Bayer Leverkusen – Shakhtar Donezk 4:0

Gegen den ukrainischen Meister fokussierte Bayer Leverkusen auf das Zentrum und beherrschte vor allem in der ersten Halbzeit Shakhtar. Individuelle Fehler der Ukrainer ermöglichten zudem ein eindeutiges Endresultat zugunsten des Bundesligisten am dritten Spieltag der Champions-League-Gruppenphase.

Grundformation

Grundformation

Grundformation

Von der Papierform her nahm Sami Hyypiä keine Änderung an der Grundformation vor und stellte seine Mannschaft im üblichen 4-3-3 auf. Simon Rolfes übernahm die Reinartz-Position. Dafür rückte Emre auf der rechten Halbposition in die Startaufstellung. Gegen den Ball ergab sich zu Spielbeginn bei Bayer 04 in vielen Fällen ein Tannenbaum, wobei Can und Castro breiter standen als die zwei Offensivkräfte hinter Kießling. Dabei hatten die beiden Achter wechselnd den Zugriff auf einen aufrückenden Außenverteidiger oder auf den offensiven Flügelspieler.

Mircea Lucescu ließ seine Mannschaft im gewohnten 4-2-3-1 auflaufen. Dabei zog der nominelle rechte Mann in der offensiven Dreierreihe früh nach innen und überließ Dario Srna die rechte Seite. Zudem presste Shakhtar in einer 4-2-4-Formation, wobei die letzte Reihe deutlich bereiter blieb. Zwischen den beiden Ketten befand sich der Doppelsechserblock, wobei es wenig gestaffelte Bewegungen zwischen Tomas Hübschman und Fernando gab und beide häufig auf einer Höhe blieben. Die Grundformation überraschte bei den Ukrainern nicht, vielmehr war die defensive Einstellung nicht vorherzusehen.

Zentrumsfokus bei Bayer

Sehr schnell nach dem Anpfiff wurde deutlich, dass Sam und Son im Bereich hinter Stefan Kießling nicht so breit spielten, sondern sich vielmehr im Schatten des Neuners aufhielten. Durch die stärkere Besetzung der offensiven Halbpositionen wurde die Doppelsechs der Ukrainer beschäftigt, da Son und Sam häufiger in den Rücken der beiden Sechser schoben und sich in diesem Zwischenlinienraum für Zuspiele anboten. Hinzu kam das Verhalten von Kießling, der sich auffällig oft fallen ließ und längere Vertikalbälle verarbeitete oder weiterleitete, soweit Son oder Sam ihn hinterliefen.

Auch beim 1:0 in der 22. Minute war Kießling in Folge eines weit aufgerückten Gegners tief in der eigenen Hälfte, behauptete dort den Ball gegen mehrere Spieler und leitete ihn auf Son weiter, dessen Schuss mit etwas Glück auf die rechte Seite abgeblockt wurde, wo Donati die Flanke zum Kopfballtreffer bringen konnte.

Passives Shakhtar

Die Gäste aus der Ukraine überraschten vor allem in der ersten Halbzeit mit einer äußerst tiefen Staffelung. Beim Spielaufbau der Leverkusener passierte das erste Anlaufen zuweilen erst an der Mittellinie oder sogar noch dahinter. Dabei schoben Luiz Adriano und Alex Teixeira auf eine Linie und versuchten für Rolfes oder die spielaufbauenden Innenverteidiger die Mitte für Pässe zu versperren. Interessanterweise rückten auch die beiden nominellen Flügelspieler Taison und Douglas Costa stark ein, sodass ein zusammengezogener Viererblock entstand. Sofern sich dieser noch an der Mittellinie bewegte, wurden die beiden Außenverteidiger von Bayern 04, die schon früh im Spielaufbau weit nach vorn gingen, frei gelassen und erst angelaufen, wenn der Ball auf ihre Seite ging.

War Leverkusen länger im Besitz des Balles, so rückten die vordersten Spieler von Donezk noch weiter zurück und waren mindestens auf Höhe mit den beiden Achtern Can und Castro. In Folge dieser tiefen Position patrouillierte die Doppelsechs der Gäste mit sehr wenig Abstand vor den beiden Innenverteidigern. Da Bayer 04 selbst nicht sehr breit agierte, ergab sich längere Zeit ein eher zerfahrenes Spiel im Zentrum. Dabei unterstützten die beiden Achter nur selten die aufgerückten Außenverteidiger, wodurch diese sehr isoliert waren. Erst tief im letzten Drittel zogen dann Son und Sam auf den Flügel, sofern der Ball über ihre eigentliche Seite kam. Mit dieser Aktion entzogen sie sich wiederum sehr schnell dem Zugriff der Sechser, die sich ansonsten sehr häufig an den beiden fluiden Offensivspielern orientierten. Mit dem späten Ausweichen nach außen wurden außerdem Donezk Außenverteidiger überrascht, die sich mit einer plötzlichen Überladung konfrontiert sahen, da ihre eigentlichen Flügelpartner viel zentrierter standen.

An sich entsprach die erste Halbzeit nicht der Spielphilosophie von Shakhtar, die in der Regel viel höher stehen und das ständige destruktive Spiel gegen den Ball nicht bevorzugen. Dass es gleichzeitig nur selten gefährliche Umschaltsituationen durch das Team von Mircea Lucescu im ersten Spielabschnitt gab, schmälerte den Gesamteindruck zusätzlich. Zumeist war das Pressing nicht intensiv genug und Leverkusen in vielen Phasen zu passsicher, als dass sich die Schnelligkeit der Offensivkräfte einsetzen ließ. Eine Szene in der 32. Minute verdeutlichte allerdings, inwieweit Leverkusen doch auch anfällig war. Bayer versuchte mit frühem Gegenpressing Yaroslav Rakitsky unter Druck zu setzen, der aber von Taison Unterstützung bekam und der Brasilianer konnte einen Vertikalball durch den linken Halbraum spielen, wo Alex Teixeira aus seiner mittigen Position zur Strafraumgrenze startete. Da Donati wieder aufgerückt war, stand Teixeira im Eins-gegen-Eins gegen Ömer Toprak, konnte die Gelegenheit aber nicht nutzen. Derartige Offensivaktionen waren jedoch rar gesät.

Umstellung ohne große Wirkung

Zur zweiten Halbzeit brachte Lucescu für Taison den jungen brasilianischen Flügelspieler Bernard und verordnete seiner Mannschaft eine offensivere und stärker in die Breite angelegte Spielweise. Spätestens nach dem Elfmetertreffer durch Simon Rolfes in der 50. Minute öffnete Shakhtar die Räume und stellte Douglas Costa sowie Bernard viel breiter. Beide wurden zudem von den Außenverteidigern stärker unterstützt, die entweder die Seite überluden oder im Rücken ihres Vordermanns in die Mitte zogen und eine Anspielstation im Rückraum bilden sollten. Auch der Doppelsechserblock positionierte sich nach der Halbzeitpause höher, was wiederum einen Stabilitätsverlust zur Folge hatte, sofern Bayer schnell in die gegnerische Hälfte vordrang.

Ein Problem bei den Gastgebern wurde aber zeitweise deutlich. In einigen Szenen geschah das Umschaltspiel gewollt oder ungewollt zu langsam. Kongruent zu den letzten Spielen war Bayer nach Balleroberung die Kontrolle wichtiger als mit riskanten Vertikalpässen sofort dem Gegner einen zweiten Ball zu ermöglichen. Im zweiten Spielabschnitt belagerten die beiden Achter wieder vermehrt das Zentrum und Son sowie Sam bezogen die Seiten und spielten mannorientiert gegen die aufrückenden Außenverteidiger.

Trotz einiger defensiver Unaufmerksamkeiten gab es für Bayer 04 nur noch wenig Gefahr, zumal durch das 3:0 bereits nach rund einer Stunde die Partie vorentschieden war. Beim Tor von Sam war es wieder der fallende Kießling der im Mittelfeld das Kopfballduell gewann und auf Son weiterleitete, der Sam in Szene setzen konnte. In der Schlussviertelstunde wurde Donzek Spiel zunehmend wilder und offener. Die Umschaltsituationen spielte Bayer aber in der Regel unpräzise aus. Anscheinend ließ der Kraftverlust keinen finalisierten Konter mehr zu.

Fazit

Insgesamt war es eine ereignisarme und in dieser Form nicht zu erwartende Partie. Die abwartende und defensive Haltung von Donezk ist eher untypisch für den ukrainischen Serienmeister. Bayer 04 verstand es aber auch, gezielt die schnellen Offensivkräfte ihrer Stärken zu berauben. Zumindest in der ersten Hälfte wurden die gegnerischen Flügelspieler ins Zentrum gezogen. Frühestens nach der ersten halben Stunde setzte Shakhtar verstärkter auf die Schnelligkeit von Taison oder Douglas Costa, ohne dabei eine Vielzahl von Chancen zu kreieren.

Was fiel sonst noch auf? Emre Can konnte im Mittelfeld weitestgehend überzeugen. Ob es am vorgesehenen fluiden Spiel der Achter lag, die zwischen Außenbahn und Zentrum pendeln sollten, kann man nicht genau sagen. Aber Can hatte viele Ballkontakte und war auch effektiv, wenn er neben Rolfes rückte oder im Halbraum den Ballführenden attackierte.

Alles in allem zeigte Leverkusen eine erneut nüchterne Vorstellung. Im ersten Spielabschnitt war das Team auf Kontrolle bedacht. Nach der Pause, als die Ukrainer offensiver wurden, hatte Bayer auch kein Problem damit, sich zurückzuziehen und im eigenen Stadion dem Gegner das eine oder andere Mal gezielt den Ball zu überlassen und dabei die möglichen Passwege zu verknappen. Trotz einzelner Unaufmerksamkeiten wirkte der Bundesligist sehr souverän und konnte durch die Treffer zudem an Sicherheit gewinnen.

In der Gruppe hat sich Bayer 04 auf den zweiten Tabellenplatz geschoben. Interessant wird sein, inwieweit sich das Spiel in Donezk vom Auftritt am Mittwochabend unterscheiden wird. Die Ukrainer werden sicherlich aggressiver und offensiver von Beginn an auftreten und Bayer mehr unter Druck setzen.

INKAKÖNIG 25. Oktober 2013 um 17:37

Zuerst ein großes Danke an die Redaktion, ihr seid die bei Weitem einzige deutsche Seite, die ich als inhaltlich zu 100% wertvoll betrachte.
Zum Spiel: Ich war vor Ort und hatte einen wunderbaren Blick auf das Geschehen (Höhe Mittellinie) und kann die Ausführungen durchaus bestätigen. In der 1.HZ war LEV sehr unkonzentriert, nur Rolfes war im Mittelfeld auf der Höhe. Das Tor fiel aus dem Nichts, eigentlich hatten wir auf einen Konter von Donezk gewartet, als auf einmal die Flanke von Donati kam. Vor allem Can war in der gesamten 1. HZ ein richtiger Nervenbündel und wurde ab der 25. Minute nur ungerne angespielt, man konnte deutlich sehen, dass vor allem Toprak den angefangenen Pass stoppte und lieber verschob. In der 2. HZ wurde es besser aber man konnte sehen, dass weder Can noch Castro ausreichend Spielpraxis haben, zumal Hyypiä eine Stammelf hat und nur ungerne jmd reinrotiert. Wenn es so weiter geht wird LEV im Frühjahr einbrechen.
Von Donezk war ich sehr enttäuscht, ich hatte ein ganz anderes Spielniveau erwartet.

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AP 25. Oktober 2013 um 11:15

Ich frag mich bei der Werkself, warum Son nicht sooo die Dynamik und den Zug zum Tor hat, welche ihn beim HSV so ausgezeichnet hatte… Irgendwie wirkt er nicht so integriert in das System…

Oder habt ihr da einen anderen Eindruck?

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Koom 25. Oktober 2013 um 12:03

Meine Vermutung:
Zum einen hat Leverkusen eine andere Spielanlage als der HSV. Hyppiä lässt sehr tief und defensiv spielen, es sind zudem auch sehr viele defensiv denkende Spieler auf dem Platz. Im Grunde sind es ja nur die beiden Flügelleute und der Mittelstürmer, die (meistens) gelernte Offensivleute sind.

Zum anderen ist Leverkusen etabliert als Nr. 3 oder 4 der Bundesliga. Sie spielen vermutlich idR gegen Gegner, die dann defensiver und konzentrierter agieren, als sie es bspw. letzte Saison gegen den (wankelmütigen) HSV getan haben.

Ich denke, diese beiden Faktoren sind hauptverantwortlich.

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AP 25. Oktober 2013 um 13:20

Spontan kam mir der Gedanke, dass er zu weite Wege gehen muss. Das würde dem entsprechen, was du als „defensiver als der HSV“ bezeichnest.

Schade eig. finde der Bub hat mega Potenzial

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