Arsenal dank Platzverweis zurück im Titelrennen

2:1

Die Wochen der meisterschaftsvorentscheidenden Spiele in der EPL sind angekommen. Bei vielen statistischen Modellen wie z.B. Michael Caleys ist diese Partie ein wichtiger Schlüssel zur Vorhersage des Meisterschaftsrennens. Mit einem Sieg Leicesters wäre Arsenal beispielsweise fast aus dem Titelrennen, Leicester hingegen hätte endgültig die Favoritenrolle inne. So sah es lange Zeit auch aus; bis zu einem Ausschluss auf Seiten der Gäste und einer dominanten letzten halben Stunde Arsenals.

Arsenal im flexiblen 4-4-1-1 ohne Ball

Die Gunners hatten in den letzten Jahren immer wieder massive Probleme in der Arbeit gegen den Ball; vielfach wurden neue Innen- und/oder Außenverteidiger gefordert, obgleich die Mängel meist nur auf höherem Niveau aufschienen und kollektiver Natur waren. In diesem Spiel waren sie geringer als in einigen anderen Partien in dieser Saison. Grundsätzlich waren die Abstände passabel, wenn auch die Intensität im Verschieben und der Druck auf den Ballführenden weiterhin nicht auf höchstem Niveau. Interessant war die Systematik ohne Ball.

Grundformationen

Grundformationen

Mit Ramsey und Coquelin auf der Doppelsechs gab es wie zu erwarten eine Abkehr von den 4-1-4-1haften Formationen, die mit Cazorla z.B. genutzt wurden; hier spielte Özil ohne Ball dann teilweise wie ein Achter. Gegen Leicester war es aber eine recht klare Doppelsechs und die linke Seite teilten sich gleich drei Spieler je nach Situation auf. Nominell war es Alexis‘ Aufgabe diese Seite abzudecken, doch immer wieder blieb er weiter vorne und versuchte sich für mögliche Konterangriffe direkt zu positionieren. Dann konnte Özil nach links rücken und das Loch neben den Sechsern füllen. Teilweise übernahm aber auch Alexis diese Aufgabe und Özil spielte in einer Freirolle, wo er direkt nach Balleroberungen anspielbar sein sollte. In einzelnen Situationen war es sogar Giroud, welcher sich zurückbewegte und den linken Flügel abdeckte.

In einigen Situationen gab es allerdings schlichtweg niemanden auf der linken Seite; obwohl Leicester mit Mahrez dort einen der gefährlichsten Spieler der Liga hat. Die Sechser schoben dann in diese Zone oder Monreal rückte aggressiv auf Mahrez heraus, während die höher postierten Özil, Alexis und Giroud teilweise Unterstützung für Mahrez verhinderten, weil Leicesters rechter Außenverteidiger sich nicht frühzeitig nach vorne wagte.

Grundsätzlich funktionierte dieses System, weil Leicester einerseits wenig vom Ball hatte und andererseits nur mit wenigen Spielern angriff. Die Unterzahlkonter verliefen sich in der Absicherung der Sechser und Innenverteidiger. Auch Monreals etwas zurückhaltende Rolle half hierbei. In Ballbesitz hatte Arsenal aber teilweise ähnliche Probleme wie Leicester.

Unterzahlproblematik, Pseudo-Überzahlproblematik

Arsenal hatte zwar deutlich mehr vom Ballbesitz, doch dies wurde ihnen großteils von Leicester auch aufgedrängt. Die Gäste formierten sich relativ tief; selten gab es höheres Pressing und die Innenverteidiger Arsenals wurden meist in Ruhe gelassen. Sowohl Vardy als auch Okazaki orientierten sich zuerst an den Sechsern Arsenals. Damit wollte man Pässe in die Mitte verhindern und Arsenal verbieten, über die Zentrale nach vorne zu kommen. Erst, wenn die Passwege auf die Sechser gesichert waren, rückten Okazaki und Vardy heraus, um zu pressen. Dann gab es aus dem eigentlichen 4-4-2-0 heraus auch 4-4-1-1 oder 4-4-2-Formationen. Vereinzelte höhere Pressingansätze überspielte Arsenal meistens durch gute Positionierungen und Entscheidungen der ihrer beiden Innenverteidiger.

Der Ballbesitz suggerierte allerdings eine Spielkontrolle für Arsenal, die so nicht da war. Arsenal hatte zwar ein paar vielversprechende Angriffe und längere Zirkulationen, konstante Durchbrüche ab es jedoch nicht. Leicester stand mit den ersten zwei Linien relativ kompakt vor dem Strafraum, sicherte insbesondere die zentralen Zonen stark ab. Die Flügelspieler konnten zwar bis zur Seitenauslinie herausrücken, wurden aber nicht entsprechend von ihren Mitspielern dabei unterstützt. Teilweise gab es größere Löcher zwischen Innen- und Außenverteidigern zu sehen, die durch das Zurückfallen der Sechser oder Flügelstürmer aus der Linie davor gefüllt wurden. Spätestens im letzten Drittel war Arsenal immer in Unterzahl, weil Leicester mit acht bis neun Feldspielern vor dem eigenen Strafraum hinter dem Ball positioniert war.

Gleichzeitig versuchte Arsenal in Ballnähe öfters Überzahl zu kreieren, was aber konterproduktiv war. Sie besetzten zu häufig dieselbe Zone und standen sehr flach in Ballbesitz, wodurch sie kaum Besetzungen des (geringen) Zwischenlinienraums hatten. Auch Verlagerungsmöglichkeiten gab es selten. Vielfach musste man über die Flügel angreifen oder mit viele Pässe über tiefe Zonen hinten im Feld spielen, um zu verlagern. Leicester konnte die Mitte dadurch fast immer gesichert halten und musste nicht dafür nicht einmal durchgehend in hohem Tempo verschieben.

Arsenals Struktur in Minute 11

Arsenals beste Kombination im letzten Drittel kam zustande, als man über eine passende Halbraumbesetzung mit einem schnellen Pass durch die geöffnete Schnittstelle hinter die Abwehr Leicesters durchbrechen konnte. Präsentere Besetzung der Zwischenlinienräume, mehr Bewegung in die dortigen Halbräume und schnelle Kombinationen sowie bessere, vermehrte Seitenwechsel hätten hierbei wohl geholfen. Leicester konzentrierte sich bewusst auf das Verteidigen in dieser Zone und wartete nur auf den womöglich entscheidenden Konter. Dieser kam kurz vor der Halbzeitpause und endete in einem Elfmeter. Ein Spieler war hier besonders wichtig.

Leicesters erfolgreiche Ablaufsimplizität

Ein Geheimnis des Erfolgs Leicesters ist, dass sie hinten stabil stehen, gegen schwächere Mannschaften höher pressen und über simple Abläufe die fundamentalen Probleme vieler EPL-Mannschaften erfolgreich attackieren können. Ein Beispiel ist hierbei der Diagonalball von Fuchs oder auch Albrighton aus dem linken Halbfeld direkt hinter die gegnerische Abwehr bei geweiteten Schnittstellten; Vardys und auch Okazakis Dynamik wird hierbei genutzt, wenn sie sich horizontal bewegen.

Doch neben Vardy und natürlich Mahrez ist ein weiterer Spieler enorm wichtig: Kante. Der zentrale Mittelfeldspieler ist ein hervorragender Balleroberer, enorm aggressiv und aktiv, kann aber auch imt Ball starke Pässe und schnelle Kombinationen spielen. Bei der Entstehung des Elfmeters war er jener Spieler, der sofort in der strittigen Foulsituation mit Özil reagierte, nach vorne stieß und letztlich auch vor Koscielny an den Ball kam, was zum Ballbesitz Vardys und dem Elfmeterpfiff führte.

Insgesamt zeigte Kante ein hervorragendes Spiel in puncto Balleroberung und sofortiger Angriffsinitiierung. Sein Partner auf der Doppelsechs, Drinkwater, kann sich darum auch verstärkt auf Absicherungsaktionen – mit und ohne Ball – konzentrieren, weil Kante als box-to-box-Spieler fast omnipräsent ist. Im Verbund mit den EPL-angepassten Abläufen, der Qualität Mahrez‘ und Vardys sowie der Erfüllung der systembedingten Aufgaben durch die anderen Einzelspieler auf hohem Niveau erklärt sich auch Leicesters aktuelle Tabellenposition. Aufgrund der roten Karte muss Raniere sein Erfolgsrezept allerdings ad acta legen.

Platzverweis und 4-4-1

Direkt nach der roten Karte für Simpson wechselten beide Trainer. Wasilewski und Gray für Mahrez und Okazaki bedeuteten frische Akteure bei Leicester und ein 4-4-1; Albrighton ging von rechts auf links, Wasilewski spielte auf der Position des rechten Außenverteidigers, teilweise wurde es in tieferen Zonen sogar ein 5-3-1. Wenger wiederum brachte Walcott für Coquelin, woraufhin Ramsey auf die tiefe Sechs ging und Arsenal insgesamt eher in einem 4-1-4-1 mit zwei aggressiven Chtern in Özil und Oxlade-Chamberlain agierte. Eine tolle Kopfballablage Girouds auf Walcott sorgten für den Ausgleich, letztlich ging sich sogar noch ein Sieg für Arsenal in der Schlussminute aus.

Fazit

Eines der unterhaltsameren und ansehnlicheren EPL-Spiele in dieser Saison, auch unter den Topspielen. Es gab das übliche Hin und Her zwischen den Räumen um die beiden Strafräum e herum, doch die Dynamik war höher als sonst, dazu zeigte Leicester wie üblich eine taktisch und strategisch gute Leistung, während Arsenal trotz einiger typischer Probleme ebenfalls interessante Eigenheiten an den Tag legen konnte. Erst mit dem Platzverweis kam aber der Sieg für Arsenal, die das Spiel daraufhin dominierten und die freien Räume nutzen konnten.

Jojo 15. Februar 2016 um 11:27

Konterproduktiv XD Geil.
Fehler oder Absicht? ^^

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blub 14. Februar 2016 um 20:06

Ein weiterer Grundn warum Leicester soweit oben steht: Mit Standards haben sie ein paar heiße Kohlen aus dem Feuer geholt.
Inzwischen werden gegnerische Trainer Fuchsteufelswild wenn ihre Spieler da nicht auf der Huth sind.

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luckyluke 14. Februar 2016 um 20:36

badum tss

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blub 14. Februar 2016 um 22:51

Das is mein ernst! Die haben ne Menge Vardyanten drauf, dieser Morgan ist zwar keine Kanté aber ganz in Ordnung.
Ein Titelgewinn wäre am Ende trotzdem eher Schmeichelhaft.

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Lenn 14. Februar 2016 um 23:34

Sag mal jemand blub Bescheid, MR hat seinen Account gehackt!!!11!elf

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Bernhard 15. Februar 2016 um 08:15

Lol

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AK 14. Februar 2016 um 18:11

Vielen Dank für die wahnsinnig schnelle und präzise Analyse !
Eine prinzipielle Frage stellt sich mir jedoch: Ranieri war vor seinem Engagement Trainer der Nationalmannschaft Griechenlands. Unter Raniere spielte Griechenland die schlechteste Quali seit Amtsantritt von Rehagel, unter anderem mit Niederlagen gegen die Faroer-Inseln.
Wie kann das sein, dass Ranieri Leicester an die Spitze der BPL führt (und auch verbleibt!) und mit Griechenland ( die sich in den letzten Jahren, trotz harscher Kritik, immer in den großen Turnieren wiederfanden) auf dem letzten Platz einer Quali-Gruppe rangierte ?
Was sagt sowas über die Qualitäten eines Trainers aus bzw. lassen sich daraus Schlussfolgerungen ziehen ? In meinen Augen scheint das ziemlich Paradox.
(Bevor jemand meint, dass er bei GR gescheitert ist, aufgrund eines qualitativ schwachen Kaders: ein Kader mit Sokratis, K.Pap, Manolas, Torosidis, Holebas und Mitroglou ist sicherlich nicht unterklassig)

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idioteque 14. Februar 2016 um 19:40

In der Premier League sind die Gegner von der Spielweise sehr homogen und haben fast alle die gleichen Schwachstellen. Leicester spielt unter Ranieri auch keinen Überfußball, aber ein System, das die Schwächen der PL-Teams sehr gut bespielt. Mit einer Nationalmannschaft (oder auch in einer taktisch besseren oder zumindest heterogeneren Liga) ist das schwieriger. Außerdem sind der Job als National- und Clubtrainer ziemlich unterschiedlich, weil sich die Trainingszeit und die Möglichkeiten bei der Kaderplanung stark unterscheiden. Vielleicht liegt ihm der Job als Nationaltrainer einfach weniger?

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felixander 14. Februar 2016 um 16:24

Irgendwie liest sich Leicester immer wie Hannover unter Slomka.
Hat dieses Ergebnis denn wirklich Aussagekraft fürs Titelrennen? Arsenal verliert das nächste Spiel, weil sie ihre PS nach wie vor nicht auf die Straße bringen; Leicester setzt seinen Lauf einfach fort, weil sie keinen wichtigen Spieler verloren haben und Mahrez sogar schonen konnten.

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