Ajax gewinnt flottes Spitzenspiel

0:2

In der Eredivisie stand der – für das Duell um die Meisterschaft möglicherweise vorentscheidende – „Topper“ zwischen den Ersten und dem Zweiten an. Mit einer kohärenten Defensivleistung brachte Ajax die frühe Führung unerwartet souverän über die Zeit.

Auch nach der Winterpause fegten Philipp Cocus PSV und Frank de Boers Ajax fast im Gleichschritt weiter durch die Liga. Kaum Punktverluste, großer Vorsprung auf die Konkurrenz: Nun trafen Titelverteidiger und Rekordchampion – vor der Partie nur um einen Punkt getrennt – im direkten Duell aufeinander. Es sollte ein intensives Match werden, geprägt von der frühen Führung für die Gäste aus Amsterdam. Typisch für die Eredivisie sah man auf beiden Seiten verschiedene Mannorientierungen, die etwa im Mittelfeld klare Duelle und Zuteilungen – tendenziell zwischen Guardado und Klaassen, Pröpper und Gudelj, van Ginkel und Bazoer – ergaben.

Mannorientierungen, Pressing, lange Bälle, Einrücken

psv-ajax-2016Beide Mannschaften balancierten und interpretierten diese prägenden Zuordnungen insgesamt gut, fanden aber jeweils auch gelegentlich Mittel, sich dagegen Freiheiten zu verschaffen. Bei der PSV ging dies eher über die Mittelfeldspieler: Die Achter etwa wichen häufig nach außen aus und konnten sich einige Male herauskippend hinter den Mannorientierungen der gegnerischen Flügelspieler einbinden, wenngleich die Folgeaktionen teilweise nicht ideal waren. Bei Ajax funktionierten derartige Momente eher über die Stürmer. So rückte von rechts Schöne häufig ein – so weit, dass ihn Willems nicht unbedingt verfolgen wollte – und konnte kleine Überzahlen herstellen oder Raum öffnen.

Gegen das frühe Pressing der PSV hatte Ajax Schwierigkeiten, das einbinden zu können. Entweder stellten die Hausherren im 4-3-3 hoch zu und Cillessen musste lang schlagen oder sie formierten sich im erhöhten 4-1-4-1-Mittelfeldpressing und zwangen einen Innenverteidiger zum langen Ball. Gegen die vielseitigen, teils den Halbraum gut versperrenden Bewegungen der Achter und die enge Grundstellung der Flügelstürmer in dieser Pressinglinie kam Ajax letztlich zwar nicht so häufig dazu, Schönes Movement einzusetzen. Aber gelegentlich gelang es – etwa im Anschluss an die langen Bälle oder nach schnellen Ballbesitzwechseln – dann eben doch mal.

Exemplarische Züge des frühen 0:1

Zudem fiel bei den Gästen Mittelstürmer Milik immer wieder weit zurück, bot sich auch in schwierigen Situationen für Ablagen an. Zudem waren die Bewegungen dafür gedacht, die Organisation in der letzten gegnerischen Linie aufzuwirbeln. Einer der PSV-Innenverteidiger rückte kurzzeitig heraus und musste sich während der Folgedynamiken wieder eingliedern. Das trug auch – mit etwas Glück – als Teilfaktor zur frühen Führung der Gäste bei. Gleichzeitig zeigte die Szene die teilweise etwas zu nachlässige Rückwärtsbewegung der PSV-Sturmreihe. Die Angreifer zogen sich nicht immer komplett nach hinten, sondern lauerten teilweise etwas zu sehr auf Umschaltmomente.

Das verringerte die tiefe Unterstützung und ermöglichte den gegnerischen Außen etwas Raum zum Andribbeln. Zwar schoben van Ginkel und gerade Pröpper oft klug und anpassungsfähig zum Flügel nach außen, hielten dabei ihre nominellen Gegner im Deckungsschatten, konnten aber nicht alles geraderichten. Vor dem 0:1 rückte schließlich Bruma auf den weit nach links rochierten Schöne im Zwischenlinienraum heraus, behielt dann im Folgenden kurzzeitig eine unpassende Mannorientierung bei. Da auch noch Moreno durch Miliks Zurückfallen minimal herausschob und Klaassens Vorstoß gegen Guardado für etwas Unruhe sorgte, ging ein horizontales Loch in der Abwehrlinie auf.

Der Kombinationsversuch am Übergang ins Angriffsdrittel hatte keinen Erfolg, aber Ajax angelte sich den Abpraller: Der nachrückende Veltman erhielt im Halbraum den Ball und brachte eine frühe weite Hereingabe zum zweiten Pfosten. Aufgrund der vorigen Mannorientierungen wirkte die PSV in der Strafraumverteidigung desorganisiert, so dass Milik gegen Arias einköpfen konnte – nach nicht einmal 120 Sekunden. In dieser Hinsicht war die Abwehrarbeit ins letzte Drittel hinein ein Unterschied zwischen den beiden Teams, der zugunsten von Ajax ausschlug. Zum Strafraum hin standen die Mannen von Frank de Boer diesmal kohärent.

Horizontal nachschiebend, vertikal vorne überspielt

Ebenso überzeugte beim Verschieben zum Flügel das horizontale Einrücken von der ballfernen Seite: Schöne oder Younes bewegten sich oft bis zum jeweiligen PSV-Achter herüber und konnten sich an diesem orientieren. Umgekehrt blieb Ajax jedoch in den ersten Pressingphase unterhalb des Niveaus der Gastgeber, hatte auch schwächere Momente. Zwar machten sie einige Male gut Druck auf Willems und Arias oder erzwangen mal lange Bälle. Das gelang durch Aufrücken von Klaassen ins 4-4-2 mit Deckungsschatten auf Guardado, einzelne wild „überrückende“ Läufe Bazoers nach vorne und viele diagonale Sprints der Außenstürmer auf die gegnerischen Innenverteidiger.

Nur gab es andererseits zu viele Szenen, in denen sich ihre erste Reihe überspielen ließ und die Abstände dahinter zum Mittelfeldband zu groß wurden. Gegen die weiträumige Spielweise von Guardado, der aus diversen abgekippten Positionen heraus antrieb, verlor Klaassen gelegentlich den Kontakt nach hinten. Über die verschiedenen Freilaufbewegungen der Mittelfeldakteure oder einzelne Ablagen des zurückfallenden Luuk de Jong konnte sich die PSV dann in diesen Zwischenraum hinter den Angreifern der 4-4-2-artigen Ajax-Ordnung lösen. Mit zunehmender Dauer drehte sich die erste Halbzeit um die Frage, wie gut und gefährlich die Hausherren aus diesen Szenen würden weiter spielen können.

Ansätze der PSV

Wenig ging dabei über die normalerweise durchschlagskräftigen Flügel der Hausherren: Die verbleibende Mittelfeldlinie Ajax´ schob sich aufmerksam und sauber nach außen. Das geschah etwas versetzt, denn die drei ballnächsten Akteure bewegten sich immer etwas konsequenter und enger. Gleichzeitig war die PSV bei breit gehenden Läufen eines Achters etwas nachlässig, die Verbindungsräume über den dortigen Halbraum zurück in die Mitte zu besetzen. Durch das diagonale Pressingmovement der Ajax-Flügel und einzelne leitende Herausrückbewegungen der – vereinzelt mal stärker positionsorientierteren – Mittelfeldakteure konnte Ajax einige Male erfolgreich nach hinten in die Mitte leiten.

Vielversprechender wirkten die Ansätze des Cocu-Teams, wenn sie ihre Angriffe von Beginn weg über die zentraleren Bereiche zu entwickeln vermochten. Die Flügelstürmer zogen sich mal enger an die letzte Linie, Pröpper und van Ginkel versuchten diese mit anstoßenden Vertikalpässen im Halbraum zu bedienen und gingen dann auch selbst nach. Dabei entwickelten sich viele vielversprechende Ansätze, die letztlich allerdings oft nicht entscheidend durchkamen. Ein Bündel vieler kleinerer Faktoren, die sowohl die PSV selbst als auch Ajax´ Gegenwehr betrafen, war dafür ursächlich.

Die Gastgeber zeigten viele engagierte Bewegungen, etwa kurzes Einrücken der Außen zum Halbraum und Zurückfallen Luuk de Jongs. Immer wieder wurde dies gut mit den Achtern verbunden, gab Möglichkeiten für kurze Ablagen und Doppelpässe. Das geschah im Normalfall zwischen je zwei Spielern, doch waren die weiteren Offensivkollegen nicht immer gut genug daran angebunden, spekulierten schon zu sehr auf Tiefenläufe für den Durchbruch. Trotzdem gab es aber auch noch – etwa mit Locadia zusätzlich auf rechts – viele präsentere, gute, oft diagonale Überladungen, die nur unglücklich scheiterten, teilweise bloß an kleinsten individuellen Unsauberkeiten oder gegnerischer Strafraumverteidigung.

Verspäteter Guardado gegen Ajax´ Ambivalenz

Gleichzeitig zeigte sich Ajax in einigen Phasen kohärenter als üblich. Prinzipiell versperrten ihre zwei defensiven Viererketten die Halbräume klug. So agierten die offensiven Flügel etwas enger, verdeckten die Passwege, bewegten sich aufmerksam diagonal und mit dem gelegentlichen Herausrücken eines Sechsers abgestimmt. Bei den PSV-Kombinationsversuchen am Strafraumeck überzeugten die Gäste in der Zugriffsfindung, rückten dann konsequent von mehreren Seiten auf den Gegenspieler nach, wenn die Hausherren den ersten Ball in die Formation gebracht hatten.

Die leichten Unsauberkeiten zwischen den Sechsern, bedingt durch die Mannorientierungen, sorgten aber zwischendurch für instabile Phasen. Die PSV fokussierte das, indem ihre Achter beim Ausweichen vermehrt zentrale Passwege öffnen sollten, und kam mit der Zeit zu einigen Chancen: Bruma spielte viele druckvolle Direktpässe auf den weiträumiger werdenden Luuk de Jong. Für dessen Weiterleitungen schaltete sich auch Guardado – im Rücken des aufrückend pressenden Klaassens – aus der Tiefe vermehrt mit Nachstößen in die Freiräume ein und gab den Szenen eine weitere Dimension. In dieser Phase um die 30. Minute war die PSV dem Ausgleich so nah wie sonst nie in diesem Match, nutzte aber keine ihrer Chancen.

Kurzweilige Angelegenheit trotz frühen Treffers

Bis etwa zu diesem Zeitpunkt war es lange nicht dazu gekommen, dass sich Ajax mit der Führung zurückzogen und vermehrt abgewartet hätte. Vielmehr blieb es zunächst eine offene, flotte Partie, in der die Amsterdamer auch mal höheren Pressingphasen neben der Grundintensität hatten. Auch nach vorne versuchten sie weiterhin etwas zu machen, wenngleich sie vom frühen Zustellen der Hausherren zu den vielen langen Bällen gezwungen wurden. Bevorzugtes Mittel der Gäste in ihren Bemühungen war ein risikoloser, aber gezielter Rechtsfokus. Die antreibenden Läufe von Bazoer konnten außen unterstützen. Auch Milik agierte in vielen Phasen etwas dorthin verschoben.

Die Idee: Im besten Fall erreichte man damit auf einzelne Durchbrüche oder kleine Raumöffnung für Dribblingmöglichkeiten. Falls das nicht gelang, stand man eben abgesichert, wozu auch die Personalie Veltmans als Außenverteidiger passte. In einigen dieser Szenen glitt Klaassen zentral tiefer nach hinten zurück. Nach gewonnenen losen Bällen, etwa nach langen Schlägen, gab es aus dem Mittelfeld heraus viel Initiative in die Spitze, mit mutigen Diagonalpässen oder engagierten Raumdribblings, aus denen Ajax Schnellangriffe suchte. Das sah zwar temporeich und offen aus, es handelte sich aber auch wiederum um Szenen von geringer personeller Präsenz, bei der noch viele Kollegen absichernd blieben.

Ajax wird defensiver, PSV kommt nicht mehr zurück

Erst als die Positivpunkte der PSV für jene gehäufte Phase guter Möglichkeiten sorgte, wurde Ajax vorsichtiger, konzentrierte sich mehr auf defensive Stabilität, in der sie phasenweise auch sehr kohärent agierten. Nun fokussierten sie sich klarer auf Konter und fanden ausgerechnet in der tieferen Ausrichtung konkretere Szenen nach vorne. Bisweilen half ihnen die überspielte Sturmlinie für bessere Umschaltoptionen. Alternativ blieb Younes links höher und zockte ansatzweise, wofür Klaassen auf dessen defensiven Platz am Flügel ging. Das wurde zuvor oft mit diagonalem Pressing auf Bruma verbunden und lief sehr harmonisch: Younes attackierte herausrückend, Klaassen füllte entgegensetzt das Loch.

Nach dem Seitenwechsel liefen die Hausherren weiter an, sollten aber nicht mehr entscheidend durchkommen. Sie wurden mit der Zeit unsauberer und unstrukturierter, spielten einige Male hektisch vorschnell in die Tiefe, während Ajax die Stabilität halten konnte. Mit dem als Zehner agierenden Gastón Pereiro für Guardado setzte Cocu auf ein mutiges 4-2-3-1- Gebilde, in welchem Moreno einige Male mit wie gegen den Ball den Sechserraum füllte. Eine Viertelstunde vor Schluss entschied wieder ein gewonnener loser Ball, da die PSV im Mittelfeld zunehmend mannorientierter, passiver, zugriffslascher wurde: Bazoer und Milik leiteten gut weiter, Moreno war ausgerutscht und der für Schöne eingewechselte, etwas hochgeschoben agierende El Ghazi attackierte das entstehende Loch zum 0:2. Über den gesamten zweiten Durchgang brachte Ajax die Führung letztlich souverän über die Runden.

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