Arsenal FC – Liverpool FC 2:0

Arsenal gegen Liverpool heißt das Spitzenduell der englischen Premier League an diesem Spieltag. Beide Mannschaften konnten in dieser Saison – für viele etwas überraschend – konstant überzeugen. Während Brendan Rodgers seine Mannschaft mit einer Vielzahl intelligenter Neuzugänge (Coutinho und Sturridge bereits im Winter, dazu Kolo Touré und Aly Cissokho im Sommer) aufpolierte, so hat Arsene Wenger bei Arsenal lediglich zwei wirkliche Neuzugänge getätigt, nämlich Mathieu Flamini und natürlich Mesut Özil. Dieser spielte wie üblich eine wichtige Rolle in den Offensivbewegungen Arsenals.

Arsenals Flexibilität im Bewegungsspiel

Obwohl Liverpool hoch und aggressiv presste, konnte Arsenal den Ball zirkulieren lassen und hatte deutlich mehr vom Spiel. Die Ursache war dabei die Bewegung im Mittelfeldraum. In der ersten Halbzeit konnte Arsenal trotz des frühen 1:0 und einer nur marginal besseren Passquote beeindruckende 60% Ballbesitz trotz des gegnerischen Pressings verbuchen. Die Offensive fand dabei fast durchgehend offene Räume und bespielte die Schnittstellen im Mittelfeld sowie das Loch hinter Liverpools beiden Stürmern im 3-5-2/3-1-4-2 sehr gut.

Grundformationen zu Spielbeginn

Grundformationen zu Spielbeginn

Arteta bot sich entlang des defensiven Zwischenlinienraums an, suchte dabei die offenen Räume und stand nicht nur auf der zentralen Position herum. Dazu gesellte sich Aaron Ramsey, der sich wie üblich enorm aktiv zeigte: Er lief sich in den Halbräumen frei, er ging in die Mitte, wenn Arteta auswich und im Offensivspiel ging er ebenfalls weite Wege, bot sich für die Flügel an oder fungierte als dynamische Anspielstation. Manchmal wirkte es sogar wie ein 4-1-4-1/2-1-6-1 bei Arsenal im Offensivspiel, denn Ramsey, Rosicky, Cazorla und Özil stellten immer wieder Engen her und tauschten die Positionen.

So rückte Cazorla nahezu immer von linksaußen in den linken offensiven Halbraum, während Rosicky sich mit diagonalen Bewegungen nach hinten in die Mitte bewegte; Özil war dabei mit Ramsey der Balancegeber und im Verbund sorgten sie dafür, dass die Verteidiger und Arteta sowie das Mittelfeld selbst immer Anspielstationen hatte. Dadurch konnte Liverpool trotz des eigentlich hoch angelegten Pressings kaum Bälle weit vorne erobern, sondern musste Arsenal den Raum von der Mittellinie bis 25 Meter vor dem eigenen Tor gewähren. Danach hatte Arsenal aber lange Zeit bzw. in bestimmten Zonen Probleme.

Arsenal kombiniert in der Mitte, muss aber auf die Flügel

Wie schon gesagt bewegte sich Arsenal im Aufbauspiel eigentlich gut nach vorne und verlor kaum gefährliche Bälle in der eigenen Hälfte. Sie konnten sich auch im Mittelfeld gut behaupten, fanden die offenen Räume durch die flexible Bewegung ihrer spielstarken und spielintelligenten Akteure, aber fanden oftmals danach keinen Pass in die Spitze. Giroud bewegte sich zwar gut, wich viel aus und zeigte generell eine gute Leistung, konnte sich aber nie wirklich in Stellung bringen, da er hoffnungslos isoliert war.

Die Mittelfeldspieler stellten zwar Engen her und konnten dadurch gut kombinieren, hatten aber mit Giroud und den Mangel an Vertikalläufen der Mittelfeldspieler kaum Anspielstationen ganz vorne. Oftmals blieben sie dann vor dem Zwischenlinienraum mit ihren Kombinationen hängen, schoben den Ball herum und konnten nur Halbchancen herausspielen oder riskierten gar Konter. Erst später kamen sie stärker über die Flügel, wo sie eine Überzahl hatten, wenn sie es richtig ausspielten.

Beim Treffer zum 1:0 war dies zum Beispiel gut zu sehen. Sie spielten den Ball von Gibbs, dem Linksverteidiger, in die Mitte und der Ball kam von dort auf den Rechtsverteidiger Sagna. Sagna konnte dann in die Mitte prallen lassen, Liverpools Cissokho war sehr hoch auf ihn herausgerückt. Zwischen Cissokho als linkem Flügelläufer und Sakho als linkem Halbverteidiger klaffte ein riesiges Loch, Rosicky rückte ein und erhielt den Ball. Sagna konnte dadurch weit nach vorne sprinten, erhielt den Ball in dem durch Cissokhos Aufrücken und Rosickys Einrücken entstandenem Loch und flankte; der eingerückte Cazorla staubte seinen eigenen Kopfball ab und traf.

Grundformationen zu Beginn der zweiten Hälfte

Grundformationen zu Beginn der zweiten Hälfte

Das war ein beispielhafter Flügelangriff, wie solche aggressiven und darum oft situativ mannorientierten Dreierkettenformationen ausgespielt werden können. Vermutlich reagierte Rodgers deswegen, doch seine Veränderung sollte nicht den erwünschten Effekt bringen.

Coutinho kommt, die Dreierkette geht

Bereits in der Halbzeit reagierte Brendon Rodgers. Er brachte Philippe Coutinho für Aly Cissokho und stellte defensiv auf eine Viererkette um, in der Mamadou Sakho als Linksverteidiger agierte. Davor sollte eine weitere Mittelfeldkette die Flügel verstärkt verteidigen und Coutinho spielte mit Henderson als einrückender Außenstürmer. Doch diese Veränderung sollte eher kontraproduktiv sein.

Letztlich hatte Arsenal eigentlich nur diesen einen guten Angriff über die Flügel gehabt und ihre Stärke lag eindeutig in den Mittelfeldkombinationen. Durch die Bewegungen des 3-5-2/3-1-4-2, durch die drei zentralen Mittelfeldspieler und die Möglichkeit der Dreierkette immer wieder nach vorne herauszurücken, hatte Liverpool eigentlich ein gutes Mittel gehabt, um Arsenals Spielweise zumindest in ihrer Effektivität abzuwürgen.

In der zweiten Halbzeit gab es dies nicht mehr. Die beiden Innenverteidiger konnten nicht mehr so nach vorne herausrücken, die Schnittstellen im Mittelfeld wiederum waren größer und Arsenals Kombinationen gingen nun deutlich öfter in den Schnittstellenraum und aus diesem in den Strafraum. Liverpool wirkte trotz der Umstellung instabiler und hatte offensiv ebenfalls keinen wirklichen Vorteil.

Mit Sakho auf links gab es einen fixen Breitengeber, mit Flanagan auf rechts hatte man keinen Spieler, der bereits auf diesem Niveau mit seinen Aktionen für größere Gefahr sorgen kann. Dadurch hatten Coutinho und Henderson Probleme bei ihren inversen und diagonalen Bewegungen, blieben sie auf dem Flügel, dann wurden sie aus den gefährlichen Zonen isoliert. Zwar bewegten sich Suarez und Sturridge nach wie vor hervorragend vorne und waren sehr aktiv, aber sie erhielten nun noch weniger Anspiele in vorderster Front und konnten sich kaum Torchancen erarbeiten.

Grundformationen zu Spielende

Grundformationen zu Spielende

Ein weiteres Problem war die Führung Arsenals. Sie konnten sich dadurch stärker auf den Umschaltmoment konzentrieren und die einrückenden Henderson und insbesondere Coutinho befanden sich in diesem mittig, wodurch sich im Umschalten wieder ein Problem für Liverpool auf den Flügeln stellte. Gibbs und Sagna sollten nun im Umschaltmoment jene Räume haben, die sie in Halbzeit 1 bei richtiger Spielweise auch im Aufbauspiel gehabt hätten.

Liverpool wurde in der Schlussphase aber stärker. Ursache dafür waren die Einwechslungen. Rodgers brachte Moses für Flanagan und schob Henderson auf die Position des Außenverteidigers. Damit wollte man die Durchschlagskraft und die Fähigkeiten in der Ballzirkulation in den Halbräumen erhöhen. Wenger reagierte darauf mit einer tieferen Formation, wodurch sie aber nicht nur den Raum, sondern auch ihre offensive Gefahr aufgaben. Zuerst wechselte er Monreal auf links ein und schob Cazorla nach rechts, kurz darauf kam Vermaelen für Gibbs und Cazorla musste Jenkinson weichen. Auf den beiden Flügeln agierten also jeweils zwei gelernte Außenverteidiger bei Arsenal in der Schlussphase, was mehr Raum für Liverpool bedeutete, aber sie konnten letztlich keine ihrer (Halb-)Chancen nutzen.

Fazit

In einem interessanten Spiel hatte Liverpool Probleme auf den Flügeln, die nur einmal wirklich bespielt wurden. Als Reaktion auf das dadurch resultierende Gegentor wurde auf Viererkette umgestellt, was aber letztlich mehr Probleme bedeutete, bis man sich wieder neu anpasste und auch von Wengers defensiven Reaktionen profitierte. Dennoch war Arsenals 2:0-Sieg verdient, obwohl sie in der Schlussphase die Initiative weggaben und sich tiefer positionierten.

Fowler 6. November 2013 um 11:56

Der Kniff zum 3-5-2 sehe ich auch etwas kritisch. Rodgers hat natürlich das „Problem“, dass sowohl Sturridge als auch Suarez gerade sehr gut spielen, aber ich halte auch ein 4-2-3-1 mit Suarez auf der 10 für eine elegantere Lösung. Pool tut sich bei Mannschaften wie Arsenal mit nem spielstarken Mittelfeld so sehr schwer, da zwischen MF und Angriff eben eine große Lücke ist.

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Erkinho 3. November 2013 um 04:05

Erfrischender Fußball, einleuchtende Spielanalyse.

RM haut hier in letzter Zeit einen Artikel nach dem anderen raus. Teufelskerl !

Auf die Taktik- / Teamanalyse der Reds bin ich jetzt schon gespannt.

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danochs 6. November 2013 um 12:38

Ich auch…hoffentlich folgt er umgehend!!! 🙂

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Partizan 2. November 2013 um 22:10

Sehe ich das richtig das Rogers vom 4-3-3 bzw. 4-2-3-1 des letzten Jahres, zu einer „Art“ Kopie des Juve 3-5-2 System umgestellt hat?
Mit der 3 Abwehrkette bestehend aus drei geschulten Innenverteidigern und Steven Gerrad in der Pirlo Rolle als tiefen Spielmacher.

Bitte mich da zu korrigieren wenn ich falsch liege, habe Pool dieses Jahr nicht sehr oft live verfolgt.

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Kopite 3. November 2013 um 04:30

Es ist durch die Rückkehr von Luis Suarez, und der großartigen Form von Daniel Sturridge, zu einem Kompromiss gekommen in dem beide als Stürmer spielen können. Weiters ist durch das Überangebot an Innenverteidiger (Toure, Skrtl, Sakho, Agger, Illori, Wisdom) zu einem sehr harten Konkurrenzkampf auf dieser Position gekommen.
Durch die sowieso sehr offensive Ausrichtung der beiden etatmäßigen AVs ging Rodgers dazu über auf eine Dreierkette umzustellen. Kommt mmn Glen Johnson sehr zu gute, nur auf der linken Seite bin ich nicht vollends überzeugt.

Gerrard spielt mmn keinen Pirlo sondern ordnet das Spiel ein wenig und stößt zwischen die Linien (eher 8er). Leider hat er im Lauf der Jahre etwas an seiner Dynamik verloren woran auch manche Ballverluste zu erklären sind.

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Kopite 2. November 2013 um 20:50

Danke für die schnelle Analyse
Ich sah eher das Problem von Pools offensive in einem großen Loch zwischen MF und Angriff.
Wäre es eventuell sinvoll gewesen Suarez etwas zurückzuziehen?
Was sag ihr zu Liverpools Interpretation des 3-5-2?

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RM 2. November 2013 um 20:53

Ich denke, das Problem von Pools Offensive wegen dieses Lochs habe ich auch drinnen, allerdings nicht genau beschrieben.
„Die Offensive fand dabei fast durchgehend offene Räume und bespielte die Schnittstellen im Mittelfeld sowie das Loch hinter Liverpools beiden Stürmern im 3-5-2/3-1-4-2 sehr gut.“
Da Arsenal mehr Ballbesitz hatte, musste Pool dann nach Balleroberungen neu aufbauen, da sie eben wegen dieses Lochs nicht ordentlich bzw. oft nur in Unterzahl kontern. Ich habe es allerdings nicht offen dargelegt, da hast du Recht, hätte ich noch die Bedeutung für die offensive Transition klarer machen müssen.

Zur Dreierkette von Pool mache ich vl. noch einen eigenen Artikel.

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Kopite 2. November 2013 um 21:05

Glaube natürlich auch das die Dynamik am rechten Flügel dem Ausfall von Johnson geschuldet war.

Bin persönlich nicht der große Fan der Dreierkette, jedoch musste aufgrund der Rückkeher von Suarez eine Lösung gefunden werden.

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Grätzchen 2. November 2013 um 20:49

Nur ein „interessantes“ Spiel? Bei aller Liebe, aber das war doch Offensiv-Fußball vom feinsten – wunderbare, enorm unterhaltsame Partie. Schon lange nicht mehr sowas gesehen. Der Kommentator auf Sky war auch sichtlich begeistert. ^^

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RM 2. November 2013 um 20:53

Taktisch war sie „nur“ interessant. Spielerisch war sie natürlich sehr sehenswert, aber bei den Kadern und Trainern darf man das doch wohl erwarten. 🙂

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IscoIsco 2. November 2013 um 20:39

Sehe das ganz genauso. Die Aufstellung mit der 3er Kette hatte kaum Erfolgsschancen. Cissokho, der total überfordert war, fehlte es an Qualität jegliche Akzente setzen zu können.

Zum Aspekt, dass sich Arsenal mit Giroud vorne allein keine eindeutigen Torchancen erarbeiten konnte:
Die Aufstellung heute war sehr mittelfeldlastig und sollte auf Ballbesitz aufbauen. Sollten Podolski und Walcott wieder fit sein, wäre dieses Problem der Chancenerarbeitung viel kleiner. Cazorla und Özil mussten heute auffällig oft den Ball wieder zurück zum Defensiven Mittelfeld Duo spielen, weil Giroud sich schwer in der Spitze tat und deshalb ausweichen musste.

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blub 3. November 2013 um 04:46

Eignetlich halte ich Liverpools Dreierkette tatsächlich für ne gute Idee in der PL, aber in diesem Spiel war sie tatsächlich nicht gut aufgehoben. Die Probleme die man derzeit gegen Arsenal hat lassen sich aber nicht einfach durch eine bestimmte Aufstellung lösen.

Cissokho war in einem total beschissenen spot. Rosicky weich nach hinten weg, Özil geht in die Lücke im Halbraum und Sagna ist der offensiv bessere der beiden AV. Mindestens 50% warum er so schlecht aussah war nicht seine Schuld.

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