Kurz-Ausgeführt: Koeman vs Pochettino
Southampton empfing Tottenham. In dieser Partie gab es somit zwei kontinentale Trainer zu sehen, welche sich in England bereits ein hohes Standing erarbeitet haben. Wie würde das Spiel zwischen ihnen enden?
Britisches 4-4-2 ohne typische britische Schwächen
Beide Mannschaften starteten im 4-4-1-1/4-4-2 gegen den Ball. Diese Formation gilt als typisch britisch und veraltet. Allerdings hängt es immer von der Interpretation der Formation ab, ob sie als modern oder erfolgreich einzuschätzen ist. Auch extrem interessante Mannschaften wie Atlético Madrid oder Bayer Leverkusen nutzen ein 4-4-2 bzw. Varianten eines 4-4-2 gegen den Ball, unterschieden sich aber damit von den meisten Mannschaften. Southampton und Tottenham sind natürlich nicht so extrem wie z.B. Bayer, dennoch ist ihr 4-4-2 keineswegs als ‚schwach‘ zu bezeichnen.
Southampton hatte ein 4-4-1-1, in welchem Mané sich in den Sechserraum Tottenhams orientierte und Pellé aus einer höheren Position die Innenverteidiger anlief. Mané unterstützte ihn allerdings von halblinks aus und ließ sich gelegentlich auch zurückfallen, wodurch 4-1-4-1hafte Staffelungen entstehen konnten. Die Flügelstürmer Southamptons wiederum schoben ebenfalls situativ unterstützend nach vorne.
Im Normalfall geschah dies, wenn Tottenham den Sechser nach hinten abkippen ließ und mit diesem als Dreierreihe den Ball in der ersten Linie zirkulierte. Dann schob ballnah einer der Flügelstürmer Southamptons nach vorne und presste den Halbverteidiger, während die restlichen Mittelfeldspieler in die entstandene Lücke verschoben. Im tieferen Pressing war es aber ein relativ klares 4-4-1-1.
Tottenham agierte ähnlich. Eriksen übernahm gegen den Ball eine ähnliche Rolle wie Mané bei Southampton, obgleich Eriksen in Ballbesitz deutlich stärker auf den Flügeln aktiv war und insgesamt spielmachender agierte. Chadli und Lamela besetzten die Außenbahnen, Mason und Bentaleb das Mittelfeldzentrum.
Sowohl die Saints als auch die Spurs waren aber einigermaßen kompakt, vertikal wie horizontal. Sie verschoben intelligent zum Ball, ließen kaum Räume offen und hatten solide gruppentaktische Bewegungen in einer gut angelegten Raumdeckung mit einzelnen, situativen Mannorientierungen und herausrückenden Bewegungen. Dies ist der Grund, wieso sie sich vom „typisch britischen 4-4-2“ unterscheiden. Und es war auch die Ursache, wieso sich beide Mannschaften im Spiel mit dem Ball schwer taten.
Viele lange Bälle aus den ersten zwei Aufbaulinien
Prinzipiell schienen beide Teams um ein geduldiges, konstruktives Aufbauspiel bemüht. Sie ließen den Ball in den ersten Reihen laufen, suchten nach Möglichkeiten mit Flachpässen aufzurücken und ihre Offensivspieler – insbesondere die einrückenden Flügelstürmer und die hängende Spitze – ins Spiel einzubinden. Die Verbindungen in diese Zonen waren aber nicht erfolgsstabil. Auch Spurs‘ Abkippen Bentalebs – oder dessen gute Ballbehauptungen unter Druck – halfen nicht dabei, dass man über die Mitte nach vorne spielen konnte.
Southampton versperrte mit den guten herausrückenden Bewegungen und den 4-1-4-1 oder gar 4-1-3-2-Ansätzen die Mitte gut. Tottenham wurde oft auf den Flügel geschoben, von wo sie aus nur unzureichend nach vorne kamen und sich häufiger auf Einzelaktionen des einrückenden Lamela oder Eriksens verlassen mussten.
Ähnliches war bei den Saints in der Offensive jedoch auch der Fall. Tottenham stand stabil und kompakt in der Mitte, weswegen viel über die Seite gehen musste. Auf beiden Seiten gab es Probleme in der Zwischenlinienraumbesetzung, wobei es teilweise beabsichtigt wirkte. Besonders nach der Anfangsphase gab es bei Southampton eine enorme Zahl an langen Bällen direkt in die Spitze.
Diese wirkten gut organisiert. Pellè besetzte die letzte Linie und fungierte als Zielspieler, Mané lief in offene Räume oder attackierte die zweiten Bälle, die Flügelstürmer rückten ebenfalls unterstützend für die zweiten Bälle ein. Beim ersten Tor Southamptons ging ein starker Lauf Manés voraus, obwohl sowohl das 1:0 als auch das 2:1 für Southampton die Folge von Slapstickeinlagen der Londoner Abwehrreihe waren.
Auch Tottenham hatte einige lange Bälle, obgleich diese etwas unpassender organisiert waren. In der zweiten Hälfte veränderte sich das Spiel jedoch diesbezüglich.
Tiefere Abwehrlinien mit ambivalenten Konsequenzen
Nach dem Seitenwechsel gab es auf beiden Seiten häufiger längere Phasen mit einer tiefen Abwehrlinie, besonders Southampton zog sich oftmals passiv bis ins eigene Drittel zurück und überließ dem Gegner viel Raum. Das könnte einerseits eine aus Erschöpfungsgründen motivierte Umstellung oder auch rein taktisch bedingt gewesen sein. Mit der tieferen Abwehrlinie hatte der Gegner weniger Möglichkeiten für direkte lange Bälle, auf beiden Seiten gab es die zuvor öfters.
Tottenham profitierte aber davon. Ihre langen Bälle waren ohnehin weniger effizient gewesen. Durch die tiefere Ausrichtung der Saints hatten die Spurs nun mehr Raum und standen in eigenem Ballbesitz höher, was ihnen dabei half ihre Offensivspieler besser einzubinden. Lamela kam u.a. besser ins Spiel, obgleich Southampton nach wie vor kompakt und gut organisiert verteidigte.
Fazit
Dank der Fehler Tottenhams in der Abwehr sowie einiger weniger, gelungener Angriffe ging ein knappes Spiel letztlich 2:2 aus. Beide Mannschaften zeigten starke Leistungen gegen den Ball, wobei Southampton hier eine Spur überlegener schien. Andererseits besitzt Tottenham mit Eriksen, Kane und Lamela drei Spieler vorne, die mit ihren starken Fähigkeiten am Ball und auch ohne Ball Räume öffnen und Vorteile kreieren können. Insofern geht das Unentschieden in Ordnung.
Keine Kommentare vorhanden Alle anzeigen