Community Shield: Chelsea FC – Manchester City 2:3

Ein weiteres Cupspiel stand an diesem Wochenende an: der Supercup beziehungsweise Community Shield, welcher von der englischen FA ausgerichtet wurde. Im Villa Park trafen Chelsea und Manchester City aufeinander, was bereits eine erste Standortbestimmung vor dem Beginn der Premier League am kommenden Wochenende sein sollte.

Chelseas Aufstellung und Spielweise

Die Blues begannen in einem 4-4-1-1/4-2-3-1, welches dem System der Vorsaison ähnelte. Mata war zentral in seiner Hybridrolle als hängender Stürmer und umschaltender Spielgestalter hinter Torres aufgestellt worden. Er sollte sich viel bewegen und mit Hazard und Ramires auf den Seiten Pärchen bilden sowie Lampards Aufrücken unterstützen. Im Offensivverlauf bildete sich dazu ein asymmetrisches 4-1-4-1, welches vom alleinigen und sehr konservativ eingestellten Obi Mikel abgesichert wurde. Dieser agierte in Makelele-Manier vor der Abwehr und räumte horizontal ab, indem er auch im Angiffsverlauf tief blieb und lediglich ballseitig verschob.

Grundformationen zu Spielbeginn

Die Viererkette wurde von Terry und Luiz in der Zentrale gebildet, wobei Terry eine taktisch schwache Leistung bot – zu oft ließ er Lücken offen oder wählte den falschen Moment zum Herausrücken, was seine Mitspieler zu schwereren und riskanteren Laufwegen zum Absichern zwang. Auch seine Spieleröffnung war wie seine Befreiungsschläge zu oft ein Fehlpass, welcher für die mangelnde Entlastung nach vorne sorgte. Die mangelnde Dynamik wirkte sich ebenfalls einmal mehr negativ auf die Spielweise von ihm und seinen Mitspielern aus. Außerdem kamen dadurch die Außenverteidiger Cole und Ivanovic zu selten nach vorne, da die Konter schnell bespielt werden sollten und dies oftmals gar nicht oder unzureichend geschah.

Chelsea versuchte mit einer kompakten und engen Formation im Mittelfeld die Bälle zu erobern, doch City kam über die breiten Außenbahnen weit in die gegnerische Spielhälfte. Letztlich konzentrierte sich Chelsea darauf die Mitte zu beherrschen und den Gegner möglichst wenig innerhalb ihre Formation hineinzukommen zu lassen, damit es im letzten Spielfelddrittel zu keinen Überzahlsituationen für City kam. Nach Balleroberung zeigten sich nicht nur Lampard und Mata spielgestalterisch tätig, auch Hazard und Ramires zogen von den Außenbahnen nach innen, um Bälle schnell nach vorne zu tragen. Das Problem war, dass die Außenverteidiger schwer nachkamen und die Aktionen entweder zu langsam für einen Erfolg oder zu schnell für ein kollektives Aufrücken waren. Nur selten konnte sich Chelsea bis zum Tor vorarbeiten oder Ballbesitzphasen in der gegnerischen Hälfte für sich beanspruchen.

Die Asymmetrie mit dem diagonalen Ramires und dem stärker inversen Hazard war jedoch in ihrer grundlegenden Idee sehr interessant. Dies öffnet Räume für Cole auf der linken Außenbahn, während es Ivanovics eher defensive Orientierung etwas kompensiert. Mit Mata können außerdem interessante Rochaden und Kombinationen gefahren werden, während Lampard im Rücken als Anspielstation und Organisator wartet, der im Zweifelsfall aber auch bis zum Strafraum als Verwerter aufrücken kann. Im Duell der interessanten Ideen zogen die Londoner dennoch den Kürzeren, weil Mancini tief in seiner Trickkiste kramte.

Ein Blick auf das 3-4-3 von City

Mit Savic und Zabaleta stellte Mancini neben Kompany zwei Spieler auf, die auch als Außenverteidiger agieren können – für Zabaleta ist es gar die Stammposition. Davor bildete Touré mit De Jong die Doppelsechs, wobei De Jong sich an Mata orientierte und rein defensiv blieb. Yaya Touré hingegen spielte seine Paradeposition als box-to-box-Akteur, der weite Wege ging und Herz wie Motor des City-Spiels war.

Das auffälligste an der Formation Citys war die extreme Breite. Diese ging ihnen letztes Jahr entweder ab oder die Außenverteidiger mussten weite Wege gehen, um Breite zu geben. Dann mangelte es an der Absicherung und es wurden teilweise gefährliche Konter wegen der offenen Räume gefangen. Das 3-4-3 soll außerdem Spielern wie Kolarov und Milner eine Idealposition geben. Kolarov ist etwas zu defensivschwach und taktisch undiszipliniert für die linke Außenbahn, während Milner kein Flügelstürmer ist, aber auch im defensiven Zentrum nicht zur internationalen Klasse gehört.

Mit seiner Laufarbeit, der soliden Ballbehandlung im Verbund mit Spielintelligenz und der richtigen Mischung aus Defensiv- und Offensivfokus könnte er auf dem rechten Flügel mit Absicherung extrem wichtig werden. Gegen Chelsea konnte er trotz der Bedrängnis durch Gegner und Auslinie den Ball halten und sich ins Kombinationsspiel einschalten. Sein Gegenüber brachte Dynamik und Vertikalität in diese Spielweise und zentral wirbelte Nasri. Dieser wurde von Tevez unterstützt, der sich in Topform präsentierte. Seine Rolle als vertikaler Stürmer, der im Mittelfeld und auf den Halbpositionen aushilft, schien ihm zu gefallen und seine Laufarbeit stellte Chelsea mehr als einmal vor Probleme. Agüero war der komplette Stürmer an vorderster Front, welcher dank seiner Technik auch mit Gegner im Rücken Bälle behaupten und weiterspielen kann.

Vorteile der Dreierkette als ballbesitzorientierte Mannschaft

Die Dreierkette ist auch deswegen gut für City, weil stärker gegen den Ball gearbeitet werden kann. Mit den schnellen Mittelstürmern und dem spielintelligenten Nasri wurde ein Dreiersturm gebildet und die Innenverteidiger des Gegners unter Druck gesetzt. Die Viererkette dahinter rückte nach und machte die Formation kompakt. Dadurch entstand eine 4-3-Stellung in der gegnerischen statt der eigenen Spielhälfte, welche sehr schwer zu durchspielen ist.

Die drei Offensivspieler (mit Nasri entweder aufrückend oder antizipativ abwartend im Zentrum) ließen zwar Passwege offen, doch das dichte und ballseitig verschiebende Netz dahinter zwang Chelsea zu Fehlpässen oder schnellem Aufrücken. Bei versuchten Vorstößen von Ivanovic und Cole wurden diese in Manndeckung von Kolarov und Milner genommen, was somit ebenfalls weiter vorne geschah und nicht erst, wenn die Außenverteidiger bereits Fahrt aufgenommen hatten.

Grundformationen in der zweiten Halbzeit

Für das Funktionieren diese Spielweise war es auch wichtig, dass Chelsea offensiv kompakt und nicht auf die gesamte Breite spielte – sie konnten den Makel, dass Kolarov und Milner die Außenverteidiger übernahmen, nur kaum nutzen. Stattdessen standen sie relativ eng und ermöglichten der gegnerischen Dreierkette einfaches Spiel, da sie nicht auseinander gezogen wurden, indem in die offenen Räume gespielt wurde. Zentral kümmerte sich also Kompany vermehrt um Torres, während die Innenverteidiger im Verbund mit den Außenmittelfeldspielern die gegnerischen Flügel übernahmen. Der körperlich starke Yaya Touré half im gesamten Defensivspiel und letztendlich war City trotz kleinerer defensiver Mängel die stärkere Mannschaft.

die Folgen der roten Karte und die zweite Spielhälfte

Chelsea tat dank ihrer individuellen Qualität phasen- und ansatzweise gut daran, trotz der taktischen Unterlegenheit den Ball zirkulieren lassen zu können – insbesondere nach der roten Karte für Ivanovic. Obwohl es nun einen Spieler weniger gab, war Chelsea keineswegs extrem unterlegen. Kurze Zeit hielten sie noch passabel mit, schafften es sogar sich bis zum Rückstand stärker zu befreien, was an der neuen Ausrichtung lag – ohne Mata im Zentrum (sondern auf der rechten Außenbahn in einem 4-4-1) wurde das Spiel künstlich breiter gemacht. Sowohl Mata als auch Hazard spielten in einer Halbposition und die offensiveren Außenverteidiger, besonders wegen Ramires auf rechts, halfen besser mit. Es sollte zwar den Untergang verzögern, aber gleichzeitig eben auch besiegeln – kein Wunder bei einem Mann weniger gegen einen solch starken Gegner.

City hatte durch Touré in der 53. Minute ausgeglichen und je höher das Kollektiv von Chelsea aufzurücken versuchte, desto einfacher wurde es für City. Reines Ballhalten funktionierte wie erwähnt einigermaßen, was in akzeptablen 46% Ballbesitz mündete, aber ab Ende des zweiten Drittels haperte es. Manchester City traf zwischen der 53. und 65. Minute drei Mal und entschied somit das Spiel. Danach überließen sie Chelsea etwas mehr Raum und schonten sich im Pressing gleichermaßen, wie sie im Ballbesitzspiel ihre Kurzpassstafetten verlängerten. Di Matteo versuchte mit den vertikalen Sturridge und Bertrand hinter die gegnerische Viererkette in die offenen Räume zu kommen, doch es war zu spät.

Die Citizens hatten ohne Mata im Zentrum als Störfaktor mehr Räume für die Organisation, außerdem wurde mit Clichy statt dem verwarnten Savic mehr Offensive reingebracht. Eine der Ursachen für den relativen Mangel an offensivem Zugriff auf das letzte Spielfelddrittel und die Zentrale des Gegners in der ersten Halbzeit war die konservative Rolle der Innenverteidiger, welche mit Clichy aufgegeben wurde. Er und Zabaleta auf seiner natürlichen Seite rückten in Mittelfeldzonen auf und beteiligten sich am Kombinationsspiel. Dadurch waren weniger Spieler hinter dem Ball und De Jong konnte ohne Mata die Absicherung dieser Spielweise in seinen Verantwortungsbereich übernehmen.

Die Überzahl wirkte sich dadurch noch besser aus und City konnte im Gegenzug weiter nach vorne kommen. Die Dominanz war (bei Wunsch) totaler als in der ersten Spielhälfte und mündete letztlich in einem verdienten Sieg – gegen eine intelligentere Mannschaft mit ähnlicher individueller Qualität und ohne rote Karte kann diese Formation bei aktuellem Stand jedoch ins Auge gehen.

Taktikfreak 15. August 2012 um 09:22

Ich halte eine 3er Kette gg doppelt besetzte Außenbahnen des Gegners (also 4-4-2, 4-3-3) für äußerst gefährlich, da dort in der Defensive ständig 2 gg 1-Situationen entstehen werden, wenn es der Gegner mit aufrückenden Außenverteidigern und Flügelspielern/-stürmern offensiv clever macht! Bei einem 4-5-1 wie es der BVB spielt (die offensiven Außenbahnspieler mit Götze und Großkreutz rücken sehr weit ins Zentrum um außen Platz für Schmelzer und Piszczek zu machen) könnte die 3er Kette passen, wenn man dann das Zentrum dichtmachen will (vgl. Italien bei der EM gg Spanien). Spielt allerdings Kuba beim BVB auf der rechten Außenbahn, ist das Dortmunder Spiel meines Erachtens wesentlich breiter angelegt, weil er doch eher der klassische Flügelspieler ist und in der Offensive näher an der Außenlinie spielt. Dann würden einer 3er Kette meiner Meinung nach erhebliche Probleme entstehen! Die gegnerische Ausrichtung ist also bei einer 3er Kette von entscheidender Bedeutung, sofern man nicht auf Ball-/Gegnerkontrolle aus ist, sonern eher einen defensiv orientierten Ansatz verfolgt!

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BigK 15. August 2012 um 01:23

Die Dreierkette ist eine interessante Variation und sollte von Spitzenmannschaften auch als Variation öfters eingesetzt werden. Ich denke, dass eine ähnliche Formation wie ManCity sie praktizierte bspw. gegen den BVB mit den offensiven AVs sehr wirksam wäre. Bayern sollte es doch eigentlich hinkriegen bei Bedarf auf Dreierkette umschalten zu können.
Was denkt ihr?

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Flowbama 14. August 2012 um 19:52

„während Milner kein Flügelstürmer ist, aber auch im defensiven Zentrum nicht zur internationalen Klasse gehört“

Wie kommst du auf diese Einschätzung?

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RM 14. August 2012 um 22:24

Im defensiven Zentrum, als offensiverer oder defensiverer Teil einer Doppelsechs, tut er dies meiner Meinung nach nicht. Auf anderen Positionen ebenso nicht.

Als alleiniger Sechser fehlt ihm die Rustikalität, Defensivzweikampfstärke und/oder handlungsschnelle Antizipation, um (obere) internationale Klasse darzustellen.

Als defensiver Achter ist es möglich, allerdings vom Partner und der Spielausrichtung abhängig, ob er diese darstellt – sein Passspiel ist solide, seine Fähigkeiten im Dribbling ebenso und auch in puncto Spielgestaltung müsste er kreativer und konstanter in seiner Einflussnahme sein, um diese Position auf höchstem Niveau zu bekleiden. Ein großes Plus ist sein Aktionsradius und seine Intelligenz, dank seiner Allroundfähigkeiten kann er – wie gesagt – als role-player oder bei idealer Einsetzung durchaus höchsten Ansprüchen genügen.

Ist dies bei City im defensiven Mittelfeld mit Silva/Nasri (oder beiden) davor beziehungsweise neben dem klar offensiv stärkeren Yaya Touré möglich?

Als Balancegeber STATT Touré wäre es allerdings unter Umständen möglich, wenn auf eine dazu passende Ausrichtung umgestellt wird.

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Gunner89 14. August 2012 um 17:53

Endlich die Analyse zum Community Shield 🙂

War ein spannendes Spiel, hat mir bedeutend besser gefallen als FCB – BVB. Kommt es nur mir so vor oder waren im deutschen Spiel die Pässe viel schwächer gespielt?

Ich frag mich wie das 3-4-1-2 System von City aussieht, wenn alle fit sind. Ich würde so aufstellen:

Tor: ganz klar Hart

Abwehr: Hier würde sich eine 3er Kette aus Richards, Kompany, Lescott anbieten. Richards kann ja auch als IV spielen und Lescott hat auch schon mal als LV ausgeholfen, wären also imo beide für die Außenpositionen geeignet.

Mittelfeld: Yaya Toure ist gesetzt, neben ihm hat man ja jetzt 3 Möglichkeiten mit Barry, de Jong, Rodwell. Ich denke am ehesten wird Barry spielen. Links Kolarov und rechts Milner, evtl auch Zabaleta als defensiv stärkere Lösung?
Silva dann hinter den 2 Spitzen.

Sturm: Momentan ganz klar Agüero und Tevez. Die beiden scheinen sehr gut zusammen spielen zu können. Dzeko würde ich auch eher als Alternative zur Rolle von Agüero sehen.

Was meint Ihr?

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CD 14. August 2012 um 22:58

Die Frage wird sein, ob City ueberhaupt langfristig auf die 3-er Kette setzen wird. Es ist wohl eine sehr interessante Alternative, aber die beschriebenen Risiken sind nicht von der Hand zu weisen.

Falls die Aufgaben des defensiven 6-er sich nicht aendern sollten – sich also um den Umschaltspieler zu kuemmern – wuerde ich weiterhin auf De Jong setzen, da er der aggressivste ist und meiner Meinung nach auch am staerksten im direkten Duell ist.
(Muss aber auch zugeben, dass ich den Transfer von Rodwell noch nicht 100% nachvollziehen kann)

Die Frage wird nur sein, welche Aufgabe der defensive 6-er gegen ein 4-2-2-2 haben wird.

Sehe da schon gewisse Probleme in der Raumaufteilung und in der Zuteilung bzw. erkenne noch nicht die großen Vorteile gegen eine klassische 4-er Kette.

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CD 14. August 2012 um 16:26

Auf die Analyse dieses interessanten Spiels habe ich schon gewartet. Schoen, dass ihr euch auch noch dieses Spiel gewidmet habt. Ich muss sagen, dass ich die Partie nicht besser analysieren koennte 🙂

Leider fehlt mir die Struktur ein bisschen. Ein paar Ueberschriften fuer die einzelne Absaetze waeren beim Lesen sehr hilfreich.

Freue mich auf jeden Fall schon auf den ersten Spieltag der PL. Glaubst du, dass City auch dort mit einer 3-er Kette spielen wird?
Gegen Southampton wird das Risiko wohl ueberschaubar sein – auch wenn ich die Mannschaft nicht wirklich kenne^^

mfg

CD

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Gunner89 14. August 2012 um 17:56

Southhampton spielt normalerweise glaub ich ein flaches 4-4-2. Eig. ein System gegen die eine 3er Abwehr Probleme kriegen könnte. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass die Aufsteiger in einem 4-5-1 spielen, dann würde sich das 3-4-1-2 ja wieder anbieten oder?

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RM 14. August 2012 um 18:03

nicht unbedingt – Guardiola stellte ja bevorzugt gegen Zwei-Stürmer-Systeme auf Dreierkette um. Man hat in der Mitte einen freien Mann, die beiden Innenverteidiger nehmen einen Stürmer und die Außenspieler der Mittelfeldkette kümmern sich um die gegnerischen Außenmittelfeldspieler. Das Problem ist aber, dass das 3-4-1-2 in der Offensive zu eng sein könnte, um auch noch die Außenverteidiger zu denken; allerdings ist dies über das Kollektiv lösbar.

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