirkungsvollen Druck aufzubauen.

England agierte gegen den tiefstehenden Defensivblock in einer 2-3-2-3-Formation. Diese Formation entstand dadurch, dass Livramento auf der rechten Seite in die Halbspur zurückzog, während Elliott die Breite hielt. Die zentralen Akteure in diesem Zusammenhang waren Scott und Hinshelwood. Häufig war es Scott, der nach rechts auswich und gemeinsam mit Morton im Zentrum sowie Hinshelwood auf der linken Seite eine Dreierreihe bildete, während McAtee die linke Halbspur besetzte. Das Auskippen von Scott erschwerte es den Spaniern in der Anfangsphase, effektiven Druck auszuüben, da England dadurch eine Überzahlsituation von drei gegen zwei am Flügel erzeugte. Zudem war für die spanische Defensive nicht eindeutig, welcher Spieler Scott direkt attackieren sollte. Gleichzeitig konnte Quansah in dieser Konstellation direkt überspielt werden, wodurch Joseph nicht in der Lage war, das Pressing wie vorgesehen auszulösen.

Scotts Auskippen sorgte in den ersten Minuten zu Überzahl am Flügel die England aber nicht wusste Dynamisch auszuspielen.

Spanien benötigte nicht lange, um eine adäquate Gegenstrategie auf das Abkippen der englischen Spieler zu entwickeln. Dabei ist zwischen zwei Varianten des Abkippens zu unterscheiden: dem dynamischen Abkippen, bei dem der Spieler mit dem Pass auf den Innenverteidiger abkippte, und dem eher statischen Abkippen, bei dem der Spieler bereits vor dem Pass die entsprechende Position einnahm.

Beim statischen Abkippen übernahm der spanische Flügelspieler Diego López im weiteren Verlauf die aktive Aufgabe, Scott gezielt anzulaufen. Parallel dazu wurde der spanische Außenverteidiger darauf fokussiert, den englischen Außenspieler Elliott unmittelbar abzusichern, während Livramento durch den ballnahen defensiven Mittelfeldspieler gedeckt wurde. Erfolgte das Abkippen von Scott dynamischer, konnte der defensive Mittelfeldspieler flexibel auf ihn herausrücken.

Durch diese gezielten Anpassungen gelang es Spanien, seine Präsenz auf der Flügelposition schrittweise zu verstärken und eine effektivere Kontrolle in diesen Räumen zu etablieren.

Spanien passt am Flügel an. Vorallem wenn Scott schon frühzeitig auskippte schoben die Spanier am Flügel durch. So übernahm Lopez Scott Bueno Eliott und Guerra schob auf Livramento.

Das Abkippen mit dem Pass auf den Innenverteidiger erwies sich dabei als deutlich effektiver als das frühzeitige Abkippen von Scott, da sich die spanische Defensive auf diese Weise besser am Flügel ordnen konnte, da ihr mehr Zeit zur Verfügung stand und sie somit einen effektiveren Zugriff auf das Spielgeschehen erlangen konnte. Gleichzeitig befand sich England in dieser Situation in einer vergleichsweise statischen Position, was die Defensivarbeit Spaniens zusätzlich erleichterte.

Im weiteren Spielverlauf übernahm zunehmend McAtee die Rolle, sich auf eine Seite abzukippen. Diese taktische Anpassung brachte mehrere positive Effekte mit sich. Zum einen wurden die Abkippbewegungen dadurch deutlich dynamischer und unberechenbarer. Fungierte die Abkippbewegung auf der rechten Seite, konnte Scott durch seine zentrale Position den gegnerischen Sechser effektiv binden. Dadurch gelang es England, in dieser Konstellation eine 3-gegen-2-Überzahl zu schaffen, ohne dass auf den auskippenden Spieler unmittelbarer Druck ausgeübt werden konnte.

Die englische Mannschaft vermochte es jedoch nicht, die vorhandene Überzahlsituation effektiv auszuspielen. England gelang es nicht, aus diesen Situationen heraus die erforderliche Dynamik zu entwickeln. Dies ist einerseits auf mangelnde Eingespieltheit zurückzuführen, andererseits darauf, dass die Spieler in druckfreien Situationen kaum aktiv ins Andribbeln gingen oder Gegenspieler bindend agierten, sondern stattdessen durch vermehrte Ballkontakte das Spiel verlangsamten. Zudem zeigte sich beim Auskippen teilweise eine zu flache Positionierung, welche weitere Defizite im taktischen Verhalten offenbart. Diese flache Ausrichtung erschwerte es, die Überzahlsituationen durch gezielte Raumgewinnung effektiv zu nutzen und führte somit zu einer zusätzlichen Einschränkung der Spielgestaltung..

Auch im Spielaufbau manifestierte sich dieses Defizit, da Quansah und Cresswell häufig aus ihrer Position agierten. Dies führte dazu, dass es ihnen in einigen Situationen nicht gelang, den auskippenden Spieler adäquat freizuspielen, da der ballnahe Stürmer so den Auskippenden Spieler kontrollieren konnte.

Auch die Vorbereitung des Auskippens verlief nicht durchgängig optimal, sodass England häufig im bereits von Spanien eng zugestellten ballnahen Bereich verharrte. Infolgedessen gelang es den Engländern teilweise nicht, das Auskippen effektiv zu einem Vorteil zu gestalten.

Das ohnehin bereits schleppende Aufbauspiel Englands verschärfte sich nach dem 2:0-Rückstand weiter, da zunehmend mehr Spieler in tiefere Positionen auskippend agierten. Dadurch gelang es der Mannschaft kaum, Progression mit Ball zu erzielen. Zudem konnte der Ball nicht effektiv in Bewegung gehalten werden, da England zeitweise mit bis zu fünf Spielern auf einer Linie agierte. Dies eröffnete Spanien die Möglichkeit, durch geschicktes Nutzen von Deckungsschatten mehrere englische Spieler aus dem Spiel zu nehmen.

Hutchinson als Fixpunkt

Im Gegensatz zum Bespielen des hohen Pressings richtete England ihren Fokus im Spiel gegen den Low-Block darauf, gezielt die rechte Seite anzuspielen. Ziel dieser Herangehensweise war es, die spanische Mannschaft auf diese Seite zu ziehen, um anschließend durch eine weiträumige Verlagerung in Form eines Diagonalballs ein isoliertes 1-gegen-1-Duell auf der gegenüberliegenden Seite zu schaffen. Auf diese Weise beabsichtigte England, Hutchinsons Dribbelstärke effektiv ins Spiel einzubinden. Hutchinson überzeugte insbesondere durch seine dynamischen Dribblings nach innen sowie durch seine Abschlussstärke, die in diesen Situationen häufig für Gefahr sorgte.

Diese Herangehensweise erwies sich jedoch ebenfalls als nicht durchgängig effektiv. Zum einen ermöglichte das rechtzeitige Rücklaufen des spanischen Flügelspielers in die Defensive, dass der spanische Außenverteidiger in Kooperation mit ihm, der defensiv eine überzeugende Leistung zeigte, häufig eine effektive Dopplung herstellen konnte.

Zum anderen lag ein wesentlicher Grund für die begrenzte Effektivität dieses Ansatzes darin, dass Hinshelwood sich nicht durchgängig aktiv in das Offensivspiel einschaltete. In den Situationen, in denen er sich jedoch entschloss, aktiv mitzuwirken, resultierten daraus häufig vielversprechende Offensivaktionen und verbesserte Ausgangspositionen.

Ein effektives Beispiel für gelungene Offensivbewegungen zeigte sich in der Rotation auf der linken Seite, bei der Hinshelwood in die Halbspur aufrückte und Morton auskippte. Diese abgestimmte Bewegung führte dazu, dass der gegnerische Flügelspieler gebunden wurde, wodurch Hutchinson in isolierte Eins-gegen-Eins-Situationen gebracht werden konnte.

Eins der wenigen Beispiele wie sie Hutchinson ins 1 gegen 1 bekamen. Hier schiebt Hinshelwood in die Halbspur während Morton abkippt. Die Folge ist das Hinshelwood Sanchez bindet weshalb dieser nicht Pubill am Flügel unterstützen kann.

Auch in diesen Situationen zeigte Marc Pubill ein herausragendes Defensivverhalten im Eins-gegen-eins gegen Hutchinson. Sein Hauptaugenmerk lag darauf, die Innenbahn konsequent zu schließen und den englischen Spieler lediglich an der Außenbahn vorbeizulassen.

Da die zuvor beschriebene Herangehensweise über die linke Seite aufgrund der genannten Gegebenheiten nicht wie gewünscht funktionierte, nahm England in der zweiten Halbzeit eine strategische Anpassung vor. Zum einen wurde Hutchinson durch Rowe ersetzt, zum anderen versuchte England, die Aktionen auf dieser Seite vermehrt spielerisch zu lösen.

McAtee begann nun ebenfalls auf der linken Seite auszukippen, jedoch nicht auf die Außenverteidigerposition, da Hinshelwood weiterhin im Aufbau die Rolle des linken Spielers im Halbraum innerhalb der 2-3-Struktur übernahm. Durch diese Anpassung wurde der gegnerische Flügelspieler Juanlu aus seiner Position gezogen. McAtee positionierte sich häufig hinter ihm auf dem Flügel, wodurch England den Flügel mit drei Spielern überlud. Dennoch erwies sich auch dieses Mittel als nicht ausreichend effektiv. Der Grund hierfür lag in der konsequenten defensiven Absicherung der Spanier, die es England erschwerte, Überzahlsituationen zu kreieren und mit Vorteilen in die gegnerische Defensivkette einzudringen.

Englands hohes Pressing -SR

Stansfield prisst aggressiv auf Tárrega. Morton schiebt auf Moleiro und Scott ist auf Turrientes geschoben, dafür ist Guerra frei im ballfernen Halbraum.

 

England presste aus einem 4-4-2-Grundordnung heraus was zu einem 4-1-3-2 wurde. Dabei rückte McAtee situativ neben Stansfield in die erste Linie.Pressingauslöser waren vor allem Querpässe in der ersten Aufbaulinie Spaniens. Bei einem Querpass auf den rechten Innenverteidiger rückte der ballferne Sechser Scott nach vorne, um Turrientes unter Druck zu setzen. Gleichzeitig schob der ballnahe Sechser, Morton, auf den Achter Moleiro. Dadurch wurde der ballferne Achter Guerra zunächst frei, was das Risiko im Zentrum erhöhte.

Bei einem Querpass auf den linken Innenverteidiger reagierte die Formation leicht verändert: Der ballferne Stürmer Stansfield ließ sich auf Turrientes zurückfallen, wodurch Morton weiter auf Moleiro bleiben konnte. Scott übernahm in dieser Variante eine flexible, „schwimmende“ Rolle zwischen Turrientes und dem linken Achter.

Im Verlauf der Partie variierte England seinen Pressingansatz. In einer späteren Phase schob Morton direkt auf Turrientes, während Scott Guerra übernahm und Quansah sich um Moleiro im Zwischenlinienraum kümmerte.

Spanien agierte im Ballbesitz in einer 2-3-2-3-Struktur. Die Außenverteidiger sowie die Flügelspieler positionierten sich sehr breit, um die gesamte Spielfeldbreite auszunutzen. Im typischen spanischen Stil lief der Spielaufbau primär über die beiden Innenverteidiger.

Dabei offenbarte insbesondere der rechte Innenverteidiger Tárrega Probleme im Spielaufbau. Diese resultierten vor allem aus dem Pressingverhalten von Stansfield, der bei Querpässen von Mosquera auf Tárrega aus einer tieferen Position mit hoher Intensität anlief und ihn stark unter Druck setzte.

Gleichzeitig war der ballnahe Achter durch den ballnahen Sechser der Engländer zugestellt, Turrientes wurde vom ballfernen Sechser abgeschirmt, und auch die übrigen Passoptionen waren gut gedeckt. In vielen Situationen blieb Tárrega daher nur der Rückpass auf Torhüter Iturbe, der dank seiner fußballerischen Stärke und fehlendem Druck von englischer Seite Zeit und Raum am Ball hatte. Dadurch konnte er gelegentlich den ballfernen Achter Guerra erreichen – die Distanz zum englischen Sechser oder Innenverteidiger war dabei oft zu groß, um effektiv zu pressen. Guerra konnte so aufdrehen und das spanische Spiel über die linke Seite ankurbeln.

Im weiteren Spielverlauf passte Elliott sein Verhalten im Pressing an und positionierte sich enger, um den Passweg auf Guerra abfangen zu können. Dennoch mied Tárrega diese Option meist, da sie in der Spielrealität mit Risiko und Zeitdruck verbunden war.

Stattdessen versuchte er häufig, Moleiro im Halbraum anzuspielen. Dieser stand jedoch regelmäßig unter Druck – entweder durch den ballnahen Sechser oder, wenn dieser zu lange brauchte , durch das Herausrücken von Quansah. In der Folge leistete sich Spanien zahlreiche Ballverluste und unpräzise Zuspiele in diesen Szenen. Einer dieser Ballverluste führte sogar zu einem Konter, der im 2:0 für England mündete.

Nach dem 2:0 für England passte Spanien sein Aufbaumuster an. Der zuvor höher positionierte Achter Guerra ließ sich nun neben Turrientes zurückfallen und bildete mit ihm eine Doppel-Sechs. Diese Anpassung hatte unmittelbare Auswirkungen auf Englands Pressingmechanismus: Scott musste nun Guerra verfolgen und konnte dadurch nicht mehr gleichzeitig Turrientes zustellen. Das hatte wiederum zur Folge, dass Stansfield beim Anlaufen von Tárrega vorsichtiger agieren musste, um Turrientes im Deckungsschatten zu halten – auch ließ seine Intensität im Laufe des Spiels spürbar nach.

Spanien gewann dadurch mehr Zeit und Raum auf der rechten Seite. Die Passqualität nahm zu, insbesondere Tárrega konnte nun häufiger Pubill anspielen, der den Pass auf Moleiro suchte. der vermehrt auf den rechten Flügel auskippte. Durch dieses Muster wurde die englische Innenbahn geöffnet, da Morton auf Moleiro herausschieben musste. Diese Räume nutzte Pubill mit dynamischen Läufen ins Zentrum und verschaffte Spanien spürbare Raumgewinne.

Trotzdem fehlte es Spanien an Anschlussoptionen. Sobald man über den rechten Halbraum ins letzte Drittel kam, waren die Anspielstationen begrenzt, wodurch diese Angriffe meist verpufften. Diese Anschlussprobleme äusserten sich auch in anderen Situationen.

Spaniens Flügelspiel

Turrientes ist neben die Innenverteidigung abgekippt. Pubill und Sánchez sind nicht ideal gestaffelt. Moleiro hat im rechten Halbraum zwei Gegenspieler gegen sich.

Gegen das 4-4-2 Mittelfeldpressing von England hatte Spanien kaum Antworten. Man hatte eine 2-3-2-3 Strukur, aber England hatte klare Zuteilungen. So übernahm zum Bespiel Quansah den rechten Achter, der frei blieb. gegen die strikten Zuordnungen antworte Spanien damit, dass sich Turrientes halbrechts neben die Innenverteidiger fallen liess und so eine 2vs3 Überzahl gegen die Stürmer bildete. Hier muss wieder Stansfield erwähnt werden, der sehr gut im Pressing war. Er war eigentlich auf der höhe von Tárrega doch presste Turrientes im Bogenlauf so an, dass Tárrega von ihm aus im Deckungschatten war. Dadurch musste er auf die Flügel spielen, da Moleiro  in diesen Momenten im rechten Halbraum von Morton und Quansah gedoppelt wurde.

Das Problem auf den Außen war jedoch, dass der Außenverteidiger und der Flügel – wie im tiefen Aufbau – extrem breit blieben. Sie standen sich also vertikal gegenüber. Dies alles auf extrem kompaktem Raum, weil England den Zwischenlinienraum sehr eng hielt und Spanien die letzte Kette nicht nach hinten drückte. Durch diese beiden Begebenheiten konnten die rechten Außenspieler Spaniens untereinander nur vertikale, kurze Pässe spielen – ideale Pressingbälle für England und Stansfield, der in diesen Situationen oft rückwärts verteidigte. Die rückwärtige Verlagerung über Turrientes war so nicht mehr möglich für die Spanier. England hatte deshalb viele Ballgewinne auf dieser rechten Seite.

Im Verlaufe des Spiels passte sich Spanien etwas an. Turrientes bot sich nicht mehr unbedingt vor Stansfield, sondern hinter oder zwischen ihm und McAtee an. So brachte er Morton in Schwierigkeiten, da dieser sich nun an ihm orientieren musste und Moleiro nur noch lose zustellen konnte. Dadurch hatte Turrientes deutlich bessere Passwinkel und Anbindungen als zuvor. Er nahm damit auch Druck von den Innenverteidigern, da sich die Stürmer zunehmend an ihm orientieren mussten.

Moleiro stand zusätzlich etwas breiter und höher im Halbraum. Er positionierte sich hinter der rechten Schulter von Morton – aus dessen Blickfeld. Da Morton sich nun stärker auf Turrientes konzentrieren musste, konnte Moleiro den Ball ungestört annehmen und aufdrehen. Hutchinson und vor allem Hinshelwood mussten daraufhin nach innen schieben, wodurch Raum auf der rechten Außenbahn entstand.

Wenn Morton jedoch Moleiro folgte, öffnete sich das Mittelfeld – in diesen Raum stieß dann Turrientes. Durch die intelligente Positionierung der beiden Spanier konnten sie so ein 2-gegen-3 (rechnet man Turrientes und Morton mit ein, ein 3-gegen-4) auf dem Flügel mit Pubill und Sánchez herstellen. Dadurch gelang es meist, Pubill in Flankenposition zu bringen. Diese Hereingaben fanden jedoch nur selten Abnehmer im Strafraum.

Es gab natürlich noch Situationen in denen sich Turrientes sich neben die Innenverteidigung fallen liess, mit dem Unterschied, dass Molero sich auf der Sechserposition anbot und mit Dynamik hinter die Kette startete, doch diese Situationen hatten kaum einen Ertrag.

Anders sah es auf der linken Seite aus. Dort hatte der linke Innenverteidiger Mosquera viel Spielraum – vor allem, weil Turrientes durch seine mittlerweile zentrale Positionierung die Stürmer Englands von ihm wegzog und McAtee ihn bei Weitem nicht so aggressiv anlief wie Stansfield Tárrega. So konnte er meistens sehr gut andribbeln und auf dem linken Flügel mit dem linken Außenverteidiger Bueno und dem linken Flügelspieler López ein 2-gegen-3 herstellen.

Dieses konnten die Spanier dank ihrer abwechselnd diagonalen Staffelung auf dem Flügel auch klug ausspielen. Spanien kam über links meist bis zur Grundlinie und zu guten Flankensituationen. Vor allem Bueno war mit seinem Antritt ein ständiger Gefahrenherd.

Leider hatte man wie auf der rechten Seite kaum Abnehmer für diese Flanken. Spanien wurde meistens nur in Umschaltsituationen über die linke Seite gefährlich.

Nach der Halbzeit hielt England am gleichen Pressingkonzept fest, jedoch liefen die Stürmer die Innenverteidiger wieder mit etwas höherer Intensität an. Vor allem McAtee presste Mosquera sehr energisch, wodurch dieser weniger Zeit für seine Entscheidungsfindung hatte. Auch seine Technik litt darunter, da er viele Pässe mit seinem schwächeren linken Fuß spielen musste.

Außerdem hatte Tárrega erneut Schwierigkeiten mit dem intensiven Anlaufen von Stansfield. Spanien versuchte, dem hohen Druck über das Ablagenspiel zu entkommen. Die initialen Pässe waren zwar gut gespielt, doch die Ablagenspieler hatten oft eine ungünstige Körperstellung oder es fehlte an passenden Anschlussoptionen, da der Spielzug nicht ausreichend vorbereitet war.

In der zweiten Zone brachte Spanien nun mehr Diagonalität auf der rechten Seite ins Spiel. Einer der Außenspieler rückte jeweils etwas ein, während der andere die Breite hielt. Rechtsverteidiger Pubill ließ sich dabei gelegentlich neben die Innenverteidiger fallen, um eine Dreierkette zu bilden – alternativ konnten auch ein Sechser, ein Achter oder sogar der linke Außenverteidiger diese Position übernehmen. Dieses flexible Zurückfallen war nun ein zentrales Prinzip im spanischen Aufbau: die erste Pressinglinie Englands im Aufbau mit +1 überladen und bei Gelegenheit andribbeln.

Vor allem Mosquera konnte davon profitieren. Nach Verlagerungen von der rechten Seite fand er regelmäßig gute Andribbelmöglichkeiten, band damit Eliot und Livramento und schuf Platz auf der linken Außenbahn, was Bueno zu nutze kam.

Über rechts wurde Spanien durch dieses Prinzip deutlich gefährlicher. Der linke Achter, Guerra, positionierte sich halbrechts neben der Abwehr, während Pubill und Sánchez breit standen und die englischen Außenspieler banden. So konnte Guerra mit Tempo andribbeln und Überzahlsituationen schaffen. Über Pubill konnte Moleiro durch Tiefenläufe in Szene gesetzt werden.

England wurde durch diesen Spielansatz zunehmend in die eigene Hälfte gedrückt, konnte aber die meisten Angriffe letztlich noch wegverteidigen.

Fazit:

England zog am Ende durch eine insgesamt solide Leistung verdient ins Viertelfinale ein, wobei sich die Mannschaft im Vergleich zu den vorausgegangenen Spielen deutlich steigerte. Besonders hervorzuheben war die starke Organisation im Pressing, die eine Schlüsselrolle im Erfolg der Mannschaft spielte. Diese ausgeprägte Defensivleistung manifestierte sich exemplarisch im Ballgewinn, der dem 2:0-Treffer vorausging und somit den entscheidenden Vorteil sicherte. Spanien gelang es über weite Strecken des Spiels nicht, das englische Pressing zu überwinden oder nennenswerte Torgefahr zu erzeugen, was die Effektivität der englischen Defensive eindrucksvoll unterstrich.

Mit Ball präsentierte sich England zunächst zurückhaltend und zeigte insgesamt eine eher durchschnittliche Leistung. Insbesondere nach der Führung reduzierte die Mannschaft das Spieltempo deutlich, wodurch Dynamik und Kreativität in der Offensive stellenweise abnahmen. Dennoch reichte die Kombination aus defensiver Stabilität und situativer Effizienz aus, um den Vorsprung kontrolliert zu verwalten und den Sieg letztlich souverän zu sichern.

VR: VR ist bei einem Traditionsreichen Reginalligisten im Analysebreich tätig. Sein Größter Traum ist es langfrisistig irgenwann mal mit diesem Verein in der Champions League aufzulaufen. Kurzfrisitig ist das Ziel der Aufstieg in Liga 3.

SR:  Studiert Geschichte und Philosophie, was man an seinen Texten an der einen oder anderen Stelle merkt. Neben dem Studium schreibt er Gegneranalysen für einen Schweizer viert Ligisten und versucht jedes mögliche Fussballspiel zu sehen.

RO: Ist sich sicher, er liebt den Fußball. Seit 12 Jahren versucht er Ihn aus allen erdenklichen Blickwinkeln
zu betrachten. Um letztendlich rauszufinden, was es überhaupt bedeutet den Fussball zu lieben.

 

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