VfL Wolfsburg – 1. FC Köln 1:0

Magaths VfL gewinnt ein unattraktives Heimspiel gegen den FC aus Köln verdient 1:0. Mit fünf eingesetzten Neuzugängen in ihren Reihen stellten die Wölfe dabei Saisonrekorde bei Ecken und Flanken auf. Nicht verwunderlich, denn Kombinationsspiel gab es bei diesem Spiel kaum.

Die Startformationen.

4-4-2 hoch gegen tief

Beide Teams traten im 4-4-2 an. Die Interpretationen waren dabei allerdings sehr unterschiedlich: Köln spielte standardmäßig im Solbakken-System, auf direktes Konterspiel ausgerichtet, mit positionstreuen, engen Viererketten. Die Besetzung war auch im Wesentlichen gewohnt, mit Kapitän Riether im Zentrum neben Lanig, schnellen offensiven Flügelspielern und soliden Außenverteidigern. Im Sturm kam Novakovic neben Podolski zurück und prägte das Spiel taktisch sehr, da Köln viele seiner langen Bälle auf den langen Slowenen schlug.

Wolfsburg hingegen spielte mit etwas größeren Abständen zwischen den Reihen, insbesondere die Sechser Jiracek und Polak agierten höher als ihre Gegenüber. Wolfsburg presste dabei deutlich früher als Köln, griff das gesamte Spiel lang etwa Mitte der gegnerischen Hälfte an. Interessant war die Personalwahl in Wolfsburgs Offensive: Rechts spielte mit Dejagah ein Offensiv-Allrounder, der sich oft Richtung Strafraum orientierte, während links Außenverteidiger Schäfer zur Grundlinie ging. Aber vor allem die Besetzung des Sturmzentrums war überraschend, denn Vieirinha, als Flügelspieler, und Koo, als eher zentraler, spielmachender Mittelfeldspieler, sind beides keine eigentlichen Mittelstürmer. Dementsprechend ließ sich Koo gelegentlich etwas zurückfallen, was in Verbindung mit Dejagahs diagonalen Vorstößen die wenigen guten spielerischen Momente der Partie brachte. Vieirinha wich manchmal etwas zum Flügel aus, das hatte aber keinen nennenswerten Effekt und wirkte ungeplant.

Da die Angriffe von beiden Teams aber meist sehr direkt geführt wurden und es wenig Fluidität gab, entwickelte sich über weite Strecken ein taktisch wenig interessantes Spiel mit sehr klaren Zuordnungen und vielen direkten Duellen.

Die unterschiedlichen Höhen der Formationen prägten das Spiel daneben am entscheidensten. Die Partie fand zum Großteil in der Kölner Hälfte statt, wobei das aber nicht durchgängig an Wolfsburger Dominanz lag. Gerade mal 52% Ballbesitz für die Gastgeber lassen erahnen, dass Köln nicht klassischerweise hinten hereingedrückt wurde.

Der Grund für die Verlagerung in Kölns Hälfte war vor allem der erwähnte Pressingunterschied. Außer in der Anfangsphase pressten die Kölner meistens erst ab dem eigenen Drittel, während Wolfsburg durchgängig schon vor dem Mittelfelddrittel draufging.

Köln reagierte auf dieses Pressing außerdem, indem sich die Viererkette im Spielaufbau sehr weit zurückzog. Geromel und Pezzoni fielen meist bis kurz vor den eigenen Sechzehner zurück und verteilten die Bälle sehr ruhig und risikolos. Wolfsburgs Stürmer versuchten dabei hauptsächlich die Kölner Sechser aus dem Spiel zu nehmen, was zunehmend gut gelang. Dadurch erzielte Köln in sehr tiefer Position viel Ballbesitz, kam aber fast nie spielerisch nach vorne.

Kölns tiefe Sechser verhindern Kombinationsspiel…

Die Kölner Sechser ließen sich entsprechend ihrer Hintermänner auch tief fallen um die Bälle zu fordern, während die vier Offensivspieler nach vorne gingen um lange Bälle zu empfangen. Auf diese Weise wurde Köln in der Vorwärtsbewegung ein zweigeteiltes Team, fast ohne kreatives Passspiel in der Offensive. Die einzige Verbindung zwischen Mittelfeld und Angriff waren lange Bälle über den freien Raum hinweg. Das funktionierte anfangs recht gut, da Wolfsburgs hohe Verteidigung auch eine hohe Abwehrlinie und dementsprechend einigen Raum hinter der Abwehr zum Resultat hatte. Daher waren die langen Bälle in diese Räume logisch und durchaus bedrohlich.

Ab der 20. Minute strahlte Köln aber kaum noch Gefahr auf diese Weise aus. Wolfsburgs Stürmer arbeiteten defensiv besser und dadurch ließen sich Riether und Lanig immer weiter fallen um Bälle zu bekommen. Deshalb waren sie dann zu weit von Wolfburgs Abwehrlinie entfernt um noch dahinter spielen zu können. Die Verteidiger konnten diese Pässe jetzt fast immer ablaufen und herausköpfen. In der Folge wurde Köln ungeduldiger, zunehmend spielten die Innenverteidiger oder Rensing die langen Bälle aus noch tieferer Position und zwar nun öfter direkt auf Novakovic, der sie verlängern sollte. Er und sein Gegenspieler Felipe Lopes hatten am Ende die meisten Zweikämpfe auf dem Feld bestritten.

Aber auch wenn Novakovic einige jener Luftduelle für sich entscheiden konnte, brachte das Köln nichts. Dadurch dass die restlichen Offensivspieler ungestaffelt in einer Reihe standen und die zweite Reihe sehr tief, sehr weit weg von diesen Duellen stand, bekam Wolfsburg etliche zweite Bälle. Wenn die unbedrängten Sechser die Bälle nicht direkt zurückholten, dann konnten die Abwehrspieler ihre Gegenspieler schon bei der Annahme in einen Zweikampf zwingen und den Ball klären. Somit hatte Köln nach 5 Torschüssen im ersten Spielviertel nur noch einen einzigen Abschluss in den folgenden 50 Minuten.

…und Wolfsburgs hohe Sechser auch.

Aber auch Wolfsburg spielte nicht attraktiv, kombinationssicher. Die tiefe und vor allem sehr passive Verteidigung Kölns nutzten sie nicht für ein ruhiges, gezieltes Aufbauspiel, sondern sie spielten sehr direkt nach vorn. Insbesondere den Raum zwischen Kölns Mittelfeld und Sturm, in dem Podolski und Novakovic oft nicht mit zurückarbeiteten, nutzte Wolfsburg fast gar nicht. Polak und vor allem Jiracek gingen sehr früh ballfern nach vorne anstatt in diesem Raum die Bälle zu fordern. Somit griff auch die Wolfsburger Defensive oft zum langen Ball. Im Unterschied zu Köln brachten sie die langen Bälle aber aus ihrer hohen Position direkt in Strafraumnähe. Die aufgerückten Sechser ermöglichten zudem, zweite Bälle gegen die eher wenig spielstarke Kölner Defensivabteilung zu erobern.

Wolfsburgs Kombinationsversuche im letzten Drittel waren dann aber schwach. Die Sechser hatten in dieser Höhe keinen Raum und die vier Offensiven spielten im Wesentlichen in einer Reihe, wodurch sich keine Dreiecke ergaben und dementsprechend Passoptionen fehlten um schnell die engen Kölner Viererketten zu durchbrechen. Daher waren durchweg Flanken in den Strafraum das dominante Mittel des Spiels. Hier fehlten Wolfsburg aber vorerst die Abnehmer. Wie erwähnt sind Koo (183 cm) und Vieirinha (173 cm) keine Mittelstürmer. Geromel und Pezzoni bekamen kaum Probleme.

Somit waren Magaths Justierungen zur Halbzeit logische Konsequenz. Mit Polter kam ein 1,92-Mann für den kleinen Vieirinha. Zudem fokussierte sich Wolfsburg noch viel klarer auf Flügelspiel als in Hälfte eins, insbesondere über rechts. Koo spielte jetzt hängend, als etwas rechtsseitiger Zehner, wurde außerdem kurz vor dem Tor durch den Flügelspieler Sio ersetzt. Träsch, der sich in Hälfte eins etwas zurückgehalten hatte, rückte viel konsequenter auf. Dabei fiel auf, dass Polak manchmal klug für ihn absicherte und ihm damit mehr Freiheiten schuf. In der Summe stiegen dadurch die Flanken von 6 links und 3 rechts auf 6 links und 11 rechts. Dass das Siegtor durch eine Träsch-Flanke auf Polter fiel, fasste die Halbzeit also perfekt zusammen.

Fazit

Köln startete ordentlich, da sie die Risiken der Wolfsburger Ausrichtung gut herausstellen konnten. Mit der guten Wolfsburger-Phase nach der 20. Minute verloren sie aber den Rythmus und fanden ihn nie wieder. In der 22. Minute erhöhte Geromel mit Kölns größter Chance das Torschussverhältnis auf 5:5; als Polter traf, standen dann 18:7 Schüsse zu Buche. Zudem ist fraglich, weshalb Köln das Pressing zurücknahm – in der Anfangsphase pressten sie etwas höher, was Wolfsburg mehr Probleme zu machen schien.

Magath entschied das Spiel mit kluger Umstellung, indem er seine Mannschaft zur Pause genau auf das Spielelement ausrichtete, das zur ersten Hälfte am ehesten zu funktionieren schien. Solbakken hingegen reagierte nicht auf den offensichtlichen Einbruch seiner Truppe. Bis zum Gegentreffer hielt er unverändert an der Startstrategie fest und sah zu, wie Wolfsburg mit simplen Mitteln völlig dominierte. Als er für die Endphase auf ein loses 4-1-3-2 umstellte, war das Spiel schon fast beendet und die zerfahrenen letzten Minuten brachten Wolfsburg kaum mehr in Bedrängnis.

Wenn ein Spiel „keines für Fußballästheten ist“, konstatieren Kommentatoren gerne, dass es eines „für Taktikfüchse“ wäre. Im Fall von Wolfsburg gegen Köln war das Spiel aber nichts von beidem. Es war ein Spiel, in dem eigentlich garnichts Überraschendes passierte. In dieser Form werden beide Teams wohl nur nach unten schauen können.

Christoph 24. Januar 2012 um 10:23

Also erstens war bei dem Gegentor Jajalo der Gegenspieler und zweitens ist es nicht richtig, dass es keine entscheidenden Dejagha Szenen gab. In der 7 Minute der Elfmeter, der aus unerklärlichen Gründen nicht gepfiffen wurde. Fällt da das 1:0, geht der FC unter. Lanig ist einfach viel zu lethargisch. Er hat kein Tempo drin und braucht zu lange, bis er den Ball spielt. Das geht in der 4.Liga noch gut, aber nicht in der BL.

Das Hauptproblem der Kölner lag an der Tiefen Staffelung. Ich habe zudem qualitativ höhere Chancen auf Seiten des FC gesehen, also kann das Spiel auch anders ausgehen.

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MR 24. Januar 2012 um 08:57

Die Sichtweise, dass Köln in Wolfsburg vorallem unter individuellen Schwierigkeiten litt, kann ich absolut nicht teilen.

Lanig war auf völlig verlorenem Posten, da er auch noch meist die etwas höhere Position als Riether hatte und versuchte durch Ausweichen Raum zu schaffen. Mit dem gegnerischen Stürmer direkt vor ihm und dem Sechser direkt hinter ihm (Blick zum eigenen IV hier), war er völlig aus dem Spiel genommen, da ist es ziemlich egal, was er am Ball kann. Provokativ gesagt: Da hätte man schon Xavi hinstellen müssen um noch etwas herauszuholen.

Eichner hatte recht viele direkte Duelle mit Dejagah, wo er nicht unterstützt wird. Es gibt wenige AVs die da gegen schnelle Dribbler so richtig gut aussehen. Dafür kam Dejagah kaum mal entscheidend durch. (Tatsächlich fällt mir da jetzt keine richtig gefährliche Szene ein.) Wüsste also nicht, weshalb das ein entscheidender Faktor gewesen sein soll. Das Tor fiel auch über Träsch, der ja in erster Linie Peszkos Gegenspieler ist.

Köln litt darunter, dass sie kein kollektives Aufbauspiel hatten, sondern sich komplett auf schwer zu realisierende Konter und die langen Bälle beschränkten. Die taktische Ausrichtung ließ überhaupt kein Mittelfeldspiel zu. (Angesichts dieser Spielweisen ist es auch so gut wie unvermeidlich, dass ein Außenverteidiger dann offensiv ein „Totalausfall“ ist. Wann soll er denn da aufrücken?) Das hatte meines Erachtens so gut wie nichts mit einzelnem Personal zu tun.

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piedra.montana 24. Januar 2012 um 13:51

Ich habe nicht gesagt, dass Köln wegen individueller Schwächen verloren hat. Lanigs und Eichners Qualitäten reichen momentan einfach nicht aus, so deutlich muss man das festhalten.

Wie bereits schon oft auf dieser Seite thematisiert wurde, lässt Köln bewusst viele Flanken zu – der Außenverteidiger rückt näher ins Zentrum und der äußere Mittelfeldspieler läuft den Außenspieler des Gegners an. Dass Jajalo die Flanke von Träsch nicht verhindert hat, hat Solbakken auch nicht gepasst – trotzdem kann man dann nicht nur Jajalo die Schuld am Gegentor geben. Polter hat einfach eine gute Bewegung zwischen Geromel und Pezzoni gemacht. Ich glaube dass wenn er von Anfang an gespielt hätte, wäre Köln früher in Rückstand geraten und hätte das Spiel höher verloren (ein Problem der Moral in dieser Mannschaft).

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piedra.montana 23. Januar 2012 um 21:32

Kann mich da Berni nur anschließen.

Genau so sieht es aus, Lanig und Eichner muss man die Bundesligatauglichkeit leider absprechen. Wenigstens machte Pezzoni ein ordentliches Spiel, wobei der Gesamteindruck auch wieder durch den Stellungsfehler vor dem 0:1 wettgemacht wurde. Die Kombination Riether-Jajalo auf Kölns Doppelsechs (eine klare Sechs und eine klare Acht) scheint mir im zentralen Mittelfeld die beste Lösung zu sein, allerdings hängt Jajalo schon seit vor der Winterpause gehörig im Formtief.

Bleibt für den FC zu hoffen, dass Jemal verletzungsfrei vom Afrika-Cup zurückkehrt und noch ein oder zwei offensive Alternativen zum FC wechseln.

Denn wenn man sich die Ersatzbank anschaut (Uth, Roshi, Weiser, Schnellhardt, Ishak, Horn und eben Jajalo), kriegt man es trotz des positiven jugendlichen Überhangs mit der Angst zu tun. Diese Jungs haben sicherlich Talent, aber es ist pro Saison in meinen Augen nur möglich, einen oder zwei von ihnen an die Bundesliga heranzuführen. Odise Roshi scheint mir von allen am weitesten zu sein, aber die anderen dürften momentan noch keine echten Alternativen darstellen. Momentan wäre Köln also nicht in der Lage, einen Ausfall zu kompensieren, von daher würde ich den Domstädtern raten, sich vorrangig auf das Erreichen von weiteren fünf bis sechs Siegen gegen direkte Konkurrenten zu konzentrieren. Damit dürfte die Klasse gehalten werden.

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Berni 23. Januar 2012 um 17:20

Die Kölner litten in der kompletten Partie unter den unterirdischen Leistungen von Eichner und Lanig. Der eine, Eichner, war defensiv überfordert und maßgeblich dafür verantwortlich, dass Dejagah so ein gutes Spiel machte. Da konnte man nur glänzen. Nicht weiter verwunderlich, dass das spielentscheidene Tor über besagte Seite fiel. NAch vorne war Eichner ein Totalausfall!
Der zweite im Bunde, Lanig, war maßgeblich dafür Verantwortlich, dass spielerisch nichts nach vorne ging. Mich würde mal interessierne, was andere in ihm sehen. Warum darf er Bundesliga spielen und 1Mio pro Jahr verdienen. Es erschließt sich mir nicht. Er hat garkeinen Spielaufbau, verstolpert jeden Ball, wenn er nicht absolut auf Nummer sicher geht. Das wiederum hat zur Folge, dass das Spiel statisch wird und nichts geht. Sein Antritt ist grausam, und sein Zweikampfverhalten so schlecht, dass es meist nur zwei Alternativen gibt. Foul oder der Gegner ist durch. Seine angebliche Kopfballstärke zeigt er offensiv nie und auch taktisch steht er oft im falschen Raum auf dem Platz und bildet Lücken, die der Gegner ausnutzt.
Köln hat einen hervorragenden TW und mit Breckso, Sereno, Germel und Jamal Abwehrspieler, die fürs Bundesliga-Mittelfeld locker reichen sollten. Riether ist ein guter 6er. Ihm fehlt aber der kongeniale Nebenmann. Dazu mit Clemens, Pezko und Poldi hervorragende Konterstürmer.

Deshalb mein Fazit zu den Kölnern:
Wenn sie es schaffen, sich auf den Positionen LV, DM und ST zu verstärken, hat die Mannschaft durchaus das Potential, über eine Saison hinweg eine ähnliche Überraschung darzustellen wie letzte Saison Mainz und Hannover. Aktuell müssen sie aber erstmal die Liga halten, denn die betroffenen Positionen sind durchaus spielentscheidend, wenn sie abfallen. Macht Novakovic zwei Minuten eher das Tor, geht das Spiel wohl 1-0 oder 2-0 für Köln aus; Nur als Beispiel!

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juwie 22. Januar 2012 um 11:16

Vielleicht keine interessante Partie, aber eine sehr instruktive Analyse (incl. verlinkten Grafiken).

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