Juventus Turin – FC Parma 4:1
Bereits zu Mittag fand das erste Samstagsspiel dieser Saison der Serie A statt. Die alte Dame aus Turin empfing Traditionsverein FC Parma und wollte unbedingt erfolgreich in die Saison starten. Die letzten Jahre waren für beide Teams nicht ideal verlaufen und dieses Spieljahr sollte der Anfang von der Renaissance alter Zeiten sein.
Wechselwirkung der jeweiligen Formationen
Die Gäste traten mit einem 4-4-1-1 an, wobei der ehemalige Giovinco als hängender Stürmer wohl der bekannteste und auffälligste Spieler sein dürfte. Zaccardo und Rubin agierten auf den Flügeln und davor spielten Modesto und Valiani – man versuchte Giovinco mit dynamischen, letztlich aber zu wenigen, Vorstößen über die Seite und eine Pärchenbildung auf den außen zu unterstützen. Galloppa und Morrone sollten das Zentrum sichern und sowohl der Innenverteidigung helfen, als auch dem gegnerischen Mittelfeld wenig Raum lassen, doch dies scheiterte über das gesamte Spiel. Insbesondere Pirlo hatte sehr viel Platz und konnte sein Spiel problemlos aufziehen, was eine der Hauptursachen für die Chancenlosigkeit Parmas war. Juventus war von Beginn an stärker und deren 4-4-1-1 war jenem von Parma überlegen. Nicht nur, dass Del Piero viel weniger Ballverluste als sein Pendant bei Parma, Giovinco, hatte, er war generell viel mehr für das Kollektiv engagiert und zeigte einige tolle Pässe, ebenso Pirlo im zentralen Mittelfeld, der sich hervorragend mit Marchisio verstand. Letzter übernahm den vertikalen Part und überließ Pirlo den Spielaufbau. Giaccherini begann auf links und zeigte eine gute Vorstellung, doch er war trotz des emsigen De Ceglie hinter ihm nicht so stark wie Pepe und Lichtsteiner auf der anderen Seite. Insbesondere der Flügelstürmer Pepe zeigte sich offensiv präsent und gab dem Spiel nicht nur die nötige Breite im letzten Drittel, er zeigte viele gefährliche Aktionen und erzielte einen schönen Treffer. Ebenso stand die Viererkette bei Antonio Contes Mannschaft sehr sicher, Barzagli und Chiellini verstanden sich ausgezeichnet und passten sich selbst bei Rochaden der gegnerischen Stürmer problemlos an – zwei Torversuche für Parma in neunzig Minuten sind ein eindrucksvoller Nachweis der Leistung von Juves Innenverteidigung.
Die Tore spiegelten den Spielverlauf ebenso wie die Taktik perfekt wieder, das erste Tor kam nach einem schönen Pass Pirlos auf den durchgestarteten Lichtsteiner, während der zweite Treffer zustande kam, als man Pepe nach eigenem Angriff zu viel Raum gewährte. Zum dritten traf dann der eingewechselte Ex-Leverkusener Vidal mit einem akrobatischen Schuss, während nur zehn Minuten später abermals Pirlo auf einen seiner durchgestarteten Mitspieler passte: dieses Mal auf Marchisio, der eiskalt verwandelte. Eine rote Karte und Giovincos Elfmeter trübten Contes Freude zwar etwas, dennoch war es eine eindrucksvolle Vorstellung des Rekordmeisters im neuen Stadion.
Juventus und seine Revolution
Vier Tore bei elf Torchancen sind eiskalt und fast schon typisch für italienischen Fußball, möchte man meinen, doch dahinter steckt viel mehr. Denn es war nicht nur unglaubliche Effizienz, sondern eine klare Auswirkung bewusster taktischer Vorgaben. Mit 65% Ballbesitz hatte Juventus immer das Heft in der Hand und ließ hinten nichts zu, indem man schlichtweg vorne kaum Bälle verlor. Man schob den Ball lieber quer und begab sich auf die Suche nach qualitativen Chancen, was insbesondere für Pirlo eine dankbare Aufgabe war. Die Effizienz, die daraus entstand, war keineswegs mit dem Klischee von stereotypen italienischen Fußball behaftet, sondern schlichtweg die perfekte Ausführung der Vorgaben des Trainers: Spielkontrolle, Ruhe und Geduld, welche das eigene Offensivspiel ankurbelten, während der Gegner gleichzeitig aus dem Spiel genommen wurde. Parma konnte nie wirklich dagegenhalten und darf sich bei ihren eng stehenden und kompakten Viererketten in Abwehr und Mittelfeld bedanken, dass man nicht mehr bekam. Ein offensiveres System hätte zwar für etwas Entlastung gesorgt, die Niederlage wäre allerdings womöglich noch höher ausgefallen, da man mehr Schnittstellen für den glänzend aufgelegten Pirlo geboten hätte.
Ein weiteres Ausrufezeichen setzten Pepe und Lichtsteiner auf der rechten Seite. Sie bildeten ein sehr gutes Tandem auf außen und ergänzten sich hervorragend. Einer der beiden gab immer die Breite, während der andere offensiv agierte und diagonal Richtung Strafraum zog. Beim ersten Treffer war es sogar der Rechtsverteidiger Lichtsteiner gewesen, der sich erfolgreich auf dem Weg in den Strafraum machte, später durfte man eine ähliche Szene bei Pepe bestaunen und generell gab es im Spiel einige schnelle Angriffe und sehenswerte Kombinationen über rechts und halbrechts, wo man auch Marchisio mit einband.
Zwei Spielmacher bei Juventus
Ein weiterer interessanter Aspekt beim „neuen“ Juventus war die Rolle seiner alten Stars. Alessandro Del Piero und Andrea Pirlo teilten sich das Spielfeld auf und obwohl Pirlo der präsentere der beiden war, zeigte del Piero im letzten Drittel oft Einfallsreichtum, um Juventus vor einem Ballverlust zu bewahren oder dafür zu sorgen, dass man von Parma nicht zurück gedrängt werden konnte. Einige technisch sehr feine Aktionen bewiesen, dass man Spieler wie Del Piero selbst im hohen Alter nicht abschreiben kann und er wird dieses Jahr sicherlich wieder eine tragende Säule im Juventus-System darstellen.
Besonderes Lob gehört ebenfalls Andrea Pirlo, der nicht nur das Spiel als tiefliegender Spielmacher von hinten organisierte und sich um den Spielaufbau kümmerte, sondern effektiv im letzten Drittel mit tödlichen Pässen zwei Vorlagen für sich verbuchen konnte. Auffällig ist auch, wie gut er sich mit Marchisio ergänzt und das richtige Timing beim Aufrücken findet – normalerweise dauerte es längere Zeit, bis man die richtige Balance besitzt. Wichtig für das Funktionieren dieser Symbiose dürfte allerdings die Innenverteidigung sein, die mit Barzagli und Chiellini zwei sehr gute Zweikämpfer und kompromisslose Verteidiger besitzt, die Pirlo und Marchisio den Rücken freihalten, wenn einer oder gar beide nach vorne stoßen. Man wird sehen, wie sich dieses Quartett in Zukunft beweist, doch eines lässt optimistisch stimmen: selbst bei stärkeren Gegnern hat man dank Del Piero einen weiteren Spielmacher, der in der Offensive Pirlo entlasten kann und dadurch indirekt die Defensive stärkt.
Fazit
Antonio Contes Team zeigte sich individuell und kollektiv in guter Form und ließ Parma nicht den Hauch einer Chance. Selbst nach dem 3:0 drängte der Trainer seine alte Dame nach vorne und sorgte für das perfekte Debüt im neuen Stadion. Mit Spielern wie Vidal und Krasic auf der Bank hat man außerdem hervorragende Alternativen und eine beeindruckende Kadertiefe, welche diese Saison unter anderem dazu helfen könnte, dass Juventus eine reelle Chance auf den Scudetto hat.
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