Manchester United mit Rückschritt in Stoke City
In einer unansehnlichen Partie zerschellt Uniteds versuchtes Ballbesitzspiel zuerst an der tiefen Formation Stokes und in der zweiten Halbzeit an einer betont höheren Ausrichtung. Van Gaals Mannschaft darf sich über den Punkt in der Fremde glücklich schätzen.
Stokes Ausrichtung sorgt für eine unschöne Partie
Stoke gilt schon seit Jahren für viele als Paradebeispiel für das moderne „Kick and Rush“ in der englischen Liga und eine sehr simple Ausrichtung mit und gegen den Ball. Unter Pulis haben sie sich vor Jahren diesen Ruf erworben, auch wenn sie unter Pulis durchaus eine in diesem Rahmen starke und funktionierende Organisation hatten. Die Struktur war strategisch deutlich hochwertiger und die taktische Umsetzung sauberer. Gegen United waren sie in diesem Spiel unter Mark Hughes deutlich unsauberer und strategisch schwächer, erzeugten aber einen sehr unangenehmen Rhythmus für die Red Devils.
Vereinzelt versuchte Stoke in einem höheren Pressing zu agieren. Allerdings ist der Begriff „Pressing“ hierbei etwas übertrieben. Stoke stand schlichtweg ein paar Mal bei tieferem Aufbauspiel Uniteds mit den Stürmern im 4-4-2-0 knapp vor der Mittellinie im gegnerischen Sechserraum, die Flügelstürmer schoben zusätzlich vereinzelt vor und es entstand eine 4-2-4-0-Staffelung. Diese war jedoch ziemlich passiv und konnte von United meistens mühelos umspielt werden.
Schon hier wurde aber die enorme und auch sehr weiträumige Manndeckung Stokes auffällig. Die Innen- und Außenverteidiger verfolgten die beiden Stürmer Uniteds teilweise bis ins Mittelfeld, Rooney und Mata wurden von den beiden Sechsern häufig bedrängt und die Flügelstürmer gingen mit Uniteds Flügelverteidigern entlang der Vertikale mit. Fast durchgehend standen die Flügelstürmer dadurch auf einer Linie mit den Innenverteidigern. In einer Situation waren die beiden Flügelstürmer sogar die tiefstehendsten Spieler Stokes, weil die Viererkette sich in der Mitte nach vorne bewegt hatte.
Im tieferen Pressing entstanden somit zahlreiche 6-2-2- und 6-2-1-Formationen. Die Abwehrreihe Uniteds und Carrick wurden nicht fix manngedeckt, doch sie wurden von den beiden Stürmern Stokes situativ nach Rückpässen angelaufen. Diouf ließ sich desweiteren einige Male ins Mittelfeld zurückfallen, um die enormen Löcher dort zu schließen. Diese offenen Räume im zweiten Drittel waren nämlich verantwortlich für Uniteds enorme Dominanz, doch die Mannschaft von Louis van Gaal hatte Probleme sich gegen die Manndeckungen Stokes zu behaupten.
Mangelnde Mechanismen zur Raumöffnung und –bespielung
Wirklich stabilen Ballbesitz hatte United meist nur in der ersten Linie. Die drei Verteidiger und Carrick auf der Sechs standen frei und konnten den Ball laufen lassen, doch sobald es ins zweite Drittel gehen sollte, tat sich United schwer. Rooney und Mata wurden von den Sechsern gut abgedeckt, die zwei Mittelstürmer mussten sich gegen die gegnerische Viererkette behaupten und die tiefe Ausrichtung der Flügelstürmer tat ihr Übriges dazu. Nach dem Ausgleich – passenderweise durch einen etwas glücklichen Standard – und der Halbzeitpause presste Stoke allerdings wieder etwas höher und legte Uniteds Mangel an Mechanismen noch stärker auf.
Das situative Herausrücken des ballnahen Flügelstürmers Stokes auf den Halbverteidiger Uniteds am Ball sorgte dafür, dass United noch weniger ins zweite Drittel kam und die erste Linie im Aufbauspiel öfter unter Druck geriet. Die Strukturen im Bewegungsspiel sind bei United noch nicht ausgereift, auch wenn einzelne weit zurückfallende Bewegungen der Mittelstürmer Potenzial auswiesen. Dennoch fehlt es United am Öffnen von Räumen und den passenden Staffelungen.
Nach Pässen auf unter Druck stehende Spieler, welche es durch die Manndeckungen Stokes fast überall gab, müssten sich die anderen Akteure normalerweise sofort bewegen. Ballfern und ballnah sollen Räume geöffnet werden, die Zone des Passempfängers überladen oder zumindest so besetzt werden, dass eine sofortige Ablage möglich ist. Das ist natürlich die hohe Kunst des Fußballs, wie sie es die Bayern aktuell praktizieren, doch um gegen solche Mannschaften zu gewinnen, werden gewisse Abläufe und Strukturen im Offensivspiel schlichtweg benötigt.
United kontrollierte nach dem frühen Rückstand zwar das Spiel und den Raum, erzeugte aber kaum Durchschlagskraft. Nach der Halbzeit und dem wieder höheren Pressings Stokes wurde United jedoch instabil und verlor die Spielkontrolle. Stoke verhinderte Chancen für van Gaals Mannschaft und erspielte sich nach Balleroberungen selbst ein paar gute Möglichkeiten. Deswegen musste der niederländische Startrainer umstellen.
Herrera und Januzaj für mehr Präsenz im Kombinationsspiel?
Nach gut einer Stunde wechselte van Gaal. Für Shaw und Falcao kamen mit Herrera und Januzaj zwei Akteure, die etwas kombinationsorientierter und in engen Räumen pressingresistenter sind. Herrera übernahm Rooneys Position im Mittelfeld auf der Doppelacht im 3-1-4-2. Rooney wiederum ging in das Sturmzentrum und sollte wohl auch mehr Verbindungen im Zwischenlinienraum geben als der zwar bemühte, aber glücklose und technisch häufig unsaubere Falcao. Januzaj spielte überraschend als linker Flügelverteidiger, interpretierte diese Rolle aber eher geradlinig und nicht wie ein falscher Flügelverteidiger, obgleich eine solche Spielweise womöglich interessante Probleme für Stoke gebracht hätte.
Die Einwechslungen sollten sich aber nicht wirklich lohnen. Januzajs und Herreras Einbindung war ebenso problematisch wie ihrer Vorgänger auf den Positionen, obgleich beide je einen schönen Pass spielen konnten – was aber bekanntlich kein allzu berauschender Output ist. Die Probleme wurden durch die Veränderungen im Mittelfeld nicht bereinigt, weil Untied nach wie vor unter der Unterzahl im zweiten Drittel und dem durchgehenden individuellen Zugriff Stokes durch die Mannorientierungen litt.
Desweiteren waren neben den Bewegungen im Aufbauspiel auch die Fähigkeiten der Halbverteidiger problematisch. Evans konzentrierte sich auf sehr sichere und saubere sowie einzelne lange Pässe, Smalling ließ jegliche Kreativität und strategische Entscheidungsfindung vermissen, während Jones zwar stabil, aber nicht allzu besonders spielte. Carrick konnte durch die Bewegungen der beiden Stürmer Stokes ebenso kaum eingebunden werden und Mata war in seinen Aktionen zu vertikal, was zu einzelnen raumgewinnenden Pässen führte, diese aber einfach in bedrängten und/oder isolierten Situationen endeten.
In der Schlussphase gab es dann noch eine etwas verstärkte Nutzung von Flanken und Rooney agierte teilweise sehr ausweichend bis auf die Flügel, die nötige Anbindung des Mittelfelds an den Angriff und die generelle Präsenz im gegnerischen Strafraum fehlte United trotzdem. Stokes sehr unangenehme Spielweise hatte ihr Ziel letztlich erfüllt.
Fazit
Eine Ecke auf Crouch, der auf Shawcross ablegte und dieser traf, brachte schon in der zweiten Minute die Führung für Stoke. Diese zogen sich daraufhin weit zurück, agierten sehr passiv und spielten weitestgehend in einem 6-2-2-0/6-2-1-1. United tat sich in Ermangelung der passenden Mechanismen sowie natürlich dem unangenehmen Rhythmus dieser sehr flachen, sehr mannorientierten und sehr kompakten Formation sichtlich schwer. Es war ein Standard in einem ansonsten chancenarmen Spiel, welcher den Ausgleich brachte. Insgesamt gab es in dieser Partie nur 16 Schüsse, davon 10 für Stoke, die zwar unästhetisch spielten, sich aber über neunzig Minuten wohl trotzdem die drei Punkte eher verdient hätten. Van Gaals Wechsel brachten keinen Umschwung und in der zweiten Halbzeit verlor United sogar Ball- und Raumkontrolle, als Stoke wieder höher presste. Ein klarer Rückschritt für Manchester United und van Gaal.
2 Kommentare Alle anzeigen
talib 5. Januar 2015 um 16:58
Habt ihr eigentlich eine Meinung zu Glenn Whelan? Mir ist er das erste Mal in Pulis‘ System aufgefallen, wo er mich mit seiner Disziplin im Defensivspiel überzeugt hat. Er hat eine gute Raum-Orientierung bei Ballbesitz des Gegners und kann gefährliche Lücken schnell erkennen und zustellen. Ich erinnere mich auch an das Spiel Deutschland gegen Irland in der WM Qualifikation für 2014, wo er auf dem rechten Flügel agierte und ein gutes Spiel absolvierte.
Dr. Acula 1. Januar 2015 um 19:08
im hintergrund der sir alex ferguson serie kann ich nur fragen: was hätte der Sir heute gemacht? ;-))