Diagonale Breitenbesetzung als Schlüssel? – MX

0:1

Borussia Dortmund tat sich lange schwer gegen Rot-Weiss Essen. Am Ende mühte sich das Team von Niko Kovač zu einem 1:0-Sieg. Warum bereitete die Partie so viele Probleme?

Die Heimelf von der Hafenstraße postierte sich unter Trainer Uwe Koschinat in einer 5-2-3-Grundformation. Jakob Golz stand zwischen den Pfosten, davor Schultz in der Mitte, daneben Kraulich und Alonso als Halbverteidiger. In der Breite besetzten Brumme und Hofmann die Schienenspielerpositionen, dazwischen agierten Gjasula und Moustier auf der Acht. Mizuta und Safi übernahmen die Flügel, während Arslan in der Spitze spielte.

Der klare Favorit aus Dortmund trat in einer 3-5-2-Grundformation an. Kobel hütete das Tor, Anton agierte als zentraler Innenverteidiger, flankiert von Bensebaini und Mané. Im Mittelfeld spielte Sabitzer als zentraler Achter, halbräumig Nmecha und Groß. Auf den Flügeln besetzten Couto und Svensson die Breite. In der Sturmspitze bildeten Beier und Guirassy ein Duo.

Die Grundformationen

Essen im 5-1-3-1-Mittelfeldpressing

Wie zu erwarten, formierte sich der Underdog hauptsächlich in einem mittleren Block. Dabei agierte Moustier, anders als in der Grundformation, als Zehner zwischen Mizuta und Safi in der zweiten Pressinglinie.

Das Anlaufen von Arslan in der ersten Pressinglinie war dabei eher anspielstationorientiert statt aktiv anpressend auf den Ballführenden. Er versuchte vor allem, beim Ballspiel der Halbverteidiger den Querpassweg in die Breite zu isolieren und dadurch auch der zweiten Pressinglinie in der Horizontalanordnung etwas mehr Ballorientierung zu gewähren. Grundsätzlich zeigte Arslan jedoch eine gewisse Ambivalenz in seiner Orientierung: Bewegte sich der Dortmunder Sechser Sabitzer – eigentlich von Moustier mannorientiert markiert – tiefer, nahm ihn phasenweise auch Arslan auf. Insgesamt gewährte man der ersten Aufbaulinie Dortmunds aber sehr viel Raum und Zeit, insbesondere die Halbverteidiger konnten in der Anfangsphase mehrfach weiträumig andribbeln.

Die Anspielstationenorientierung der ersten Pressinglinie bedingt natürlich, dass der Zugriff in der zweiten Pressinglinie enorm wichtig ist. Hier agierten die Außenspieler Mizuta und Safi zunächst beim Andribbeln der Halbverteidiger strukturorientiert im Halbraum, um den Passweg in die Breite bzw. das Tiefenspiel in den Zwischenraum zwischen Essens Halb- und Flügelverteidigern zu isolieren – und damit den Flügelverteidigern etwas mehr Raum für das „auf Sprung“ verteidigen gen Breite. Diese Strukturorientierung im Halbraum der Essener Flügelspieler bedeutete jedoch zugleich, dass man stets einen gewissen Raum- und Zeitnachteil hatte, wenn man aus der Halbraumposition auf den direkten Gegenspieler in die Breite schieben musste. Zudem ergab sich aus der halbräumigen Strukturorientierung ein relativ horizontaler Pressingwinkel in die Breite – die Gefahr des Überdribbelns war entsprechend groß.

Das Dortmunder Hauptproblem in der Anfangsphase war, dass man gerade über die fokussierte rechte Seite mit Flügelverteidiger Couto diesen potenziellen Vorteil nicht nutzen konnte. Das Tempo im Aufdrehen beziehungsweise im Dribbling war schlichtweg zu gering, sodass Mizuta nicht überdribbelt werden konnte und den direkten Zweikampf suchte. Diskutieren ließe sich zudem, ob Mané den Pass zu spät spielte (wie Couto mehrfach andeutete). Dadurch konnte Mizuta bereits im Andribbeln Manés seine Höhe leicht anpassen und so auch den Pressingwinkel günstiger stellen. Insgesamt war das Tempo Dortmunds in den Diagonalbällen der Halbverteidiger in die Breite schlichtweg zu gering.

Seitenorientierte Asymmetrie

Ein Teil der Dortmunder Progressionsprobleme in der Anfangsphase lag auch daran, wie Essen Rückpässe vorbereitete. Stürmer Arslan verfolgte unterstützende Bewegungen von Halbverteidiger Mané, nachdem dieser in die Breite gespielt hatte. Gleichzeitig agierte Safi auf der ballfernen Seite mannorientiert gegen den Dortmunder Halbverteidiger Bensebaini. Dadurch musste Dortmund meist über den zentralen Innenverteidiger Anton den drucklösenden Rückpass suchen. Um sich aus dem Deckungsschatten des ballnah orientierten Arslan freizulaufen, musste Anton jedoch weit in Ballnähe geschoben werden. Das schwächte die Verbindung auf die ballferne Seite und damit auch die raumgreifende Wirkung der Dreierkette erheblich.

Essen im 5-1-3-1-Mittelfeldpressing

Das Ergebnis: Das Tempo der Verlagerungen nach Rückpässen, wenn man sich in der Breite festgespielt hatte, war ebenfalls sehr gering. Insbesondere Safi lief Bensebaini in diesen Mustern extrem aggressiv und direkt an, wodurch dieser Probleme in der progressiven Ballverarbeitung hatte.

Ehrlich gesagt hatte ich in den ersten Minuten die Sorge, dass die Schienenspieler des BVB im Laufe der Anfangsphase schlichtweg höher agieren und Dortmund so direkt die Flügelspieler Essens überspielen könnte, um anschließend ein 2-gegen-1 gegen den RWE-Flügelverteidiger zu erzeugen. Zumal die Dortmunder Achter Nmecha und Groß durchaus das Profil besitzen, mit Diagonalläufen in die Breite Tiefe zu schaffen. Diese Sorge entkräftete sich jedoch relativ schnell: Zwar deuteten Groß und Nmecha solche Läufe mehrfach an, führten sie aber im Timing viel zu spät aus – in Momenten, als Couto und Svensson bereits im direkten Zweikampf mit den Essener Flügelspielern standen und der Diagonalpass durch den Pressingwinkel ohnehin isoliert war. Dieses fehlende Timing wiederum ermöglichte es den Essener Halbverteidigern, die Dortmunder Achter in diesen Szenen mannorientiert aufzunehmen.

Das erwies sich als essenziell, denn es kam durchaus vor, dass die Essener Flügelspieler überspielt wurden. Durch die vorbereitende, „auf Sprung“ agierende Verteidigung und die Übernahme der Dortmunder Halbraumachter durch die Halbverteidiger konnten die Flügelverteidiger in diesen Kippmustern jedoch schlichtweg statt der Flügelspieler auf die Dortmunder Schienenspieler herausrücken. Folglich entstanden für Dortmund daraus nur geringe Vorteile.

Die Rolle der hybriden Sechs

Schon bei der Club-WM war zu sehen, dass Borussia Dortmund häufig den Diagonalpass vom Schienenspieler ins Zentrum suchte. Für dieses Wandspiel hatte man unter anderem Beier als hängende Spitze verpflichtet. Auch gegen Essen bot der deutsche Stürmer immer wieder Abkippbewegungen aus der letzten Linie in den Zwischenlinienraum an. Gegen andere Gegner konnte Beier damit regelmäßig Halbverteidiger herausziehen und tendenziell Räume in der Tiefe für Guirassy öffnen – gerade gegen tiefere Blocks zeigte sich dieses Muster, also eigentlich auch gegen Teams wie RWE.

Gjasulas Verfolgen; Brummes Herausverteidigen

Gegen Essen funktionierte dieses Mittel in der Anfangsphase jedoch kaum – vor allem wegen Sechser Gjasula. Grundsätzlich könnte man das 5-1-3-1 von RWE auch als 5-4-1 bezeichnen, doch durch die bewusst tiefe Position zwischen Abwehr- und Mittelfeldreihe habe ich mich für die erste Variante entschieden. Gjasula agierte beim Dortmunder Ballbesitz meist tiefer, weil er Abkippbewegungen von Beier oder teils auch von Guirassy mannorientiert übernahm und so seine Abwehrreihe entlastete, die dadurch keine Räume in der Tiefe öffnete. Gleichzeitig schob der Sechser, wenn der Ball auf die Seite ging, weit ballnah heraus, um den Diagonalpass vom Schienenspieler in den Zwischenlinienraum auf die Stürmer zu unterbinden. Dadurch fand Dortmund kaum Wege ins Zentrum.

Grundsätzlich hatte der Sechser nur dann kleinere Probleme, wenn Dortmund die abkippenden Stürmer unter Druck anspielte und er den Zweikampf suchte beziehungsweise durchpresste. In solchen Situationen konnten Guirassy oder Beier den Ball zwar annehmen und meist auch einen Rückpass sichern. Ein wirklich progressiver Ballvortrag entstand daraus jedoch kaum, da beide Stürmer selten Dribblings aus dem Druck heraus suchten, sondern überwiegend drucklösende Rückpässe spielten.

Höhenbesetzung als Allheilmittel?

Relativ früh im Spiel zeigte sich, dass Dortmund reagierte: Felix Nmecha rotierte mit Svensson, sodass der nominelle Achter nun stärker in der linken Breite agierte – eine direkte Reaktion auf das zuvor diskutierte Tempo-Problem. Insgesamt agierten die Borussen nun höher und direkter, wodurch die Essener Flügelverteidiger die Breitengeber mannorientiert markierten, da ihre Flügelspieler der Dortmunder Höhe nicht folgen konnten. Auf der linken Seite hatte Dortmund nun einen guten 1‑gegen‑1-Spieler in der Breite und konnte daraus Dynamikvorteile ziehen; mehrfach setzte Nmecha Akzente im Dribbling gegen Hofmann. Das Hauptproblem: Anders als Brumme auf der anderen Seite verteidigte er in der Grundposition kaum „auf Sprung“ und musste erst beim Ballspiel herausrücken. Der zu überbrückende Weg war damit zu lang, was Nmecha einen Vorteil im 1-gegen-1 verschaffte.

Durch die Mannorientierung der Dortmunder Schienenspieler durch die Essener Flügelverteidiger rückten die Essener Flügelspieler im 5‑1‑3‑1 nun ebenfalls mannorientiert auf die Dortmunder Halbverteidiger auf. Dadurch erhöhte sich durch Dortmunds Höhenanpassung indirekt der Druck auf die eigene Aufbaulinie. Allerdings agierten die Flügelspieler nur passiv und nicht mit großer Intensität, da sie in der halbräumigen Grundposition darauf bedacht waren, den Ball über den diagonalen Pressingwinkel eher in die Breite oder in 1‑gegen‑1-Situationen zu lenken.

Neben dem 1‑gegen‑1-Problem Hofmanns entstand für RWE zunehmend ein weiteres Problem: Dortmund verstand immer besser, dass Tiefenöffnungen nur erzeugt werden können, indem einerseits der Spieler gebunden wird, der Abkippbewegungen übernehmen soll, und andererseits die Tiefenbinder – die Halbverteidiger – herausgezogen werden. Bisher kippte Dortmund nur isoliert mit einzelnen Spielern ab, was Gjasula gut auffangen konnte. Indessen sah man jedoch zunehmend synchrone Abkippbewegungen oder eine gezielte Bindung durch Gjasula. Dies führte bei den Essener Halbverteidigern zu wachsenden Entscheidungsproblemen: Soll man die Wege herausverteidigen und damit die Tiefe öffnen, oder die Abkippbewegungen nicht verfolgen?

Dortmund zieht die Tiefe frei

Beier bewegte sich nun strukturell immer wieder tief in den Zwischenlinienraum und band dadurch Gjasula. Gleichzeitig kippte ein Achter – je nach Rotation Nmecha oder Svensson – diagonal in die Breite, wodurch der rechte Halbverteidiger Alonso intuitiv diesen Weg mitging und so die Tiefe öffnete, die Dortmund immer wieder über Halbverteidiger Bensebaini bespielte. Dabei zeigte Dortmund leichte Probleme im Tiefenspiel: Einerseits ließ man den Schienenspieler in der Breite durchschieben, andererseits bewegte sich Stürmer Guirassy ebenfalls tief in den Halbraum. So kam es teils zu unbewussten „Pärchenbildungen“, die den offenen Raum wieder verengten, sodass nur wenig Dynamik entstand.

Tendenziell erzeugte das dennoch eine gewisse Gefährlichkeit seitens Dortmund. In diesen Szenen hätte man sich gewünscht, dass Moustier sich etwas tiefer fallen lässt, sodass ein 5‑2‑3 entstünde und er sich zudem ballnäher bewegen würde. So hätte er die strukturell angelegten Abkippbewegungen wie die von Beier markieren und Gjasula die dynamischen Bewegungen der Achter in die Breite begleiten können. Dadurch hätten die Dortmunder Halbverteidiger weniger Entscheidungsprobleme, hätten sich stärker auf die Strukturorientierung in der Fünferkette konzentrieren können und keine Räume in der Tiefe geöffnet.

Allgemein stellt sich die Frage, ob zentrale Abkippbewegungen beim Ballspiel der Dortmunder Halbverteidiger überhaupt aufgenommen werden müssen. Der diagonale Pressingwinkel, der sich durch die angepasste Rolle der Flügelspieler ergab, isolierte den Pass ins Zentrum und damit auch die abkippenden Spieler. Am Ende sind es genau diese Details, die den Qualitätsunterschied in einem Pokalspiel zwischen Bundesliga- und Drittligist ausmachen – bislang wusste der BVB diese Feinheiten jedoch kaum zu nutzen.

Zwischen dynamischer Lösungsfindung und Unsauberkeiten

Zur Mitte der ersten Halbzeit zeigte sich der BVB zwar weiterhin überlegen im Ballbesitz, die Lösungen wurden jedoch zunehmend unsauber. Eine vergleichsweise simple Variante suchte man nun häufiger: Essen rückte ballfern in der Fünferkette mit den Schienenspielern leicht ein, um die Zwischenräume kleinzuhalten. Auf der ballnahen Seite waren Schienenspieler und Halbverteidiger ohnehin weit in der Breite gebunden, entsprechend notwendig war das Einrücken. Dieses begann bereits, wenn der Dortmunder Halbverteidiger den Ball führte – also relativ früh.

Dortmund sucht die Diagonalverlagerung

Da die Dortmunder Halbverteidiger dadurch enger agierten, war der Pressingwinkel der Essener Flügelspieler auf die Halbverteidiger eher vertikal, womit die Verlagerung auf die ballferne Seite durchaus spielbar war. Vor allem Bensebaini suchte mehrfach den langen Wechsel auf Couto, während Groß diagonal in die Tiefe schob, um direkte Tiefenbindung zu erzeugen. Das Kernproblem: Die Zuspiele kamen technisch unsauber, teilweise sogar ins Aus, sodass der durch Essens Einrücken entstehende Zeitvorteil verpuffte.

Allgemein zeigte der BVB nun zunehmend dynamische Bewegungen. Vor allem Groß orientierte sich wie zuvor Nmecha diagonal in die rechte Breite und ließ sich dort immer wieder als Zwischenstück zwischen Halbverteidiger und Breitengeber fallen. Diese Abkippbewegung spielte er jedoch deutlich früher aus als Nmecha, weshalb Essen – anders als auf der linken Seite – keine intuitive Reaktion fand. Vielmehr ließ man ihm in der Breite zunächst zwangsläufig den Ball, da das Kippmuster strukturell schwer aufzufangen war: Einerseits band Dortmund durch das Fallenlassen Beiers zentral den Sechser Gjasula, sodass dieser nicht in die Breite ausschieben konnte, andererseits wurde auch Flügelverteidiger Brumme durch das sehr hohe Agieren Coutos gebunden.

Groß kippt diagonal in die Breite

Das Hauptproblem: Die Essener Flügelspieler lösten, wie bereits beschrieben, meist das Pressing auf die Halbverteidiger aus. Durch deren enge Positionierung ergab sich ein vertikaler Pressingwinkel, sodass diagonale Zuspiele nicht isoliert waren. Mané konnte daher mehrfach diagonal in die Breite auf Groß auslösen und so Mizuta überspielen. Essenziell wäre für Essen gewesen, dass die Flügelspieler entweder im Bogen von außen nach innen anlaufen, um genau diesen Pass nach außen zu isolieren, oder gar nicht anlaufen und stattdessen strukturell in der Breite fokussiert agieren.

Mizuta musste Groß nach dessen Zuspielen regelmäßig im Rückwärtspressing unter Druck setzen, was allerdings kaum effektiven Zugriff auf den nominellen Achter zur Folge hatte. Den potenziellen Vorteil nutzte Dortmund jedoch nur bedingt: Im letzten Drittel blieb das Spiel unsauber. Durch Beiers tiefe Bewegungen fehlte es dem BVB sowohl an einem klaren Tiefengeber als auch an einer konstanten Anspielstation im Zwischenlinienraum. Essen schob mit Sechser Gjasula und auch mit Achter Moustier in diesen Szenen schnell und konsequent in die eigene Hälfte zurück, sodass Dortmunds Wege ins Zentrum frühzeitig verschlossen wurden. Entsprechend wich der BVB vermehrt in die Breite ins 1-gegen-1 aus, wo viel Tempo verloren ging – insbesondere Couto tat sich hier schwer.

Problematisch war dabei auch die mangelhafte Rückraumbesetzung: Für Couto eröffneten sich kaum Anschlussoptionen, sodass ihm meist nur das Dribbling oder die Flanke blieb – beides mit sichtbar niedriger Erfolgsquote. Später zeigte Guirassy immer wieder früh und klar die Tiefe an, wenn sich Groß in diesem Muster diagonal in die Breite fallen ließ und den Ball hielt, sodass er mehrfach angespielt werden konnte. Doch auch ihm fiel die Rückraum-Problematik auf die Füße, sodass seine Aktionen letztlich kaum nachhaltig eingebunden wurden.

Benesebaini zu raumorientiert

Jene Unsauberkeit im letzten Drittel führte dazu, dass Dortmund immer wieder Ballverluste hatte, die gefährliche Essener Umschaltsituationen nach sich zogen. Besonders anfällig wirkte der BVB dabei in seiner 1-2-Restverteidigungsstruktur: Die Dreierkette mit Anton als tieferem Mittelverteidiger und den Halbverteidigern weiter vorgeschoben im Halbraum bot immer wieder Räume für schnelle Gegenstöße.

Das lag vor allem daran, dass die Dortmunder Halbverteidiger im Halbraum zunächst raumorientiert agierten und Abkippbewegungen – insbesondere von Safi – nicht konsequent verfolgten. Dadurch musste Dortmund im Essener Umschaltspiel extrem aggressiv über den Zwischenlinienraum verteidigen, wenn Safi aus dem Mittelfeld in den Raum zwischen Halbverteidiger und Achter stieß. Gerade Bensebaini offenbarte beim Herausrücken dabei mehrfach Unsauberkeiten, sodass Safi sich im direkten Duell immer wieder behaupten konnte.

Hinzu kam, dass Anton große Probleme hatte, überhaupt in die Zweikämpfe gegen Safi zu kommen, da Arslan regelmäßig zentral durchschob und den mittleren Innenverteidiger band. Die Übergabeprozesse dauerten dadurch so lange, dass Safi teilweise ungestört bis ins letzte Drittel durchdribbeln konnte. Eine Weitergabe an die Achter war ebenfalls kaum möglich, da diese im eigenen Ballbesitz sehr hoch agierten und zwischen ihnen und der Restverteidigung – gerade im Zentrum – enorme Abstände entstanden, wodurch die Übergabewege viel zu groß wurden.

Infolge ergaben sich für Rot-Weiss Essen mehrere Chancen aus Umschaltmomenten über den Zwischenlinienraum. Das Tor jedoch blieb aus.

Nach dieser Phase, in der Essen über Konter mehrfach gefährlich wurde, war zunehmend spürbar, dass bei den Hausherren Kraft und Intensität nachließen. Vor allem die Pressinghöhe sank merklich, und auch das schnelle Durchschieben beim Umschalten geschah nun langsamer. Dadurch gewann Dortmund zum Ende der ersten Halbzeit wieder deutlicher die Dominanz.

Gleichwohl blieb beim BVB das grundlegende Problem bestehen: Im letzten Drittel fehlten weiterhin Lösungen gegen den tiefen 5-2-Block. Essens Halbverteidiger verteidigten die Box sehr aufmerksam, während Gjasula und Moustier die zweiten Bälle zuverlässig sicherten und selbst Konter einleiteten. Auch Torhüter Golz trug mit einigen starken Aktionen seinen Teil dazu bei. So ging es mit einem 0:0 in die Pause.

Zweite Halbzeit

Am grundsätzlichen Kräfteverhältnis änderte sich zunächst wenig: Dortmund baute weiterhin aus einem höheren Aufbau aus dem 3-1-System auf, während Essen im 5-1-3-1 anpresste. Schnell zeigte sich jedoch die Anpassung bei Essen: Die Achter verfolgten die Abkippbewegungen der BVB-Achter nun enger, um die diagonalen Abkippbewegungen in die Breite zu unterbinden. Dies funktionierte mehrfach gut; das Tiefenspiel über breit ausgeschobene Achter wurde konsequent gestört, und auch Abkippbewegungen aus dem Sturm konnten gut isoliert werden. Gerade Guirassy wurde mehrfach von Gjasula verfolgt und damit stark eingegrenzt.

Essen startete die zweite Halbzeit stabil. Bereits in der 46. Minute entstand für Safi eine gefährliche Umschaltchance, die jedoch durch Kobels Herauslaufen vereitelt wurde. Kobel stellte sich zunehmend auf direkte lange Bälle auf Safi ein und positionierte sich höher, was für den BVB einen essenziellen Effekt hatte. Hier fehlte zeitweise etwas Ruhe im Umschalen bei RWE, wodurch die Passqualität unter der direkten vertikalen Ausrichtung litt.

Kritisch war zudem, dass Essen nicht mehr konsequent über Stürmer Arslan Rückpassoptionen zu Anton unterband. In der ersten Halbzeit hatte dies noch gut funktioniert. Nun folgte Arslan jedoch vermehrt den ballnah mitrückenden Sabitzer, um die Achter zu entlasten und deren Fokus auf die abkippenden Dortmunder zu lenken. Dies zog Arslan wiederholt aus dem Zentrum, öffnete Anton Wege zum Dribbling und ermöglichte es Guirassy, zentral im Wandspiel angespielt zu werden.

Allgemein wurde Sabitzer zu einem kritischen Faktor für Essen. Zwar wurde er von Moustier im Spielaufbau markiert, doch die Verfolgung wurde mit der Zeit unpräziser. Sabitzer konnte immer wieder angespielt werden und das Spiel über seine Position gestalten. Über ihn fand Dortmund den direkten Weg in die Breite, was den Essenern dynamische Nachteile in den 1-gegen-1-Duellen verschaffte.

Auch die Verfolgungsbewegungen der Halbverteidiger – etwa Alonso auf Beier oder MIV Schultz auf Guirassy – wurden zunehmend kraftbedingt ungenauer. Anspielmöglichkeiten in den Druck wurden häufiger möglich, sodass Dortmund die Verteidigungslinie Essens besser bearbeiten konnte. Das Kernproblem lag jedoch in den Folgebwegungen: Gerade im Halbraum fehlte Unterstützung in der Breite, da die Achter oft ausweichen und der Doppelsturm insgesamt zu weit auseinanderklaffte. Aufdrehbewegungen der Stürmer in diesen Szenen fehlten lange. Erst in der 79. Minute drehte sich Guirassy nach einem Wandspiel auf, suchte den Abschluss und erzielte so auch das 1:0 für den BVB.

Grundsätzlich wurde trotz der insgesamt gut verteidigenden Essener der Klassenunterschied deutlich, insbesondere hinsichtlich Fitness und Kraft beim Verfolgen und Herausverteidigen. Folgerichtig fiel der Führungstreffer für Dortmund.

Fazit

Das Spiel ist gewonnen, Dortmund ist weiter. Dennoch bleibt ein Fragezeichen hinter dem „Erfolg“ – möglicherweise auch hinter der gruppentaktischen Ausrichtung des BVB. Rot-Weiss Essen hat es Dortmund über weite Strecken sehr schwer gemacht, nicht zuletzt, weil man sich gut auf das Ballbesitzspiel der Dortmunder vorbereitet zeigte, insbesondere auf diagonalen Kippbewegungen und Abkippmuster. Das Kernproblem aus BVB-Sicht: RWE ist kein Gradmesser für einen Top-Bundesligisten. Natürlich handelt es sich um die 1. Pokalrunde, aber dennoch sind noch Schritte notwendig – ein aussagekräftiger Gradmesser könnte bereits der 1. Spieltag gegen St. Pauli sein.

Essen scheitert nach sehr guten 45 Minuten und weiteren befriedigenden 45 Minuten an den Dortmundern. Der defensiv ausgerichtete Plan funktionierte weitgehend gut und brachte in der Summe auch vielversprechende Konterchancen hervor. Diese Szenen lassen sich als das „was wäre, wenn“ des Spiels interpretieren: Was wäre passiert, wenn Safi mindestens ein Tor gemacht hätte? Dann wäre der Montagabend vielleicht ein magischer aus der Sicht von RWE geworden. (Und holladiewaldfee, Safi mit einem besseren Abschluss ist ein Spieler à la Arjen Robben – schnell, torgefährlich, invers eindribbelnd und gerade im Umschalten bzw. im Antritt extrem schwer zu kontrollieren. Von ihm könnte man bald noch mehr hören.)

Kleine Vorschau: Eine Teamanalyse zu Dortmund ist aktuell von der NG in Arbeit!

MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst. 

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