Hütter oder Spieler – Wer hat Schuld am Gladbacher Abwärtstrend?
Seit über drei Monaten steht bei Borussia Mönchengladbach hinten die Null nicht mehr. Mittlerweile stecken die Fohlen tief im Abstiegskampf. Gibt es einen Hauptverantwortlichen für die Krise?
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Daniel 27. Mai 2022 um 12:36
Terzic für Rose, Kovac für Kohfeldt, Breitenreiter für Hoeneß, vmtl Schwarz bei Hertha…viele Trainerwechsel, aber wirklich planvolles Handeln scheint da nirgendwo dabei zu sein. Weder sind die geholten Trainer aufgrund ihrer Vita als „besser/kompetenter“ zu bezeichnen noch scheint da wirklich eine Spielidee dahinterzustecken. Entsprechend wird das vermutlich einfach alles versanden. Viele Führungsetagen der Bundesliga überschätzen wohl schlicht ihre Kader und wenn dann ein als unbefriedigen empfundenes Ergebnis dabei rauskommt wählt man den einfachsten Weg-der aufgrund von Inkonstanz aber dann sogar eher vom eigentlichen Ziel wegführt. Nur wenn Gladbach tatsächlich Favre zurückholt könnte das wirklich ein Schritt nach vorne sein.
tobit 28. Mai 2022 um 10:50
Also Kovac für Kohfeldt halte ich schon für einen Fortschritt, auch wenn ich nicht viel von Kovac halte. Kohfeldt führt halt ohne Kruse unweigerlich auf einen Abstiegsrang.
Der Fisch stinkt immer vom Kopfe her. Jeder der genannten Klubs hat über dem Trainer ein Problem sitzen, das glaubt, die Fußballweisheit mit Löffeln gefressen zu haben.
Koom 28. Mai 2022 um 17:08
Kohfeldt, der „eigentlich“ ganz cool war, hat irgendwie wohl den Faden verloren. Außer „irgendwas mit Offensive“ sehe ich wenig von ihm. Nach diesem Engagement in Wolfsburg zumindest dürfte der wohl erst mal rausfallen. Andererseits hat selbst ein Kovac es mit den Bayern fast vermasselt und ist vom Meisterkurs runtergefallen (ehe Flick die Saison rettete) und auch der ist weiterhin in Lohn und Brot. Kann bei dem aber auch nicht sagen, wie seine Arbeit in Monaco war.
tobit 29. Mai 2022 um 16:40
Kovac ist halt kein Trainer für den FC Bayern. Das passt von der Ansprache und auch von den Ideen nicht wirklich zusammen. In Wolfsburg könnte das schon eher passen, die sind von der Mannschaftsstruktur auch ziemlich zusammengewürfelt wie Frankfurt damals.
Kohfeldts ganzer Plan ist Kruse machen zu lassen. Weil der defensiv sehr inkonstant aktiv ist und vorne gern kombiniert, muss man halt insgesamt offensiv spielen. Ohne Kruse oder einen anderen individuell herausragenden Kreativspieler ist da gar nichts. Könnte also bei Bayern vllt sogar besser funktionieren als Kovac, weil die die Angreifer (+Kimmich) für so ein Spiel haben.
Nagelsmann hat glaube ich auch ein bisschen damit zu kämpfen, dass er jetzt das erste Mal mit richtigen Weltstars arbeitet, die sich der Größe ihres Namens durchaus bewusst sind und nicht einfach so alles glauben und tun, nur weil ein dahergelaufener Trainer das sagt. Salopp gesagt ist er zum ersten Mal nicht der größte Fisch im Teich.
Koom 29. Mai 2022 um 20:45
Gewißermaßen dann das gleiche Problem, dass auch Kovac hatte. Da wurde ja auch gerüchtet, dass ihm die Akzeptanz fehlte, weil er von einem kleinen Verein kam, yadayada. Da hat sogar der Pokalgewinn zu wenig geholfen.
Aber grundsätzlich ist es eben das Problem, dass manche Trainer u.U. nur für bestimmte Bedinungen taugen (oder zumindest Übung haben). In der Bundesliga spielt fast niemand außer den 3-4 Topklubs wirklich offensiv-dominant. Selbst Nagelsmann mit Leipzig hat das nicht unbedingt getan. Wenn du aber einen Topklub betreust, ist diese gegenpressing Spielweise zu wenig belastbar stabil.
Zurück zum Thema: Kovac kann für Wolfsburg Sinn machen. Kovac hat die Defensive ganz gut drauf, eine Idee für Konterspiel – das könnte passen. Für Kruse ist das nicht wesentlich anders als bei Union.
tobit 29. Mai 2022 um 22:37
Ja, gewisse Parallelen sehe ich da auch. Nagelsmann traue ich da aber den Sprung zu, der ist jung und flexibel genug im Kopf, sich anzupassen. Sollte Lewy wirklich durch Mané ersetzt werden, könnte dieser Bruch ihm durchaus helfen, weil sich die Offensive mal eben komplett neu orientieren muss. Kann aber natürlich auch völlig in die Hose gehen.
Nagelsmanns Leipzig war schon sehr offensiv dominant. Im ersten Jahr über weite Teile der Saison auch dominanter als die Bayern, die erst nach dem Restart wieder wirklich in Tritt gekommen sind (dann aber eben so richtig).
Und selbst wenn Kruse unter Kovac keine Rolle spielt, sind die Wolfsburger vorne drin mit Nmecha und Wind durchaus europatauglich besetzt. So richtig interessant wird es da eher in der Hintermannschaft. Wie lässt er das Zentrum besetzen und wer ersetzt Brooks‘ Erfahrung sind da für mich die zentralen Fragen.
Koom 30. Mai 2022 um 12:47
Grundsätzlich traue ich Nagelsmann das auch (fachlich) zu, aber da spielen viele Faktoren mit. Ich würde sagen, dass diese Saison sein „Make it or break it“ wird. Und das ist ziemlich undankbar, weil ja doch auch ein bisserl ein Umbruch ansteht (auch wenn die meisten bislang ja doch bleiben).
Zu Mane: Persönlich bin ich immer sehr skeptisch bei Spielern, die unter Klopp sehr stark sind. Klopps Ansatz mit extrem hoher mannschaftlicher Geschlossenheit kann da sehr vieles kaschieren. Ich kann und mag Mane da zu wenig beurteilen, was seine echten Qualitäten sind.
Zu der Dominanz: Wie auch bei Flick sehe ich Nagelsmanns „Dominanz“ kritisch. Die beruht etwas zu sehr auf totrennen und totspielen, zu Lasten der Ausdauer und Substanz. Passend dann auch, dass beide dann gegen Ende der Saison nicht mehr wirklich nachlegen konnten und es ein Stück weit auseinanderfiel. Da rächt sich, dass man alles auf Offensive und wenig auf Kontrolle auslegt (die ein pressingresistenter Sechser, der auch mal nonchalant den Ball hält oder auch mal nur Querpässe spielt, bringen würde).
Ein Zuschauer 30. Mai 2022 um 13:17
Ich kann die Skepsis gegenüber Klopp-Spielern in gewisser Weise verstehen, aber das Liverpool Team ist schon auch einfach eines der stärksten der Welt. Auch bei Dortmund gab es ja genug Spieler, die einfach reale Qualität hatten (Gündogan, Lewandowski, Hummels, aber auch Reus, Götze, Kagawa, Piszczek). Mané ist sowohl als Tempo- als auch als Engendribbler herausragend und auch im Bewegungsspiel und Abschlussverhalten Top. Wie genau dann aber die Bayern Offensive aussehen soll, bin ich mir auch nicht so sicher. In der Sturmspitze sehe ich ihn bei Bayern eher nicht.
Daniel 30. Mai 2022 um 15:03
>>Salopp gesagt ist er zum ersten mal nicht der größte Fisch im Teich
Das stimmt ja offensichtlich nicht. Als Nagelsmann zur TSG kam war er ein gescheiterter Amateurfußballer, seine Spieler in Hoffenheim waren um ein Vielfaches berühmter, reicher, im Profifußball erfahrener und teilweise sogar älter. Auch als er zu Leipzig kam werden gestandene Nationalspieler wie Forsberg oder Gulacsi nicht ehrfurchtsvoll auf die Knie gefallen sein, als sich der Ex-Trainer der TSG Hoffenheim die Ehre gab.
Die Parallelen zwischen Nagelsmann und Kovac kann ich nicht erkennen. Das sind schon sehr unterschiedliche Ansätze und Herangehensweisen zwischen den beiden. Kovac ist nicht an „fehlendem Respekt“ gescheitert, sondern weil die Mannschaft unter ihm schleichend immer schlechter wurde.
Ich glaube, dass Nagelsmann ein sehr guter „Fußballlehrer“ ist, der seinen Spielern didaktisch eine Menge vermitteln kann. Sobald Nagelsmann mal etwas Zeit hatte, mit seinen Mannschaften strukturiert zu arbeiten, sieht man da schon große Schritte. Wo er meinem Eindruck nach noch deutlich Luft nach oben hat ist das ganze Thema Belastungssteuerung und „Saisonplanung“. Schon in Leipzig spielte Nagelsmann zwei hervorragende Hinrunden und zwei mäßige Rückrunden. Sowas ist kein Problem bei einem Verein, der sich ausschließlich (Hoffenheim) oder zumindest noch großteils (Leipzig) über den Punkteschnitt am Ende der Saison definiert. Drei Punkte am ersten Spieltag sind genausoviel wert wie am letzten. Bei einem Verein wie Bayern aber wird er sich diesbezüglich schnell weiter entwickeln müssen. Stichwort: der Weihnachtsmann ist nicht der Osterhase. So gut kann eine Hinrunde gar nicht sein, dass nach einem weiteren CL-Aus gegen einen schlagbaren Gegner Nag. So gesehen ist Nagelsmann (und auch Guardiola z.B.) das absolute Gegenteil von Carlo Ancelotti. Ancelotti scheint seinen Mannschaften so gut wie nichts zu vermitteln, in den meisten Spielen sind seine Mannschaften für ihr Spielerpotenzial einfach nur schlecht. Aber seine Mannschaften sind quasi immer in der entscheidenden Saisonphase auf dem Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit. In einer Mannschaft mit zu Ende entwickelten Spielern, denen man nichts mehr groß beibringen muss, ist er damit wohl eine Art Idealbesetzung, zumindest für einen einigermaßen überschaubaren Zeitrahmen
Koom 31. Mai 2022 um 13:10
Zu Kovac: Ist die Mannschaft schlechter geworden weil er ein schlechter Trainer ist oder weil ihm die Spieler weniger folgten? Das mit dem „fehlenden Respekt“ wurde mehrfach kolportiert, ich meine sogar von FCB-Seite aus. Sowas ist eine herbe Hypothek und da muss man fachlich schon sehr gut sein + Erfolg haben, um das zu drehen.
Siehe auch Rose beim BVB: So wirklich gewollt hat man ihn ja dann nicht mehr, nachdem der Dortmunder Jung Terzic auch Pokalsieger wurde. Man hat quasi mit der einen Liebe Schluss gemacht, aber sie in der WG gelassen, während man versucht hat, an einer neuen Ehe zu arbeiten. Das das scheitern musste, wenn nicht alle Rädchen greifen, ist dann auch klar. Rose als Trainer kann ich auch zu wenig beurteilen: das 2. Gladbachjahr mit der Mehrfachbelastung ging auch eher den Berg runter – beim BVB gab es das direkt im 1. Jahr + ziemlich viele Verletzte. Lag das an Rose oder einfach nur Pech? Belastungssteuerung ist in der österreichischen Liga mit einem krass individuell stärkeren Team auch viel einfacher…
Bei Ancelotti… keine Ahnung, was er genau macht. Ich vermeide es, ihn als Trainer auf ein Podest zu stellen, weil da eigentlich zu wenig spannendes kommt. Wenns gut läuft, übernimmt er einfach die Arbeit der Vorgänger und moderiert es weiter. Das Real die vielleicht abgewichsteste Mannschaft der letzten 10 Jahre ist, ist auch kein Geheimnis. Würde jetzt auch deswegen den Titelgewinn eher an der Mannschaft als am Trainer festmachen – ohne despektierlich sein zu wollen gegen Ancelotti.
Daniel 1. Juni 2022 um 16:49
Nun, wenn Kovac „von Anfang an“ von Seiten der Mannschaft kein Respekt entgegengebracht worden wäre hätte er sich ja nicht fast eineinhalb Jahre im Amt halten können. Es denkt sich ja kein Spieler „Oh, ich hab auf wikipedia gelesen: der Trainer, mit dem ich seit einem Jahr arbeite, war davor nur bei Frankfurt. Dann respektier ich den ab jetzt nicht mehr.“ Kovac hatte zu Beginn kein Respektproblem. Irgendwann ist fehlender Respekt von fehlender Kompetenz dann nicht mehr sauber zu trennen, denn wer in den Augen seiner Mitarbeiter nicht kompetent ist bekommt auch keinen Respekt. Wobei „schlechter Trainer“ natürlich relativ ist. Bayern wurde vor Kovac-von einem kurzen Intermezzo mit Ancelotti abgesehen-von Heynckes und Guardiola trainiert. Dass Kovac mit den beiden nicht mithalten kann ist wohl recht offenkundig. In Wolfsburg trifft er auf eine Mannschaft, deren Messlatte sicherlich deutlich niedriger liegt. Um deine Frage zu beantworten: die Mannschaft wurde schlechter, weswegen ihm die Spieler immer weniger folgten.
Zu Rose: dass ich die Konstruktion mit Terzic auch alles andere als glücklich fand hab ich ja schon unter die Dortmund-Diskussion geschrieben. Ich glaube aber nicht, dass darin der Hauptgrund für Roses Scheitern zu sehen ist, dafür reihen sich die Probleme unter Rose (chaotische Kaderstruktur+extreme Verletzungsanfälligkeit) zu nahtlos ein in die letzten BVB-Saisons.
Ancelotti: so hab ich ihn auch lange gesehen. Aber inzwischen hat er das einfach zu oft geschafft um noch an Zufall zu glauben. Um es mit Thomas Müller zu sagen: immer Glück ist Können. Und dass Real die „abgewichsteste“ Mannschaft ist stimmt halt auch nicht immer…eigentlich nur unter Zidane und Ancelotti.
Koom 1. Juni 2022 um 18:53
Bei Kovac sage ich ja nur, was über die Presse teils sehr kolportiert wurde.
Ich denke generell, dass er kein passender Trainer für Bayern war. Er ist vermutlich nicht „schlecht“, aber seine Aufgabe bei Frankfurt und Monaco ist eine andere als die bei einem absoluten Topklub. Kovac kann IMO gut reaktionäres Spielen, also Defensive + Kontern und bekommt das gemanaged. Bei den Bayern wird das aber irgendwann zu zu vielen Punktverlusten führen, wenn du keinen ebensolchen Gegner knacken kannst.
Um wieder zum Punkt zurückzukommen: Die Bayern „laufen“ erst mal mit jedem Trainer. Da sorgt die hohe Kaderqualität allein dafür schon. Aber sowas hält vielleicht ein halbes Jahr, manchmal 1 Jahr, dann merkt man, wenn der Trainer nicht ankommt. Sei es wegen Respekt oder fehlendem Fachwissen.
Bei Ancelotti bleib ich für mich dabei, dass er ein solider Verwalter ist. Er wird einer Mannschaft nichts Neues lehren, er wird auf dem aufbauen, was da ist. Wenn nichts da ist, dann wird er auch wenig bringen und es dann auseinandergehen. Die Bayern haben gemerkt, dass er das macht und mit starken Wortführern wie Lahm dann auch entsprechend abgesägt.
Ist er deswegen ein schlechter Trainer? Nein. Aber weit entfernt von den Klopps und Guardiolas, was das rein fachliche angeht, die aus einem Klub auch was neues machen können. Zidane sehe ich ähnlich, aber im Gegensatz zu Ancelotti kommt mir bei ihm auch noch dazu, dass er eine Mannschaft auch zusammensetzen kann und eine Lösung erfinden kann.
schwerti 11. März 2022 um 14:22
Hallo CE,
Danke für diese äußerst differenzierte Betrachtung der aktuellen Gladbacher Lage.
Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
JTF 21. September 2022 um 21:20
Doch! Der Nachfolgeartikel, was sich seit dem Trainerwechsel im Sommer und den sehr verhaltenen Maßnahmen in der Kaderplanung nun für Schlüsse ziehen lassen… Bitte 🙂
tobit 29. September 2022 um 21:53
Also ein erster Unterschied dürfte sein, dass die Kaderplanunng dieses Jahr tatsächlich stattgefunden hat. Letztes Jahr hat man ja noch weniger am Kader verändert.
Und Farke ist konzeptionell deutlich näher an Rose als Hütter, der schon speziell ist mit seinem Stürmer-Physis-Fokus und tlw Gleichzahl-Restverteidigung.