River Plate – Belgrano de Córdoba 1:1
Rekordmeister River Plate ist nach einer enttäuschend verlaufenen Relegation gegen den Viertplatzierten der 2. Liga, Belgrano de Córdoba, abgestiegen.
River Plate begann in einer Art 3-5-2 mit einer klaren Zuteilung hinten und vielen Freiheiten vorne. Gerade die beiden Stürmer waren nicht an ihre Positionen gefesselt und ließen sich immer wieder auf die Außenpositionen fallen und schafften so Räume für gefährliche Situationen.
Die Gäste starteten in einem abgewandelten 4-4-1-1-System mit einer nicht immer klar zu erkennenden Viererkette, bei der sich Perez immer wieder als Libero betätigte und Lollo dafür zeitweise den Ausputzer vor der Abwehr spielte. Wie auch bei River hatten bei Belgrano die Flügelspieler eine enorme Laufleistung zu erfüllen. Sie mussten die Verteidiger im Kampf gegen die gegnerischen Flügelspieler unterstützen und gleichzeitig das Offensivspiel ankurbeln. Der defensive Mittelfeldspieler Farré hatte zudem in Hälfte 2 die Aufgabe in die Spitze vorzustoßen und dort für Torgefahr zu sorgen, was dem einzigen Stürmer Pereyra mehr Freiheiten erlaubte.
Ausgangsposition
River Plate hatte sich vor der Relegation gute Chancen auf einen erfolgreichen Verlauf ausgerechnet. Doch schon im Hinspiel musste der Traditionsklub eine bittere 2:0-Niederlage einstecken. Und so stand River vor dem Rückspiel mit dem Rücken zur Wand. Um die Ausgangslage noch weiter zu verschlechtern, fehlten mit Roman, Ferrari und Almeyda drei wichtige Defensivkräfte aufgrund von Gelbsperren.
Spielverlauf
Das Spiel begann sehr hektisch, beiden Mannschaften merkte man an, wie viel für sie auf dem Spiel stand. Beide Teams spielten anfangs sehr zentral, sodass viele Ballverluste zustande kamen und sich kein geregelter Spielfluss entwickeln konnte. Schon in der 4. Minute fiel das vermutlich vorentscheidende 0:1, jedoch wurde es aufgrund eines vermeintlichen Handspiels nicht gegeben. Auf der Gegenseite machte es Pavone zwei Minuten später besser, sein Tor zum 1:0 für die Hausherren wurde anerkannt. Pavone erhielt einen der häufigen langen Bälle mit dem Rücken zum Tor, schaffte es diesen auf engstem Raum zu verarbeiten und sich so um seinen Gegenspieler zu drehen, dass er aus ca. 17 Metern ins linke untere Eck treffen konnte.
Diesen Treffer nahmen alle Beteiligten zum Signal, in welche Richtung dieses Spiel heute gehen sollte. Belgrano war fortan vor allem in der Defensive zu finden. Es verengte den Raum vor dem eigenen Sechzehner sehr effektiv, jedoch wurden durch die enge Abwehrreihe Löcher auf dem Flügel sichtbar, in die die Flügelspieler River Plates immer wieder hineinstießen. Gerade Torschütze Pavone zeigte sich sehr agil, riss immer wieder Löcher in der Zentrale oder ließ sich auf die Außen fallen um dort Überzahlsituationen zu schaffen.
Die allgemeine Strategie des Trainers José López schien darin zu bestehen, die zentralen Defensivleute Belgranos in der Mitte zu binden, um dann über die Flügel in die gefährlichen Zonen vorzustoßen. Der Zweitligist versuchte dies zu verhindern, indem die defensiven Mittelfeldspieler immer wieder gemeinsam mit den Flügelspielern Überzahlsituationen erzeugten, um so ein Durchbrechen des Gegners zu verhindern. Dies gelang auch weitestgehend, jedoch kam River in der ersten Halbzeit zu einigen gefährlichen Flanken. Erstaunlich, wie es der Erstligist schaffte, bei jeder Flanke vier Offensivleute im gegnerischen Strafraum zu postieren, und trotzdem zu keinem erfolgreichen Abschluss zu kommen. Die Strategie des Gastes, die Zentrale kompakt zu halten und auf den Außenbahnen ein wenig ins Risiko zu gehen, zahlte sich letzten Endes aus. Belgrano kam unbeschadet in die Pause. Doch hatte man einiges Glück, wurde dem Gastgeber in der 26. Minute noch ein klarer Strafstoß und somit das mögliche 2:0 verweigert.
In der 2. Hälfte änderte sich zunächst wenig am Bild. River Plate war weiter optisch überlegen, ohne dabei wirklich zwingend zu werden. Dafür sorgte der schon in Halbzeit 1 immer wieder auffällige Pereyra stets für Unordnung in der Hintermannschaft des Rekordmeisters. Die Gäste starteten immer wieder gefährliche Konter. Diese wurden auch dadurch begünstigt, dass sich ein Verteidiger der Hausherren als Absicherung weit hinter die anderen beiden fallen ließ, wodurch sich jedoch der potenziellen Raum für einen Steilpass immens erhöhte. Doch diese sehr eigenwillige Umsetzung blieb letzten Endes ohne Folgen.
Stattdessen brachte ein taktischer Schachzug des Auswärtstrainers, Ricardo Zielinski, den Ausgleich und damit die Entscheidung: Mit Beginn der zweiten Hälfte instruierte er seinen defensiven Mittelfeldspieler Farré, bei eigenem Ballbesitz vermehrt in die Spitze zu starten. Mit dem nötigen Tempo schaffte es Farré mehrmals die gegnerische Abwehr zu verunsichern. In der 62. Minute dann nutzte er ein Missverständnis in der heimischen Verteidigung und versenkte den Ball Volley im Tor.
Die Vorentscheidung in der Partie war also gefallen, trotz des druckvollen Beginns traute man River Plate nicht wirklich ein Comeback zu. Doch schon sechs Minuten nach dem Ausgleich wurde den Gastgebern ein vollkommen berechtigter Elfmeter zugesprochen. Den schlecht getretenen Strafstoß vom bis dahin starken Pavone konnte Torwart Olave jedoch ohne Probleme festhalten.
Im Anschluss setzte die in solchen Spielen übliche Hektik und Unruhe ein. River Plate löste seine solide Defensive mehr und mehr auf und verlagerte das Spielgeschehen weitestgehend in die Hälfte des nun überfordert wirkenden Gegners. Kaum einmal schaffte es Belgrano sich aus der engen Umklammerung zu befreien, stattdessen baute der Außenseiter seine erste Abwehrreihe erst ca. 35 Meter vor dem eigenen Tor auf. Auf diese Weise kam River noch zu einigen hochkarätigen Chancen, vornehmlich nach Flanken von der linken Seite, doch sie bleiben allesamt ungenutzt.
Kurz vor Schluss dann, als das Aufbäumen des Rekordmeisters nachließ, sorgten die heimischen „Fans“ durch Krawalle für ein unrühmliches vorzeitiges Ende der Partie, mit dem der erstmalige Abstieg des Traditionsvereins besiegelt wurde. Unfassbare Szenen spielten sich dann nach dem Abpfiff im und um das Stadion ab, jedoch sollen sie hier nicht weiter thematisiert werden.
Fazit
Das Spiel wirkte insgesamt sehr zerfahren und hektisch. Wirkliche Ballrückeroberungsstrategien waren lange Zeit nicht auszumachen, ebenso wie eine kollektive Arbeit gegen den Ball vermisst wurde. Jedoch war auch der Spielaufbau keineswegs besser, lange Bälle und ungenaue Vertikalpässe prägten das Bild, und so ist es kein Wunder, dass sich die eigentlich wesentlich spielstärkere Heimmannschaft nicht durchsetzen konnte. Durch konsequentere Defensivarbeit und ein vernünftiges Aufbauspiel über das Mittelfeld hätte man den nicht durchweg überzeugenden Zweitligisten sicherlich knacken können. Und auch die sehr aktiven Außen hätten mit etwas mehr Unterstützung in Form von Anspielstationen und Pässen noch wesentlich häufiger hinter die teilweise sehr unkoordiniert agierende Abwehr gelangen können.
In diesem Rückspiel wirkte die Heimmannschaft von River Plate insgesamt deutlich spielstärker, ballsicherer und torgefährlicher. Doch nach dem enttäuschenden Hinspiel reichte die insgesamt recht ordentliche Vorstellung im Rückspiel nicht um den 2-Tore-Rückstand wett zu machen. Und so tritt der Rekordmeister nach einer extrem bitteren Saison letzten Endes verdient den Weg in die Zweitklassigkeit an. Belgrano de Córdoba dagegen kann man zu einer großen Überraschung in der Relegation und zum Aufstieg in die 1. Liga gratulieren.
6 Kommentare Alle anzeigen
xc 27. Juni 2011 um 11:27
gibts ne übersicht von den autoren inklusive der beschreibung?
RM 27. Juni 2011 um 12:17
Zu den Autoren gibt’s unter deren jeweiligen Artikeln eine kleine Beschreibung.
Bzgl. Wing-back: die Grundprämissen zur Einstufung als Wing-Back waren a) die Bearbeitung des Flügels offensiv und defensiv sowie b) die alleinige Beackerung des Flügels – letzteres ist in modernen Systemen, die nicht mit Dreierkette sind, auch der Fall.
Cafu und Roberto Carlos waren imstande, sowohl Wing-Back klassisch (Dreierkette, 3-5-2), als auch eine so extrem offensive Position, die auch obigen beiden Voraussetzungen entsprach – so wie es Dani Alves bisweilen auch beim FC Barcelona macht, insbesondere zu Zeiten Messis auf RA, der die Arbeit auf dem Flügel (exkl. Pressing) gänzlich dem Brasilianer überließ. Deshalb der Trend heutzutage zu Wing-Backs bei Viererketten, da sich ihre Aufgaben von einem typischen attacking full-back unterscheiden.
xc 27. Juni 2011 um 07:48
wing-backs gibt es nur in verbindung mit einer dreierkette. die aussenverteidiger einer viererkette werden full-backs genannt.
RM 27. Juni 2011 um 08:20
Bei extrem offensiven Außenverteidigern und bei stark asymmetrischen Systemen geht der Trend dazu, dass man diese OAV als Wingbacks bezeichnet – die Entstehungsgeschichte dieses Terminus ist natürlich so, wie du es schilderst – letztendlich sind solche Definitionen Schall und Rauch, ein Dani Alves agiert bspw. offensiver als es die meisten Wingbacks taten und sein Team spielt in ihrem Offensivsystem mit Ball auch oft mit einer Dreierkette, viele frühere Fullbacks agierten in beiden Rollen fließend (R. Carlos und Cafu 2002), etc.
xc 27. Juni 2011 um 08:47
„sein Team spielt in ihrem Offensivsystem mit Ball auch oft mit einer Dreierkette“
dann ist wing-back ja auch angebracht.
„viele frühere Fullbacks agierten in beiden Rollen fließend (R. Carlos und Cafu 2002)“
2002 hat brasilien mit 3erkette gespielt. lucio, edmilson (als eine art sweeper) und roque junior.
geht mir ja auch nur um ein einheitliches bild bzw eine einheitliche darlegung..gerade wo ihr hier eine „schreibgemeinschaft“ habt 😉 es ist einfach ein unterschied zwischen full-back, attacking full-back und wing-back.
nunja..meine meinung.
keep it on.
MB 27. Juni 2011 um 10:59
Die Wortwahl war an der Stelle vielleicht etwas unglücklich. Ich habe es so gemacht, weil die Flügelspieler bei beiden Teams wie Wing-Backs gespielt haben. Zur besseren Verständlichkeit habe ich die Stelle etwas umgeändert.