Kurz ausgeführt: Wolfsburgs Fortschritt unter Dieter Hecking

Die Ergebnisse sagen es noch nicht unbedingt aus und auch die Leistungen waren größtenteils durchwachsen – doch Dieter Hecking hat bereits einen deutlichen Fortschritt bei den Niedersachsen erzielt.

Stabilere Defensive

Nürnbergs Mannorientierungs-Defensivspiel beim Hinrunden-1:1 gegen die Bayern

In seinen erfolgreichen Nürnberger Zeiten war das Markenzeichen von Dieter Heckings „Clubberern“ eine solide Defensivstärke, die sich aus einer balancierten Mischung aus anpassungsfähigen Hybridformationen und situativ intelligent ausgeführten Mannorientierungen speiste. Immer wieder brachte er die großen Vereine wie Bayern, Dortmund und Schalke mit seinen Defensivkonzepten in Schwierigkeiten und erarbeitete seiner Mannschaft den Ruf, gegen den Ball eines der besten Teams der Liga zu sein.

Auch in Wolfsburg zeigen sich Fortschritte in diese Richtung, wenngleich die Mannschaft bei weitem noch nicht so kohärent wirkt wie Heckings Nürnberger auftraten und sich die Verbesserungen mit 13 Gegentoren in 9 Rückrundenspielen noch nicht unbedingt statistisch widerspiegeln. Doch nicht nur gegen die Bayern konnten die defensiven Mittelfeldspieler in der flexiblen Spielweise bereits überzeugen, während die Außenspieler – meistens Viereinha rechts und Perisic oder Olic auf links – sich in der Defensivarbeit deutlich gesteigert haben und mit erhöhter Disziplin ihre vorhandenen Qualitäten verstärkt ausführen.

Mehr als Flankenspiel

Doch kann man ohnehin darauf vertrauen, dass Hecking in Sachen Defensivarbeit und kollektivem Auftreten – eben einem nachgewiesenen Spezialgebiet – die Wolfsburger noch auf ein sehr hohes Niveau bringen wird. Die weiterhin spannendere Frage ist stattdessen, wie Hecking mit mehr personeller Qualität das Offensivspiel seiner Mannschaft anlegt und wie spielerisch stark sein VfL Wolfsburg agieren kann.

Ebenso wie seine Nürnberger in den vergangenen eineinhalb Jahren waren auch die Wölfe zum Ende der Hinrunde eine Mannschaft, die sich in der Offensive auf ein eher einfaches sowie konsequentes Flügel- und Flankenspiel fokussierte. Dies schien eine passende Grundlage für Heckings Wechsel, der diesen Stil auch beibehielt und in bestimmten Phasen immer wieder etwas mehr darauf zurückgriff. So waren es am Freitag gegen Düsseldorf wieder 32 Flanken, die in den Strafraum der Fortuna segelten.

Allerdings ist seit dem ersten Spiel der Rückrunde auffällig, dass Hecking versucht, immer mehr spielerische Elemente und Strukturen in das gesamtmannschaftliche Spiel einzubetten – angelehnt an jene Kombinationsstärke, die die Nürnberger gerade in der Saison 2010/2011 mit interessanten asymmetrischen Formationen und dem starken Zusammenspiel aus Simons, Gündogan und Ekici auszeichnete.

Wolfsburgs spielerischer Fortschritt

Wolfsburg beim Auswärtsspiel in Fürth

In einer ganzen Reihe von Spielen hatten die Wolfsburger einen enorm hohen Ballbesitzwert (jeweils 71 % gegen Hannover und Düsseldorf) und versuchten, aus dieser kontrollierten Stellung mit viel spielerischem Anteil zu ihren Chancen und Toren zu kommen. Beim Auswärtsspiel in Fürth wurde beispielsweise die rechte Seite überladen, wo sich Diego, der etwas eingerückte Vierinha und der offensive Fágner ballten, während Träsch als halbrechter Sechser den nach außen rochierenden Raumschaffer und Absicherungsspieler für Fágner gab.

Aus der Tiefe verteilte Kollege Polak die Bälle und betätigte sich überdies als Füllspieler wichtiger Räume in zentralen und halbäußeren Bereichen im beweglichen Wolfsburger Konstrukt, das von Perisic komplettiert wurde, der immer wieder in die Halbräume abkippte und bei der Spielgestaltung unterstützte. Das Problem war allerdings, dass die Arbeit der vielen zuarbeitenden und unterstützenden Akteure nur von einem dominanten Spielmacher genutzt wurde – Diego auf der Zehn, doch ein spielstarker Sechser oder Achter fehlte.

Auch am Freitag gegen Düsseldorf gab es trotz der vielen Flanken einige ansehnliche Spielzüge zu sehen wie zum Beispiel in der Phase um das Ausgleichstor herum, doch es fehlte ebenso an der Konstanz dieser Phasen und der letzten durchschlagenden Kraft. Erneut waren gute bis sehr gute Strukturen vorhanden, ebenso der Wille, diese auszuspielen, doch Josué und Träsch schafften es nicht durchgehend, diese Strukturen auch zu bedienen, wenngleich Kahlenberg als Achter bereits ein Schritt in die richtige Richtung war. Vierinha rückte engagiert ein, Olic bewegt sich geschickt und pendelte zwischen Raumschaffen und Raumnutzen, doch oftmals mussten die drei Offensivkräfte die Angriffe im letzten Drittel alleine ausführen und bekamen nicht die Unterstützung von hinten, weshalb es ihnen an der letzten Veredelung fehlte.

kurz ausgeführt wobs fortschritt vs f95

Wolfsburgs Offensivspiel in der 2. Halbzeit gegen Düsseldorf

Sehr interessant und mit guten Anlagen präsentierte sich in jenem Spiel übrigens der auf dem linken Flügel spielende Orozco, welcher bereits vor zwei Jahren bei der Copa America positiv aufgefallen war. Unbewusst stand er ein wenig sinnbildlich für die derzeitige Wolfsburger Offensivsituation, auch wenn dieses Gesamtbild und sein individuelles Spiel natürlich in keinem taktischen Zusammenhang stehen – es geht einfach nur um die Darstellung.

In einer Mannschaft, in der er zwar oft trainiert, aber kaum Einsatzzeiten im Wettspiel erhalten hat, fand sich Orozco schnell zurecht und zeigte gute Ansätze. Der wenige Venezolaner zeigte eine Mischung aus Kombinations- und Dribbelstärke, die auch die Spieler auf Heckings Hybridpositionen in Nürnberg an den Tag legten. Zwar ist Orozco nicht der typische Spielmacher und seine Effektivität sowie Entscheidungsfindung waren noch nicht ideal, doch zeigte er beispielsweise bei der Vorlage zum 1:1 bereits eine gute Genauigkeit und Geradlinigkeit.

Am meisten beeindruckten aber seine geschickten Freilaufbewegungen, mit denen er sich ständig in gute Positionen und freie Räume bewegte – alleine genutzt werden konnte dies gesamtmannschaftlich noch nicht vollständig, weil die konstanten Zuspiele aus dem Sechserraum ebenso fehlten wie die konstanten nachrückenden Optionen zur Spielfortsetzung. Heckings Wolfsburg zeigt deutliche Fortschritte und erntet bereits erste Früchte der harten Arbeit, ist vielleicht sogar schon weiter, als vielerorts wahrgenommen, hat aber dennoch noch genügend Luft nach oben und Punkte, die es zu verbessern gilt. Gespannt darf man sein, wie Hecking mit einer Transferpause im Rücken seine Truppe zur neuen Saison gestalten wird.

Dennis 18. März 2013 um 12:11

Du willst einen anderen Stürmer beim VfL haben, weil dir Dosts Spielweise nicht gefällt und wünschst dir gleichzeitig Spieler, die den selben Typ verkörpern?

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Jan 18. März 2013 um 01:46

Ganz klar ein spielstarker 6er! Ein Benat wäre natürlich ein Traum, aber ohne internationales Geschäft nicht zu holen.

Desweiteren meiner Meinung nach ein Stürmer, Dost ist eine Katastrophe wenn dieser auf dem Platz steht, spielt mein VfL in Unterzahl. Hier würde ich spontan an einen Barrios, Schieber oder Petersen denken. Helmes wäre denke ich als alleinige Spitze verloren genauso wie Olic. Im Sommer kommen sonst noch Polter und Koo zurück, mit beiden würde ich definitiv planen.

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King_Cesc 17. März 2013 um 19:38

Wenn ihr auf dem Transfermarkt tätig sein dürftet, welche Spieler wären richtig für Wolfsburgs System? (Bitte keinen Ronaldo nennen 😉 )

Auf welche Position fehlt es am Meisten?

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martin 18. März 2013 um 09:44

ich würde mal vermuten, dass ein spielstarker 6er diego ganz gut tun würde.
ebenso ein spielstarker innenverteidiger.

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flamewars 18. März 2013 um 10:04

Genau dies sind die Positionen!
Es fehlt ein strukturierender Spieler hinter Diego, der das Spiel gestalten kann. Polak kann das in Ansätzen, sein Vertrag läuft allerdings aus und ganz ideal sehe ich ihn hier auch nicht aufgehoben. Sehe in ihm eher den dynamischeren 6er (vom Typ her eigentlich ein wenig Träsch ähnelnd) und nicht den Strategen. Nur ist er auch spielerisch der beste 6er, Hasebe scheint hier auch keine wirkliche Rolle zu spielen.
Neben Naldo gibt es niemanden der in der IV wirklich konstant seinen Anteil zum Aufbau leisten kann. Madlung hat es gegen Düsseldorf versucht und marschierte mit Ball häufiger in die Düsseldorfer Hälfte, aber bei ihm fehlt es schlicht an Klasse in diesem Bereich.

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flamewars 18. März 2013 um 10:07

Genau dies sind die Positionen!
Es fehlt ein strukturierender Spieler hinter Diego, der das Spiel gestalten kann. Polak kann das in Ansätzen, sein Vertrag läuft allerdings aus und ganz ideal sehe ich ihn hier auch nicht aufgehoben. Sehe in ihm eher den dynamischeren 6er (vom Typ her eigentlich ein wenig Träsch ähnelnd) und nicht den Strategen. Nur ist er auch spielerisch der beste 6er, Hasebe scheint hier auch keine wirkliche Rolle zu spielen.
Neben Naldo gibt es niemanden der in der IV wirklich konstant seinen Anteil zum Aufbau leisten kann. Madlung hat es gegen Düsseldorf versucht und marschierte mit Ball häufiger in die Düsseldorfer Hälfte, aber bei ihm fehlt es schlicht an Klasse in diesem Bereich.
Ich würde zusätzlich allerdings noch die Position des Mittelstürmers nehmen. Weder Dost, noch Helmes oder der evtl. zurückkehrende Polter (oder Scheidhauer) passen hier wirklich zu Heckings Vorstellungen. Olic hat das jetzt zwei Spiele ganz ordentlich gemacht. Ihm fehlt es leider am technischen Vermögen und er alleine wäre für diese Position auch zu wenig. Deshalb sehe ich hier auch Handlungsbedarf.

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