AS Roma – Lazio 0:1

Das Finale der „Coppa Italia“ war zugleich auch das „Derbi della Capitale“ zwischen den beiden Traditionsvereinen aus der Hauptstadt.

Schlussendlich ging es bei diesem immens wichtigen Spiel nicht nur um den Pokal- und Derbysieg, sondern auch noch um das europäische Geschäft. Gegenüber dem formstarken Udine haben beide Mannschaften die internationalen Ränge hauchdünn verpasst – dies bedeutete, dass der Sieger dieser Partie den Europa-League-Startplatz über den nationalen Pokal erhalten und der andere komplett leer ausgehen würde.

coppa roma-lazio

Grundformationen erste Halbzeit

In einem Spiel mit vielen Mannorientierungen war es das Ziel beider Mannschaften, den Gegner früh zu langen Bällen zu verleiten und damit auszunutzen, dass die sehr beweglichen Mittelstürmer – Destro und Klose – jeweils nur bedingt als Fokuspunkte für solche Anspiele dienen konnten.

Dafür agierten die Teams recht aggressiv im Pressing. Bei der Roma rückte Totti in eine 4-4-2-Formation auf und auch die Außenverteidiger wurden bei Möglichkeit unter Druck gesetzt. Allerdings agierten die Spieler oftmals inkonsequent, so dass besonders der eigentliche Mittelfeldspieler Cana sich manchmal befreien und einige Bälle ins Spielfeldzentrum bringen konnte. Dort liefen sich die Achter der Laziali gut in offenen Räumen frei, die von Ledesma oder anderen Kollegen aufgezogen wurden. Insgesamt musste Lazio daher nicht so häufig zum langen Ball greifen, wie die Roma das wohl gerne gehabt hätte.

Wie üblich arbeitete Lazio im Pressing viel mit der Nutzung des Deckungsschattens, was bei der Roma viel seltener zu sehen war. Häufig rückte Lulic zusätzlich zu Klose vor und versuchte dabei, den gegnerischen Rechtsverteidiger Marquinhos nicht anspielbar zu machen. Auch Klose trennte die Innenverteidiger mit gutem Anlaufen voneinander ab, drückte das Spiel der Roma auf die linke Seite und trieb Leandro Castán dort immer wieder in semi-enge Räume. Weil die Roma sich viel zu einfach auf diese Weise leiten ließ und Castán sehr frühzeitig zum langen Ball griff, wurde das Kombinationsspiel seiner Mannschaft weitgehend erstickt

Ähnliche Offensivprobleme auf beiden Seiten

Generell wurden die Mannschaften kaum wirklich gefährlich – weder im Anschluss an die langen Bälle, noch durch Situationen, in denen sie sich kontrollierter nach vorne arbeiten und die ersten Linien des Gegners auch mal überspielen konnten. Entscheidend war jeweils die Tatsache, dass es an Aufrücken fehlte.

Bei der Roma gingen meist nur die vier Offensivspieler und Balzaretti über die Mittellinie, doch hatten sie auf diese Weise weder Präsenz auf die zweiten Bälle noch für ein Zusammenspiel. Zwar konnte der gelegentlich abkippende de Rossi dem Lazio-Pressing manchmal ausweichen und verteilte dann die Bälle auf die variablen Offensivakteure, die das Leder in immer anderen Räumen forderten. Doch nach einem Anspiel waren die jeweiligen Spieler stets auf sich alleine gestellt und verloren den Ball in ihrer Unterzahl. Die lange Zeit einzigen beiden guten Szenen entstanden für die Roma, als einmal Rechtsverteidiger Marquinhos und einmal Bradley beherzt mit vorstießen.

Auch bei Lazio waren meistens nur fünf oder weniger Spieler an den Angriffen beteiligt – neben Klose, Hernanes und den beiden Außen auch noch Rechtsverteidiger Konko. Dabei war der bekannte Flügelfokus der Mannschaft von Vladimir Petkovic auffällig, konnte allerdings kaum für Durchschlagskraft sorgen. Immer wieder stießen Candreva und Konko auf eher plumpe Weise auf der Außenbahn nach vorne, liefen sich gegen eine logische Unterzahl aber oftmals fest. Nur wenn die offensiven Außen in zentralere Bereiche einrückten und ihren Außenverteidigern die Seite überließen, wirkte Lazio in der einen oder anderen Szene gefährlich und kam zu ordentlichen Abschlüssen aus dem Raum vor dem Sechzehner.

Alles in allem ergab sich ein ziemlich enttäuschendes Spiel auf schwachem Niveau – wenig Unterhaltsames, wenig Aufregendes und wenige Torchancen. Lazio hatte nicht nur in dieser Saison immer wieder viele Partien, bei denen sie offensiv enttäuschend agierten. Dagegen ist die Roma  normalerweise konstruktiver und torgefährlicher, wollte in diesem Spiel aber augenscheinlich etwas vorsichtiger agieren und wurde darüber hinaus von den defensivstarken und anpassungsfähigen Laziali unter Kontrolle gehalten.

Veränderungen und die Entscheidung

Dabei muss man allerdings anmerken, dass sich die Begegnung in der zweiten Halbzeit steigerte, was auch mit veränderten Ausrichtungen zusammenhing, besonders auf Seiten von Lazio. Bei diesen gab es nach wenigen Minuten im zweiten Durchgang einen offensiven Wechsel, indem mit Mauri ein spielmachender Akteur für den absichernden Sechser Ledesma gebracht wurde. Weil dadurch die Formationen nicht mehr gespiegelt waren, wurden allerdings in defensiver Hinsicht die Mannorientierungen der Himmelblauen etwas schwieriger. Einerseits kam dadurch die rechte Seite der Roma besser ins Spiel, andererseits öffnete sich die Begegnung generell mehr, weil einzelne Spieler nicht mehr so konsequent verfolgt wurden. Dies bedeuete beidseitig ein wenig mehr Gefahr im Angriff.

Im Rückblick machte sich dieser Wechsel dann auch durchaus bezahlt, da der ansonsten nur durchwachsen spielende Mauri maßgeblich am Siegtor für Lazio beteiligt war. Auch wenn sich die Grundsituation, bei der vier Spieler einfach auf einer Linie im Mittelfeld herumstanden, alles andere als optimal darstellte, war der Treffer doch durchaus interessant, da Lazio  einen der vielen Unterzahlangriffe einmal effektiv ausspielen konnte. Paradoxerweise profitieren sie davon, dass sie sogar noch weniger aufrückten als üblich. Es war auf halbrechts eine Kombination zwischen Candreva und dem außen helfenden Mauri, die Lulic´ Treffer vorbereitete – weil Rechtsverteidiger Konko einmal nicht mit nach vorne ging, wurde dessen Gegenspieler nicht in den Pulk gezogen, was die Situation für die beiden Vorbereiter erleichterte. Die Roma wechselte im Anschluss offensiv, brachte den lange auf der Bank schmorenden Stürmer Osvaldo, scheiterte in der Endphase aber an einer zu improvisiert wirkenden Ausrichtung und Lazios Strafraumverteidigung, die diesen ohnehin gut liegt.

Fazit und Lehren

  • Lazio als Pokalsieger für das europäische Geschäft teilnahmeberechtigt.
  • Die Roma muss an ihrer Sicherheit im Spielaufbau arbeiten, wo sie sich aktuell noch zu sehr von gut abgestimmter Arbeit gegnerischer Offensivkräfte leiten lassen, und ebenso mehr Kompaktheit im Pressing entwickeln. Ein weitflächig spielstärkerer Gegner als Lazio würde die Mittelfeldlöcher konsequenter nutzen.
  • Bei Lazio gibt es die typischen Problemstellen (Aufrücken, geordnetes Offensivspiel, Kreativität,  Verbindungen im Angriff) und ebenso die gewohnten Stärken (kollektive Defensive und gute Pressingpläne, Strafraumverteidigung, Anpassungsfähigkeit im Abwehrverhalten, Erzwingen von Toren in wichtigen Spielen).
  • Kleine Lehre für Unterzahlangriffe: Wenn man in solchen Situationen immer wieder scheitert, sollte man natürlich versuchen, diese Aktionen kollektiver aufzuziehen. Wenn man dies aus bestimmten Gründen allerdings nicht möchte, kann es effektiv sein, das Aufrücken noch einmal zu verringern, um gegnerische Spieler aus den bespielten Räumen wegzuhalten und der Verengung jener Bereiche entgegenzuwirken. Dabei muss natürlich stets das Verhalten der gegnerischen Mannschaft und die Situation mit einbezogen werden, ebenso wie die eigenen Spieler sich je nach Lage passend verhalten müssen.

JayM 2. Juni 2013 um 14:44

Habe jetzt erst den Artikel gesehen 🙂
ja das Spiel war eher mau, was aber weniger an der abrufbaren Leistung der beiden Teams liegt, sondern weil Verlieren absolut verboten war! Da hat eher die Angst vor dem Versagen mitgespielt als mangelndes Können.

Ledesma ist auch nur wegen einer Verletzung ausgewechselt worden btw

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king_cesc 30. Mai 2013 um 12:36

Petkovic verlängert. (http://www.transfermarkt.de/de/lazio-petkovic-vor-verlaengerung/news/anzeigen_124088.html)

Bleiben die Probleme, die er jetzt eine ganze Saison nicht in den Griff bekommen hat oder denkt ihr er kann sein System verbessern?

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firedo 28. Mai 2013 um 17:15

interessant

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BP 28. Mai 2013 um 17:02

Kurze Randnotiz. Lorik Cana wurde zu einem Innenverteidiger umfunktioniert. Spielt seit Jahren in der albanischen Nationalmannschaft, sowie seit dieser Saison bei Lazio, diese Position.

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SF 28. Mai 2013 um 15:42

Hätte noch eine Frage:
Wieso versuchte Lazio das Spiel von Marquinhos fernzuhalten?
Ist er ein wichtiger Bestandteil des Aufbauspiels der Roma?

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GH 28. Mai 2013 um 16:29

Vielleicht um auch die Verbindung zu Lamela zu kappen, der um einiges offensiv stärker ist, als Marquihno (ohne „s“).
Sonst kenne ich auch keinen Grund, weil Marquihnos (mit „s“) eigentlich offensiv schwach ist.

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