Tiefenläufe, Zwischenräume und wenig Gefahr – Dortmunder Probleme gegen Fluminense – JK
Der BVB startete am Dienstagabend in die Aufgabe Klub-WM hinein. Mit Fluminense hat man zwar keinen europäischen Top-Club erwischt, es wartete aber trotzdem eine Mannschaft aus Brasilien, die noch mitten in der eigenen Saison ist und in Liga (6. Tabellenplatz) und CONMEBOL (1. Tabellenplatz) einen vernünftigen Start hingelegt hat. Dementsprechend spannend war es zu sehen wie die Dortmunder zum Vorbereitungsstart gegen eine eingespielte Mannschaft aussehen würden.
Kovac verzichtete auf große Änderungen und begann das Spiel beinahe identisch zum letzten Pflichtspiel gegen Kiel. Einzig Pascal Groß rückte für Felix Nmecha in die Startelf, der mit Marcel Sabitzer die Doppelsechs bildete. Beide bildeten zusammen mit der Dreierkette aus Bensebaini, Anton und Süle einen klaren 3-2 Aufbau, wobei beide kaum außerhalb ihrer Ausgangspositionen zu finden waren. Auf den Schienen hielten Svensson und Ryerson dauerhaft die Breite, waren aber in der eigenen Höh
e variabel, je nach Anlaufverhalten Fluminenses. Das Angriffstrio aus Guirassy, Adeyemi und Brandt genossen weitaus mehr Freiheiten. Bei eigenem Anstoß vorpositionierte Brandt sich im rechten Halbraum, wo er zusammen mit Adeyemi versuchte für Zuteilungsprobleme zu sorgen und beide variabel die tiefe attackierten. Wurden die Dortmunder nach links gelenkt kam vor allem Guirassy wiederholt in den Halbraum, wobei Brandt variabel dazustieß, vor allem als Klatschangebot für Guirassy.
Fluminense startete ins Spiel mit einem 4-3-3. Beide Außenverteidiger standen über einen Großteil des Spiels flach und waren häufig die ersten Anspielstationen der Innenverteidiger. Das Mittelfelddreieck aus Hercules, Nonato und Martinelli hielt die Abstände zueinander sehr gering und verschob das ganze Spiel über geschlossen über den Platz. Mit dem engen Dreieck und den damit einhergehenden geringen Passabstände versuchte man sich spielerisch aus dem Druck zu lösen. Die Angriffsreihe war in der Position ähnlich statisch wie die Außenverteidiger, wobei Arias und Canobbio sehr diszipliniert die Breite hielten und immer wieder das 1 gegen 1 suchten. Everaldo agierte als klarer Zielspieler im Zentrum und bewegte sich kaum von der Stelle.
Dortmunder Tiefenbestrebungen ohne Erfolg
Im 3-4-3 fand sich der BVB zu Spielbeginn schnell zurecht und war in der Lage das Spielgeschehen zu bestimmen. Bei eigenem Abstoß startete Svensson etwas flacher, während Süle auf der rechten Seite als Außenverteidiger agierte, was Ryerson erlaubte höher zu schieben. Fluminense lief bei Dortmunder Abstoß vorisichtig im 4-1-4-1 an, wobei die Doppelsechs der Dortmunder in ständiger Manndeckung von Nonato und Martinelli war. Everaldo lief im Bogen den von Kobel aus angespielten Innenverteidiger an und versuchte jegliche Verlagerungen zu unterbinden. Als Alleinunterhalter in der ersten Pressinglinie, konnte dieser jedoch die Dortmunder immer wieder zu langen Bällen bringen, die dann bei Fluminense landeten. Vor allem Kobel zeigte sich erneut hektisch am Ball und scheute davor zurück Pässe in den Druck zu spielen. Vereinzelt schafften die Dortmunder es auch spielerisch zu lösen, meistens dann wenn man es schaffte über die Sechser im Dreieck aufzulösen und den ballfernen Innenverteidiger fanden. Mit Pass auf einen der Außenverteidiger pressten die Flügelspieler zu Beginn durch auf die Außenverteidiger, jedoch wurde dieses Anlaufverhalten nach verstrichener Anfangsphase deutlich passiver und man war nur noch darauf bedacht den Raum vor den Außenverteidigern zu kontrollieren, statt Sie in Zweikämpfe zu verwickeln. Während Brandt in Hercules einen klar zugewiesenen Manndecker hatte, wurden Guirassy und Adeyemi aus der Kette herausverteidigt und am aufdrehen gehindert. Insgesamt schaffte es der BVB wiederholt sich dem Druck des Pressings zu erziehen, auch da Fluminense wenig Risiko (auch in den Zahlenverhältnissen) einging.
Deshalb verharrte Fluminense über die meiste Zeit im Mittelfeldblock, worauf die Dortmunder auch ihre eigenen Lösungen hatten. Schlüsselspieler in den meisten Szenen waren hier Adeyemi und Guirassy, die mit ihren Bewegungen ohne Ball maßgeblich den Takt vorgaben. Da beide aggressiv aus der Kette verteidigt worden sind, suchte Guirassy im Linken Halbraum & zwischen den eigenen Sechsern oder Adeyemi in der Zone vor der Abwehrkette nach freiem Raum, um Lücken in die Kette zu reißen. Jene Lücken beliefen vor allem Julian Brandt, aber teils auch Groß und Sabitzer. Alle drei hatten zwar einen nominellen Manndecker, konnten jedoch häufig dynamisch in die freien Räume vorstoßen. Einzig die Chipballqualität der Innenverteidiger und die Dynamik des Mittelfeldtrios verhinderten, dass mehr Gefahr durch diese Aktionen entstand. Die Verletzung und Abwesenheit Nico Schlotterbecks machte sich hier besonders bemerkbar.
Auf der Suche nach anderen Wegen in Richtung Tor ergab sich ein weiteres Muster beim BVB. Mit Ball auf einen der Schienenspieler attackierte mindestens einer, vereinzelt aber auch zwei oder bis zu drei Spieler aus dem Angriffstrio die Tiefe zwischen den Außen- und Innenverteidigern. Die Verteidiger wurden dabei vor die Entscheidung gestellt: Priorisiert man es die Läufe aufzunehmen, öffnet sich die Zone zwischen der Abwehr- und Mittelfeldkette, auch da die Mittelfeldkette zu lang brauchte um nachzurücken oder will man doch lieber spekulieren und in der Lage sein vorzuverteidigen. In den allermeisten Fällen bevorzugten sie die Tiefensicherung, was dazu führte, dass sich vor der Kette riesige Räume für Brandt oder einen der nachstartenden Sechser öffnete. Ab und zu fand man jedoch auch vom Schienenspieler aus den Pass hinter die Kette, wobei bis auf Adeyemi’s gefährliche Flanke (21. Minute) keine Chancen entstanden sind.
Beide Muster wurden auf die ein oder andere Weise über das ganze Spiel wiederholt, aber ohne Erfolg. In beiden Halbzeiten fehlte es an Großchancen für die Dortmunder. Mitunter ein Kritikpunkt dürfte sein, dass die Abnehmer für die langen Bälle hinter die Kette schlicht athletisch ihren Gegenspielern unterlegen waren (s.o.) und nur Adeyemi den gefragten Tiefgang erzeugen konnte. Ebenso schaffte man es nicht nach eindringen in den Raum vor der Kette gefährliche Aktionen zu erzeugen. Dort mangelte es an der Entscheidungsfindung im letzten Drittel, wobei Fluminense auch immer wieder sich zu helfen wusste mit klugen Foulspielen bevor die Dortmunder sich tiefer in der Hälfte der Brasilianer festsetzen konnten.
Fluminense mit Zielstrebigkeit in Richtung Tor
Fluminense spielte in Ballbesitz in einem klaren 4-3-3, wobei beide Flügelspieler konsequent möglichst viel breite gaben, während das Mittelfeld aus Nonato, Martinelli und Hercules eng gebündelt zusammen marschierte. Die Dortmunder agierten gegen den Ball in einem 3-4-1-2, spiegelten also im Mittelfeld und hatten so eine Mann gegen Mann Zuteilung. Bei versuchter Spieleröffnung gab oftmals Adeyemi das Pressingkommando und versuchte Freytes zu stören. Da dieser seinen Deckungsschatten aufs Zentrum lag und Guirassy auf den Pass zu Thiago Silva lauerte, blieb nur noch das Zuspiel auf den Außenverteidiger. Mit Zuspiel schob dann Ryerson vor, während Süle auf den Außen frei gewordenen Canobbio rückte. Svensson ließ sich dann mit in die Kette zurückfallen und die Kette verschob ballorientiert.
Fluminense hatte spielerisch wenige Lösungen gegen das gut-getaktete Dortmunder Pressing. Der einzige Vorteil der sich herauskristallisierte war, dass das vorschieben von Ryerson und dahinter die Übergabe von Flügelspieler Canobbio an Süle zu lange dauerte, weshalb Außenverteidiger Rene mit Zuspiel immer wieder eine offene Stellung hatte. Was häufig folgte war ein Flugball aus der Außenverteidiger Position die Linie entlang oder in den Neunerraum zu Everaldo. Aus den Flugbällen auf Everaldo wurde wenig Kapital geschlagen, da das eng strukturierte Mittelfeld zu lange brauchte zum nachrücken, weshalb Everaldo die Klatschangebote fehlten. Die Bälle über den Flügel entfachten deutlich mehr Gefahr, unter anderem weil Canobbio Süle immer wieder im Rücken entwischen konnte.
Auffällig bei den Angriffen der Brasilianer war, dass diese immer wieder versuchten ihre Offensivvorstöße zu Ende zu bringen. Mit fast jedem Vorstoß ins letzte Drittel ging auch ein Torschuss einher, was in der Folge auch Kobel mehr in Aktion zwang. So ergab sich das Bild, dass Fluminense über das Spiel hinweg deutlich mehr Abschlüsse hatte, jedoch auch über weite Teile aus ungefährlichen Positionen (Lediglich ein Schuss mit mehr als 0.1 xG).
Neben den Situationen aus dem Aufbauspiel heraus, ergaben sich für Fluminense auch Umschaltsituationen. Hier schnitten sich die Dortmunder oftmals ins eigene Fleisch, da sie beim Versuch ins Gegenpressing zu gehen die Spieler die sich aus dem Sturm fallen ließen aus der Kette vorzuverteidigen, was erneut Räume in der Tiefe öffnete. Bensebaini allen voran hatte Probleme den Raum hinter sich geschlossen zu halten.
Insgesamt plätscherte das Spiel jedoch so vor sich hin. Mit zunehmender Spieldauer und vor allem in Halbzeit 2 zeigten die Dortmunder Abläufe weniger Wirkung. Zwar konnte man sich weiter in der gegnerischen Hälfte festsetzen, da Fluminense den Abwehrblock weiter nach hinten holte, jedoch fehlte es an Präzision und Kreativität im letzten Drittel. Auf der anderen Seite schaffte Fluminense es aus Standardsituationen immer wieder Gefahr zu erzeugen, auffällig wurde mit zunehmender Dauer aber der Fitnessvorteil der Brasilianer, weshalb das Spiel immer mehr aus den Händen der Dortmunder glitt. Mit einem Endstand von 0:0 fand das Spiel aber das gerechte Ergebnis.
Fazit
Ein Spiel zweier Topclubs in ihren jeweiligen Fußballnationen wusste leider über weite Strecken nicht zu überzeugen. Bei den Dortmundern waren zwar sowohl im letzten Drittel als auch im Aufbauspiel Bemühungen erkennbar, wieder in ihre Abläufe und Muster reinzukommen, jedoch fehlte es oftmals an der Präzision, teils scheiterte der Plan aber auch an dem Spielermaterial, das zur Verfügung stand. Gegen den Ball funktionierte der Plan, vorausgesetzt das Timing beim Durchschieben der Kette stimmte. Sollten die Dortmunder diese Abstimmungsprobleme nicht unter Kontrolle bekommen, werden sie gegen bessere Teams hier an ihre Grenzen stoßen.
Fluminense machte über weite Strecken ein engagiertes Spiel, pochte auf Umschaltmomente und wirkte mit anhaltender Dauer des Spiels weit aus spritziger. Dennoch war es auch in weiten Teilen mit Teil ein wenig couragierter Auftritt, wobei man viel Spielkontrolle abgab und wenige eigene Lösungen gegen das Dortmunder Pressing parat hatte. Zwar sammelte man mehr Abschlüsse, mit dem 0:0 Endstand müssen sie sich jedoch zufrieden geben.
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