U17-WM-Finale: Mexiko – Uruguay 2:0
Eine atemberaubende Kulisse wartete in diesem U17-Finale auf: Zahlreiche Zuschauer, angeblich über 100‘000, fanden sich ein, um Gastgeber Mexiko gegen Uruguay anzufeuern und durften sich auf ein abermals hochwertiges Spiel bei dieser alles in allem gelungenen Weltmeisterschaft freuen.
Beeindruckt von der überwältigenden Atmosphäre lieferten die 22 Talente auf dem Platz eine starke Leistung ab und letztlich konnte Gastgeber Mexiko den Titel mit einem 2:0 verdient für sich beanspruchen.
Wechselwirkung der jeweiligen Taktiken
Von Beginn an agierten beide Mannschaften offensiv und strahlten Leidenschaft aus.
Zahlreiche Zweikämpfe und kurze Pressingwellen sorgten für viele Tempowechsel im Offensiv- wie Defensivspiel und obgleich Mexiko etwas Oberhand erringen konnte, steckte Uruguay nie auf und spielte nicht im Ansatz so defensiv wie noch gegen Brasilien.
Anstatt im asymmetrischen Hybridsystem des Halbfinales zu agieren, spielte man mit einer klassischen Viererkette und einem 4-3-2-1.
Dieses Tannenbaumsystem versuchte auf das Zentrum zuzugreifen und die offensiven Außenspieler Mexikos abzudecken, was auch gelang.
Flores und Caballero boten sich zwar immer wieder in der Offensive als Anspielstation an, Hinterlaufen oder gefährliche Flanken konnte man jedoch kaum beobachten.
Interessant war die Rolle Varelas, der der Organisator des Pressings Uruguays war und oftmals Bälle bereits im Mittelfeld eroberte.
Gegengesteuert wurde dem durch den spielstarken González, der statt Espericueta in der Zentrale agierte und letzteren auf außen weichen ließ, was der Verletzung Gomez geschuldet ist.
Das Zentrum Mexikos war nicht mehr ganz so offensiv wie im letzten Spiel, doch es kamen trotzdem ein paar Vorstöße der zentralen Mittelfeldspieler nach vorne und auch das Pressing der Mexikaner ist sehr zu loben.
Besonderes Lob muss man auch dem Sturmduo Mexikos schenken, die ununterbrochen kreuzten, rochierten und auf den Flügel auswichen und dadurch Uruguays Abwehr die Arbeit erschwerten.
Das erste Tor fiel jedoch nach einem Standard, als der Mittelstürmer Fierro einen Ball butterweich zurückköpfte und der aufgerückte Briseno den ersten Treffer erzielte.
Mexiko spielte dominant und hatte in der ersten Halbzeit noch viel mehr vom Ball, doch Uruguay wurde mit der Zeit immer stärker und ihre Taktik zeigte Wirkung.
Erwähnenswert ist hierbei das Ballbesitz und das Chancenverhältnis: Mexiko hatte in der ersten Halbzeit noch an die 60%, beendete die Partie jedoch mit 52%.
Desweiteren kam Mexiko 23mal zum Abschluss, doch nur vier Mal kam der Ball auf das Tor, Uruguay hatte somit drei gefährliche Chancen mehr bei insgesamt weniger Abschlüssen.
Dies lag einerseits an der Verspieltheit der mexikanischen Stürmer, viel mehr allerdings an den überhasteten Kontern der Mexikaner, die in der Drangphase Uruguays oftmals viel zu hastig und aus der Distanz abschlossen, was man als Kompliment an die Viererkette und die Zentrale Uruguays sehen könnte, die selbst in den offensiven Phasen immer mit einer Dreierkette und zwei Zerstörern davor agierten.
Der Gastgeber hingegen benötigte in seinen offensiven Phasen für sein Kurzpassspiel eine stark aufgerückte Mannschaft und eine gewisse Risikofreude, was bei Kontern Uruguays für weniger Gegenwehr sorgte und mit einem Pfostenschuss der Urus letztlich auch glücklich für die Mexikaner endete.
Trotz des lauf- und kampfintensiven Spiels beider Mannschaften verflachte die Partie nie und konnte das hohe Spieltempo beibehalten – immer war eines der Teams für längere Zeit am Drücker und versuchte in seinem eigenen Stil die gegnerische Abwehr zu brechen.
Der eingewechselte Casillas konnte nach einem Konter in der Nachspielzeit den 2:0-Siegtreffer markieren und setzte einen schönen Schlusspunkt unter ein spannendes und unterhaltsames Spiel.
Fazit
Ein tolles Spiel beendete ein tolles Turnier, welches deutlich mehr Zuschauer als erwartet anzog: sowohl vor den Fernsehern, als auch in den Stadien.
Der Gastgeber aus Mexiko konnte sich knapp, aber verdient im heimischen Stadion durchsetzen und dieser Sieg konnte ebenso wie das tolle Spiel auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden.
Die wichtigste ist die mutige Spielweise beider Teams, Uruguays Catenaccio-ähnlicher Spielstil aus dem Halbfinale wurde aufgegeben und man bot sich ein Duell auf Augenhöhe mit den technisch starken Mexikanern.
Aus diesem Schachzug entwickelte sich letztendlich auch die hohe Zahl an Chancen im Spiel, denn eine Fußballtaktik besteht immer aus Formation, Strategie und Philosophie – letztere war offensiv angehaucht und darum konnte sich trotz der nominell und schematisch defensiven Ausrichtung Uruguays ein schnelles und anspruchsvolles Spiel mit Tormöglichkeiten auf beiden Seiten entwickeln und deshalb gehört dem Underdog aus Uruguay ebenso Respekt wie dem Sieger und Gastgeber, welcher in diesem Turnier mehrmals über sich hinauswuchs und ein würdiger Sieger ist.
Generell kann man konstatieren, dass dieses Turnier ein absoluter Erfolg und Werbung für den gesamten Jugendfußball war und man kann nur hoffen, dass auch die nächsten Europa- und Weltmeisterschaften mit so einem hohen Niveau –sei es von Spielern, Trainern, Schiedsrichtern oder Funktionären- abgehalten werden.
Einziger Kritikpunkt geht an die deutsche Medienwelt, die dieses tolle Ereignis zugunsten der Frauen-Weltmeisterschaft etwas in den Hintergrund rückten.
2 Kommentare Alle anzeigen
Nyo 11. Juli 2011 um 13:44
Die Kritik an der deutschen Medienlandschaft bzgl. des Turniers kann ich nicht nachvollziehen: Übertragungen aller Spiele mit deutscher Beteiligung und anderer Highlights sowie ausführliche Berichte über viele weitere Partien auf Eurosport, dazu das Halbfinale in der ARD, Erwähnungen und Artikel in Online- und Printmedien…
Es war immernoch „nur“ eine U17- WM, wenn auch eine erfreuliche, was den Zuschauerandrang und die Leistungen einiger Teams anging. Ich fand das ausreichend, da gibt es durchaus andere, relevantere Sportevents, die noch weniger Aufmerksamkeit erhalten (etwa der Superbowl).
RM 11. Juli 2011 um 19:35
Die deutsche Medienwelt hat sich GESCHLOSSEN auf die Frauen-WM eingeschossen, das U17-Spiel der DFB-Elf im Viertelfinale (mWn [oder doch in der Gruppe?]) wurde bei Eurosport erst zur zweiten Halbzeit eingeschaltet, obwohl das Spiel der Frauen bereits auf zwei Sendern lief.
Und Werbung zur U17-WM habe ich auch keine einzige gesehen, dabei ist der Nachwuchs doch das Prunkstück des DFB und die Zukunft des deutschen Fußballs.