Feyenoord nimmt weiter Kurs

2:1

Der Tabellenführer liefert eine Blaupause seines Erfolgsstils dieser Saison. Cocus besondere Nutzung langer Bälle funktioniert gut, reicht für die etwas zu unruhigen Gäste aber nicht. Die druckvollere Mannschaft setzt sich knapp durch.

Zum Spitzenspiel in der niederländischen Liga empfing Tabellenführer Feyenoord den Champion der beiden Vorsaisons aus Eindhoven. Die PSV reiste mit nur einer Saisonniederlage – einem unglücklichen 0:1 aus dem Hinspiel – an, aufgrund zahlreicher Unentschieden jedoch schon mit einem deutlichen Rückstand auf die Rotterdamer von Giovanni van Bronckhorst. Um eine halbwegs realistische Titelchance aufrechtzuerhalten, durfte sich der Abstand von acht Zählern zumindest nicht vergrößern – die abermals späte Niederlage rückte die erneute Titelverteidigung also in weite Ferne.

Geringe PSV-Pressingintensität ausgenutzt

feyenoord-psv-2017Insbesondere in der Anfangsphase wurde anschaulich illustriert, warum Feyenoord in dieser Saison so enorm erfolgsstabil und konstant punktet. Sie haben eine zielstrebige Vertikalität und klare Abläufe gegen mannorientierte Gegner entwickelt, mit denen sie ihre schon immer hohen Qualitäten in Strafraumnähe und Offensivpräsenz kanalisieren können. Gegen die meisten Teams aus der Eredivisie funktioniert der oft brachiale und eher simple, aber konsequente Stil der Rotterdamer sehr gut. Auch die PSV erlag zu Spielbeginn dem Druck der Hausherren, da auch bei ihnen die Problematik des fehlenden Pressingübergangs aufgrund der mannorientierten Organisation recht ausgeprägt ist.

So reihten sich die Gäste in einem eher laschen 4-1-4-1/4-3-3 auf, in dem sie zwar die jeweiligen Zuteilungen recht flexibel und anpassungsfähig interpretierten, aber kaum taktisch darüber hinausgingen. Kollektive Umformungen über Herausrückbewegungen zum gemeinsamen Druckaufbau fanden praktisch nicht statt. Vorne war Luuk de Jong – auch nicht der intensivste Pressingspieler – in der ersten Linie sehr isoliert. Daher konnte Feyenoord das Leder immer wieder aggressiv direkt auf die Mittelfeldreihe zu treiben. Mit Botteghin und van der Heijden verfügen sie für die Liga über zwei herausragende Innenverteidiger, die die Gelegenheiten konsequent nutzten und zwischen den Mannorientierungen tief in die gegnerische Hälfte eindrangen.

Feyenoords Lauf

Ein weiteres wichtiges Mittel für einfachen Raumgewinn bildeten schnelle seitliche Pärchenbildungen. Beim Aufbau über die Außenverteidiger ging Feyenoord in Person des jeweiligen Flügelduos oft sehr explosiv in vertikale gruppentaktische Abläufe über. Durch die mannorientierte Grundorganisation blieb das ballorientierte Nachschieben der Gäste etwas inkonsequent, so dass sich die Szenen lokal auf 2gegen2-Situationen reduzierten. Gut geplant sind in diesem Zusammenhang Doppelpässe zwischen dem breiten Offensivmann und dem diagonal wieder startenden Außenverteidiger, den enorm athletischen Karsdorp und Kongolo: Letzterer bereitete das 1:0 vor, das im Wesentlichen durch einen simplen Doppelpass im zweiten Drittel samt Folgevorstoß durch den Halbraum kreiert wurde.

Gerade wenn – wie auch ansatzweise bei jenem Treffer – gleichzeitig eine gut getimte Zurückfallbewegung des ballnahen Achters – hier Vilhenas – hinzukommt, die den jeweiligen gegnerischen Mittelfeldmann kurz beschäftigen oder herauslocken kann, ist der Mechanismus sehr effektiv und es öffnet sich ein größerer horizontaler Anschlussraum zwischen Flügel und Restblock. Wichtig für die Offensive der Hausherren war überdies das enorm starke Bewegungsspiel von Neuzugang Jörgensen, der auch suboptimale flachere Staffelungen durch neu angepasste Positionierungen wieder mit überraschenden Optionen belebte. Halbrechts bildeten sich einige gute Dreiecksbildungen mit Jörgensen, Berghuis´ kombinativen, instabilen Dribblings und Toornstras Support- und Allroundspiel.

Lange Bälle verlängern gegen die 4-4-2-Übergänge

Während das Pressing der PSV zu leicht unter Druck geriet, machte sich umgekehrt bei Feyenoord erneut die verstärkte Nutzung von Vorrückbewegungen Toornstras ins defensive 4-4-2 bezahlt, um den gegnerischen Aufbau besser bedrängen zu können. Die erste Linie versuchte Guardado im Deckungsschatten zu halten, der kaum ins Spiel fand und bei seitlichen Ausweichbewegungen aus dem Block weiter von den Angreifern zugeschoben werden konnte. Ebenso rückten die offensiven Flügel im Pressing aggressiver heraus, wenn sich Arias oder Willems tief einbinden wollten. Zwar spielte die PSV etwas mehr über links, sie hätten jedoch gegen das Pressing wohl noch konsequenter Moreno als Passgeber fokussieren sollen.

Zwei Wege schälten sich für die Gäste im Wesentlichen heraus, um Feyenoords Arbeit gegen den Ball beizukommen. Die eine Variante war eine kreative Anpassung Philip Cocus: lange Bälle gezielt in Ballungen hinein, für die oberen Eredivisie-Teams eigentlich ein eher untypisches Mittel. Hintergedanke dürften vermutlich die nicht ganz so kompakten Vertikalabstände Feyenoords zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld sowie die Neigung der Abwehrlinie zu wildem Herausrücken gewesen sein. Bei den Gästen formierten sich die nominellen Flügelstürmer oftmals enorm eng um Luuk de Jong herum, während abwechselnd ein Achter hoch aufrückte.

Die entsprechenden Zuspiele wurden vor allem aus den hinteren Reihen, teilweise aber auch diagonal von den Außenverteidigern – hauptsächlich Willems – aus dem zweiten Drittel geschlagen. Trotz der engstehenden Offensive konnten die Gäste nur selten sauber zweite Bälle gewinnen, da die Hausherren sofort wieder aggressiv in ihren Mannorientierungen gegenpressten – und nun eben auch dicht gestaffelt. Jedoch erzeugten verlängerte Bälle punktuell enorme Gefahr: Die Außenstürmer formierten sich minimal höher als Luuk de Jong und überluden quasi kleinräumig die Sturmlinie bzw. die Innenverteidiger. Für diese wurden Kopfballduelle erschwert und sie hatten dann auch noch weniger Absicherung, mit teils zwei Leuten im Rücken. Direkt oder nach kurzer Ablage über einen Achter rutschten die Bälle vereinzelt durch: so bei ihrer besten Chance in Halbzeit eins und der Riesenchance des eingewechselten Bergwijn kurz vor dem 2:1.

Unruhige Mittelfeldraumnutzung lässt die Hausherren davonkommen

Ebenfalls nur bedingt konnte die PSV das Potential der zweiten Route ausschöpfen: Raumöffnen gegen die Mannorientierungen durch das Mittelfeld. Eine recht klare, jedoch bislang in dieser Spielzeit oft nur in einzelnen Phasen bestrafte Schwäche Feyenoords ist die simple Organisation der Räume vor der Abwehrkette. Diese müssen die Verteidiger vor allem durch individuelle Aktionen sichern, ebenso wie El Ahmadi und Vilhena bei der weiträumigen, instabilen Umsetzung der Mannorientierungen viel Risikoabwägung und Improvisation abverlangt wird. Wenn die Gäste aus Eindhoven über kurzes Zurückfallen der Außenverteidiger oder gezieltes Ausweichen Guardados Vorwärtspasswege öffnen konnten, entstanden die Ausgangslagen, um dorthin zu gelangen und das dann zu bespielen.

Nach links ließ sich anfangs van Ginkel einige Male fallen, erhielt das Leder von Moreno und konnte aufdrehen. Über die Bewegungen der Achter in Verbindung mit dem als Ablagefläche zurückfallenden Luuk de Jong und vor allem dem häufigen Einrücken Ramselaars entstanden Lücken zwischen den Mittelfeldlinien Feyenoords und in der Folge Zuordnungsprobleme für die Sechser. Aus den einzelnen Freiräumen heraus hätte die PSV mit einleitenden Läufen und Geduld die Deckungen zu Aktivität zwingen und Überzahlen schaffen können. Das versuchten sie auch, spielten die Angriffe aber zu überhastet aus, obwohl der Raum in den Ausgangsmomenten jeweils da war. Trotzdem hätten besonders über halblinks einige massive situative Unausgewogenheiten bei Feyenoord beinahe in Schnittstellendurchbrüchen geendet.

Insgesamt brachten die Gäste nur sehr wenige Ansätze zu klaren Chancen durch. Da sie qualitativ aber häufig knapp an der Kante zum Durchbruch wandelten, war es nicht so überraschend, dass einer der seltenen Abschlüsse direkt einen Treffer bringen würde. Nach etwas mehr als einer Stunde egalisierte die PSV so die aus der furiosen Anfangsphase erwachsene Führung Feyenoords. Erst jetzt betätigten sich die Gastgeber nach längerer Passivität wieder im Vorwärtsgang – konnten in ihrem klar abgesteckten und definierten Stil aber die Schlagzahl sofort wieder zuverlässig hochfahren und umgehend zu einer neuen Drangperiode ansetzen. Nun gab es beiderseits hochkarätige Chancen. Der Siegtreffer zum 2:1 fiel zwar glücklich, Feyenoord war aber die Mannschaft mit in der Gesamtbetrachtung quantitativ mehr Durchschlagskraft und Intensität.

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