UD Levante – Real Madrid 1:0
Nach dem überwältigenden Sieg Barcelonas gegen Osasuna musste Real Madrid unbedingt nachziehen. Man spielte auswärts gegen Levante, eine Mannschaft, die als nominell schwächste der Primera Division gilt und letztes Jahr mit viel Kampf und Eifer den Abstieg vermied. Eigentlich kein Problem für die Madrilenen, doch einmal mehr schaffte ein Underdog die Überraschung und schrieb ein kleines Stück Fußballgeschichte. In einem verbissenen Spiel gewannen sie mit 1:0 und schockten die Mannschaft Mourinhos.
Wechselwirkung der jeweiligen Formationen
Der Gastgeber trat mit einem 4-4-2/4-2-3-1-Hybridsystem an. Koné war der vorderste Stürmer und neben bzw. hinter ihm agierte Barkero. Die beiden hatten die Aufgabe, die Passwege ins Zentrum zuzustellen und die Innenverteidigung zu attackieren, während die Außen Valdo und Juanlu nicht nur vorne gegen die Außenverteidiger spielten, sondern sehr viel Arbeit beim Doppeln leisteten. Das zentrale Mittelfeld sicherten Iborra und Xavi Torres, wobei letzterer nicht nur halbrechts, sondern fast schon gänzlich auf der rechten agierte. Dies hatte die Ursache, dass Real mit Marcelo und Coentrao auf der linken Seite viel breiter aufgestellt war und die gegnerische Doppelsechs asymmetrisch werden ließ. Geholfen wurde ihm vom rechten Außenverteidiger Venta, während dessen Pendant Juanfran auf der linken Seite etwas weniger Unterstützung vom linken Sechser bekam. Die Innenverteidigung bildeten Nano und Ballesteros, welche ziemlich tief stand.
Real Madrid begann mit ihrem klassischen 4-2-3-1-System, in welchem Kaká als zentraler Spielmacher fungierte. Vor ihm versuchte Benzema Räume zu öffnen, während Di Maria als inverser Winger spielte. Auf der linken Seite kam Fabio Coentrao zum Einsatz, der bewusst versuchte, mit Kaká zu kombinieren, ein Pärchen mit Marcelo zu bilden und letzteren bei dessen Offensivbemühungen abzusichern. Der Brasilianer und der Portugiese machten das Spiel im zweiten und letzten Drittel breit und versuchten von der Seite Richtung Mitte zu ziehen und dann präzise Pässe in oder vor den Strafraum zu spielen. Den primären Spielmacher bei Real Madrid bildete aber dennoch Xavbi Alonso und nicht Kaká, der Spanier versuchte das Spiel von hinten zu instruieren, während Kaká das Spiel im letzten Drittel dirigierte und mit schnellen Pässen oder eigenen Vorstößen das Spiel schnell mitmachen wollte. Ramos und Marcelo bildeten eine offensive Außenverteidigung, während Pepe und Ricardo Carvalho ebenso weiter vorne als üblich agierten. Die beiden versuchten nicht nur relativ hoch zu stehen, sondern antizipativ den Ball im defensiven Mittelfeld zu erobern.
Spielbeginn
Zu Beginn des Spiels war Real Madrid eindeutig überlegen und hatte einige gefährliche Szenen, konnte allerdings kein Tor erzielen. Unter anderem Benzema und Kaká vergaben Großchancen und sorgten dafür, dass man das Spiel nicht in die richtige Bahn lenken konnte, obwohl man taktisch alles richtig machte. Real agierte fluid im zweiten Drittel, spielte nur in der gegnerischen Hälfte und hatte einige Torchancen, die man teilweise kläglich vergab.
Der Knackpunkt im Spiel war dann die gelb-rote Karte für Sami Khedira, der in einem Handgemenge, das nach einem Revanchefoul und Schauspieleinlage Di Marias entstand, die Nerven verlor und seinen Gegner umstieß.
Offen für Konter
Nachdem Real auf zehn Mann dezimiert wurde, hatte José Mourinho die Qual der Wahl: ein defensiveres System zu nutzen oder mit dem gleichen System weiter zu machen, aber eventuell offen für Konter zu sein. Beide Varianten hatten sowohl ihre Stärken als auch Schwächen. Bei ersterer Alternative würde man Gefahr laufen, die offensive Stärke zugunsten erhöhter defensiver Sicherheit aufzugeben, doch es wäre auch möglich, dass der Gegner die erhöhten Spielanteile effektiv nutzt – bei Levante eher unwahrscheinlich, deswegen wäre ein Unentschieden das wahrscheinlichste Ergebnis bei einem solchen Spiel gewesen, da Levante trotz mehr Spielanteilen voraussichtlich schlichtweg tief gestanden hätte und man keine Konter hätte fahren können.
Vermutlich wählte Mourinho deshalb die zweite Variante und ließ munter nach vorne spielen, was zu zehnt riskant war, aber einige Zeit relativ gut funktionierte. Man brachte den angeschlagenen Cristiano Ronaldo für Benzema und stellte später sogar Higuain als zweiten Stürmer auf, doch bereits mit nur einem Stürmer öffneten sich einige Löcher in der Formation und Raumaufteilung bei Real Madrid.
Jose Mourinho versuchte Coentraos Dynamik und Ausdauer zu nutzen, um sowohl auf dem linken Flügel als auch dem defensiven Zentrum präsent zu sein, doch dies scheiterte. Auf der rechten Seite öffneten sich Räume und ebenso im Zentrum, doch auch rechts hatte Levante einen Vorteil. Der Passweg Alonsos zu Di Maria wurde zugesperrt und Levante stand im Mittelfeld dadurch kompakt, was ihnen beim Kontern half. Einer dieser Konter über eben jene offene rechte Seite wurde dann durch Kone vollendet, der den Ball im offenen Teil des Zentrums bekam. Mit etwas Glück und viel Kampf konnte man die Führung bis zum Spielende verteidigen und schaffte es sogar, mehr Schüsse auf das Tor als Real Madrid anzubringen.
Coentrao und Marcelo – ein Pärchen für die Zukunft
Nichtsdestrotrotz konnte man zumindest eine positive Erkenntnis aus diesem Spiel nehmen. Mit Marcelo und Coentrao auf dem linken Flügel hat man in der Theorie eine gute Waffe gegen den FC Barcelona, sei es in deren altem oder neuem System. Die beiden Spieler sind nicht nur dynamisch und offensivstark, sondern auch in der Defensive mehr als passabel, was dafür sorgen könnte, dass man Dani Alves und den rechten Außenstürmer effektiv ausschalten könnte.
Agiert Barcelona in ihrem 3-4-3/3-3-4, dann würde einer der beiden Alves übernehmen, während der andere im Mittelfeld beim Pressing hilft. Das Loch auf der Seite aufgrund der Dreierkette könnte man ebenso gut nutzen, da man mit zwei kombinationsstarken Spielern schnell über die Seite zur Grundlinie durchstoßen könnte. Alles in allem ist diese Kombination der beiden erfolgsversprechend und es ist nur allzu schade, dass wir sie nicht über das gesamte Spiel in ihrer Grundidee und mit Ronaldo als Mittelstürmer sehen konnten, da sie eine wahrscheinliche Alternative für die Clásicos darstellen könnte.
Fazit
In einem knappen und hart umkämpften Spiel entschied sich Mourinho nach der roten Karte für eine offensive Weiterführung des Spiels und scheiterte dennoch. Der Gastgeber konnte die Null halten, darf sich aber auch bei den Akteuren Reals dafür bedanken. Die Madrilenen liegen nun hinter dem Erzrivalen aus Barcelona und zeigten, dass man manchmal etwas zu hitzig agiert und sich vom Gegner zu leicht aus der Fassung bringen lässt. Bereits im Spiel gegen Barcelona reagierten die Nerven über und gegen Levante, die bekannt für ihre kleinen Nickeligkeiten und Unsportlichkeiten sind, war es Khedira, der sich nicht kontrollieren konnte und dem Spiel seiner eigenen Mannschaft schadete, doch auch Pepe hatte Glück, dass er nicht ausgeschlossen wurde.
2 Kommentare Alle anzeigen
Espiritu de Juanito 20. September 2011 um 18:29
Das Marcelo und Coentrão ein Pärchen für die Zukunft sind bezweifle ich nicht im Geringsten, dass aber das analysierte Spiel als Beispiel dafür diene kann ich in keinster Weise bestätigen. Unmittelbar nach dem Platzverweis, rückte Fábio neben Xabi und Real Madrid blieb ohne Referenz auf der LOM-Position. Auch die Einwechslung von Cristiano für Benzema änderte nichts daran, da dieser kaum den Flügel bearbeitete, sondern eher als einzige Spitze fungierte. Mit dem Versuch, die Arbeit des DM als auch des Wingers zu übernehmen, scheiterte der portugiesische Neuzugang nicht nur (was verständlich und menschlich ist, da er sich nicht zweiteilen kann), sondern behinderte damit Marcelo in seiner Vorwärtsbewegung und somit wurde die komplette linke Seite der Madrilenen neutralisiert ohne dass der Gegner viel dazu beitragen musste. Dieser Umstand verbesserte sich auch nicht durch die Einwechslung Higuaíns für Kaká und erst recht nicht durch die Auswechslung des Brasilianers…
Mein Fazit:
Weder Khedira, der bisher wohl der einzige war der Ballesteros Theatralik noch nicht kannte, noch der Schiedrichter, der trotzdem einige grobe und spielentscheidene Fehlentscheidungen hatte, waren die Hauptverantwortlichen für die Niederlage gegen einen der ersten Abstiegskandidaten, sondern Mourinho. The-Special-One hat sich m.E. mit der Startaufstellung geirrt, indem er Özil nicht spielen lassen hat obwohl er gegen eine sehr tief spielende Mannschaft schon auf Cristiano verzichten musste und er somit nur Xabi als kreativen Spieler auf dem Feld hatte (Kaká kann -überspitzt gesagt- nur noch als Joker brillieren, wenn der Gegner ermüdet ist). Aber v.a. hat Mourinho vergangenen Sonntag in zwei seiner eigentlichen Meisterdisziplinen versagt… 1. gegnerspezifische Vorbereitung seiner Spieler und 2. taktische Reaktion während des Spiels
RM 20. September 2011 um 18:33
Es dient auch nicht als Beispiel, sondern brachte mich lediglich auf die Idee – ich schrieb ja, dass es schade ist, dass man das eben nicht über das ganze Spiel hinweg beobachten durfte und auch sagte ich, dass es unter Umständen ein Fehler war, nach dem Platzverweis so agieren zu wollen.
Zum Rest kann ich großteils nur zustimmend nicken.